Landgericht Oldenburg
Urt. v. 09.11.1994, Az.: 12 O 674/93
Anwendbarkeit des Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (CISG); Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen eine Klägerin mit Sitz in Italien; Anspruch auf Nachbesserung bei mangelhafter Ware; Schadensersatzanspruch wegen Begleit- und Folgeschäden
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 09.11.1994
- Aktenzeichen
- 12 O 674/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 23957
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1994:1109.12O674.93.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 1 Abs. 1 Buchst. a) CISG
- Art. 2 CISG
- Art. 3 Abs. 1 CISG
- Art. 39 CISG
- Art. 44 CISG
- Art. 45 Abs. 1 Buchst. b) CISG
- Art. 46 Abs. 3 CISG
- Art. 48 CISG
- Art. 53 CISG
- Art. 78 CISG
Fundstellen
- IPRspr 1994, 43
- NJW-RR 1995, 438 (Volltext mit red. LS)
- RIW 1996, 65-66 (Volltext)
In dem Rechtsstreit
...
hat die 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 1994
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.951,20 DM nebst 10 % Zinsen auf 5.001,20 DM seit dem 13.6.1992, auf weitere 13.550 DM seit dem 1.7.1992 und auf weitere 11.400 DM seit dem 18.7.1992 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 20 % und der Beklagte 80 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin mit Sitz in Italien macht gegen den Beklagten Kaufpreisansprüche geltend.
Unstreitig hat der Beklagte Anfang 1992 6 Pritschen bei der Klägerin gekauft. Diese montiert er auf LKW-Fahrgestelle. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bestellungen, die Auftragsbestätigungen und die Rechnungen verwiesen (Bl. 26-30, 108-117 d.A.).
An 5 Pritschen unternahm die Klägerin Nachbesserungen. Der Beklagte war dazu eigens selbst nach Italien gereist. Drei davon konnte er am 1.6.1992 nach wenigen Tagen wieder mitnehmen, die beiden anderen wurden einige Wochen später nachgeschickt.
Daneben verlangt die Klägerin noch die Bezahlung von unwidersprochen gekauften Gurten. Weiter hat sie den Beklagten mit 2.070 DM belastet, weil er Pumpen nicht zurückgegeben habe. Im Wege der Klageerhöhung hat sie diesen Betrag noch einmal verlangt. Wegen der Begründung der Klageerhöhung wird auf den Schriftsatz vom 26.7.1993 nebst Anlagen verwiesen (Bl. 84 ff. d.A.).
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 36.840 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem Diskontsatz der italienischen Staatsbank auf 7.750 DM seit dem 13.6.1992, auf weitere 13.350 DM seit dem 1.7.1992, auf weitere 11.400 DM seit dem 18.7.1992 und auf weiter 2.070 DM seit dem 1.7.1992 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er rechnet mit Gegenansprüchen auf. Ausweislich vorgelegter, hiermit in Bezug genommener Sachverständigengutachten seien die Pritschen mangelhaft. Durch die verzögerte Auslieferung habe er seinen Kunden Mietfahrzeuge bezahlen müssen. Dafür habe er 6.600 DM aufgewendet. An Speditionen habe er Frachten von zusammen 4.946 DM bezahlen müssen. Ferner verlangt er die Kosten seiner Fahrt nach Italien. Schließlich macht er Transportschäden aus einem Kauf im Jahr 1991 geltend. Wegen der Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf die Klageerwiderung vom 7.6.1993 (Bl. 44 ff. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat nach Art. 53 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (CISG) einen Anspruch auf Bezahlung von 6 Pritschen und 2 Gurten.
Dieses Übereinkommen ist auf die Verträge der in verschiedenen Vertragsstaaten niedergelassenen Parteien anwendbar. Es liegt die Lieferung einer zu erzeugenden Ware vor, der Beklagte hat nicht die wesentlichen Teile der zur Erzeugung notwendigen Stoffe geliefert und die Pritschen und Gurte sind auch nicht für den privaten Gebrauch bestimmt (Art. 1 Abs. 1 lit. a), Art. 2, Art. 3 Abs. 1 CISG. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren sowohl Deutschland als auch Italien Vertragsstaaten.
Gegenansprüche stehen dem Beklagten nur im geringen Umfang zu.
Was nach einiger Mühe als Sachverhalt von den Parteien herauszufinden war, hat die Klägerin von den Anfang des Jahres 1992 bestellten und gelieferten 6 Pritschen 5 zur Nachbesserung wieder zurückgenommen. Darüber hat sie am 1.6.1992 eine Gutschrift erteilt. Diese Rücknahme erfolgte nach dem nicht substantiiert widersprochenen Vortrag des Beklagten, weil Mängel nachzubessern waren.
Da beide Parteien keine weiteren Einzelheiten vortragen, geht das Gericht davon aus, daß es sich um eine einverständliche Nachbesserung im Sinne der Art. Art. 46 Abs. 3, 48 CISG gehandelt hat.
Es kann dahinstehen, ob diese Nachbesserung gelungen und alle Fehler beseitigt waren. Der Beklagte hätte darauf beruhende Rechte nach Art. 39 CISG verloren. Mißlingt die Nachbesserung, liegt hierin eine erneute Nichterfüllung der Pflichten des Verkäufers (Soergel/Huber, BGB 12. Aufl., UN-KaufAbk. Art. 46 RN 92). Nach Art. 39 Abs. 1 S. 1 CISG verliert der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht in angemessener Zeit nach der Entdeckung anzeigt. Entsprechend setzen Rechtsbehelfe des Käufers wegen Lieferung nicht vertragsgerechter Ware grundsätzlich eine Rüge voraus (Huber, a.a.O. Art. 45 RN 25). Für das Recht der Vertragsaufhebung verlangt Art. 49 Abs. 2 lit a) i) CISG daneben, daß das Aufhebungsverlangen in derselben Frist zu erklären ist.
Nach dem Vortrag der Parteien ist eine erneute Rüge nach der Rückgabe am 1.6.1992 und ca. 4 Wochen später hinsichtlich der beiden anderen Pritschen nicht erfolgt.
Aus denselben Gründen scheitern Ansprüche des Beklagten wegen angeblich nicht vertragsgerechter Lieferungen im Jahr 1991. Es kann daher dahinstehen, daß bei dem hier vorliegenden Versendungskauf der Beklagte auch das Transportrisiko trug.
Entschuldigungsgründe nach Art. 44 CISG hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Unberührt blieben jedoch die ursprünglichen, neben dem Anspruch auf Nachbesserung bestehenden Rechte des Beklagten aus Art. 45 Abs. 1 lit b) CISG. Nach dieser Vorschrift kann der Käufer neben Nachlieferung oder Nachbesserung Schadensersatz wegen der Begleit- oder Folgeschäden verlangen (Huber, a.a.O., Art. 45 RN 27).
Von den geltend gemachten Posten sind ersatzfähig die Reisekosten in Höhe von 756,85 DM und 666,88 DM sowie die Mautgebühren von 69,83 DM. Auch die Frachtkosten vom 24.6.1992 über 1.255,24 DM sind ersichtlich für die nachgelieferten Pritschen aufgewendet worden. Die Mängelbeseitigungskosten sind dagegen wegen der oben beschriebenen unterlassenen Rüge nicht zu ersetzen. Dasselbe gilt für die Sachverständigenauslagen, die erst nach der Rückgabe der nachgebesserten Pritschen angefallen sind. Für einen Verdienstausfall des Beklagten fehlen jegliche Anhaltspunkte und Schätzungsgrundlagen. Es kann daher dahinstehen, ob auch das CISG wie im deutschen Recht kein Schadensersatz für die eigenen Müheverwaltung bei der Durchsetzung gewährt.
Ungeklärt ist auch geblieben, wofür der Beklagte was an die Firma bezahlt haben will.
Schließlich kann der Beklagte auch keinen Schadensersatz in Höhe von 6.600 DM verlangen. Er hat die Voraussetzungen eines Verzuges nicht dargelegt und auch die Höhe des Schadens nicht belegt.
Unbegründet ist die Klage, soweit die Klägerin zweimal 2.070,- DM begehrt. Der Vortrag hierzu ist so widersprüchlich, daß eine rechtliche Überprüfung auf einen Zahlungsanspruch nicht möglich ist. Einmal heißt es, der Beklagte habe Pumpen bestellt. Dann ist von einer nicht erfolgten Rücklieferung die Rede. Letzteres indiziert eine Vertragsaufhebung oder eine irrtümliche Auslieferung. Warum die Klägerin diesen Posten gar zweimal verlangt, bleibt völlig im Dunklen.
Im Ergebnis steht der Klägerin daher der Kaufpreisanspruch für 6 Pritschen und Nebenkosten von zusammen 7.750 DM (32.360-24.600) plus 13.550 DM plus 11.400 DM, also 32.700 DM zu. Enthalten sind hierin der Kaufpreis von 350,- DM für Gurte. Der Einwand des Beklagten, diese seien vereinbarungsgemäß zurückgeschickt worden, lassen Art und Grund der Vereinbarung nicht erkennen. Es kann damit rechtlich nicht überprüft werden, ob der Beklagten mit der bloßen Absendung seine Verpflichtungen erfüllt hatte. Daß die Klägerin die Gurte auch erhalten hat, wird weder behauptet noch ist Beweis hierfür angetreten. Abzuziehen sind aber die Gegenforderungen von 2.748,80 DM. Im Ergebnis stehen der Klägerin damit 29.951,20 DM zu.
Zinsen kann die Klägerin nach Art. 78 CISG geltend machen. Da das CISG die Höhe des Zinssatzes nicht regelt, ist auf das nach deutschem internationalen Privatrecht zu ermittelnde nationale Recht zurückzugreifen (OLG Frankfurt, NJW 94, 1013; Schwenzer, NJW 90, 602, 606 f.). Bei einem italienischen Lieferanten ist das italienisches Recht (OLG Frankfurt, a.a.O.) Hier hat die Klägerin nicht dargelegt, daß sie einen höheren Schaden als die gesetzlichen Zinsen von 10% hat.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.