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  • ab 01.01.2021 (aktuelle Fassung)

Abschnitt I RiVASt-Nr.135AV - Mitteilungspflichten

Bibliographie

Titel
Mitteilungen über Freiheitsentziehungen von ausländischen Staatsangehörigen in Strafverfahren an die konsularischen Vertretungen ihrer Heimatstaaten (zu Nr. 135 RiVASt)
Redaktionelle Abkürzung
RiVASt-Nr.135AV,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
31030
  1. 1.

    Mitteilungspflichten auf Verlangen

    Artikel 36 Abs. 1 Buchst, b) des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. 4. 1963 (BGBl. 1969 II S. 1585, 1971 II S. 1285) enthält folgende Regelung:

    "Die zuständigen Behörden des Empfangsstaates haben die konsularische Vertretung des Entsendestaates auf Verlangen des Betroffenen unverzüglich zu unterrichten, wenn in deren Konsularbezirk ein Angehöriger dieses Staates festgenommen, in Straf- oder Untersuchungshaft genommen oder ihm anderweitig die Freiheit entzogen ist. Jede von dem Betroffenen an die konsularische Vertretung gerichtete Mitteilung haben die genannten Behörden ebenfalls unverzüglich weiterzuleiten. Diese Behörden haben den Betroffenen unverzüglich über seine Rechte aufgrund dieser Bestimmung zu unterrichten."

    Diese Regelung stellt eine Kodifizierung des geltenden Völkergewohnheitsrechts dar, die Bestandteil des Bundesrechts ist (Artikel 25 GG). Sie ist daher auch im Verhältnis zu den Staaten anzuwenden, die dem Übereinkommen nicht beigetreten sind.

  2. 2.

    Mitteilungspflichten von Amts wegen

    Neben den Mitteilungspflichten auf Verlangen kann aufgrund von völkerrechtlichen Vereinbarungen die Verpflichtung zur Unterrichtung einer konsularischen Vertretung auch ohne oder gegen den Willen des Betroffenen bestehen.

    Dies gilt zurzeit gegenüber folgenden Staaten:

DominicaDie Mitteilungspflicht beruht auf Artikel 18 Abs. 1 des deutsch-britischen Konsularvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland vom 30. 7. 1956 (BGBl. 1957 II S. 284, 1958 II S. 17, 1973 II S. 1688, 1976 II S. 1848) in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Weiteranwendung des deutschbritischen Konsularvertrages im Verhältnis zu ehemaligen abhängigen Gebieten des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland vom 3. 8. 2007 (BGBl. II S. 1391).
FidschiSiehe Dominica in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Fortgeltung des deutsch-britischen Konsularvertrages vom 30. 7. 1956 im Verhältnis zu Fidschi vom 22. 10. 1975 (BGBl. II S. 1739).
GrenadaSiehe Dominica in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Weiteranwendung der Verträge, deren Geltung auf das Hoheitsgebiet von Grenada erstreckt worden war; vom 12. 3. 1975 (BGBl. II S. 366).
GriechenlandArtikel 3 Abs. 3 des deutsch-griechischen Niederlassungs- und Schifffahrtsvertrages vom 18. 3. 1960 (BGBl. 1962 II S. 1505; 1963 II S. 912).
GuyanaSiehe Dominica.
ItalienArtikel 4 Abs. 3 des deutsch-italienischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages vom 21. 11. 1957 (BGBl. 159 II S. 949).
JamaikaSiehe Dominica in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Fortgeltung des deutsch-britischen Konsularvertrages im Verhältnis zu Jamaika vom 22. 12. 1972 (BGBl. 1973 II DS. 49).
LesothoSiehe Dominica.
MalawiSiehe Dominica in Verbindung mit der Bekanntmachung zu dem deutsch-britischen Konsularvertrag vom 13. 2. 1967 (BGBl. II S. 936).
MaltaSiehe Dominica.
MauritiusSiehe Dominica in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Fortgeltung des deutsch-britischen Konsularvertrages im Verhältnis zu Mauritius vom 27. 12. 1972 (BGBl. 1973 II S. 50).
MonacoArtikel 16 des deutsch-monegassischen Rechtshilfevertrages vom 21. 5. 1962 (BGBl. 1964 III 1297, 1306; 1965 II S. 405); die Mitteilung ist an die Direktion der Justizdienste des Fürstentums Monaco, Monaco-Ville, Palais de Justice, zu richten.
Sierra LeoneSiehe Dominica.
SpanienArtikel 5 Buchst, d Halbsatz 2 des deutschspanischen Niederlassungsvertrages vom 23. 4. 1970 (BGBl. 1972 S. 1041, 1557). Eine Mitteilung ist von Amts wegen nur dann zu bewirken, wenn die festgenommene Person nicht in der Lage ist, die Benachrichtigung der nächsten konsularischen Vertretung zu verlangen.
St. Kitts und NevisSiehe Dominica.
St. Vincent und die GrenadinenSiehe Dominica.
TunesienArtikel 36 des deutsch-tunesischen Vertrages über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen vom 19. 7. 1966 (BGBl. 1969 II 1157, 1158).
Vereinigtes Königreich Großbritannien und NordirlandArtikel 18 Abs. 1 des deutsch-britischen Konsularvertrages vom 30. 7. 1956 (BGBl. 1957 II S. 284; 1958 II S. 17), einschließlich Gibraltar, der Kanalinseln und der Isle of Man, der britischen Kronkolonien Anguilla und St. Helena (mit Ascension und Tristan da Cunha), der britischen Überseegebiete (Bermuda, Britisch Jungferninseln, Falklandinseln, Kaimaninseln, Pitcairn, Turks- und Caicosinseln), der Britisch Nationals (Overseas).
ZypernSiehe Dominica, jedoch in Verbindung mit Artikel 8 des britisch-zyprischen Vertrages vom 16. 8. 1960 über die Errichtung der Republik Zypern.

Weitere Hinweise enthält der Länderteil der RiVASt.

  1. 3.

    Artikel 36 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen verpflichtet nach der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs der Vereinten Nationen und anderer internationaler Strafgerichtshöfe die Unterzeichnerstaaten zur konsequenten Beachtung der Belehrungs- und Mitteilungsobliegenheiten. Durch die Strafverfolgungsorgane in der Freiheit beschränkten ausländischen Staatsangehörigen wird ein subjektives Recht auf konsularische Unterstützung bei der effektiven Wahrnehmung ihrer Verteidigungsrechte zugestanden. Aus diesem Anspruch folgt eine Verpflichtung sämtlicher Strafverfolgungsbehörden einschließlich festnehmender Polizeibeamtinnen und Polizeibeamter zur unverzüglichen Belehrung über den konsularischen Unterstützungsanspruch.

    Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. 9. 2006 2 BvR 2115/01, 2132/01, 348/03 sind die deutschen Behörden und Gerichte an diese Rechtsprechung gebunden.

  2. 4.

    Die Belehrungs- und Mitteilungspflicht erstreckt sich auf sämtliche Formen der Freiheitsentziehung. Sie gilt insbesondere auch im Auslieferungsverfahren. Sie entfällt nicht, wenn sich ausländische Staatsangehörige freiwillig zum Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßnahme stellen. In den Fällen der Nummer 2 entfällt sie auch dann nicht, wenn ausländische Staatsangehörige die konsularische Vertretung ihres Heimatlandes selbst benachrichtigen.

Außer Kraft am 31. Dezember 2025 durch Abschnitt VI der AV vom 19. Oktober 2020 (Nds. Rpfl. S. 407)