Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.07.2009, Az.: 1 MN 108/09

Enteignung von Eigentümern von gärtnerisch genutzten Grundstücken im Plangebiet einer Bundesstraße; Abwägungsfehler durch fehlerhafte Auswahl des beplanten Gebiets; Vorhandensein eines Wirtschaftswegs als Hindernis für die Planung des Wegs als öffentlich mit der Absicht der Verbreiterung und der Bepflanzung; Inzidente Überprüfung des Bebauungsplanes im Enteignungsverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.07.2009
Aktenzeichen
1 MN 108/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 19373
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2009:0713.1MN108.09.0A

Verfahrensgegenstand

Vorläufiger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren

In dem Normenkontrolleilverfahren
...
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 1. Senat -
am 13. Juli 2009
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag, den vom Rat der Antragsgegnerin am 28. Februar 2008 als Satzung beschlossen Bebauungsplan Nr. 72 "Gewerbegebiet nördlich der Bahn", bis zur Entscheidung über den zum Aktenzeichen 1 KN 34/09 gestellten Normenkontrollantrag der Antragsteller einstweilen außer Vollzug zu setzen, wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Normenkontrolleilverfahrens als Gesamtschuldner.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. sind erstattungsfähig, die der Beigeladenen zu 1. nicht.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Normenkontrolleilverfahrens wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller begehren die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplanes Nr. 72 "Gewerbegebiet nördlich der Bahn" der Antragsgegnerin. Diesen am 6. März 2008 bekannt gemachten Plan hatten die Antragsteller am 25. Februar 2008 mit der Normenkontrolle angegriffen.

2

Sie sind Eigentümer eines gärtnerisch genutzten Grundstücks im Plangebiet, das einen Teil des Bereichs zwischen der Bahnstrecke am bisherigen Nordrand des Gebiets der Antragsgegnerin und der zukünftigen, geschwungenen Trasse der Bundesstraße 3 ausfüllt (letztere planfestgestellt mit Beschluss der Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vom 25. Oktober 2006, http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C30874862_ L20.pdf). Ostwärts schließt sich das Plangebiet Nr. 70 "Bahnhofstraße" an (siehe www.landkreis-harburg.de, "Suche nach Bebauungsplänen"). Am westlichen Rand letzteren Plangebiets ist eine neue Anschlussstraße für die Bundesstraße festgesetzt, die auf etwas mehr als halber Strecke zwischen Bahn und Bundessstraße einen Kreisel aufweist, von dem Erschließungsstraßen nach Westen und Osten in die Plangebiete hineinführen. Im hier streitigen Plangebiet knickt die festgesetzte Erschließungsstraße nach etwa 35 Metern nach Norden ab und führt dann entlang der nördlichen Gebietsgrenze zur Bundesstraße hin nach Westen weiter; sie reicht im "Knickbereich" etwa 45 - 50 m von der östlichen Plangebietsgrenze in das Plangebiet hinein. Eine Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung führt von Osten her am Südrand des Plangebiets entlang und weiter nach Westen ins Moor. Die Teilstrecke östlich der Liliencronstraße - die in Zukunft mit einer T-Kreuzung an dieser Verkehrsfläche endet, statt wie bisher als "Wulmstorfer Weg" in Nord-Süd-Richtung durch das Plangebiet weiterzuführen - wird in der Planbegründung als landwirtschaftlicher Ersatzweg bezeichnet, die Teilstrecke westlich der Liliencronstraße als Weg zur Freizeitnutzung. Als "Begünstigte" für den östlichen Wegeteil, der das Flurstück der Antragsteller berührt, sind in der Textlichen Festsetzung Nr. 6 "Landwirtschaftlicher Verkehr, Fußgänger und Radfahrer, Feuerwehr-, Rettungs- und Instandhaltungsfahrzeuge sowie Müllfahrzeuge" aufgeführt. Ansonsten ist die Fläche des Plangebiets überwiegend als Gewerbegebiet ausgewiesen mit einer Vielzahl textlicher Festsetzungen.

3

Das 5.971 m² große Flurstück 22/4 (Flur 4, Gemarkung Neu Wulmstorf) der Antragsteller liegt mit einer Länge von etwa 285 m und einer Breite von 20 m diagonal im Plangebiet. An seinem nordöstlichen Ende wird es von der Straßenfestsetzung für die abknickende Erschließungsstraße vom Kreisel her in Anspruch genommen, an seinem Südwestende von der Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung und einer neben dieser verlaufenden Fläche zur Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen (645 m² im Nordosten und 35 m² im Südwesten). Ein Enteignungsverfahren wird bereits durchgeführt. Gärtnerische Nutzung war in der Planbegründung auch für weitere Flurstücke südöstlich von dem der Antragsteller konstatiert worden, die teilweise mit Lauben unterschiedlicher Größe bestanden waren.

4

Die Beigeladene zu 2. ist Eigentümerin einer 50.648 m² großen Fläche im Nordwesten des Plangebiets (Flurstücke 24/45 und 39/11), die bereits mit einem etwa 30.000 m² großen Logistikzentrum bebaut ist. Nach der Liegenschaftskarte steht es mit Maßen von etwa 275 m x 100 m parallel zur Bahnlinie und verstellt damit auch den bisherigen Wulmstorfer Weg. Derzeit verfügt das Logistikzentrum über einen Straßenanschluss nach Norden, der mit Neubau der Bundesstraße 3 entfällt. Es soll dann über die neue Erschließungsstraße angebunden werden.

5

Mit ihrem am 26. Mai 2009 eingegangenen Normenkontrolleilantrag machen die Antragsteller geltend:

6

Der Zeitablauf zwischen Bekanntmachung des Bebauungsplanes und der Stellung des Eilantrages spreche nicht gegen dessen Zulässigkeit. Der Eilantrag sei gestellt worden, nachdem die Regierungsvertretung mit Ladung zum 16. Juni 2009 das Enteignungsverfahren eingeleitet habe. Auch die Möglichkeit, den Bebauungsplan inzidenter im Enteignungsverfahren prüfen zu lassen, stelle das Rechtsschutzbedürfnis nicht in Frage.

7

Der Vollzug des Bebauungsplanes führe zu einem schwerwiegenden Eingriff in ihr Grundeigentum. Der Bebauungsplan weise zwei schwere Abwägungsmängel auf. Bei der Alternativenprüfung seien in Betracht kommende Flächen mit der Begründung abgelehnt worden, die Eigentümer seien nicht zum Verkauf bereit. Das gelte aber auch - wie die Antragsgegnerin gewusst habe - für die Antragsteller. Dies sei in der Abwägung ebenso wenig angesprochen worden wie Nachteile des Plangebiets z.B. im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit. Die Antragsgegnerin entwickle eine ganze Reihe von Gewerbegebieten, die sich für ein Logistikzentrum eigneten, insbesondere an ein bereits bestehendes Fernstraßen- und Autobahnnetz angebunden seien. Warum ein Logistikzentrum eine unmittelbare Anbindung zum Öffentlichen Personennahverkehr benötige, sei nicht ersichtlich.

8

Eine andere Anbindung der Gewerbehalle an das Verkehrsnetz sei überhaupt nicht geprüft worden, obwohl die Halle direkt an die Bundesstraße 3 oder an die Liliencronstraße hätte angebunden werden können. In beiden Fällen wäre eine Inanspruchnahme ihres Grundstücks nicht erforderlich gewesen. Ohne auf diese Möglichkeiten einzugehen, stelle die Begründung lapidar darauf ab, dass das Plangebiet zwingend an den Kreisverkehr im Osten angeschlossen werden müsse. Eine Verlegung dieses Kreisels weiter nach Osten sei ebenfalls nicht geprüft worden.

9

Die Anbindung der Gewerbehalle liege nicht im öffentlichen Interesse, sondern sei privatnützig. Die Beigeladene zu 1. sei im Besitz nahezu der gesamten Planfläche. Die Erschließungsstraße diene ausschließlich der bestehenden Halle. Das Interesse der öffentlichen Hand an den Vorteilen einer solchen Gewerbeansiedlung reiche zur Begründung des Allgemeinwohls nicht aus.

10

Die Antragsgegnerin äußert Zweifel an der Zulässigkeit des Normenkontrolleilverfahrens, die sich daraus ergäben, dass die Antragsteller erst rund 15 Monate nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes und rund 10 Monate nach Einreichung eines Enteignungsantrags Anlass gesehen hätten, einen Antrag auf Außervollzugsetzung zu stellen.

11

Der Bebauungsplan weise jedenfalls die geltend gemachten Mängel nicht auf. Diese seien im Übrigen nicht innerhalb der Jahresfrist substantiiert gerügt worden.

12

Die städtebauliche Erforderlichkeit des Planvorhabens sei in der Planbegründung eingehend belegt. Neu Wulmstorf sei mit der Anbindung an die Bahn- und S-Bahnstrecke, an die Bundesstraße 3 und an die Bundesautobahn A 26 prädestiniert für die Ansiedlung von Unternehmen, für die Sicherung und Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen in der Region und für die Vorhaltung von Wohnflächen für Pendler. Die Erfüllung dieser Aufgaben liege im Allgemeinwohlinteresse. Dass große Teile des Plangebiets von einem Einzelunternehmen genutzt würden, könne dem nicht entgegengehalten werden.

13

Das Plangebiet dränge sich wegen der dargelegten verkehrlichen Anbindung für eine gewerbliche Nutzung auf. Bei der Auswahl der für ein Gewerbegebiet in Betracht kommenden Flächen habe aber auch mit auf die Eigentumsverhältnisse abgestellt werden dürfen. Im jetzigen Plangebiet sei eine Realisierung der gewerblichen Nutzung überwiegend möglich. Auch die Antragsteller selbst hätten eine Veräußerung nicht von vornherein ausgeschlossen. Noch bei einer Ortsbesichtigung im September 2008 hätten sie eine Umsiedlung ihrer Gärten in Betracht gezogen; es sei mehrfach über Preise, Ersatzland und Umsiedlung gesprochen worden.

14

Ursprünglich habe die Erschließungsstraße - wie im Flächennutzungsplan vorgesehen - in der Mitte des Plangebiets verlaufen sollen. Als sich abgezeichnet habe, dass eine rasche Einigung nicht zustande komme, habe sie sich entschlossen, die Straße an den nördlichen Rand des Plangebiets zu verschieben, auch um damit die Inanspruchnahme des Grundstücks der Antragsteller zu verringern und eine Durchschneidung zu vermeiden. So würden nur noch 11,4% der Fläche betroffen und die überwiegende Fläche zum Gewerbegebiet aufgewertet.

15

Es gehe im Übrigen nicht nur um die Anbindung lediglich einer Gewerbehalle, sondern des Gewerbegebiets insgesamt. Es bestehe ein Erschließungskonzept für den gesamten Bereich nördlich der Bahn. Eine Anbindung nach Norden oder Westen unmittelbar an die Bundesstraße 3 sei nicht in Betracht gekommen. Eine Anbindung nach Süden über die Liliencronstraße sei im Hinblick auf die dortigen Wohngebiete nicht möglich gewesen. Die Lage des Kreisels orientiere sich an der dort vorhandenen Gemarkungsgrenze. Damit werde eine im Gelände sichtbare Zäsur aufgenommen. Der vorhandene Entwässerungsgraben könne so erhalten bleiben. Außerdem habe eine ausreichende Grundstücksgröße für die vorgesehene Mehrzweckhalle und den P+R-Platz im Zwischenraum zur Bahnhofstraße und für das Mischgebiet eine angemessene Größe gewährleistet werden können.

16

Die Bodenbeschaffenheit im Plangebiet sei entgegen der Darstellung der Antragsteller betrachtet worden. Aus dem Verfahren zur Bundesstraße 3, zu den östlicheren Plangebieten und Untersuchungen der Beigeladenen ergäben sich hinreichende Erkenntnisse.

17

Die Beigeladene zu 2. stellt einen eigenen Antrag. Sie meint, eine einstweilige Anordnung im Normenkontrollverfahren sei schon deshalb nicht geboten, weil die Antragsteller offenbar nicht die Entstehung des Gewerbegebietes, sondern nur die Enteignung ihres Grundstücks verhindern wollten. Dieses Rechtsschutzziel könne wesentlich einfacher im Enteignungsverfahren erreicht werden.

18

Die Planung leide nicht an Abwägungsmängeln. Die Antragsgegnerin habe sich in der Abwägung der Standortalternativen für den jetzigen Standort entscheiden dürfen. Einer der drei Alternativstandorte habe über keine hinreichenden Flächen verfügt. Die Flächen im Süden des Kernorts seien wegen ihrer landschaftlich reizvollen Lage besser für ein Wohngebiet geeignet. Der Ortsteil Rade-Mienenbüttel verfüge über eine schlechte ÖPNV-Anbindung.

19

Der Erschließung im Plangebiet sei ebenfalls mängelfrei gelöst. Sinnvoll habe das Gebiet nur über den benachbarten Kreisel erschlossen werden können. Dessen Standort sei durch die planfestgestellte Bundesstraße 3 prädestiniert. Durch die Anordnung der Erschließungsanlage am Nordrand des Plangebiets sei gewährleistet, dass das Grundstück der Antragsteller nicht zerschnitten werde. Eine Anbindung von Norden oder Westen her sei demgegenüber offensichtlich ungeeignet, so dass sie in der Planbegründung nicht habe erwähnt werden müssen. Im Planfeststellungsbeschluss für die Bundesstraße seien dort keine Anschlussstellen vorgesehen. Eine Anbindung im Westen scheitere wohl auch an der Höhenlage, da die Bundesstraße dort die Bahnstrecke überquere.

20

Die Eigentumsbelange der Antragsteller seien nicht verkannt worden. Für die Einschränkung des Grundeigentums der Antragsteller lägen gewichtige öffentliche Belange vor. Ihr Grundstück liege im Außenbereich und weise keine baulichen Anlagen auf. Die Planung sei zudem nur durch Inanspruchnahme privaten Grundeigentums zu realisieren.

21

Bei der gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass sie für ihr Logistikzentrum auf die zeitnahe Einrichtung der Erschließungsstraße angewiesen sei, da ihre bisherige Anbindung mit dem Bau der Bundesstraße entfalle.

22

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

23

Die Antragsteller können allerdings nicht auf eine Inzidentüberprüfung des Bebauungsplanes im Enteignungsverfahren verwiesen werden; insoweit dürfte nichts anderes gelten als im Verhältnis zwischen Bebauungsplan und Umlegungsplan (vgl. insoweit BVerwG, Beschl. v. 17.12.1992 - 4 NB 25.90 -, NVwZ 1993, 1183).

24

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, die die Aussetzung eines Bebauungsplanes für diejenigen regelmäßig hat, welche seine Festsetzungen auszunutzen gewillt sind, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil in dem oben genannten Sinn liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interessen eines Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/ Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174 m.w.N..). Aus "anderen wichtigen Gründen" ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erst dann geboten, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. Beschl. d. Sen. v. 21.3.1988 - 1 D 6/87 -, BRS 48 Nr. 30; Beschl. v. 30.8.2001 - 1 MN 2456/01 -, NVwZ 2002, 109). Denn das Gewicht dieser Gründe muss ungefähr dem des schweren Nachteils entsprechen. Beides liegt hier nicht vor.

25

Schwere Nachteile durch den Vollzug des Bebauungsplanes sind nicht ersichtlich. Eine Inanspruchnahme von Eigentumsflächen der Antragsteller führt nur in untergeordnetem Maße zur Reduzierung der Gartennutzung; aus ihrem Vortrag geht auch nicht hervor, dass besonders empfindliche Gartenteile betroffen werden und warum ein Eingriff nicht rückgängig zu machen wäre. Darüber hinaus ist im anhängigen Enteignungsverfahren noch eigenständig darüber zu entscheiden, ob der Eingriff durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.

26

Hinreichende Erfolgsaussichten sind zur Zeit ebenfalls nicht zu erkennen.

27

Der Planung fehlt die Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB nicht schon im Hinblick auf die mangelnde Verkaufsbereitschaft der Antragsteller. Diese wirkt sich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen aus, wenn die planende Gemeinde über kein aussichtsreiches Konzept für die Realisierung ihrer Planung verfügt (vgl. Senatsurt. v. 20.04.2009 - 1 KN 9/06 -, www.dbovg.niedersachsen.de und [...]). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; die Antragsgegnerin hat schon vor längerer Zeit ein Enteignungsverfahren eingeleitet. Die gebotene Abwägung weist nach vorläufiger Prüfung keine durchgreifenden Mängel auf.

28

Ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 7 BauGB rechtswidrig, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat. Das Abwägungsgebot ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Schließlich liegt eine Verletzung auch vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen diesen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301).

29

Zur Berücksichtigung von Eigentumsfragen hatte sich der Senat in jüngster Zeit häufiger zu äußern, zuletzt hat er im Urteil vom 22. Juni 2009 (- 1 KN 127/06 -) ausgeführt:

"Mit welchem Gewicht die durch Art. 14 GG Abs. 1 geschützten Eigentumsbelange in der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist in einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen behandelt worden. Die dabei entwickelten Grundsätze lassen sich etwa wie folgt zusammenfassen (vgl. dazu auch die Senatsurteile v. 5.9.2007 - 1 KN 25/07 -, AUR 2008, 402 u. - 1 KN 47/07 -, AUR 2008, 407 sowie v. 13.1.2009 - 1 KN 349/07 -, n.v.):

Das Eigentum gehört in hervorgehobener Weise zu den abwägungsrechtlich erheblichen Belangen. Das Gewicht, mit dem es in die Abwägung einzustellen ist, ist nicht für alle Fälle gleich, sondern hängt von der zu regelnden städtebaulichen Situation ab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.1.2007 - 4 B 74.06 -, BauR 2007, 667). Weil es insbesondere mit dem Ziel geschützt wird, dem Inhaber des Rechts eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung zu ermöglichen, hat die Gemeinde darauf Bedacht zu nehmen, die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich zu erhalten. Sie hat daher in die Abwägung einzustellen, dass sich die Umgestaltung der Nutzungsmöglichkeiten für den Betroffenen wie eine Enteignung auswirken kann. Das verpflichtet sie zu einer strengen Prüfung, ob der in Rede stehende (Gemeinwohl-) Zweck wirklich so gewichtig ist und ob er nicht auch auf andere Weise oder unter weitgehender Schonung des Privateigentums erreicht werden kann (vgl. z.B. BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des 1. Senats v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 -, NVwZ 2003, 727). Dabei muss sich das Privateigentum nicht stets gegen das öffentliche Interesse an einer bestimmten Nutzung durchsetzen (BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des 1. Senats v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 -, DVBl. 1999, 704). Wegen des der Eigentumsgarantie unter anderem innewohnenden Gleichheitssatzes sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit setzt eine abwägungsgerechte Entscheidung aber stets die Prüfung voraus, ob Alternativstandorte existieren, auf denen das Ziel mit geringerer Eingriffsintensität erreicht werden kann und/oder ob für diesen Zweck gleich gut geeignete Grundstücke existieren, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen (BVerwG Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 6.01 -, NVwZ 2002, 1506).

30

Gegenwärtig ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin sich aufdrängende Planungsalternativen zu Unrecht zurückgestellt hat. Die Maßstäbe von Alternativenprüfungen hat das Bundesverwaltungsgericht - bezogen auf Straßentrassen - jüngst wie folgt zusammengefasst (Beschl. v. 24.4.2009 - 9 B 10.09 -, [...]):

"Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Fachplanungsrecht, dass sich die Anforderungen des Abwägungsgebots auch und gerade an das Berücksichtigen von planerischen Alternativen richten. Ernsthaft sich anbietende Alternativlösungen müssen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials berücksichtigt werden und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange Eingang finden (Beschluss vom 20. Dezember 1988 - BVerwG 7 NB 2.88 - BVerwGE 81, 128 <136 f.> m.w.N.; Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 121, 72>).

Zu diesen in das Verfahren einzubeziehenden und zu untersuchenden Alternativen gehören neben den von Amts wegen ermittelten auch solche, die von dritter Seite im Laufe des Verfahrens vorgeschlagen werden (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 <342> ). Die Planfeststellungsbehörde ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, Alternativen, die sich aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden (vgl. Urteile vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.> und vom 20. Mai 1999 - BVerwG 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 154>; Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1-11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 91 f.). Stellt sich im Rahmen einer solchen Vorprüfung heraus, dass das mit der Planung zulässigerweise verfolgte Konzept bei Verwirklichung der Alternativtrasse nicht erreicht werden kann und daher die Variante in Wirklichkeit auf ein anderes Projekt hinausliefe, so kann die Planfeststellungsbehörde diese Variante ohne weitere Untersuchungen als ungeeignet ausscheiden (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <13 f.> ).

Über die Fälle der fehlenden Eignung zur Zielverwirklichung hinaus ist die Planfeststellungsbehörde befugt, Alternativen bereits in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden, die sich nach den in diesem Stadium des Planungsprozesses angestellten Sachverhaltsermittlungen hinsichtlich der berührten öffentlichen und privaten Belange als weniger geeignet erweisen als andere Trassenvarianten. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Planfeststellungsbehörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und in ihre Überlegungen ebenso einbeziehen wie die von ihr favorisierte Trasse. Insoweit ist die Ermittlung des Sachverhalts und der berührten öffentlichen und privaten Belange relativ zur jeweiligen Problemstellung und der erreichten Planungsphase (vgl. Beschluss vom 26. Juni 1992 a.a.O. S. 91). Der Planfeststellungsbehörde ist bei der Trassenprüfung ein gestuftes Verfahren gestattet, bei dem sich die Anforderungen an den Umfang der Sachverhaltsermittlung und -bewertung jeweils nach dem erreichten Planungsstand und den bereits im Laufe des Verfahrens gewonnenen Erkenntnissen richten (vgl. Urteil vom 25. Januar 1996 a.a.O. S. 250; Beschluss vom 26. Juni 1992 a.a.O. S. 92).

Neben diesen in erster Linie die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials betreffenden Vorgaben ist zu berücksichtigen, dass die eigentliche planerische Entscheidung zwischen zwei oder mehreren Trassenvarianten nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. etwa Urteile vom 25. Januar 1996 a.a.O. S. 249 f. und vom 20. Mai 1999 a.a.O. sowie Beschluss vom 14. Mai 1996 - BVerwG 7 NB 3.95 - BVerwGE 101, 166 <173 f.> ).

31

Daran gemessen ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die in der Planbegründung genannten Alternativen nicht weiterverfolgt hat.

32

Dabei hat sie entgegen der Darstellung der Antragsteller in der Hauptsache nicht mit der Verfügbarkeit der Flächen argumentiert, sondern unter Nr. 3.4 der Planbegründung die besonders gute Eignung des hier in Frage stehenden Gebiets herausgestrichen. Es drängt sich auch ohne weiteres auf, dass dieser Standort nach Fertigstellung der geplanten Straßen eine besonders gute verkehrliche Anbindung für sich haben wird. Vom neuen Trassenverlauf der Bundesstraße 3 mit dem kurzen Weg zur ebenfalls neuen Autobahn A 26 wird gerade das bereits angesiedelte Logistikzentrum profitieren. Darauf darf der Blick jedoch nicht beschränkt werden; für die übrigen Gewerbeflächen kann auch die zusätzliche Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr von Vorteil sein. Jedenfalls ist nicht dargetan, dass die alternativ untersuchten Standorte vergleichbare Lagevorteile böten. Soweit die Antragsteller - ohne konkrete Bezeichnung - auf andere in der Entwicklung befindliche Gewerbegebiete verweisen, die direkt an ein bereits bestehendes Fernstraßen- und Autobahnnetz angebunden seien, mag das Gewerbegebiet Mienenbüttel gemeint sein, das den Senat bereits beschäftigt hat. Insoweit bleiben die Antragsteller aber Darlegungen schuldig, dass dieses Gewerbegebiet noch für zusätzliche Vorhaben aufnahmefähig sein wird.

33

Daneben war es aber auch nicht sachwidrig, bei der Alternativenprüfung (neben weiteren Gesichtspunkten) zusätzlich die Verfügbarkeit der Flächen in die Auswahlüberlegungen einzubeziehen. Zwar ist die Bauleitplanung typischerweise eine Angebotsplanung, die nicht zwingend auf sofortige Umsetzung angewiesen ist, sondern auch Jahrzehnte ins Auge fassen kann. Das ändert aber nichts daran, dass die planende Gemeinde auch ein eigenes Interesse daran haben kann, ihre Planung nicht dadurch "leerlaufen" zu lassen, dass vorhandene Plangebiete (teilweise) ungenutzt bleiben und darum anderenorts zusätzliche Flächen ausgewiesen werden müssen, um den vorhandenen Bedarf zu decken.

34

Ebenso wie die Gemeinde ihre "Städtebaupolitik" im Bereich der Einzelhandelsentwicklung auf ein "Gesamtkonzept" stützen und aktiv auf eine Änderung des städtebaulichen Status Quo hinwirken darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.3.2009 - 4 C 21.07 -, ZfBR 2009, 463), darf sie auch für Gewerbe- und Industrieflächen aktive Städtebaupolitik treiben, nicht zuletzt, um durch attraktive Standortangebote die lokale Wirtschaftskraft zu heben und Arbeitsplätze zu sichern oder zusätzlich zu schaffen. Diese Wirkungen treten nur ein, wenn der Realisierung der Planfestsetzungen keine nachhaltigen Hindernisse entgegen stehen. Als ein solches kommt auch die mangelnde Verkaufsbereitschaft von Flächeneigentümern in Betracht, die sich nicht ohne weiteres durch Enteignungsverfahren überwinden lässt.

35

Bei der Betrachtung der "Widerstände", mit denen in den alternativen Standorten zu rechnen ist, liegt auch die Berücksichtigung eines quantitativen Elements nahe. Je größer die Flächenanteile sind, für die keine Verkaufsbereitschaft besteht, desto weniger eignet sich der Standort für ein Bauleitplanverfahren. Infolgedessen kam es nicht darauf an, ob gerade die Antragsteller nicht zum Verkauf bereit waren, sondern auf die jeweilige Gesamtfläche des Gebiets, die von mangelnder Verkaufsbereitschaft betroffen war. Angesichts des Umstands, dass das jetzt gewählte Plangebiet schon "vorzeitig" mit einem Großvorhaben besiedelt worden ist, dürfte hier überwiegend Verkaufsbereitschaft bzw. Bereitschaft zu eigener gewerblicher Nutzung bestanden zu haben. Die Antragsteller tragen auch nicht vor, dass die anderen Grundstückseigentümer, die ihre Grundstücke gärtnerisch nutzen, die gleiche Haltung vertreten wie sie selbst.

36

Die Antragsgegnerin hat ferner nicht zu Lasten der Antragsteller naheliegende Erschließungsalternativen außer Acht gelassen. Die Antragsteller verkürzen zunächst das Erschließungsproblem insoweit, als sie nur die Anbindung des bereits vorhandenen Logistikzentrums erörtern. Damit übersehen sie, dass auch die Restfläche des Plangebiets im Wesentlichen als Gewerbegebiet festgesetzt ist, einschließlich ihres eigenen Grundstücks. Auch wenn die Antragsgegnerin Anstrengungen unternommen hat, ihre Gartennutzung möglichst wenig zu berühren, insbesondere das Grundstück nicht zu teilen, ändert dies nichts daran, dass hier keine Gartennutzung festgesetzt ist. Das hat insbesondere zur Folge, dass die Ausgestaltung der Infrastruktur des Plangebiets nicht von einer verbleibenden Gartennutzung auszugehen hatte, sondern für eine komplette gewerbliche Nutzung auch des Ostteiles des Plangebiets auszulegen war. Ein Erschließungskonzept, das diesen Teil des Plangebiets komplett unerschlossen gelassen hätte, wäre planerisch nicht vertretbar gewesen.

37

Zu Recht hat es die Antragsgegnerin unterlassen, zusätzliche Anschlüsse an die neue Bundesstraße 3 zu vorzusehen. Zwar schließt die Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses für eine Bundesfernstraße nicht aus, dass eine Gemeinde die Trasse später nach § 17 b Abs. 2 FStrG durch Bebauungsplan abweichend überplant, was hier nach den Ausführungen unter Nr. 3.2 der Begründung zum Bebauungsplan auch geschehen ist. Dabei ist jedoch nach § 16 Abs. 3 FStrG die Straßenbaubehörde zu beteiligen, wobei der Bundesplanung grundsätzlich Vorrang zukommt. Hier wäre mit einem Einverständnis der für die Planung zuständigen Landesbehörde von vornherein nicht zu rechnen gewesen. Denn Bundesstraßen im Allgemeinen und gerade Umgehungsstraßen verfehlen ihr Ziel zügiger und sicherer Verkehrsführung, wenn der Verkehrsfluss zu häufig auf Einmündungen anderer Straßen stößt. Die gilt um so mehr angesichts des Umstandes, dass am westlichen Ende des Plangebietes infolge der Überführung über die Bahnstrecke Höhenunterschiede auftreten, die Anschlüsse erschweren würden. Realistische Aussichten auf eine Zustimmung für eine weitere Anschlussstelle bestanden danach nicht.

38

Eine Erschließung des Gewerbegebiets von Süden her über die Liliencronstraße verbot sich wegen der zu erwartenden Lärmbelastung für die Wohngebiete von vornherein.

39

Damit verblieb nur die Anbindungsmöglichkeit an den im Plangebiet Nr. 70 bereits festgesetzten Kreisel. Auch für dessen Platzierung kam es zwar formal nicht darauf an, dass diese Planung für die Antragsteller schon nicht mehr angreifbar war. Die Antragsgegnerin hat in den Textlichen Festsetzungen unter Nr. 1 auch andere Festsetzungen der Bebauungspläne Nr. 70 und Nr. 72a aufgehoben; sie hätte auch in Bezug auf den Kreisel noch besseren Lösungen den Vorzug geben können. Solche besseren Lösungen stellten sich jedoch nicht dar. Eine wirkliche Planungsalternative wird nicht dadurch dargetan, dass der Betroffene meint, eine Trassenführung könne auch ein wenig weiter von seinem Grundstück weg verlegt werden, ohne dass er zugleich die Auswirkungen auf der anderen Seite in die Betrachtung einbezieht. Die Antragsgegnerin hat hierzu vorgetragen, dass eine Verschiebung der Straßentrasse mit dem Kreisel die Fläche für eine vorgesehene Mehrzweckhalle und den P+R-Platz reduzieren würde. Es ist nicht ersichtlich, dass die damit berührten Belange weniger gewichtig sind als diejenigen, die die Antragsteller für sich geltend machen.

40

Unter diesen Umständen ist die jetzt gewählte Lösung diejenige, die das Grundstück der Antragsteller optimal schont. Damit ist die Antragsgegnerin den Antragstellern in einem planerisch kaum noch vertretbaren Maß entgegengekommen. Städtebaulich stellte sich gerade nicht das Hauptziel, (allein) das Grundstück der Antragsteller möglichst weitgehend von einer Inanspruchnahme freizuhalten; die Planung musste vielmehr auf eine sinnvolle Lösung für das Plangebiet insgesamt bedacht sein, was eher für eine mittige Führung gesprochen hätte. Trotzdem wird der Verkehr nunmehr mit zwei rechtwinkligen Kurven an die Nordseite des Plangebiets gezwungen. Dieser Versprung in der Straßenführung lässt sich allenfalls durch die Erwägung rechtfertigen, dass - wenn schon keine mittige Erschließung realisiert wird - jedenfalls der "Verschnitt" der Gewerbeflächen möglichst gering gehalten werden soll.

41

Entgegen der Auffassung der Antragsteller durfte die Antragsgegnerin die weitere "Binnenerschließung" dieser Gewerbeflächen späteren Vorhabenträgern überlassen. Sie haben keine solche Ausdehnung, dass sie zusätzlich zu der nördlichen "Randstraße" zwingend mit weiteren öffentlichen Straßen durchzogen werden müssen.

42

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin den Antragstellern bei der Ausgestaltung der Verkehrsanlagen weit entgegengekommen ist, bedeutet allerdings nicht automatisch, dass damit ihren Eigentumsbelangen in ausreichendem Maße Rechnung getragen ist. Denn wenn die Antragsgegnerin ihre eigene Planung ernst nimmt, hat die Gartennutzung der Antragsteller im Gewerbegebiet keine Zukunft; sie wird allenfalls vorübergehend fortgeführt werden können, weil anzunehmen ist, dass die benachbarten Grundstücke zunehmend mit gewerblicher Nutzung "aufgefüllt" werden und es dann zu Unverträglichkeiten kommt. In die Abwägung war deshalb einzustellen, dass die Eignung des Grundstücks der Antragsteller für Gartennutzungszwecke als Folge der Planung mittel- bis langfristig völlig entfällt. Der damit verbundene, absehbare Verlust an Privatnützigkeit ist ungeachtet des Umstands in die Abwägung einzustellen, dass die Voraussetzungen einer Enteignung im Normenkontrollverfahren mangels enteignungsrechtlicher Vorwirkung regelmäßig nicht zu prüfen sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007 - 4 BN 21.07 -, a.a.O.; BGH, Beschl. v. 25.10.2001 - III ZR 76/01 -, BRS 68 Nr. 10).

43

Das hat die Antragsgegnerin ausweislich der Nr. 3.3 der Planbegründung (dort S. 19 f.) gesehen und bewertet. Sie durfte dabei im Ergebnis die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Belange der Antragsteller hintanstellen. Mit dem Neubau der Bundesstraße 3 und der Bundesautobahn A 216 fällt der Plangebietsfläche im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin eine neue Bedeutung zu. Sie ist damit nicht nur besonders günstig an den weiträumigen Verkehr angeschlossen, sondern die neue Trasse der Bundesstraße stellt eine Zäsur in der Landschaft dar, die ein "Nachrücken" des bisherigen Siedlungsrandes mehr als nahelegt. Da eine lärmempfindliche Nutzung neben der Bundesstraße nicht angebracht wäre, stellt ein Gewerbegebiet eine angemessene Nutzung dar. Die sich damit bietende Möglichkeit gemeindlicher Fortentwicklung durfte die Antragsgegnerin ergreifen. Sie muss ihre legitimen städtebaupolitischen Ziele nicht bereits dann zurückstellen, wenn diesen in vergleichbar geringem Umfang gegenläufige private Nutzungsabsichten entgegenstehen.

44

Auch hinsichtlich des Weges entlang der Bahnlinie am Südrand des Plangebietes sind Abwägungsfehler nicht erkennbar. Die Festsetzung eines über ein privates Anwesen verlaufenden öffentlichen Weges ist nur gerechtfertigt, wenn die für ihn sprechenden städtebaulichen Allgemeinbelange die entgegenstehenden Interessen des Eigentümers deutlich überwiegen (VGH Mannheim, Urt. v. 20.7.2000 - 8 S 2592/99 -, NuR 2001, 586 = BRS 63 Nr. 32). Der Senat hat dies in jüngster Zeit in zwei Fällen bejaht (Urt. v. 26.11.2008 - 1 KN 62/07 -, n.v., und Urt. v. 13.1.2009 - 1 KN 349/07 -, n.v.). Hier müssen sich die Antragsteller entgegen halten lassen, dass jedenfalls östlich des Wulmstorfer Weges nach den Luftbildern aus Google Maps bereits jetzt ein Weg besteht, den sie selbst als Wirtschaftsweg bezeichnen; er dient ersichtlich der Erreichbarkeit der dort gärtnerisch genutzten Grundstücke. Dadurch, dass dieser Weg zu einem öffentlichen gemacht wird, wird die eigentumsgestützte Lebensgestaltung der Antragsteller offenbar nur peripher berührt. Das gilt auch dann, wenn der festgesetzte Weg etwas breiter als der vorhandene Weg sein sollte und eine begleitende Festsetzung für die Anpflanzungen zu beachten ist. Auch die durch textliche Festsetzung der jeweils "Begünstigten" deutlich gemachte Zweckbestimmung der verschiedenen Teilstrecken des Weges und deren Erläuterung unter Nr. 4.9 der Planbegründung sind nachvollziehbar und von den Antragstellern nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

45

Dem Hinweis, dass sich das Plangebiet im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit für die vorgesehenen Zwecke nicht eigne, ist mangels Konkretisierung nicht weiter nachzugehen.

46

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 1, 159 S. 2 VwGO, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

47

Die außergerichtlichen Kosten der wegen § 47 Abs. 2 Satz 4 VwGO nur "einfach" Beigeladenen zu 2. sind für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich damit der Gefahr eigener Kostentragungspflicht (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.

48

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Claus
Dr. Berner-Peschau
Bremer