Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 12.10.2006, Az.: 2 A 231/05
Abschluss; Ausbildung; Ausbildungsförderung; Ausland; Bachelor; Bachelorstudiengang; BAföG; Diplomstudiengang; Fachrichtungswechsel; Förderung; Förderungsvoraussetzung; Grund; Konkurrenz; Master; Masterstudiengang; Mittel; Planung; Reaktion; Situation; Studiengang; Studium; unabweisbarer Grund; Wechsel; Wichtigkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 12.10.2006
- Aktenzeichen
- 2 A 231/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 53328
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 2 BAföG
- § 7 Abs 1a BAföG
- § 7 Abs 2 BAföG
- § 7 Abs 3 BAföG
- § 101 Abs 2 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein unabweisbarer Grund im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BAföG liegt vor, wenn ein Auszubildender nach erfolgreicher abgeschlossenem Vordiplom das Studium in einem Masterstudiengang fortsetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für den Besuch einer Hochschule in den Niederlanden Ausbildungsförderung nach dem BAföG.
Die am … geborene Klägerin studierte an der L. -M. -Universität N. im Sommersemester 2002 zunächst Chemie. Im Wintersemester 2002/03 wechselte sie in den Diplom-Studiengang Hydrologie. Am 13. Oktober 2003 legte sie die Diplom-Vorprüfung mit der Gesamtnote „sehr gut“ (1,5) ab. Im Sommersemester 2004 absolvierte sie in diesem Studiengang ein Auslandssemester an der Universität von Sydney, Australien. In dieser Zeit erhielt sie Ausbildungsförderung nach dem BAföG.
Am 08. August 2004 wurden die bisherigen Studienleistungen der Klägerin durch das Zulassungskomitee der Universität K. in den Niederlanden nach einer besonderen Prüfung als ein Äquivalent zum Bachelor-Titel, der grundsätzlich Zugangsvoraussetzung für den dortigen Master-Studiengang ist, anerkannt und sie wurde dort zum Master-Studiengang Hydrology zugelassen. Am 1. September 2004 nahm sie ihr Studium auf.
Mit Antrag vom 22. August 2004 beantragte die Klägerin Ausbildungsförderung nach dem BAföG für die Zeit vom 01.September 2004 bis 31.August 2005 für ihr Master-Studium in K..
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Mai 2005 mit der Begründung ab, die Förderungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Eine Bewilligung nach § 7 Abs. 1a BAföG sei nicht möglich, da die Klägerin einen Bachelor-Abschluss nicht vorweisen könne.
Dagegen hat die Klägerin am 02. Juni 2005 Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen der Förderung nach § 7 Abs. 1 a BAföG lägen vor. Diese Vorschrift setze nicht voraus, dass der Auszubildende tatsächlich einen Bachelorstudiengang abgeschlossen habe. Die von der Beklagten diesbezüglich vertretene Rechtsauffassung verstoße gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, da sie einen Verstoß gegen das Förderungsgebot der Mobilität der Studenten in Europa und das Diskriminierungsverbot des Art. 150 EG darstelle.
Sie beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Mai 2005 zu verpflichten, ihr für ihre Ausbildung an der Universität K. in der Zeit vom 01.09.2004 bis 31.08 2005 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, für eine Förderung der Ausbildung in den Niederlanden sei es nach § 7 Abs. 1a BAföG erforderlich, dass der Antragsteller tatsächlich einen Bachelorstudiengang abgeschlossen habe. Dies habe die Klägerin nicht. § 7 Abs. 3 BAföG sei nicht einschlägig, da die Klägerin ihr Studium fortsetze.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die das Gericht gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Der Bescheid vom 11. Mai 2005 ist rechtswidrig und die Klägerin hat einen Anspruch auf Ausbildungsförderung für ihre Ausbildung an der Universität K. in dem streitbefangenem Zeitraum (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Klägerin erfüllt die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen für eine Auslandsförderung.
Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 BAföG wird Auszubildenden, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, Ausbildungsförderung geleistet für den Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte, wenn eine Ausbildung nach dem mindestens einjährigen Besuch einer inländischen Ausbildungsstätte an einer Ausbildungsstätte in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union fortgesetzt wird. Dies ist hier der Fall.
Die Klägerin hat ihren ständigen Wohnsitz im Inland, nämlich in O.. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BAföG ist der (ständige) Wohnsitz im Sinne des BAföG an dem Ort begründet, der nicht nur vorübergehend Mittelpunkt der Lebensbeziehungen ist, ohne dass es auf den Willen zur ständigen Niederlassung ankommt. Wer sich lediglich zum Zwecke der Ausbildung an einem Ort aufhält, hat dort nicht seinen ständigen Wohnsitz begründet. Die Klägerin hält sich in K. nur zum Zwecke ihrer Ausbildung auf. Ausweislich ihres Antrages auf Ausbildungsförderung vom 22.08.2004 sieht die Klägerin selbst ihren Lebensmittelpunkt und ständigen Wohnsitz in O..
Die Klägerin hat vom Wintersemester 2002/2003 bis einschließlich Sommersemester 2003/2004, mithin länger als ein Jahr, Hydrologie an der Universität N. studiert. Diese Ausbildung setzt die Klägerin nunmehr an der Universität K. in den Niederlanden, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, fort. Zwar handelt es sich bei ihrem jetzigen Studiengang um einen Master-Studiengang und nicht mehr um einen Diplom-Studiengang. Dennoch liegt ebenso wie im Verhältnis zwischen einem Bachelor- und einem Magisterstudiengang (vgl. hierzu Tz. 5.2.22 BAföGVwV) eine Fortsetzung der bisherigen Ausbildung vor. Die Klägerin studiert weiterhin das Fach Hydrologie.
Schließlich besitzt die Klägerin unstreitig die erforderlichen Sprachkenntnisse in der Unterrichtssprache Englisch.
Der Anspruch der Klägerin ist im Ergebnis nicht nach der speziellen Vorschrift des § 7 BAföG ausgeschlossen.
Allerdings ist ihre Ausbildung nicht gemäß § 7 Abs. 1a BAföG förderungsfähig.
Gem. § 7 Abs. 1a BAföG wird für einen Master- oder Magisterstudiengang im Sinne des § 19 des Hochschulrahmengesetzes oder einen postgradualen Diplomstudiengang im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 bis 3 Hochschulrahmengesetz sowie für vergleichbare Studiengänge in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Ausbildungsförderung geleistet, wenn er auf einem Bachelor- oder Baccalaureusstudiengang aufbaut und der Auszubildende außer dem Bachelor- oder Baccalaureusstudiengang noch keinen Studiengang abgeschlossen hat.
Der Masterstudiengang Hydrology an der Universität K. stellt einen mit dem Masterstudiengang im Sinne des § 19 Hochschulrahmengesetz vergleichbaren Studiengang dar. Die Zulassung zu diesem Masterstudiengang setzt nach den Zulassungsvoraussetzungen der Universität K. (www. K. universiteit.nl) grundsätzlich den Abschluss eines Bachelor-Studiums voraus und die Klägerin strebt ausweislich der Bescheinigung der Universität K. vom 3. Januar 2005 als Ziel ihrer Ausbildung den Titel „Master of Science“ an.
Indes baut diese Ausbildung im Fall der Klägerin nicht auf einem Bachelor- oder Baccalaureusstudiengang, sondern auf einem dreisemestrigen nicht abgeschlossenen Diplomstudium auf, das die Klägerin unter Anrechnung von Vorstudienleistungen mit dem Erwerb des Vordiploms am 13. Oktober 2003 beendet hatte. Eine Gleichstellung dieser Vorausbildung mit einem Bachelor- oder Baccalaureusstudiengang ist sowohl nach dem eindeutigen Wortlaut wie auch nach Sinn und Zweck der Regelung ausgeschlossen, so dass die Frage offen bleiben kann, ob sie ohnehin nur auf abgeschlossene Vorausbildungen Anwendung findet (vgl. dazu Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 7, Rn. 19).
Durch die Hochschulstrukturreform wurden 1998 die Voraussetzungen der Einrichtung von Bachelor- sowie Masterstudiengängen geschaffen. Die Besonderheit dieser Ausbildungen besteht darin, dass das Studium in zwei Abschnitte gegliedert ist; eine eher grundständige und berufsorientierte erste Phase, die nach einem in der Regel sechs bis acht Semester dauernden Studium zu einem berufsqualifizierenden Abschluss durch die Verleihung des Bachelorgrades führt, und eine darauf aufbauende forschungsorientierte Phase, die nach weiteren zwei bis vier Semestern mit der Masterprüfung abschließt. Diese Studiengangskombinationen führen zusammen zu einer mit dem Abschluss eines herkömmlichen grundständigen Diplomstudiengangs vergleichbaren Qualifikation. Da der Grundanspruch auf Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 1 BAföG nach der bisherigen Systematik das BAföG regelmäßig schon durch den Bachelorstudiengang ausgeschöpft wäre, sah es der Gesetzgeber aus Gründen der Gleichbehandlung als erforderlich an, die Förderung des nachfolgenden Masterstudiengangs durch eine Sonderregelung sicherzustellen. Der Sache nach handelt es sich deshalb bei der Förderung der Masterstudiengänge um eine Erweiterung des Grundanspruchs auf Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 1 BAföG (Ramsauer u.a., a.a.O. § 7, Rn. 18; BT-Ds 13/10241, S. 8).
Eine Förderung des von der Klägerin aufgenommenen Masterstudiengangs kommt nach dieser Vorschrift daher ebenso wenig in Betracht wie die Förderung derjenigen Studenten, die über andere berufsqualifizierende Abschlüsse (vgl. § 19 Abs. 3 Hochschulrahmengesetz) als den Bachelor den Zugang zum Master-Studiengang erworben haben. Die Kammer ist mit dem VG Karlsruhe (Urteil vom 17.11.2004 -10 K 580/04-, FamRZ 2006, 733, 734) der Ansicht, dass eine erweiternde Auslegung des § 7 Abs. 1 a BAföG nicht möglich ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung von Art. 150 Abs. 3 EG. Danach fördern die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für die berufliche Bildung zuständigen internationalen Organisationen. Die gefundene Auslegung des § 7 Abs. 1 a BAföG verstößt nicht gegen diese europarechtliche Bestimmung. Denn sie trifft Auszubildende, die in Deutschland studieren, ebenso wie solche, die ihre Ausbildung im Ausland durchführen wollen. Eine europarechtliche Förderungspflicht nur für Auslandssachverhalte begründet Art. 150 EG nicht. Sollte es sich um eine gesetzliche Regelungslücke handeln, wofür einiges spricht, kommt eine diese schließende rechtsanaloge Anwendung wegen des eindeutigen Wortlauts der (Ausnahme-) Bestimmung sowie ihres dargestellten Sinns und Zwecks durch das Gericht nicht in Betracht. Dies kann allein Sache des Gesetzgebers sein.
Allerdings stellt § 7 Abs. 1 a BAföG für die Gewährung von Ausbildungsförderung von Masterstudenten keine abschließende Regelung dar. Sie erschöpft sich darin, festzulegen, dass der Grundanspruch des § 7 Abs. 1 BAföG bei einem auf einen Bachelorstudiengang folgenden Masterstudiengang erst mit Erwerb des Master-Grades ausgeschöpft ist, d.h., dass Bachelor- und Masterstudium als eine einzige Ausbildung anzusehen sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.6.2006 12 ME 129/06-, veröffentlicht in der Internetentscheidungssammlung des Gerichts). Für die Anwendung der Regelungen in § 7 Abs. 2 und 3 BAföG bleibt daher weiterhin Raum (so auch: VG Darmstadt, Beschluss vom 4.8.2006 -8 G 1304/06-, zitiert nach juris; Rothe/Blanke, BAföG, § 7 Rn. 18).
Der Klägerin steht ein Förderungsanspruch indes auch nach § 7 Abs. 2 BAföG nicht zur Seite. Nach dem allein hier in Betracht zu ziehenden § 7 Abs. 2 Nr. 3 BAföG wird für eine einzige weitere Ausbildung Ausbildungsförderung längstens bis zu einem berufsqualifizierenden Abschluss geleistet, wenn im Zusammenhang mit der vorhergehenden Ausbildung der Zugang zu ihr eröffnet ist, sie in sich selbständig ist und in derselben Richtung fachlich weiter führt. Zwar dürften die besonderen Voraussetzungen der Nr. 3 dieser Vorschrift vorliegen; sie setzt jedoch allgemein voraus, dass der Grundanspruch auf Förderung nach § 7 Abs. 1 BAföG ausgeschöpft wurde (VG Karlsruhe, a.a.O., S. 735; Ramsauer u.a., a.a.O., § 7 Rn. 23 m.w.N.; Rothe/Blanke, a.a.O., Rn. 22). Daran fehlt es hier, weil die Klägerin ihr Diplomstudium nicht berufsqualifizierend abgeschlossen hat.
Entgegen der vom VG Karlsruhe in der bereits mehrfachen zitierten Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung geht die Kammer jedoch davon aus, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 BAföG im Fall der Klägerin vorliegen.
Gemäß § 7 Abs. 3 BAföG wird dem Auszubildenden Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet, wenn er aus wichtigem (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 BAföG) oder unabweisbarem (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 BAföG) Grund die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat.
Die Klägerin hat die Fachrichtung gewechselt.
Gem. § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG wechselt ein Auszubildender die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart anstrebt. Dies ist bei der Klägerin der Fall.
Die Universität K. ist eine Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart wie die Universität N..
Die Klägerin strebt auch einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss an.
Bis zum 01.09.2004 studierte sie an der Universität N. Hydrologie im Diplomstudiengang. Zum 01.09.2004 wechselte sie in den Masterstudiengang der Universität K. in den Niederlanden. Der Master-Abschluss stellt im Vergleich zum Diplom einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss dar (ebenso: VG Karlsruhe, a.a.O.). Die Kammer folgt dem VG Karlsruhe auch insoweit, als die Annahme einer bloßen Schwerpunktverlagerung (vgl. dazu Tz. 7.3.4 a und b BAföGVwV) ausscheidet. Der Masterstudiengang ist kein grundständiges Studium, mit dem die Klägerin ihr Diplom-Studium so fortsetzen könnte, als hätte sie von Anfang an ein Master-Studium betrieben. Vielmehr baut der Master-Studiengang grundsätzlich auf einem im vorangegangenen Studium erworbenen berufsqualifizierenden Abschluss auf.
Da die Kläger die Fachrichtung nach dem vierten Fachsemester gewechselt hat, kommt eine Förderung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz nur in Betracht, wenn sie die Fachrichtung aus einem unabweisbaren Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG gewechselt hat. Dies ist der Fall.
Unter einem unabweisbaren Grund wird ein Grund verstanden, der eine Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch oder dem Überwechseln in eine andere Fachrichtung objektiv und subjektiv nicht zulässt (BVerwG, Urteil vom 30.4.1981 -5 C 36.79-, BVerwGE 62, 174, 179; Urteil vom 19.2.2004 -5 C 6/03-, NVwZ 2004, 1005, 1006). Die Klägerin kann sich für ihren Fachrichtungswechsel zwar nicht auf unabweisbare persönliche Gründe berufen, wohl aber darauf, dass dieser Wechsel aus Gründen einer sachgerechten und erfolgversprechenden Ausbildungsplanung sowie aus Gründen der internationalen Konkurrenzfähigkeit des von ihr angestrebten Ausbildungsabschlusses zwingend und damit unabweisbar gewesen ist.
Die Studienplanung der Klägerin ist zielgerichtet, sinnvoll und zügig umgesetzt. Sie trägt, was den Wechsel in einen Masterstudiengang betrifft, der in Deutschland im Interesse der internationalen Konkurrenzfähigkeit von Studienabschlüssen mit Wirkung vom 15. August 2002 durch die Einführung von Master- und postgradualen Diplomstudiengängen (§§ 18 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 und 19 HRG) geänderten Studienorganisation Rechnung. Mit der Einführung der Bachelor- und Mastergrade wollte der Gesetzgeber u.a. die Berufschancen deutscher Absolventen, die eine Tätigkeit im Ausland aufnehmen wollen, verbessern. Der Bekanntheitsgrad und die Verwertbarkeit des deutschen Diploms seien, insbesondere in außereuropäischen Staaten, begrenzt. Das angelsächsische Graduierungsmodell (Bachelor/Master) sei dagegen am „Weltmarkt“ etabliert (BT-Ds. 13/8796, S. 21). Es darf der Klägerin ausbildungsförderungsrechtlich nicht angelastet werden, in einer Zeit, die von grundlegenden Veränderungen der universitären Graduierungsstrukturen geprägt ist, zunächst bis zum Vordiplom in einem Diplomstudiengang studiert zu haben, statt in einem Bachelorstudiengang den hier vorgesehenen Abschluss zu erlangen (Anm. des Gerichts: Ein solcher wird an der von der Klägerin zuvor besuchten Universität N. ohnehin erst seit dem Wintersemester 2005/2006 angeboten, vgl. www.geographie.uni-N..de/fachschaft/aktuell.html). Sie hat vielmehr auf die vom Gesetzgeber beschriebene Arbeitsmarktlage reagiert, um damit ihre Berufschancen zu verbessern. Dies hält die Kammer geradezu für zwangsläufig und liegt auch in dem aus der Gesetzesbegründung zu §§ 18, 19 HRG deutlich werdenden öffentlichen Interesse, das darin besteht, Studenten einen Studienabschluss zu vermitteln, dessen Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb als gegeben anzusehen ist. Da die Klägerin mit ihrer Studienplanung lediglich auf die gesetzlich gewollte Änderung der Hochschullandschaft reagiert und diese Planung zielstrebig verfolgt hat, steht der Annahme eines unabweisbaren Grundes für ihren Fachrichtungswechsel auch nicht entgegen, dass sie nicht unverzüglich in einen Masterstudiengang gewechselt ist, sondern erst nach Absolvierung eines Auslandssemesters. Auch dieses trägt sicherlich dazu bei, die Berufschancen der Klägerin nach Erwerb des Studienabschlusses zu erhöhen.
Die von der Kammer vorgenommene Auslegung führt auch nicht zu einer nennenswerten Belastung der für die Ausbildungsförderung verfügbaren Haushaltsmittel. Denn was die Inanspruchnahme zusätzlicher staatlicher Mittel betrifft, ist die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Danach erhält der Auszubildende Ausbildungsförderung lediglich als Bankdarlehen im Sinne von § 18 c BAföG für eine andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3, soweit die Semesterzahl der hierfür maßgeblichen Förderungshöchstdauer, die um die Fachsemester der vorangegangenen, nicht abgeschlossenen Ausbildung zu kürzen ist, überschritten wird. Dies bedeutet, dass die aus Zuschuss und öffentlichem Darlehen bestehende Regelförderung nur für die Förderungshöchstdauer unter Kürzung um die Fachsemester der vorangegangenen, nicht abgeschlossenen Ausbildung erfolgt. Sollte sich die Förderungsdauer durch den Wechsel der Klägerin in einen Masterstudiengang verlängern, hätte sie für diese Zeit allenfalls Anspruch auf ein verzinsliches Bankdarlehen gemäß § 18 c BAföG.
Dass derartige studienbedingte Gründe für einen Fachrichtungswechsel im Rahmen von § 7 Abs. 3 Nr. 2 BAföG durchaus Berücksichtigung finden können, zeigen auch die Verwaltungsvorschriften zu dieser Bestimmung. Nach Tz. 7.3.16 a BaföGVwV liegt ein unabweisbarer Grund für einen Fachrichtungswechsel auch dann vor, wenn dieser Wechsel unverzüglich nach der Zwischenprüfung in einer Ausbildung erfolgt, durch die der Zugang zu der anderen Ausbildung eröffnet worden ist, wenn also der Auszubildende durch eine Zwischenprüfung oder die Abschlussprüfung oder eine Zusatzprüfung während oder unmittelbar nach der aktuellen Ausbildung erstmals die Zugangsvoraussetzungen für eine andere Ausbildung erlangt hat (so auch Ramsauer u.a., a.a.O. § 7 Rn. 82; Rothe/Blanke, a.a.O., Rn. 43.2; VG Stuttgart, Urteil vom 26.9.2002 -11 K 4777/01-, FamRZ 2003, 1605, 1607). Die Kammer teilt nicht die rechtlichen Bedenken des VG Karlsruhe an einer solchen Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 2 BAföG. Das Gericht meint, ein unabweisbarer Grund sei nach der Entstehungsgeschichte der Norm, insbesondere dem Willen des Gesetzgebers des 18. BaföGÄndG (vgl. BT-Ds. 13/4246, S. 32) unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Tatbestandsalternativen des § 17 Abs. 3 BAföG i.d.F. des 3. ÄndG vom 31. Juli 1975 (BGBl I 2081) etwas anderes als ein unverzüglicher Fachrichtungswechsel nach Bestehen einer Zwischenprüfung, durch die der Zugang zu einer anderen Ausbildung eröffnet worden ist. Dem folgt die Kammer nicht. Denn sowohl Wortlaut wie auch Sinn und Zweck des § 7 Abs. 3 Nr. 2 BAföG lassen Raum für die Annahme, ein unabweisbarer Grund könne sich, wie in dem in Tz. 7.3.16 a BaföGVwV genannten Fall, auch aus Gründen der Studienorganisation ergeben. Der Gesetzgeber des § 7 Abs. 3 Satz 1 2. Hs. BAföG a.F. wollte die Auszubildenden im Interesse eines sinnvollen Einsatzes der Fördermittel dazu anhalten, sich rechtzeitig darüber klar zu werden, ob die Ausbildung in einer bestimmten Fachrichtung seinen Neigungen und seinem Leistungsvermögen entspricht (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 1896 f.). Die Klägerin hat sich während ihres Studiums diesem Zweck entsprechend verhalten. Weder ist ihr vorzuwerfen, sie habe ihr Studium nicht planmäßig, zügig und sinnvoll betrieben noch nimmt sie zusätzliche, nicht vom Förderungszweck gedeckte staatliche Mittel in Anspruch.
Da bisher eine konkrete Berechnung der der Klägerin zustehenden Förderleistungen nicht vorgenommen wurde, ist die Beklagte wie tenoriert zur Leistung in gesetzlicher Höhe zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage, ob der Wechsel aus einem Diplomstudiengang in einen Masterstudiengang nach erfolgreich abgeschlossenem Vordiplom einen unabweisbaren Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 2 BAföG darstellt, grundsätzliche Bedeutung hat.