Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 16.06.2006, Az.: 1 D 1/05

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
16.06.2006
Aktenzeichen
1 D 1/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 44590
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2006:0616.1D1.05.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 12.09.2006 - AZ: 5 OB 194/06

Gründe

1

I.

Dem Vollstreckungsgläubiger geht es um die Vollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil der Kammer vom 25. Februar 2004 - 1 A 326/01 -, mit welchem der Vollstreckungsschuldner unter Aufhebung einer Umsetzungsverfügung verpflichtet worden war,

2

"dem Kläger einen nach Besoldungsgruppe A 14 BBesO bewerteten Dienstposten zu übertragen."

3

Hintergrund hierfür war, dass der Vollstreckungsgläubiger im August 2001 mit sofortiger Wirkung von der ihm bis dahin übertragenen Leitung des Umweltamtes entbunden und ihm die Leitung der Abteilung Wasserwirtschaft übertragen worden war.

4

Die Übertragung dieses Dienstpostens wurde von der Kammer im gen. Urteil so eingeschätzt, dass konkrete Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, die Zuordnung des Dienstpostens zu einem Amt der Besoldungsgruppe A 14 BBesO sei "von der tatsächlichen Seite her ermessensmissbräuchlich" (S. 7 des gen. Urteils v. 25.2.04). Denn ohne das Aufgabenfeld "Einzelprojekte von großen/sehr großen Auswirkungen" sei eine Bewertung des Dienstpostens allenfalls nach der Besoldungsgruppe A 11/A 12 gerechtfertigt. Eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 14 BBesO wäre nur dann denkbar, wenn das gen. Aufgabenfeld tatsächlich zu den Aufgaben des Vollstreckungsgläubigers gehöre, was jedoch nicht der Fall sei. Das Aufgabenfeld sei "nur formal benannt" worden, "um eine Einstufung des Dienstpostens in die Besoldungsgruppe A 14 BBesO rechtfertigen zu können". Nicht einmal Haushaltsmittel seien für das Aufgabenfeld in den Haushalt 2004 eingestellt worden.

5

Der Vollstreckungsgläubiger wurde im Jahre 2004 für einige Monate an die Stadt B. abgeordnet. Im Juli 2004 wurde ihm eine Arbeitsplatzbeschreibung für das Sachgebiet 6.10 übermittelt, auf dem er künftig eingesetzt werden sollte. Es wurde dabei darauf hingewiesen, dass nach Übergang von Landesaufgaben des höheren techn. Dienstes am 1. Januar 2005 bei summarischer Betrachtung der Arbeitsvorgänge eine Wertigkeit nach der Besoldungsgruppe A 14 BBesO voraussichtlich erreicht werde. Mit Verfügung vom 19. August 2004 wurde ihm das Sachgebiet 6.10 zum 1. September 2004 übertragen, Ende August 2004 und sodann erneut im April 2005 eine neue Arbeitsplatzbeschreibung übermittelt. Die dagegen gerichtete Klage 1 A 108/05 ist bei der Kammer anhängig.

6

Gemäß Beschluss der Kammer vom 8. September 2005 ist in diesem Klageverfahren 1 A 108/05 Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben worden. Das Gutachten vom 7. April 2006 gelangt zu dem Ergebnis, dass die dem Vollstreckungsgläubiger übertragene Stelle nach der Besoldungsgruppe A 12 zu bewerten sei, wobei der Gutachter der Auffassung ist, dass die Wahrnehmung der Stelle keine Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst erfordere.

7

Der Vollstreckungsgläubiger beantragt,

gegen den Schuldner ein Zwangsgeld bis zu 25.000,- EUR festzusetzen und von Amts wegen zu vollstrecken, weil er dem Gläubiger entgegen der rechtskräftigen Verpflichtung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 25.2.2004 zum Az. 1 A 326/01 nicht einen nach BesGr. A 14 BBesO bewerteten Dienstposten übertragen hat.

8

Der Vollstreckungsschuldner tritt dem Antrag entgegen und beantragt,

den Antrag auf Androhung/Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Schuldner gemäß § 172 VwGO abzulehnen.

9

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Akten und Beiakten der Verfahren 1 A 326/01 sowie 1 A 108/05 Bezug genommen.

10

II.

Die Entscheidung ergeht analog § 172 VwGO.

11

Hiernach kann das Gericht des ersten Rechtszuges auf Antrag unter Fristsetzung gegen die Behörde ein Zwangsgeld bis zu zehntausend Euro androhen, wenn die Behörde im Falle des § 113 Abs. 5 VwGO der ihr im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt.

12

Wenngleich es hier nicht um die Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners geht, einen Verwaltungsakt zu erlassen (oder eine Neubescheidung vorzunehmen), so wie das in § 113 Abs. 5 VwGO vorausgesetzt ist, sondern der Vollstreckungsschuldner einen Dienstposten mit der Wertigkeit nach A 14 BBesO zu übertragen hatte, so ist doch analog § 172 VwGO (in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO, § 888 ZPO) zu verfahren (a.A. VGH Mannheim, Beschl. v. 25.06.2003 - 4 S 118/03 -, NVwZ-RR 2004, 459), dessen Voraussetzungen hier vorliegen.

13

Zunächst sind die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen - Antrag, Titel, Klausel und Zustellung - gegeben. Der Vollstreckungsgläubiger hat die Vollstreckung am 28. April 2005 beantragt und auf einen rechtskräftigen gerichtlichen Titel - das Urteil der Kammer vom 25.2.2004 (1 A 326/01) - Bezug genommen (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Vollstreckungsklausel wurde am 6. Juni 2006 erteilt; die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils befindet sich bei den Gerichtsakten. Der Titel wurde den Prozessbevollmächtigten des Gläubigers wie auch des Schuldners am 5. März 2004 zugestellt.

14

Darüber hinaus setzt die Vollstreckung voraus, dass die Behörde der ihr im Titel auferlegten Verpflichtung innerhalb einer angemessenen Erfüllungsfrist nicht nachgekommen ist (grundlose Säumnis). Dabei ist § 172 VwGO auch dann anwendbar, wenn die Behörde die ihr gerichtlich auferlegte Pflicht nur unvollkommen erfüllt hat (Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 14. Auflage, § 172 Rdn. 6). Die Androhung eines Zwangsgeldes ist danach gerechtfertigt, wenn es der Behörde als Vollstreckungsschuldnerin billigerweise zugemutet werden konnte, die auferlegte Verpflichtung in der Zeit seit Zustellung des Titels zu erfüllen (VG Hannover, Beschl. v. 19.3.2004 - 6 D 930/04 -). Auch diese Voraussetzung liegt hier vor. Denn es wäre dem Schuldner der Vollstreckung hier möglich und auch zumutbar gewesen, der im Urteil vom 25. Februar 2004 auferlegten Verpflichtung als einer sachkundigen Behörde nachzukommen. Der Vollstreckungsschuldner hatte dem Vollstreckungsgläubiger seit Zustellung des Urteils, also seit März 2004, einen nach A 14 BBesO inhaltlich auch so bewerteten Dienstposten zu übertragen. Der nur formalen Übertragung von mehr oder weniger inhaltsleeren Aufgaben, die nur der "Ausstaffierung" des Dienstpostens dienen sollen, hatte sich der Vollstreckungsschuldner zu enthalten. Denn das war schon dem gen. Urteil der Kammer vom 25.2.2004 - 1 A 326/01 - zu entnehmen, war Gegenstand der Erörterungen gewesen und auch Urteilsinhalt geworden. Der Verpflichtung aus dem gen. Urteil ist der Vollstreckungsschuldner jedoch nicht nachgekommen, wie das Gutachten im Verfahren 1 A 108/05 aufgedeckt hat.

15

Dem Vollstreckungsgläubiger ist vom Vollstreckungsschuldner nicht ein Aufgabenfeld übertragen worden, das mit Einzelprojekten von großen bzw. sehr großen Auswirkungen möglicherweise eine höhere Bewertung gerechtfertigt hätte, so wie das im Urteil vom 25.2.2004 dargestellt ist. Höherwertige Aufgaben sind dem Vollstreckungsgläubiger entgegen dem gen. Urteil der Kammer vorenthalten worden. Vielmehr ist ihm ein neu zugeschnittenes Sachgebiet 6.10 übertragen worden, das schon bei der Übertragung im August 2004 - nach eigener Einschätzung des Vollstreckungsschuldners - nicht die erforderliche höhere Wertigkeit hatte, weil damals noch ein Aufgabenzuwachs aus der Landesverwaltung zum 1.1.2005 erwartet wurde.

16

Das übertragene, später noch modifizierte Sachgebiet 6.10 setzte sich von Anfang an und auch später nur aus Einzelaufgaben zusammen, welche offenkundig bislang von Mitarbeitern der Besoldungsgruppe A 11 bzw. VergGr. III BAT (mit Bewährungsaufstieg nach VergGr. II BAT) oder aber Mitarbeitern der VergGr. IV a oder b BAT bearbeitet wurden. Höherwertige Aufgaben enthielt es nicht. In den benachbarten Landkreisen C., D. und E. wurden die Aufgaben solchen Mitarbeitern übertragen, die nach A 11 BBesO bzw. VergGr. IV a oder b BAT besoldet bzw. bezahlt werden. Durch das eingeholte Sachverständigengutachten ist diese Vorgehens- und Verfahrensweise des Vollstreckungsschuldners schließlich offen gelegt worden. Damit ist der Vollstreckungsschuldner seiner rechtskräftigen Verpflichtung ersichtlich nicht nachgekommen - nachdem ihm schon im Urteil vom 25.2.2004 nur die "formale" Übertragung eines Aufgabenfeldes vorgehalten worden war, um eine Dienstpostenbewertung nach A 14 BBesO äußerlich rechtfertigen zu können.

17

Nachdem dem Vollstreckungsschuldner jetzt Gelegenheit gegeben worden war, zum Vollstreckungsantrag unter Einbeziehung des seit April 2006 vorliegenden Sachverständigengutachtens bis zum 17. Mai 2006 Stellung zu nehmen und es auch schon Versuche gegeben hat, eine "tragfähige Lösung" zu finden (vgl. Verfügung v. 3.5.2006), ist dem Vollstreckungsschuldner bei Androhung eines entsprechend bemessenen Zwangsgeldes aufzugeben, seiner Verpflichtung aus dem Urteil der Kammer nunmehr bis zum 15. August 2006 nachzukommen. Die Höhe des Zwangsgeldes ist ebenso angemessen wie die festgesetzte Frist.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.