Amtsgericht Lüneburg
Beschl. v. 03.11.2003, Az.: 46 IN 229/03

Anforderungen an die Durchführung eines Insolvenzverfahrens; Voraussetzungen für das Vorliegen von Insolvenzgründen; Antrag auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens

Bibliographie

Gericht
AG Lüneburg
Datum
03.11.2003
Aktenzeichen
46 IN 229/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 32718
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGLUENE:2003:1103.46IN229.03.0A

Fundstellen

  • ZInsO 2003, 1108 (Volltext mit red. LS)
  • ZVI 2004, 56 (Volltext mit red. LS)
  • ZVI (Beilage) 2004, 12 (amtl. Leitsatz)

Entscheidungsgründe

1

Der Antrag des Schuldners v. 17.7.2003 auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens ist zurückzuweisen.

2

Mit am 17.7.2003 beim AG Lüneburg eingegangenen Antrag stellt der Schuldner neben seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Antrag auf Restschuldbefreiung und Verfahrenskostenstundung. Das Gericht hat einen Sachverständigen eingesetzt. Auf das Gutachten des Sachverständigen, RA S., v. 8.8.2003 (...) wird verwiesen. Gegen den Schuldner ist unter dem Az. 702 Js 21297/03 bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg infolge von mindestens 42 Strafanzeigen ein umfangreiches Ermittlungsverfahren wegen Betruges, Beitragsvorenthaltung und Verletzung der Buchführungspflichten eingeleitet worden. Nach dem jetzigen Ermittlungsstand haben ca. 100 Gläubiger über ebay bei der Firma des Schuldners Hardwarekomponenten bestellt und bezahlt. Diese wurden nie ausgeliefert. Der Schuldenstand des Schuldners beläuft sich auf ca. 95.000 EUR. Die Gelder wurden ersichtlich von dem Schuldner vereinnahmt und zwar weiterhin auch für einen längeren Zeitraum, obwohl er wusste, dass er nicht in der Lage war, die bestellten Komponente zu liefern.

3

Nach den gegebenen Umständen ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Verurteilung des Schuldners nach den §§ 283 - 283c StGB zu erwarten.

4

Gem. § 290 InsO ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn dies im Schlusstermin von einem Insolvenzgläubiger beantragt worden ist und wenn u.a. der Schuldner wegen einer Straftat nach den §§ 283 - 283c StGB rechtskräftig verurteilt worden ist.

5

Gem. § 1 InsO ist u.a. Ziel des Insolvenzverfahrens, dem "redlichen" Schuldner Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien. Der Schuldner ist nicht redlich. Hiervon ist jedenfalls bei jetzigen Sachstand auszugehen.

6

Gem. § 4a InsO ist eine Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen, wenn Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 InsO, nämlich die Verurteilung wegen einer Straftat nach §§ 283-283c StGB vorliegen. Zwar ist grds. erst dann die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt und ein diesbezüglicher Antrag eines Gläubigers auf Versagung der Restschuldbefreiung bei Gericht glaubhaft gemacht worden ist. Diese gesetzlichen Regelungen beruhen auf Überlegungen des zuständigen gesetzesgeberischen Ausschusses, das Gericht nicht mit umfangreichen Prüfungen über die Redlichkeit des Schuldners bzw. das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Restschuldbefreiung des Schuldner zu belasten. Liegt allerdings - wie im vorliegenden Fall - die Sachlage so offen dar, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Restschuldbefreiung eines Schuldners zu versagen ist, dann kann es nicht Sinn eines Insolvenzverfahrens sein, dieses über mehrere Jahre durchzuführen und hierfür die Kosten des Verfahrens im Rahmen der Stundungsbewilligung seitens der Staatskasse zu verauslagen. Eine derartige Verfahrensweise würde das Gesetz von vornherein ad absurdum führen.

7

Da der Schuldner im vorliegenden Verfahren ersichtlich kein Restschuldbefreiung erlangen wird, ist auch eine Stundung nicht zu bewilligen.

8

Der Antrag auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens war daher zurückzuweisen (§ 4a InsO).