Amtsgericht Lüneburg
Urt. v. 19.02.2003, Az.: 9 C 448/02

Wettbewerbsverstoß bei einer Zeitungsanzeige "Zwangsversteigerungen, Immobilien bis zu 50 % günstiger erwerben"; Rechtsanwaltskosten bei einem Wettbewerbsverstoß im oberen Bereich der so genannten kleinen Wettbewerbsverstöße

Bibliographie

Gericht
AG Lüneburg
Datum
19.02.2003
Aktenzeichen
9 C 448/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 29925
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGLUENE:2003:0219.9C448.02.0A

Fundstellen

  • AGS 2003, 156 (Volltext mit red. LS)
  • JurBüro 2003, 250 (Volltext mit red. LS)
  • ZAP 2003, 388

Verfahrensgegenstand

Rechtsanwaltskosten

Das Amtsgericht Lüneburg hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Jan. 2003
durch
den Richter am Amtsgericht pp.
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01. Sept. 2002 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.)

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 30 % und der Beklagte zu 70 %. 3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

2

Die Klage ist nur teilweise begründet.

3

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß den §§ 677, 683, 670 BGB lediglich in Höhe von 506,00 EUR zu. Die Haftung dem Grunde nach ist gegeben. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet von Zwangsversteigerungskatalogen. Mit seiner im Hamburger Abendblatt vom 27.07.2002 geschalteten Anzeige "Zwangsversteigerungen, Immobilien bis zu 50 % günstiger erwerben" hat der Beklagte gegen § 3 UWG (irreführende Werbung) verstoßen. Eine solche pauschale Aussage ist wettbewerbswidrig und führt die Kunden in die Irre. Für die unter Zwangsversteigerung stehenden Immobilien gibt es nämlich keine festen Preise, sodass der angesprochene Verkehr folglich aus keinen Katalogen, Verzeichnissen oder sonstigen Listen den fixierten Preis einer solchen Immobilie entnehmen kann; vielmehr hängt es von den jeweiligen Umständen und dem Verlauf eines Zwangsversteigerungstermines ab, ob und gegebenenfalls zu welchem Preis der Zuschlag für eine Immobilie erfolgt. Ob sich der Erwerb einer Immobilie als günstig herausstellt hängt daher von Faktoren ab, die der Beklagte gar nicht beeinflussen kann, insbesondere vom Verhalten des Schuldners, der Gläubiger, der Bieter und gegebenenfalls auch später vom Verhalten von Mietern, die nicht herausgeklagt werden können sowie durch die Belastung mit Mietverträgen, welche den Wert des Objektes erheblich vermindern.

4

Das Verteidigungsvorbringen des Beklagten ist unerheblich. Bei der Angabe des Klägers "Homburger Abendblatt" handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler. Das Abmahnschreiben vom 15.08.2002 war daher auch für den Beklagten ersichtlich auf die von ihm geschaltete Anzeige im Hamburger Abendblatt bezogen. Der Irrtum der Klägerin war insoweit für den Beklagten ohne Weiteres erkennbar und daher unbeachtlich. Der Beklagte hat den Wettbewerbsverstoß auch durch Abgabe der strafbewährten Unterlassungserklärung vom 20.08.2002 letztlich anerkannt.

5

Die Rechtsanwaltskosten sind jedoch nicht zutreffend errechnet worden. Zu Unrecht haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Streitwert einen Betrag von 25.000,00 EUR zugrunde gelegt. Dies ist nach Auffassung des Gerichts zu hoch angesetzt. Es liegt hier lediglich ein Wettbewerbsverstoß im oberen Bereich der so genannten kleinen Wettbewerbsverstöße vor. Auch in Anbetracht des Interesses der Klägerin erscheint ein Betrag von 10.000,00 EUR insoweit als angemessen. Auf der Grundlage dieses Streitwertes durfte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine 10/10-Gebühr in Höhe von 486,00 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale geltend machen. Die 10/10-Gebühr erscheint nicht übersetzt, weil es sich bei dem Wettbewerbs recht um eine Sondermaterie handelt, die hohe Ansprüche an die Rechtskenntnisse des bearbeitenden Rechtsanwalts stellt. Das Wettbewerbsrecht weist eine sehr starke Kasuistik auf, sodass es zur Feststellung von Wettbewerbsverstößen der Durchsicht der umfangreichen Rechtsprechung bedarf. Die Rechtsvorschriften des Wettbewerbsrechts sind hingegen sehr allgemein gefasst, sodass große Anforderungen an die juristische Subsumtion jeweils gestellt werden. In dem Abmahnungsschreiben vom 15.08.2002 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in ausführlicher Weise den Wettbewerbsverstoß begründet. Die 10/10-Gebühr ist daher nicht zu beanstanden.

6

Der Zinsanspruch ist unter Verzugsgesichtspunkten gem. den §§ 280 Abs. 2, 286 f., 288 Abs. 2 BGB begründet.

7

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.