Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.08.1995, Az.: IV 350/88

Anspruch auf Aufhebung eines Einspruchsbescheides; Anspruch auf Abänderung eines Feststellungsbescheides; Erhöhung des Verlustes eines Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus Land- und Forstwirtschaft

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
30.08.1995
Aktenzeichen
IV 350/88
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 18052
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1995:0830.IV350.88.0A

Verfahrensgegenstand

Baukostenzuschüsse als nachträgliche Anschaffungskosten

Einkünftefeststellung 1984

In dem Rechtsstreit
hat der IV. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 30. August 1995,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 19. Juli 1988 und Änderung des Feststellungsbescheides 1984 vom 7. Februar 1986 wird der Verlust der ... GbR aus Land- und Forstwirtschaft für den Feststellungszeitraum 1984 um insgesamt 1.047,93 DM erhöht. Der weitere Verlust von 1.047,93 DM ist je zur Hälfte dem Kläger und der Beigeladenen zu 1.) als Rechtsnachfolgerin des ... sen. zuzurechnen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selber.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob (Baukosten-)Zuschüsse als nachträgliche Anschaffungskosten für Molkerei-Genossenschafts-Geschäftsanteile zu aktivieren sind und ob und inwieweit ihr Wert abzuschreiben ist.

2

Kläger ist der frühere Junior-Gesellschafter der bis zum 1.7.1985 betriebenen BGB-Gesellschaft .... Der am 23.4.1988 verstorbene ... und dessen Hoferbe und hier klagende Sohn ... hatten sich zum 1.7.1983 zu dem Zweck zusammengeschlossen, von da an den dem Seniorpartner (Vater) gehörenden Hof in ... zur Größe von insgesamt 220 ha zusammen in Form einer GbR zu bewirtschaften. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 1.7.1983 brachte der Seniorpartner insbesondere die Gebrauchs- und Nutzungsvorteile seines Betriebes sowie sämtliches vorhandene tote und lebende Inventar im Wege des Leihverhältnisses zum Buchwert per 30.6.1983 als Schätzungswerte in die Gesellschaft ein. Der Juniorpartner stellte gem. § 3 des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft seine volle Arbeitskraft für die geschäftliche und technische Leitung des gemeinschaftlichen Betriebes zur Verfügung. Das Wirtschaftsjahr des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der GbR lief jeweils vom 1.7. bis 30.6. des Folgejahres. Der Gewinn würde nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt.

3

Zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehörten auch Geschäftsanteile an der ... e.G. Genossenschaft ..., deren Rechtsnachfolgerin die Beigeladene zu 2.) ist. Nach § 2 Abs. 2 der Genossenschafts-Satzung vom 7.5.1981 (fortan Satzung) handelt es sich bei der Genossenschaft um eine Erzeugergemeinschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 des Marktstrukturgesetzes. Als Zusammenschluß von Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe paßt sie die Erzeugung und den Absatz von Milch- und Milcherzeugnissen den Erfordernissen des Marktes an. Die Genossenschaft legt Erzeugungs-, Qualitäts- und Verkaufsregeln fest und überwacht deren Einhaltung. Der Genossenschaftsanteil vermittelt das Recht, nach Maßgabe der Satzung und des Genossenschaftsgesetzes die Leistungen der Genossenschaft in Anspruch zu nehmen - § 11 a) Satzung -, insbesondere nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen oder Beschlüsse am Reingewinn oder an sonstigen Ausschüttungen (genossenschaftliche Rückvergütungen) teilzunehmen - § 11 e) Satzung - und entsprechend den Geschäftsanteilen Milch anliefern zu dürfen - § 37 Abs. 3 Satzung - bzw. zu müssen - § 12 f) Satzung -. Nach der am 7.5.1981 gültigen Satzung betrug gem. § 37 Abs. 1 und Abs. 3 Satzung der Geschäftsanteil je angefangene 4000 kg/l jährlich Milchanlieferung bzw. je gehaltene Milchkuh 400 DM und hatte jedes Mitglied die Pflicht, diese Geschäftsanteile zu erwerben. Eine Nachschußpflicht bestand gem. § 40 Satzung nicht. Gem. § 12 i) und § 12 j) Satzung waren aber Genossen verpflichtet, von der Genossenschaft festgesetzte besondere "Kostenbeiträge" und ("Rücklage-)Eintrittsgelder" zu zahlen. Ein ausscheidendes Mitglied hatte gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 Satzung Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Nach § 37 Abs. 4 Satzung bildeten die auf den Geschäftsanteil geleisteten Einzahlungen zuzüglich sonstiger Gutschriften und abzüglich zur Verlustdeckung abgeschriebener Beträge das Geschäftsguthaben eines Mitgliedes, daß dieses im Falle des Ausscheidens aus der Genossenschaft gem. § 6 Abs. 1 Satzung auf andere Genossen übertragen konnte.

4

Im Wirtschaftsjahr 1983/1984 zahlte die GbR an die Genossenschaft Zuschüsse von 1.154,92 DM, im Wirtschaftsjahr 1984/85 von 940,93 DM für von der Genossenschaft erforderlich gehaltene Investitionen. Mit Abgabe der Feststellungserklärung 1984 und der Abschlußunterlagen für 1983 und 1984 beantragten die BGB-Gesellschafter für die Wirtschaftsjahre 1983/1984 und 1984/1985, die Zuschüsse als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Diese Zuschüsse seien mit einem festgelegten Pfennigbetrag/kg der abgelieferten Milch errechnet und vom jeweiligen Auszahlungspreis der Milch einbehalten worden. Wenn steuerlich das Milchentgelt ungekürzt als Betriebseinnahme erfaßt werde, müsse das in Form des Zuschusses nicht ausgezahlte Milchentgelt als Betriebsausgabe berücksichtigt werden. Zur Zahlung des jeweiligen Zuschusses seien die Genossen durch Generalversammlungsbeschluß der Genossenschaft verpflichtet gewesen. Der Zuschuß sei nicht rückzahlbar, also auch nicht bei Austritt des Mitglieds aus der Genossenschaft, und würde auch nicht verzinst.

5

Das Finanzamt war anderer Auffassung und aktivierte die Zuschüsse als zusätzliche Anschaffungskosten für die Beteiligung an der Genossenschaft und minderte die jeweiligen GbR-Verluste um diese Beträge.

6

Gegen den entsprechenden Bescheid vom 7.2.1986 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1984 aus Land- und Forstwirtschaft legten die Gesellschafter Einspruch ein. Die Aktivierung sei rechtswidrig, da keinerlei Vorteile aus den Zuschüssen gezogen worden seien. Die Aufwendungen seien für den Landwirt völlig wertlos, da es nicht zu einer Erweiterung der Milchproduktion gekommen sei. Aufgrund von EG-Beschlüssen habe vielmehr die Milchschwemme eingeschränkt werden müssen. Deshalb stellten sich die durch die Genossenschaft vorgenommenen Maßnahmen als klare Fehlinvestitionen dar, weil die zusätzlich geschaffenen Kapazitäten unter Beachtung der Auswirkugnen der EG-Beschlüsse gar nicht mehr ausgenutzt werden konnten. Folglich seien zumindest Teilwertabschreibungen vorzunehmen.

7

Das Finanzamt wies den Einspruch durch Bescheid vom 19. Juli 1988 als unbegründet zurück.

8

Aufwendungen für den Erwerb einer Mitgliedschaft bei einer Genossenschaft (Genossenschaftsanteil) seien nach den für die Bilanzierung von Beteiligungen geltenden Grundsätzen zu aktivieren (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das gleiche gelte für verlorene Zuschüsse, die ein Genosse im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Genossenschaftsanteils zu zahlen habe. Die Sache könne auch nicht anders beurteilt werden, wenn - wie hier - die Rechtsbehelfsführer einige Jahre nach dem Erwerb des Genossenschaftsanteils aufgrund ihrer Rechtsstellung als Genossen (hier: aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung) verlorene Zuschüsse zu erbringen hätten. Wenn überhaupt, dann könne eine Abschreibung der Zuschüsse auf 0 DM erst dann erfolgen, wenn das dem Geber der verlorenen Zuschüsse eingeräumte Milchanlieferungsrecht durch Einstellung der Milchlieferung erlösche.

9

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Zuschüsse hätten der Finanzierung von Investitionen der Genossenschaft gedient. Man hätte ebensogut den Auszahlungspreis für Milch entsprechend herabsetzen können. Dieses hätte jedoch zur Folge gehabt, daß die Genossenschaft wegen geringerer Betriebsausgaben einen höheren (zu versteuernden) Ertrag gehabt hätte. Somit sei der Zuschuß die elegantere Lösung gewesen. Auf diese Weise sei nämlich die Versteuerung auf die Milchlieferanten verlagert worden. Danach handele es sich bei den streitigen Beträgen nicht um (nachträgliche) Anschaffungskosten der Genossenschaftsbeteiligung, sondern um eine verdeckte Erlösminderung, die nicht zu aktivieren sei.

10

Falls aber doch eine Aktivierungspflicht angenommen werden müsse, könne das dann "immaterielle Wirtschaftsgut" nur mit einem Teilwert von 0 DM angesetzt werden. Nach den Teilwertgrundsätzen würde ein gedachter Werber des Betriebes dem Kläger für das mit dem Zuschuß angeschaffte Wirtschaftsgut keinen zusätzlichen gesonderten Betrag bezahlen. Im Gegensatz zum jeweiligen Geschäftsanteil könne kein Milcherzeuger die Rückzahlung des Zuschusses verlangen und es sei deshalb dieser Zuschußbetrag für einen Erwerber wertlos. Die Zuschüsse flössen entweder in die Rücklagen der Genossenschaft oder dienten unmittelbar zur Finanzierung von Investitionen. Auch im Falle des Ausscheidens aus der Genossenschaft erhalte der ausscheidende Genosse gem. § 10 Satzung nur den Nennbetrag seines Genossenschaftsanteils ausgezahlt; der Zuschuß werde weder bei Kündigung ausgezahlt noch auf einen Genossenschaftsanteilserwerber übertragen. Die Rückzahlung im Falle der Liquidation sei praktisch nicht denkbar und begründe deshalb auch keinen Teilwert.

11

Der Kläger beantragt unter Verzicht auf mündliche Verhandlung,

den Gesamtverlust der ... GbR aus Land- und Forstwirtschaft für den Feststellungszeitraum 1984 unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 19. Juli 1988 und Änderung des Verlustfeststellungsbescheids 1984 vom 7. Februar 1986 um insgesamt 1.047,93 DM zu erhöhen und ihn den ehemaligen Gesellschaftern entsprechend einer 50%igen Beteiligung zuzurechnen.

12

Der Beklagte beantragt unter Verzicht auf mündliche Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

13

Die geleisteten Zuschüsse seien wegen der engen Verknüpfung mit dem Genossenschaftsanteil dessen Anschaffungskosten zuzurechnen. Der Anteil und die geleisteten Zuschüsse bildeten gemeinsam die Beteiligung des Klägers i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die Bewertung dieser Beteiligung habe zu Anschaffungskosten zu erfolgen. Ein darunter liegender geringerer Teilwert sei entgegen der Darstellung des Klägers nicht feststellbar. Die Zuschüsse seien zur Erhöhung des Eigenkapitals verwendet worden, welches im Falle der Liquidation der Genossenschaft an die Genossen auszukehren wäre (§ 91 Genossenschaftsgesetz). Damit habe sich der Wert der Beteiligung des Klägers an der Genossenschaft durch die geleisteten Zuschüsse erhöht. Eine Teilwertabschreibung der Zuschüsse sei danach erst möglich, wenn der Genosse tatsächlich aus der Genossenschaft ausscheide und nur seinen Genossenschaftsanteil ohne zuvor gezahlte Zuschüsse (zurück-)erhalte.

14

Die Bedeutung der Genossenschaftsbeteiligung und der sie wertmäßig mit ausdrückenden Zuschüsse für den Betrieb der GbR und insbesondere auch dessen gedachten Erwerbers bleibe auch in der Zeit nach der Zahlung der Zuschüsse unverändert. Die Zahlung der Zuschüsse habe dem Betrieb der GbR das Recht auf Milchlieferung an die Genossenschaft erhalten und damit den Wert seiner Beteiligung. Der vom Genossen mit der Zahlung der Zuschüsse bekundete Wert für den Land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bestehe auch der Höhe nach unverändert am folgenden Bilanzstichtag und sei folglich für das immaterielle Wirtschaftsgut in der Bilanz anzusetzen.

15

Zum Kauf, zur Rückgabe und Weitergabe von Geschäftsanteilen an der ... e.G., ..., von Genosse an Dritte und über die Verpflichtung zur Zahlung von (Aufwendungs-/Investitions-) "Baukostenzuschüssen" in den Jahren 1983 bis 1985 und zu deren jeweiligen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Geschäftsführers ... der Beigeladenen zu 2.). Der Zeuge hat u.a. ausgesagt, Betriebserwerber hätten Genossenschaftsanteile originär von der Genossenschaft erworben und dafür nur den Nominalwert gezahlt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1.2.1995 verwiesen.

16

Das Gericht hat durch Beschluß vom 7.12.1994 gem. § 60 Abs. 3 FGO die Rentnerin ... als Alleinerbin des hoffreien Nachlasses von ... und durch Beschluß vom 12.4.1995 die ... eG gem. § 174 Abs. 5 Satz 2 AO beigeladen. Die Beigeladenen haben auf mündliche Verhandlung verzichtet und ansonsten keine Anträge gestellt.

17

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligen wird ergänzend auf die Steuerakten (St.Nr.: ...), die Gerichtsakte und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 7. Dezember 1994 und 1. Februar 1995 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist begründet. Der durch Bestandsvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG festzustellende Verlust des Feststellungszeitraums 1984 erhöht sich durch die streitigen Zuschüsse um insgesamt 1.047,93 DM. Dabei kann die Frage, ob die streitigen Zuschüsse zu aktivieren sind, unentschieden bleiben, weil selbst bei Aktivierung die Klage in dem von dem Kläger gewünschten Umfange Erfolg hätte. Der an den jeweiligen Bilanzstichtagen mit den Wiederbeschaffungskosten anzusetzende Teilwert der Genossenschaftsbeteiligung erfuhr durch die streitigen Zuschüsse keine Veränderung.

19

Der den beiden Gesellschaftern je zur Hälfte zuzurechnende höhere Verlust von 1.047,93 errechnet sich aus dem halben Zuschuß des Wirtschaftsjahres 1983/1984 von 1.154,92 DM und dem halben Zuschuß des Wirtschaftsjahres 1984/1985 von 940,93, weil das Wirtschaftsjahr der GbR jeweils vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres lief. Um diesen Zuschuß ist der Verlust des Feststellungszeitraums 1984 zu erhöhen, weil entgegen dem vom Beklagten durch die Aktivierung vorgenommenen Wertansatz das Vermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes wegen der aus dem Betriebsvermögen abgeflossenen Zuschußbeträge am Schluß der jeweiligen Wirtschaftsjahre abgenommen hatte. Der mit den Wiederbeschaffungskosten anzusetzende Teilwert der an der Milchgenossenschaft gehaltenen Geschäftsanteile entsprach trotz der späteren Zuschüsse dem am Schluß der jeweils vorangegangenen Wirtschaftsjahre.

20

Grundsätzlich ist auch das Betriebsvermögen des buchführenden Land- und Forstwirts nach den allgemein von der Rechtsprechung des BFH zu § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG erarbeiteten Grundsätzen festzustellen (vgl. Urteil des BFH vom 26. November 1987 IV R 171/85, BStBl II 1988, 490). Danach ist die hier streitige Genossenschaftsbeteiligung mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist das der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, daß der Erwerber den Betrieb fortführt. Die Definition des Teilwertes in § 6 EStG unterstellt also einen Veräußerungspreis für den ganzen Betrieb und die Verteilung dieses Preises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter. Der Teilwert ist demnach ein objektiver Wert, der von der Marktlage am Stichtag bestimmt wird. Aus der angeführten gesetzlichen Definition des Teilwertes in § 6 EStG wird gefolgert, daß der gedachte Erwerber des Unternehmens für das einzelne Wirtschaftsgut höchstens so viel zahlen würde, als er an Kosten aufwenden müßte, um dieses Wirtschaftsgut, falls es fehlte, für den Betrieb wiederzubeschaffen. Der Teilwert entspricht demnach höchstens den Wiederbeschaffungskosten. Dabei ist von den Verhältnissen des zu bewertenden Unternehmens auszugehen, wie sie sich am Bewertungsstichtag darstellen. Das ergibt sich aus der gesetzlichen Forderung, daß für die Teilwertermittlung die Fortführung des Unternehmens, d.h. des zu bewertenden Unternehmens, zu unterstellen ist (vgl. zum Ansatz der Wiederbeschaffungskosten schon das Urteil des BFH vom 25. August 1983 IV R 218/80, BStBl II 1984, 33).

21

Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze entsprechen nach den Feststellungen des Gerichts die Wiederbeschaffungskosten der streitigen Beteiligung an der Milchgenossenschaft zu den Bilanzstichtagen am Schluß der jeweiligen Wirtschaftsjahre den Ansätzen am Schluß der vorangegangenen Wirtschaftsjahre und zwar dem Nominalwert. Das Vorstandsmitglied der ... eG. der Zeuge ..., hat - für den Senat glaubhaft - bekundet, daß Landwirte bei der Genossenschaft Geschäftsanteile zu den jeweils gültigen Preisen ohne Nachzahlung irgendwelcher in der Vergangenheit von der Genossenschaft geforderter Zuschüsse erwerben konnten. Danach hätte auch der Kläger bei Verkauf seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes am Schluß der jeweiligen Wirtschaftsjahre für seine Beteiligung an der Milchgenossenschaft trotz der nachträglich gezahlten Zuschüsse höchstens die anfänglich von ihm aufgewendeten (Anschaffungs-)Kosten als Kaufpreis erzielen können. Es wäre für den Senat nicht einsehbar, weshalb ein Kaufinteressent für einen landwirtschaftlichen Betrieb bei dieser Sachlage hätte bereit sein sollen, für früher vom Verkäufer gezahlte Zuschüsse und dadurch geschaffene, im Falle der Liquidation auszuschüttende stille Reserven mehr zu zahlen als bei originärem Erwerb von der Genossenschaft, bei der er dieselben stillen Reserven zum Nominalwert - also ohne zusätzlichen Aufwand - ebenfalls anteilig erwerben konnte.

22

Das durch Generalversammlungsbeschluß der Genossenschaft festgelegte zivilrechtlich zulässige "Zuschuß-Verfahren" ist keine mißbräuchliche Gestaltung i.S.d. § 42 AO. Denn abgesehen von den auch erwünschten Steuerfolgen bezweckte die Gestaltung die wirtschaftlich sinnvolle Stärkung des Genossenschaftsvermögens und ermöglichte dadurch Investitionen zu niedrigeren Kosten. Aufgrund ihres Eigenkapitals war die Genossenschaft in größerem Umfang in der Lage, Investitionen selbst mit eigenen Mitteln zu finanzieren und mußte sie deshalb entsprechend weniger Fremdkapitalzinsen aufwenden (vgl. Urteil des BFH vom 25. November 1993 VI R 115/92, BStBl II 1994, 424).

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Beigeladenen beruht auf § 139 Abs. 4 FGO; die Beigeladenen haben mangels eigener Sachanträge kein Prozeßkostenrisiko getragen und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert.

24

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.