Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.08.1995, Az.: VII 589/94
Berücksichtigung von Schulgeldzahlungen für den Besuch von Schulen im Ausland als Sonderausgaben; Vereinbarung mit dem Grundgesetz bei unterschiedlicher steuerlicher Behandlung von inländischen und ausländischen Sachverhalten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.08.1995
- Aktenzeichen
- VII 589/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 17887
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0804.VII589.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG
- Art. 7 Abs. 4 des GG
Fundstelle
- EFG 1996, 538-539 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Schulgeldzahlungen an ausländischen Schulen
Einkommensteuer 1992
In dem Rechtsstreit
hat der VII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung am 4. August 1995
durch
den Richter am Finanzgericht ... als Berichterstatter
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten
Tatbestand
Streitig ist, ob Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) abzugsfähig sind.
Die Kläger (Kl.) sind verheiratet und werden gem. § 26 b EStG zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kl. ist vom Beruf Flottillenadmiral und war mehrere Jahre lang - darunter auch im Streitjahr - in Dänemark eingesetzt. Der Kl. hatte das ganze Jahr über seinen Wohnsitz im Inland. Die Ehefrau lebte gemeinsam mit den drei Kindern bis einschließlich Juli 1992 in Dänemark. Im August 1992 zog sie mit den gemeinsamen drei Kindern zu dem Kl. nach V.
Bis zum Umzug nach V. besuchten die Kinder die "R.-Scolen" in A. in Dänemark. Insoweit hatten die Kl. ein Schulgeld von 9.265 DKR zu zahlen, 30 v.H. (ungefähr 722 DM) machten die Kl. gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben geltend.
Mit ESt-Bescheid vom 22. März 1994 berücksichtigte der Beklagte das Schulgeld für die Schule in Dänemark nicht gem.§ 10 b EStG, weil es sich um keine inländische Ergänzungsschule gehandelt habe. Die Kl. legten Einspruch ein und trugen vor, daß es sich bei den "R.-Scolen" in A. um eine Schule entsprechend den Waldorfschulen handele, die im Inland als Ersatz- bzw. Ergänzungsschulen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG anerkannt seien. Es könne keinen Unterschied machen, ob sich die Schule in der Bundesrepublik Deutschland oder im Ausland befinde. Schulgelder an derartige Schulen müßten gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben entsprechend berücksichtigt werden. Mit Einspruchsbescheid vom 22. August 1994 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Der Bekl. begründete die Entscheidung damit, daß es sich bei der R.-Schule in Dänemark um keine nach dem niedersächsischen Schulgesetz genehmigte Ersatz- bzw. Ergänzungsschule handele.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Kl. tragen vor, daß es in der Natur der Sache liege, daß es sich bei der "R.-Scolen" in A. um keine in Niedersachsen anerkannte Ersatz- bzw. Ergänzungsschule i.S.d. §§ 142 ff. Niedersächsisches Schulgesetz handeln könne. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG enthalte eine Regelungslücke. Schulen im Ausland, die den inländischen Waldorfschulen entsprächen, müßten mit den inländischen Schulen gleichbehandelt werden. Entsprechend müßte 30 v.H. d. Schulgeldes gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgabe berücksichtigt werden. Eine andere Auffassung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 GG. Der Kl. sei als Soldat durch seinen Dienstherren in das Ausland versetzt worden. Durch die Zahlung des Schulgeldes an die "R.-Scolen" seien den Kl. Kosten entstanden, die im Inland ohne weiteres als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG berücksichtigungsfähig seien. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung des Schulgeldes sei nicht gegeben. Im übrigen sei auch zu prüfen, ob die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG mit den einschlägigen europa-rechtlichen Vorschriften vereinbar sei.
Die Kl. beantragen sinngemäß,
weitere Schulgeldzahlungen i.H.v. 722 DM gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu berücksichtigen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bekl. ist der Auffassung, daß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG verfassungsmäßig sei. Die Beschränkung des anteiligen Sonderausgabenabzugs auf solche privaten Schulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Zweck als Ersatz für eine in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen, sei sachgerecht. Aus Art. 7 Abs. 4 des GG ergäbe sich die staatliche Verpflichtung, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen. Eine entsprechende Verpflichtung, auch die übrigen privaten schulischen Einrichtungen, - insbesondere im Ausland - zu fördern, bestehe dagegen nicht.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79 a Abs. 3, 4 FGO) einverstanden erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Steuerakten (Steuernummer: ...).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Zu Recht hat der Bekl. nicht 30 v. H. des Schulgeldes, das die Kl. für den Besuch ihrer Kinder der "R.-Scolen" in A. gezahlt haben, gem.§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben berücksichtigt, denn bei den "R.-Scolen" handelt es sich um keine gem. Art. 7 Abs. 4 des GG staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule. Schulgeldzahlungen für den Besuch von Schulen im Ausland fallen nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach/Nolde, Anm. 334 c zu § 10 EStG; OFD Düsseldorf, Erlaß vom 15. September 1993 S 2221 A-ST 12 H, DB 1993, 2002). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist, wie der Bekl. mit Schriftsatz vom 30. Januar 1995 im Einzelnen dargelegt hat, nicht gegeben. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von inländischen und ausländischen Sachverhalten verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Den unterschiedlichen Gegebenheiten wird im übrigen nicht zuletzt durch Auslandszulagen etc. seitens des Dienstherren Rechnung getragen. Ebenso ist nach Auffassung des Berichterstatters kein Verstoß gegen Europarecht gegeben, auf den sich die Kl. berufen können, da auch im Inland nicht das Schulgeld für alle Schulen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abzugsfähig ist (vgl. aber Meilicke, DB 1994, 1011).
Danach konnte die Klage keinen Erfolg haben und war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.