Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 12.07.2019, Az.: 2 B 89/19

Bekanntmachung; Bestimmtheitsgrundsatz; Flächennutzungsplan; Hinweiszweck; Planungskonzept; Tabuzonen; Windenergie

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
12.07.2019
Aktenzeichen
2 B 89/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69768
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Änderung eines Flächennutzungsplans (F-Plan), der eine Konzentrationszone für Windenergieanlagen (WEA) mit Ausschlusswirkung für einen Teilbereich der Gemeinde erschafft, wird nicht wirksam bekanntgemacht, wenn in der Bekanntmachung nicht auf die Ausschlusswirkung hingewiesen und der Geltungsbereich der Änderung nicht eindeutig dargestellt wird (Nds. OVG, Urteile vom 05.03.2018 - 12 KN 144/17 -, vom 18.02.2019 - 12 KN 152/17 - und vom 25.04.2019 - 12 KN 226/17 -).

2. Ein F-Plan ist wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam, wenn sich das Verhältnis mehrerer sich überlagernder Nutzungen zueinander aus seinen textlichen Darstellungen und seiner Begründung nicht eindeutig ergibt (Nds. OVG, Urteil vom 18.02.2019 - 12 KN 152/17 -).

3. Um die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB auslösen zu können, bedarf ein F-Plan eines schlüssigen Planungskonzepts, das Auskunft darüber gibt, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, und die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von WEA aufzeigt (BVerwG, Urteil vom 11.04.2013 - 4 CN 2/12 -).

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die nachträgliche Anordnung des Sofortvollzugs eines Bescheides des Antragsgegners. In dem Bescheid hat der Antragsgegner das gemeindliche Einvernehmen der Antragstellerin zur Erteilung eines Vorbescheids an das beigeladene Windenergieunternehmen ersetzt.

Die Antragstellerin erstellte im Rahmen der Planung einer Ergänzung ihres Flächennutzungsplans um eine Konzentrationszone für Windenergieanlagen (im Folgenden: WEA) die „Voruntersuchung zur 22. Änderung des Flächennutzungsplanes“ vom 10.12.1996 (im Folgenden: Voruntersuchung). Darin wurden in einem ersten Schritt Tabuzonen ermittelt, und zwar anhand von – seitens der Antragstellerin angenommenen – Abstandserfordernissen, die wiederum an die Kriterien „Lärmentwicklung für Siedlungs- und Erholungsgebiete“, „Einflüsse auf das Landschaftsbild und das Gefüge geschlossener Waldgebiete“, „optische Beeinträchtigung von Schutzgebieten nach dem Naturschutzrecht“, „funktionelle Beeinträchtigung von Leitungs- und Richtfunktrassen“ sowie „Gefährdungen für den Luftverkehr“ anknüpften (S. 1 f. Voruntersuchung). Hierzu führte sie insbesondere aus:

„Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden daher zunächst Tabuzonen ermittelt, innerhalb derer öffentliche Belange einer Ansiedlung von Windenergieanlagen entgegenstehen. Die außerhalb der Tabuzonen gelegenen Gebiete kommen grundsätzlich für Darstellungen in Betracht und werden sodann unter der Bezeichnung Potentialräume näher untersucht. […]

Bei dieser Voruntersuchung wurde nicht unterschieden zwischen Flächen, auf denen sich die Windenergienutzung aufgrund entgegenstehender öffentlicher Belange von vornherein verbietet und Flächen innerhalb derer öffentliche Belange nach erstem Augenschein durch die Windenergienutzung nur beeinträchtigt werden können. […]

Untersuchungen zeigen, dass Auswirkungen von Windenergieanlagen insbesondere für Vögel auftreten. Durch ausreichende Abstände von geschlossenen Waldgebieten können die Auswirkungen minimiert werden. Auch eine übermäßige Beeinträchtigung des Waldsaums und damit des Landschaftsbildes kann somit verhindert werden. Generell wird ein Abstand zwischen Windenergieanlagen und geschlossenen Waldgebieten von 200 m empfohlen und hier auch angewandt.“

Im Rahmen der weiteren Planung bezog sie sich hinsichtlich der ermittelten Tabuzonen zunächst auf diese Voruntersuchung (Erläuterungsbericht mit Planzeichnung [im Folgenden: Erläuterungsbericht] vom 04.03.1998, Seite 3 vorletzter Absatz a.E.) und traf dann aus den verbliebenen, von ihr so bezeichneten „Potentialflächen“ eine Standortauswahl für die geplante Konzentrationsfläche. Im Zuge dessen senkte sie das in der Vorstudie aus Gründen des Vogelschutzes allgemein getroffene Abstandsmaß von 200m zu geschlossenen Waldgebieten hinsichtlich eines Teilbereichs (in der Vorstudie als „Fläche 6“ bezeichnet) südwestlich des Höhenzugs Heber auf 100m ab, weil in diesem Bereich „die größten topographischen Höhen“ erreicht würden. Dieses Maß sei sodann „im Rahmen der Trägerbeteiligung […] jedoch partiell wieder vergrößert“ worden (S. 5 Erläuterungsbericht). Die Antragstellerin traf eine Standortauswahl und wählte die – nunmehr neu konturierte – Fläche 6 als Konzentrationszone.

Mit diesem Inhalt genehmigte der Antragsgegner die 22. Änderung des Flächennutzungsplans (im Folgenden: Flächennutzungsplan) der Antragstellerin. Diese Genehmigung wurde von der Antragstellerin im Amtsblatt Jahrgang 26, Nr. 4 v. 19.01.1999 (Bl. 60 f. d.A.) bekannt gemacht. In der Bekanntmachung heißt es mit Blick auf den Geltungsbereich der Änderung:

„Der Geltungsbereich der genannten Änderung des Flächennutzungsplanes ist aus der mitveröffentlichten Planskizze ersichtlich.“

Die der Bekanntmachung anliegende Planskizze bildet einen Teil des Stadtgebiets der Antragstellerin ab und weist eine schwarz umrandete Fläche südlich der Ortschaft Heber aus. Nähere Erläuterungen zu Inhalt und Wirkungen der Fläche finden sich im Bekanntmachungstext und in der Planskizze nicht.

Mit Antrag vom 29.05.2017 beantragte die Beigeladene bei dem Antragsgegner die Erteilung eines Vorbescheids i.S.v. § 9 Abs. 1 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 164m, einem Rotordurchmesser von 149m und einer Nennleistung von 4,38 MW in den Gemarkungen E. und F. (Gemarkung E., Flur 6, Flurstück 205, sowie Gemarkung F., Flur 8, Flurstücke 265 und 266). Die Flurstücke liegen im Außenbereich des Stadtgebiets der Antragstellerin. Der Vorbescheid betrifft dabei die drei Fragen:

„1) Planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens in Bezug auf § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB

2) Zulässigkeit des Vorhabens nach den raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms 2006 des Landkreises Northeim

3) Aspekte der Flugsicherheit (zivil und militärisch)“

Mit Schreiben vom 26.07.2017 versagte die Antragstellerin ihr gemeindliches Einvernehmen für die Erteilung des Bauvorbescheids. Die Vorhaben lägen außerhalb der hierfür im Flächennutzungsplan vorgesehenen Konzentrationszone. Der Flächennutzungsplan sei unanfechtbar. Per Anhörungsschreiben vom 12.09.2017 gab der Antragsgegner der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich der beabsichtigten Ersetzung des Einvernehmens durch den Antragsgegner. Mit Bescheid vom 14.11.2017 ersetzte der Antragsgegner das Einvernehmen. Das Einvernehmen sei zu Unrecht versagt worden, da die im Flächennutzungsplan enthaltene Konzentrationsfläche keine Ausschlusswirkung entfalte. Bei der Planung sei nicht nach harten und weichen Tabuzonen differenziert worden. Außerdem leide die Bekanntmachung der Genehmigung der 22. Änderung des Flächennutzungsplans an dem Mangel, dass – mangels Bezeichnung der Fläche als Konzentrationszone für WEA – der Hinweiszweck nicht erreicht werde. Das Ermessen für die Ersetzung sei insbesondere aus Gründen der Baufreiheit der Beigeladenen auf null reduziert. Mit Schreiben vom 30.11.2017 legte die Antragstellerin hiergegen Widerspruch ein, in dem sie ihre Begründung aus dem Versagungsschreiben wiederholte und vertiefte. Den Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2018 zurück. Darin wiederholte und vertiefte er seine rechtlichen Gründe aus dem Ersetzungsbescheid vom 14.11.2017. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 23.04.2018 Klage (Aktenzeichen 2 A 183/18). Mit Bescheid vom 25.04.2018 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen den begehrten Vorbescheid, gegen welchen die Antragstellerin fristgerecht Widerspruch einlegte. Über den Widerspruch wurde noch nicht entschieden.

Mit Schreiben vom 22.02.2019 beantragte die Beigeladene bei dem Antragsgegner die nachträgliche Anordnung der sofortigen Vollziehung des Ersetzungsbescheids vom 14.11.2017. Mit Schreiben vom 25.02.2019, das mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, ordnete der Antragsgegner nachträglich die sofortige Vollziehung seines Ersetzungsbescheides vom 14.11.2017 an. Dieses begründete er im Wesentlichen damit, dass die Beigeladene bedeutende wirtschaftliche Interessen an der Erteilung des Vorbescheides habe. Ihr könne nicht zugemutet werden, ggf. jahrelang auf eine vollziehbare Bescheidung zu warten. Die Versagung des Einvernehmens sei rechtswidrig gewesen, sodass die Interessen der Beigeladenen gegenüber denjenigen der Antragstellerin höher zu bewerten seien. Daher müsse eine Grundlage geschaffen werden, um über den Widerspruch der Antragstellerin gegen den erteilten Vorbescheid entscheiden zu können.

Hiergegen richtet sich der vorliegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes, den die Antragstellerin am 07.03.2019 gestellt hat. Sie meint, die Anordnung des Sofortvollzugs sei nicht hinreichend begründet und ihr Einvernehmen zu Recht versagt worden. Der Ersetzungsbescheid sei daher rechtswidrig. Das Vorhaben verstoße zudem gegen das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Hildesheim, welches Wirkungen auch für den vorliegenden Fall zeitige.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.04.2018 (Aktenzeichen 2 A 183/18) wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung bezieht er sich auf seinen Bescheid vom 14.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.04.2018 (im Folgenden: Ersetzungsbescheid) und ergänzt insbesondere, dass durch diesen in Verbindung mit einem etwaigen Vorbescheid keine vollendeten Tatsachen geschaffen würden, da hierdurch Baumaßnahmen nicht unmittelbar legitimiert würden. Auch aus diesem Grund seien die Interessen der Antragstellerin weniger gewichtig als diejenigen der Beigeladenen. Im Übrigen macht sich der Antragsgegner die Ausführungen der Beigeladenen zu eigen.

Die Beigeladene hat, das Vorbringen der Antragstellerin in der Sache zurückweisend, umfassend Stellung bezogen. Einen Antrag hat sie nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der richterlichen Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Ersetzungsbescheid (Aktenzeichen 2 A 183/18) hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässig. Die Klage der Antragstellerin gegen den Ersetzungsbescheid hatte ursprünglich aufschiebende Wirkung (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da § 212a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO für Bescheide, die das gemeindliche Einvernehmen ersetzen, nicht gilt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.03.1999 – 1 M 405/99, juris Rn. 5 f.). Infolge der nachträglichen Anordnung der sofortigen Vollziehung kommt der gegen den Ersetzungsbescheid gerichteten Klage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nunmehr keine aufschiebende Wirkung mehr zu. Sowohl der Statthaftigkeit des Antrags als auch dem Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin steht dabei nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung, die unter dem 25.02.2019 in Gestalt eines sog. Formverwaltungsakts mit Rechtsbehelfsbelehrung erging, nicht fristgerecht mit einer Anfechtungsklage angegriffen hat. Dieser Formverwaltungsakt kann nicht in Bestandskraft erwachsen, weil die in ihm angeordnete sofortige Vollziehung keine eigenständige Regelung i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG darstellt (so im Ergebnis bei fehlender materieller Verwaltungsaktsqualität eines Formverwaltungsakts auch BSG, Urt. v. 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R, juris Rn. 26; zur fehlenden materiellen Verwaltungsaktsqualität von behördlichen und gerichtlichen Anordnungen der sofortigen Vollziehung schon BVerwG, Urt. v. 12.05.1966 – II C 197.62, juris Rn. 40 f.; zur fehlenden Möglichkeit der Bestandskraft der Anordnung der sofortigen Vollziehung OVG Koblenz, Beschl. v. 25.11.1987 – 12 B 112/87, NVwZ 1988, 748).

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das ist dann der Fall, wenn die Begründung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt und/oder sich der angefochtene Verwaltungsakt nach der im Rahmen der genannten Vorschrift vorzunehmenden summarischen Überprüfung aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtswidrig darstellt, da an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kein überwiegendes öffentliches Interesse anerkannt werden kann. Andererseits ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Verfügung dann anzunehmen, wenn die Vorgaben des § 80 Abs. 3 VwGO eingehalten wurden und sich die Verfügung mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen wird. Vorliegend ist die Anordnung des Sofortvollzugs formell rechtmäßig, insbesondere mit § 80 Abs. 3 VwGO vereinbar. Ferner führt eine summarische Prüfung zu dem Ergebnis, dass sich der Ersetzungsbescheid des Antragsgegners mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen wird.

Rechtsgrundlage für die Ersetzung des Einvernehmens und die diesbezügliche Anordnung des Sofortvollzugs ist § 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO. Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Das Einvernehmen der Gemeinde darf nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen (§ 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB). Ordnet sie die sofortige Vollziehung des Ersetzungsbescheides an (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), hat sie das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend schriftlich begründet. Erforderlich ist grundsätzlich eine Begründung, die über diejenige zur Rechtfertigung des Verwaltungsakts selbst hinausgeht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.09.1995 – 2 BvR 1179/95, juris Rn. 42) und sich nicht in formelhaften Ausführungen erschöpft, sondern auf die Umstände des Einzelfalls abstellt und erläutert, weshalb dem Interesse an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem Aufschubinteresse der Betroffenen der Vorrang eingeräumt wird (OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.01.2012 – 7 ME 205/11, juris Rn. 5). Formelle Begründungsmängel sind in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG heilbar durch Nachholung und Ergänzung einer Begründung bis spätestens zum Ende der letzten Tatsacheninstanz (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.04.2014 – 7 ME 121/13, juris Rn. 33, m.w.N.).

Gemessen daran erfolgte die Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung hier ordnungsgemäß. Den Ersetzungsbescheid vom 14.11.2017 hatte der Antragsgegner damit begründet, dass die Versagung des Einvernehmens durch die Antragstellerin rechtswidrig sei, weil ein diesbezüglicher Grund aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB nicht ableitbar sei. Diese auf Rechtsvorschriften rekurrierende Begründung wiederholte und vertiefte sie im Widerspruchsbescheid vom 03.04.2018. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Formverwaltungsakt vom 25.02.2019 hat der Antragsgegner zwar abermals vertiefend mit Blick auf die bereits im Ersetzungsbescheid enthaltenden Rechtsgründe, jedoch auch mit darüber hinausgehenden Erwägungen begründet: Die Beigeladene habe ein Interesse, nicht unnötig, ggf. jahrelang, auf die Bestandskraft der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens zu warten. Sie benötige Planungssicherheit hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Beurteilung des Vorhabens, um das wirtschaftliche Risiko für die Erstellung der Antragsunterlagen (einschließlich z.B. der Beauftragung avifaunistischer Gutachten) vertretbar zu halten. Die Beauftragung zur Gutachtenerstellung habe für die Beigeladene immense wirtschaftliche Bedeutung. Aus diesen Gründen sei der Antragsgegner nach Abwägung der widerstreitenden Interessen zu dem Ergebnis gelangt, diese Interessen der Beigeladenen an der (alsbaldigen) Beauftragung der Antragsunterlagen höher zu bewerten als die Interessen der Antragstellerin an einer ggf. unverhältnismäßig langen Verzögerung dessen. Im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsgegner seine Begründung ferner dahingehend ergänzt, dass nunmehr bereits 10 Monate seit Klageerhebung vergangen seien. Es entstünden der Beigeladenen höhere Kosten für Planung und Umsetzung des Vorhabens. Zudem handele es sich vorliegend um das Einvernehmen hinsichtlich der Erteilung eines Bauvorbescheids. Baumaßnahmen würden hierdurch in keiner Weise legitimiert. Vollendete Tatsachen drohten der Antragstellerin daher nicht. Damit ist der Antragsgegner den Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gerecht geworden. Er ist über die Begründung des Ersetzungsbescheids hinausgegangen und hat erkennen lassen, dass ihm der Ausnahmecharakter der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst gewesen ist. In der Begründung wurde eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gewichtung der gegenläufigen Interessen vorgenommen.

Bei summarischer Prüfung ist auch der Ersetzungsbescheid rechtmäßig.

Er ist formell rechtmäßig. Die vor der beabsichtigten Ersetzung erforderliche Anhörung (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 23.06.2009 – 12 LC 136/07, juris Rn. 49 f.) wurde mittels Anhörungsschreiben des Antragsgegners vom 12.09.2017 durchgeführt.

Der Ersetzungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig, weil die tatbestandlichen Vorgaben der Rechtsgrundlage für die Ersetzung, also § 36 Abs. 2 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 BauGB, gegeben und Ermessensfehler nicht ersichtlich sind.

Zunächst hat die Antragstellerin ihr Einvernehmen rechtswidrig versagt. Ein planungsrechtlicher Grund i.S.v. § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB, auf den sie ihre Versagung stützen könnte, liegt nicht vor. Angesichts des Umstands, dass das versagte Einvernehmen einen Bauvorbescheid mit drei konkreten Fragen („1] Planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens in Bezug auf § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB“; „2] Zulässigkeit des Vorhabens nach den raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms 2006 des Landkreises Northeim“; „3] Aspekte der Flugsicherheit [zivil und militärisch]“) betrifft, ist der Prüfungsumfang – d.h. auch die Gründe, auf welche die Antragstellerin die Versagung ihres Einvernehmens stützen könnte – auf diese drei planungsrechtlichen Aspekte begrenzt.

Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist das Vorhaben mit § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB vereinbar. Hiernach liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (Abs. 3 Satz 1 Nr. 1). Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben der Windenergie in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (Satz 3).

Vorliegend liegt keine Planung vor, die die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB zugunsten der Antragstellerin auslösen könnte. Dies gilt auf Grundlage von drei – jeweils selbständig tragenden – Gründen:

Erstens ist der Flächennutzungsplan mangels wirksamer Schlussbekanntmachung nicht wirksam in Kraft getreten und kann damit schon aus formalen Gründen die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB nicht auslösen. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1, 2 BauGB ist die Erteilung der Genehmigung des Flächennutzungsplans ortsüblich bekannt zu machen. Mit seiner Bekanntmachung wird er wirksam. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB sieht dabei vor, dass ein Flächennutzungsplan nicht wirksam wird, wenn der mit seiner Bekanntmachung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist. Es handelt sich um einen sog. Ewigkeitsfehler, da § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB nicht der Fristenregelung gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unterfällt. Der Hinweiszweck wird nicht erreicht, wenn die Bekanntmachung einer Genehmigung eines Flächennutzungsplans, der eine Konzentrationszone für WEA mit Ausschlusswirkung für „einen – inhaltlich nicht genannten – sachlichen Teilbereich des gesamten Stadtgebiets“ (hier den gesamten verbliebenen Außenbereich) erschafft, nicht auf ebenjene Ausschlusswirkung hinweist und aus der Bekanntmachung nicht deutlich wird, dass es sich um eine Konzentrationszone speziell für Windenergie handelt (so jüngst OVG Lüneburg, Urt. v. 25.04.2019 – 12 KN 226/17, juris Rn. 52; Urt. v. 05.03.2018 – 12 KN 144/17, juris Rn. 41 ff.). So liegt der Fall hier: Die Bekanntmachung der Genehmigung vom 19.01.1999 (Bl. 60 f. d.A.) enthält hinsichtlich des Geltungsbereichs der getroffenen Änderung lediglich den Hinweis: „Der Geltungsbereich der genannten Änderung des Flächennutzungsplanes ist aus der mitveröffentlichten Planskizze ersichtlich.“ Die Planskizze bildet nur einen Teil des Stadtgebiets der Antragstellerin ab und weist eine schwarz umrandete Fläche aus, ohne dass diese näher erläutert würde. Es fehlt folglich jeglicher Hinweis darauf, dass – abseits der schwarz umrandeten Fläche – eine Ausschlusswirkung für WEA hinsichtlich des gesamten verbliebenen Außenbereichs des Stadtgebiets der Antragstellerin gezeitigt werden soll. Vielmehr entsteht der Eindruck, Wirkungen würden nur für die schwarz umrandete Fläche entstehen. Dass die schwarz umrandete Fläche eine Konzentrationszone für Windenergie darstellen soll, wird mangels näherer Erläuterung ebenfalls nicht deutlich. Der Plan ist überdies – ebenfalls mangels hinreichender Bekanntgabe – nicht wirksam, weil auf der Planskizze nicht das gesamte Stadtgebiet der Antragstellerin bzw. zumindest der gesamte Außenbereich abgebildet ist. Ein solcher Fehler ist nach §§ 214, 215 BauGB stets beachtlich (so jüngst OVG Lüneburg, Urt. v. 18.02.2019 – 12 KN 152/17, juris Rn. 49 f.).

Zweitens ist der Flächennutzungsplan wegen eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam. Sieht die Planung mehrere sich überlagernde Nutzungen für eine Fläche vor, muss sich das Verhältnis dieser Nutzungen zueinander aus dem Flächennutzungsplan mit seinen textlichen Darstellungen und seiner Begründung mit der gebotenen Eindeutigkeit ergeben. Ist dies nicht der Fall, liegt ein durch §§ 214, 215 BauGB nicht heilbarer Fehler vor (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 18.02.2019 – 12 KN 152/17, juris Rn.52 f.). Diesen Anforderungen wird der Flächennutzungsplan der Antragstellerin nicht gerecht, weil sich aus diesem nicht ergibt, dass der Windenergie gegenüber der dort ebenfalls für zulässig erachteten landwirtschaftlichen Nutzung eindeutig der Vorrang gebührt. Aus den Inhalten der Bekanntmachung ergeben sich, wie soeben ausgeführt, keine Erkenntnisse für die Art der Nutzung der Fläche. In der Skizze des Erläuterungsberichts ist sodann eine schwarz gestrichelte Flächengrenze eingezeichnet, die ein gleichrangiges, also unklares Verhältnis der beiden Nutzungen beschreibt (Bl. 63 d.A), denn dort heißt es in der Planzeichenerklärung: „Flächen für die Landwirtschaft und für die Windenergienutzung“. Ein Rangverhältnis der Nutzungsarten lässt sich daraus nicht entnehmen. Wenn überhaupt suggeriert dieser Text durch die Erstnennung der Landwirtschaft einen Vorrang derselben, ohne dies aber mit der gebotenen Eindeutigkeit festzulegen. Auch die näheren Ausführungen im Erläuterungsbericht, S. 4 (Bl. 67 d.A.), verklaren das Rangverhältnis nicht. Dort heißt es erläuternd: „Damit ist einerseits die grundsätzliche Zulässigkeit von Windenergieanlagen geregelt, andererseits dokumentiert, daß die landwirtschaftliche Nutzung außerhalb der eigentlichen Standorte der Windenergieanlagen auch weiterhin stattfinden soll.“ Die Formulierung „grundsätzliche Zulässigkeit“ indiziert kein Vorrangverhältnis, sondern befördert – im Gegenteil – durch Verwendung des Wortes „grundsätzlich“ die Annahme, dass eine Nutzung der Fläche durch WEA in bestimmten Fällen auch unzulässig sein kann. Diese Annahme erfährt weitere Unterstützung durch die Voruntersuchung, deren Inhalte in die Planbegründung mit einbezogen sind (s.o.). Dort heißt es auf Seite 2 (Bl. 83 d.A.) im Zuge der Schaffung von Tabuzonen für die Windenergienutzung: „Daher kann bei näherer Prüfung durchaus der Fall eintreten, daß auch außerhalb der Tabuzonen eine Windenergienutzung nicht weiter vertieft werden sollte.“ Die in Rede stehende Fläche liegt außerhalb der sodann bestimmten Tabuzonen, sodass auch dieser Satz das Verhältnis der Nutzungen zueinander weiter verunklart. Ansonsten enthalten Erläuterungsbericht und Voruntersuchung keine hinreichenden Anhaltspunkte, um auf einen Vorrang von WEA mit der nötigen Eindeutigkeit schließen zu können. Die dortigen Ausführungen befassen sich vielmehr mit dem Ziel, WEA im Rest des Stadtgebietes auszuschließen (Voruntersuchung S. 1, Erläuterungsbericht S. 3) und Flächen zu ermitteln, in denen WEA auf besonders geeignete Windanströmungsverhältnisse treffen (Erläuterungsbericht S. 3, 5. Absatz a.E., S. 4 ff.), ohne einen dortigen Vorrang von WEA zu formulieren. Dass der Erläuterungsbericht, S. 2, auf das landesraumordnungsrechtliche Ziel C 3.505 Bezug nimmt, „Vorrangstandorte für Windenergieanlagen festzulegen“, vermag das Verhältnis der Nutzungsarten vor dem Hintergrund der vorstehenden, das Verhältnis verunklarenden Aspekte nicht hinreichend zu verdeutlichen, zumal das vorgenannte Ziel lediglich wertungsfrei referiert, nicht aber deutlich wird, dass die Antragstellerin sich dieses Ziel zu eigen macht und die schließlich geschaffene Fläche eine Umsetzung dieses Ziels darstellen soll.

Drittens genügt der Flächennutzungsplan auch materiell nicht den Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht als Bedingung für das Auslösen der Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB formuliert hat. Die hierfür formulierten Voraussetzungen (s. BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 – 4 CN 2.12, juris Rn. 5 f.; zuvor bereits Urt. v. 13.12.2012 – 4 CN 1.11, juris Rn. 9 ff.; dem folgend OVG Lüneburg, Urt. v. 23.01.2014 – 12 KN 285/12, juris Rn. 17, st. Rspr., jüngst etwa Urt. v. 25.04.2019 – 12 KN 226/17, juris Rn. 70) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Es bedarf eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts. Dieses Konzept muss nicht nur darüber Auskunft geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Windenergieanlagen aufzeigen. Hierzu muss der planende Hoheitsträger abschnittsweise vorgehen: In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung „schlechthin“ ungeeignet sind. Es handelt sich um Flächen, auf denen Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen entzogen. Mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von WEA „von vornherein“ ausgeschlossen werden „soll“. Sie sind zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass raumplanerische Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er – anders als bei harten Tabukriterien – einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offenlegen. Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrigbleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird. Der Plangeber muss sich dabei zwingend den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Differenziert der Plangeber zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht ausdrücklich, so ist dies unbeachtlich, wenn feststeht, dass er nur harte Tabuzonen zu den Ausschlussgebieten gezählt hat (BVerwG, Urt. v. 13.12.2012, aaO, juris Rn. 15) oder – bei Fehlen einer ausdrücklichen Unterscheidung – er gleichwohl in der Sache hinreichend zwischen beiden differenziert hat (OVG Lüneburg, Urt. v. 23.01.2014, aaO, juris Rn. 18; Urt. v. 05.03.2018, aaO, juris Rn. 55; OVG Koblenz, Urt. v. 16.05.2013 – 1 C 11003/12, juris Rn. 32) oder eine ausdrücklich als solche ausgewiesene hilfsweise Behandlung als weiches Tabukriterium vorliegt (OVG Lüneburg, Urt. v. 22.11.2012 – 12 LB 64/11, juris Rn. 42; Urt. v. 05.03.2018, aaO, juris Rn. 57).

Hier genügt der Flächennutzungsplan der Antragstellerin nicht den vorgenannten Anforderungen. Es liegt kein schlüssiges Planungskonzept vor, das die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB begründen könnte. Die Antragstellerin hat im Rahmen des ersten gebotenen Arbeitsschritts nicht zwischen harten und weichen Tabuzonen differenziert, was vorliegend ein rechtlich beachtliches Versäumnis darstellt. Sie hat innerhalb dieses Arbeitsschritts Tabuzonen geschaffen, in denen öffentliche Belange eine Windenergienutzung zwar per se und schlechterdings ausschließen sollen. Bei der Ermittlung dieser harten Tabuzonen hat sie aber sowohl harte als auch – von ihr selbst als solche eingestufte – weiche Kriterien eingesetzt. Die Ausschlusswirkung des Flächennutzungsplans i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB ist daher schon deshalb nicht gegeben, weil die Antragstellerin diejenigen Flächen, die aufgrund der harten (nicht abwägbaren) Kriterien für WEA per se gesperrt sind, und diejenigen Flächen, die aufgrund weicher (abwägbarer) Kriterien für WEA gesperrt sein „sollen“, im Rahmen der Planung in keiner Weise ausgewiesen hat. Sie hat sich den Unterschied der beiden Tabuzonentypen weder bewusstgemacht noch ihn dokumentiert, sondern sich – im Gegenteil – ausdrücklich für die Unklarheit über harte und weiche Kriterien entschieden. Der Zweck der Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen – insbesondere die weichen Tabuzonen noch einmal überprüfen zu können, falls der Windenergienutzung im Plangebiet insgesamt ggf. nicht substanziell Raum verschafft wird – wurde verfehlt, da der Antragstellerin eine solche Überprüfung ihrer eigenen Planung angesichts der Schaffung einer einheitlichen Tabuzone mithilfe sowohl harter als auch weicher Kriterien, d.h. mangels Ausweisung abgrenzbarer weicher Tabuzonen, nicht möglich gewesen ist.

Diesem Ergebnis liegt die folgende Auslegung der vorhandenen Planung zugrunde: Die Antragstellerin hat zwar in einem ersten Arbeitsschritt Tabuzonen ermittelt. Hierfür hat sie im Rahmen der Planung die „Voruntersuchung zur 22. Änderung des Flächennutzungsplanes“ vom 10.12.1996 für maßgeblich erklärt („Erläuterungsbericht mit Planzeichnung“ vom 04.03.1998, Seite 3 vorletzter Absatz a.E.). Die Tabuzonenermittlung geschah dabei anhand von – seitens der Antragstellerin angenommenen – Abstandserfordernissen, die wiederum an die Kriterien „Lärmentwicklung für Siedlungs- und Erholungsgebiete“, „Einflüsse auf das Landschaftsbild und das Gefüge geschlossener Waldgebiete“, „optische Beeinträchtigung von Schutzgebieten nach dem Naturschutzrecht“, „funktionelle Beeinträchtigung von Leitungs- und Richtfunktrassen“ sowie „Gefährdungen für den Luftverkehr“ anknüpften. Diese Tabuzonen hat die Antragstellerin in sich widersprüchlich einerseits als harte Kriterien verstanden, andererseits jedoch die ermittelten Flächen sämtlich als zugleich harte und weiche Tabuzonen gekennzeichnet, da sie diesbezüglich ausgeführt hat (S. 1 f. Voruntersuchung):

„Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden daher zunächst Tabuzonen ermittelt, innerhalb derer öffentliche Belange einer Ansiedlung von Windenergieanlagen entgegenstehen. Die außerhalb der Tabuzonen gelegenen Gebiete kommen grundsätzlich für Darstellungen in Betracht und werden sodann unter der Bezeichnung Potentialräume näher untersucht. […]

Bei dieser Voruntersuchung wurde nicht unterschieden zwischen Flächen, auf denen sich die Windenergienutzung aufgrund entgegenstehender öffentlicher Belange von vornherein verbietet und Flächen innerhalb derer öffentliche Belange nach erstem Augenschein durch die Windenergienutzung nur beeinträchtigt werden können.“

Die Auslegung dieser Formulierungen lässt nur den Schluss zu, dass die Antragstellerin den Tabuzonen sämtlich den Charakter von zugleich harten als auch weichen Tabuzonen beigemessen hat. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie einerseits für die zu ermittelnden Tabuzonen im ersten oben zitierten Absatz ohne Ausnahme konstatiert hat, dass hier „öffentliche Belange […] entgegenstehen“, und andererseits im zweiten oben zitierten Absatz festgestellt hat, dass die ermittelten Tabuzonen auch solche umfassen, in denen öffentliche Belange „nur beeinträchtigt werden können“. Dass dieses Auslegungsergebnis zutrifft, zeigt sich auch an dem folgenden Umstand: Die Antragstellerin hat in der Vorstudie aus Gründen des Vogelschutzes das Abstandsmaß von 200m zu geschlossenen Waldgebieten als Kriterium zur Schaffung der Tabuzonen eingesetzt (S. 2 Voruntersuchung). Im Rahmen der nachgelagerten Auswahl eines Standorts für die Konzentrationsfläche hat die Antragstellerin aber genau dieses Abstandsmaß auf 100m abgesenkt, weil in diesem Bereich „die größten topographischen Höhen“ erreicht würden. Dieses Maß wurde sodann „im Rahmen der Trägerbeteiligung […] jedoch partiell wieder vergrößert“ (S. 5 Erläuterungsbericht). Sie hat dieses Abstandskriterium folglich als ab- und wegwägbares, also weiches Kriterium eingestuft. Entsprechend hätte sie dies im ersten Arbeitsschritt durch Ausweisung einer weichen Tabuzone verdeutlichen müssen. Dies hat sie aber nicht getan.

Eine Überprüfung weicher Tabuzonen dahingehend, ob der Windenergienutzung im Plangebiet substanziell Raum verschafft wurde, ist der Antragstellerin nicht möglich gewesen. Eine Planung, die den Unterschied zwischen harten und weichen Kriterien bzw. Tabuzonen bewusst und ausdrücklich nicht zieht sowie die angewandten Kriterien bei der Standortauswahl teilweise scheinbar beliebig verändert, steht den von der oben zitierten Rechtsprechung formulierten Zielen diametral entgegen. Selbst wenn man – abweichend von der Auffassung des Gerichts – zugunsten der Antragstellerin unterstellen wollte, dass sie nur harte Tabuzonen anhand von harten Kriterien schaffen wollte, wäre das Planungskonzept durch das spätere Verändern der Abstandsgrenzen zu geschlossenen Waldgebieten in sich widersprüchlich und könnte auch deshalb die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB nicht auslösen (vgl. nur OVG Koblenz, Urt. v. 16.05.2013, aaO, juris Rn. 53). Rechtswidrig als hartes Kriterium wären dann im Übrigen die getroffenen Abstandserfordernisse zu „geschlossenen Siedlungen“ sowie zu „Einzelgebäuden und Streusiedlungen“ (Voruntersuchung, S. 2), weil hier nicht zwischen Wohn- bzw. sonstiger schutzwürdiger Bebauung und sonstigen, weniger schutzwürdigen Bebauungsarten unterschieden wurde (vgl. nur OVG Lüneburg, Urt. v. 05.03.2018, aaO, juris Rn. 56). Ausdrückliche, hilfsweise getroffene Einstufungen als weiche Kriterien liegen weder in der Voruntersuchung noch im Erläuterungsbericht vor, insbesondere auch nicht mit Blick auf den 200m Mindestabstand zu geschlossenen Waldgebieten. Selbst wenn man dies – entgegen der Auffassung des Gerichts – zugrunde legte, wäre die Planung rechtswidrig: Weder für die Antragstellerin und ihre für die Planung zuständigen Organe noch für einen Dritten wäre dann deutlich gewesen, ob nicht ggf. auch sämtliche oder Teile der anderen zugrunde gelegten Abstandserfordernisse ab- und wegwägbare Kriterien, die weiche Tabuzonen und einen damit verbundenen Abwägungsspielraum begründeten, darstellten (vgl. nur OVG Lüneburg, Urt. v. 05.03.2018, aaO, juris Rn. 57).

Der vorgenannte Fehler in der Abwägung ist auch offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen. Seiner Geltendmachung steht die Fristenregelung des § 215 BauGB nicht entgegen, weil die Fristen erst mit ordnungsgemäßer Bekanntgabe des Flächennutzungsplans zu laufen anfangen (vgl. nur VG Minden, Urt. v. 26.04.2018 – 11 K 874/17, juris Rn. 64 ff., 69, 134). Eine ordnungsgemäße Bekanntgabe liegt hier aber nicht vor (s.o.).

Auch Verstöße des Vorhabens gegen die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms 2006 des Landkreises Northeim oder gegen Aspekte der Flugsicherheit (zivil und militärisch) sind bei summarischer Prüfung nicht erkennbar. Die Antragstellerin hat solche Verstöße auch nicht vorgetragen. Soweit Verstöße gegen das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Hildesheim gerügt werden, liegt dies außerhalb des oben anhand der Fragen des Vorbescheids gezogenen Prüfungsmaßstabs und ist daher hier von vornherein unbeachtlich.

Der Ersetzungsbescheid ist bei summarischer Prüfung auch ermessensfehlerfrei ergangen. Das Ersetzungsermessen war vorliegend aufgrund der Umstände des Einzelfalls auf null reduziert (vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 36 Rn. 15), weil die Beigeladene aus dringenden wirtschaftlichen Gründen Planungssicherheit benötigte, um ihren grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Baufreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) durch vorplanerische Sicherheiten wie den beantragten Bauvorbescheid abzusichern. Hiervon ist auch der Antragsgegner bereits im Bescheid vom 14.11.2017, S. 3, ausdrücklich und zutreffender Weise ausgegangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergeht nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 16 der Streitwertannahmen der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nach dem 1. Januar 2002 (Nds. VBl. 2002, 192, im Folgenden: Streitwertannahmen). Ist – wie im vorliegenden Fall – die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens streitgegenständlich, so gilt hiernach ein Rahmen von 5.000 bis 150.000 Euro. Fehlen, wie hier, weitere Anhaltspunkte für die Streitwertbestimmung, sind nach der Rechtsprechung der Kammer die vorgenannten Rahmenbeträge zu addieren und anschließend hälftig zu teilen. Dies ergibt vorliegend 77.500 Euro. Diesen Betrag hat die Kammer halbiert, da es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt (vgl. Ziff. 1.5 Satz 1 der Streitwertannahmen).