Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.10.2006, Az.: 7 PA 184/06

Unzulässigkeit einer Klage wegen Versäumung der Klagefrist; Bestimmung der zu beachtenden Klagefrist nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG); Voraussetzungen für den Eintritt der Zustellungswirkung bei einer nicht förmlichen Zustellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.10.2006
Aktenzeichen
7 PA 184/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 32066
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2006:1026.7PA184.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 27.09.2006 - AZ: 6 A 2468/05

Fundstellen

  • GewArch 2007, 166
  • NVwZ-RR 2007, 78 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Auch wenn der dritte Tag nach Aufgabe eines Briefes zur Post gemäß § 41 Abs. 2 VwVfG auf einen der in § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG genannten Tage fällt, gilt dieser und nicht der nächste Werktag als Tag der Bekanntgabe.

Gründe

1

Die statthafte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Erfolgsaussichten des Verfahrens zutreffend verneint (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

2

Der Senat verweist auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist zu ergänzen:

3

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Versäumung der Klagefrist ausgegangen. Anzuwenden ist allerdings nicht das Verwaltungszustellungs-, sondern das Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -. Entgegen der Ansicht der Klägerin betrifft § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG, die sog. Montagsregel, nur das Ende einer Frist und ist für den Beginn nicht entsprechend anwendbar. Auch wenn der dritte Tag nach Aufgabe eines Briefes zur Post gemäß § 41 Abs. 2 VwVfG auf einen der in § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG genannten Tage fällt, gilt dieser und nicht der nächste Werktag als Tag der Bekanntgabe (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 31 Rn. 32). Bei der Bestimmung des § 41 Abs. 2 VwVfG handelt es sich weder um eine eigentliche noch um eine uneigentliche Frist, sondern das Gesetz vermutet aus Praktikabilitätsgründen eine pauschalierte Zeitdauer für den Zugang eines Briefes. § 41 Abs. 1 bis 4 VwVfG sind anzuwenden, weil das von der Beklagten gewählte Einwurf-Einschreiben keine förmliche Zustellung nach § 4 Nds.VwZG ist, da es an einer Übergabe im Sinne des § 2 Abs. 1 Nds.VwZG fehlt.

4

Es belastet den Empfänger nicht in unzumutbarer Weise, dass die Bekanntgabewirkung auch an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag eintritt. Insofern ist die Bekanntgabe vergleichbar mit einer Zustellung. Nach § 2 Nds.VwZG tritt die Zustellungswirkung unabhängig von der Art der Zustellung im tatsächlichen Zustellungszeitpunkt ein, auch wenn dieser auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt (vgl. auch § 12 Abs. 4 Nds.VwZG). Es besteht kein Anlass, Empfänger von Briefen besser zu stellen. Sie könnten sonst sowohl am Beginn wie am Ende einer Frist in den Genuss einer Verlängerung gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG kommen. Wenn der Brief tatsächlich erst nach dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post zugeht, kann gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG die Drei-Tages-Fiktion entkräftet werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 23.07.1990 - Gr S 1/90 - 19 B 88.185 -, NJW 1991, 1250; VGH B-W, Beschl. v. 19.11.1991 - 3 S 2492/91 -, NVwZ 1992, 799). Hier ist der Klägerin das Einwurf-Einschreiben jedoch bereits am 08. Oktober 2005 zugegangen.