Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 24.01.2002, Az.: Ss 331/01 (I 144)
Umfang der richterlichen Ermittlungspflicht und Darlegungspflicht; Anlass zur Prüfung verminderter Schuldfähigkeit
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 24.01.2002
- Aktenzeichen
- Ss 331/01 (I 144)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 26602
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2002:0124.SS331.01I144.0A
Rechtsgrundlagen
- § 244 Abs. 2 StPO
- § 21 StGB
Amtlicher Leitsatz
Unzureichende Feststellungen, wenn bei erheblichem Alkoholgenuss des Angeklagten nicht auf verminderte Schuldfähigkeit eingegangen wird. Zum Umfang der Darlegungen zu früheren Straftaten des Angeklagten.
Gründe
Im Rechtsfolgenausspruch hält das Urteil einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen des Landgerichts haben der Angeklagte und der Zeuge M... im Verlauf des Abends jeweils etwa zehn bis zwölf Flaschen Bier getrunken. Dieser Umstand hätte Anlass für die nahe liegende Prüfung sein müssen, ob der Angeklagte auf Grund des vorangegangenen Alkoholgenusses bei der Tatbegehung in seiner Schuldfähigkeit vermindert war, § 21 StGB, und dies Anlass für eine Strafmilderung - auch unter dem Gesichtspunkt des minder schweren Falls der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 a.E. StGB) - gegeben hätte. Eine Auseinandersetzung hiermit ist nicht erfolgt. Da das Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf diesem Mangel beruhen kann, ist es insoweit aufzuheben.
Bei der Rechtsfolgenentscheidung hat das Landgericht zudem die Vorstrafen des Angeklagten bei der Strafzumessung und der Prüfung, ob die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nachteilig bewertet, wobei es sich entscheidend auf die Vorstrafen seit 1996 gestützt hat. Dabei hat das Landgericht Art und Zeitpunkt der in Rede stehenden Verurteilungen sowie die erkannten Rechtsfolgen mitgeteilt. Will der Tatrichter über die bloße Warnfunktion einer früheren Verurteilung hinaus jedoch auch die Art der Tatbegehung strafschärfend heranziehen, muss er diese feststellen (BGHSt 43, 106). Dabei genügt indessen, wenn neben der Mitteilung des Urteilstenors eine kurze, präzise Zusammenfassung der ihm zu Grunde liegenden Tat(en) erfolgt, BGH NStZ-RR 1996, 226 [BSG 18.10.1995 - 9 RVg 1/93].