Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.09.2012, Az.: 2 K 13088/11
Ausdrückliche Aufgabeerklärung als Voraussetzung für eine Aufgabe eines verpachteten landwirtschaftlichen Betriebes
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 03.09.2012
- Aktenzeichen
- 2 K 13088/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 35561
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2012:0903.2K13088.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 3 S. 4 EStG
- § 13 Abs. 1 EStG
Amtlicher Leitsatz
Ein landwirtschaftlicher (Teil-)Betrieb kann im Falle der Verpachtung der Anbauflächen nicht ohne ausdrückliche Aufgabeerklärung aufgegeben werden. Ob diesbezüglich an der im Senatsurteil vom 28. Februar 2007, 2 K 710/04 vertretenen Auffassung (Anspruch auf abweichende Steuerfestsetzung im Hinblick auf den sogenannten Verpachtungserlass vom 17. Dezember 1965) festgehalten werden kann, kann offenbleiben. Für einen solchen Vertrauensschutz ist die (die im Streitfall nicht mögliche) Feststellung erforderlich, dass Vermögensdispositionen im Vertrauen auf die Gültigkeit dieses Erlasses vorgenommen wurden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Steuerpflicht eines 2005 erzielten Grundstücksverkaufserlöses.
Die Familie des Klägers verfügte über Generationen über umfangreichen Grundbesitz in H.. Bis 1952 bewirtschafte zuletzt die Urgroßmutter des Klägers den gesamten Grundbesitz im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs selbst. Der Großvater des Klägers erbte den Grundbesitz und verpachtete alle Acker- und Grünlandflächen parzellenweise an andere Landwirte. Im Laufe der Jahre wurden Teilflächen veräußert oder bebaut. Die forstwirtschaftlich genutzten (Wald-)Flächen verpachtete der primär als Kalkwerksbesitzer tätige Großvater des Klägers nicht, sondern erzielte aus ihnen selbst Erträge aus Holzverkäufen sowie Jagdgelder.
Das 2005 vom Kläger veräußerte Grundstück hatte sein Großvater als damaligen Teil einer größeren Ackerfläche 1952 an den Landwirt J. für zunächst fünfzehn Jahre mit jeweils fünfjähriger Verlängerung bei Nichtkündigung verpachtet; der Pachtvertrag sollte auch von den beiderseitigen Erben fortgesetzt werden. Im Pachtvertrag wird der Großvater des Klägers als Landwirt und Maurermeister bezeichnet. Unter derselben Bezeichnung hat er die weiteren Landpachtverträge über andere Flächen abgeschlossen.
In seiner Einkommensteuererklärung 1953 führte der Großvater des Klägers aus, dass er nach dem Tode seiner Mutter steuerpflichtiger Besitzer des landwirtschaftlichen Betriebes sei und die Anbauflächen verpachtet seien. Die Pachteinnahmen setzte er in dieser Steuererklärung und in den Folgejahren als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an.
In gleicher Weise nutzte später der 1983 verstorbene, zuvor als Bauunternehmer (Maurermeister und Architekt) tätige, Vaters des Klägers den Grundbesitz. Die Erträge aus den Landpachtverträgen setzte er ebenfalls als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung an.
Der Kläger ist studierter Bauingenieur und wird gemeinsam mit der Klägerin zur Einkommensteuer veranlagt.
Er erbte von dem ursprünglichen Familienbesitz Acker- und Grünlandflächen sowie forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Er erklärte wie sein Vater die Erträge aus den Landpachtverträgen zunächst als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Dem folgte der Beklagte; im Rahmen einer 1986 durchgeführten Außenprüfung erfolgte eine Erhöhung dieser, im Außenprüfungsbericht auch ausdrücklich als Landpacht bezeichneten, Einnahmen für das Kalenderjahr 1984.
Ab 1990 ordnete der Kläger in seinen Steuererklärungen die Pachtzahlungen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu. Die bis Ende der 90er Jahre erzielten Jagdgelder und (anfängliche) Erträge aus den Holzverkäufen hatten der Kläger und seine Rechtsvorgänger stets als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt. Diese Einkünfte ermittelte der Kläger durch Einnahme-Überschuss-Rechnung; das Wirtschaftsjahr lief jeweils vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres.
Eine ausdrückliche Erklärung der Aufgabe des landwirtschaftlichen (Teil-)Betriebes ist durch den Kläger oder einen seiner Rechtsvorgänger nie erfolgt. Im Rahmen der Einheitsbewertung ist der gesamte Grundbesitz des Klägers und seiner Rechtsvorgänger stets als Stückländerei dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet worden.
Auf Antrag des Vaters des Klägers aus dem Jahr 1974 setzte der Beklagte 1979 für sechs Grundstücke nach § 55 Abs. 5 EStG den Teilwert herauf; dies betraf nicht das später veräußerte Grundstück .. und auch nicht die zu anderen Fluren zählenden Waldflächen. Die Grundstücke, deren Teilwert herauf gesetzt wurde, sind teilweise schon 1973, insgesamt jedenfalls vor 1979, vom Vater des Klägers veräußert worden. Die Veräußerungsgewinne sind vom Beklagten nicht der Besteuerung unterworfen worden.
Der Kläger veräußerte aufgrund notariellen Vertrages vom 3. Juni 2005 das fragliche Grundstück .. unter sofortiger Übergabe des Besitzes, der Lasten, Nutzen, Gefahren und Verkehrssicherungspflichten an die A. GmbH & Co. KG. Der vereinbarte Kaufpreis erhöhte sich nach dem notariellen Vertrag für jeden Tag ab dem 1. Juni 2005 um Zinsen und sollte frühestens am 30. Juni 2005 fällig sein. Der vereinbarte Kaufpreis nebst Zinsen wurden dem Kläger am 5. Juli 2005 auf sein Girokonto bei der Volksbank gut geschrieben.
Mit den angefochtenen Bescheiden vom 18. Februar 2008 unterwarf der Beklagte unter entsprechender Abänderung der zuvor unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden 2004 und 2005 den Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks .. der Einkommensteuer. Er rechnete den Verkaufserlös unter Abzug des von ihm errechneten Buchwerts den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft im Wirtschaftsjahr 2004/05 zu, so dass sich die Gewinne des Klägers aus dieser Einkunftsart und damit die Einkommensteuer der Kläger in beiden Kalenderjahren entsprechend erhöhten.
Die Einsprüche der Kläger blieben ohne Erfolg. Der Beklagte führte im Einspruchsbescheid aus, das 2005 veräußerte Grundstück habe sich im landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Klägers befunden. Es habe mangels ausdrücklicher Erklärung keine Aufgabe des landwirtschaftlichen (Teil-)Betriebes gegeben; die zeitweise Erklärung der Landpachterträge als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung reiche hierfür nicht aus. Eine zwangsweise Betriebsaufgabe gebe es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht. Die Kläger könnten sich auch nicht auf Übergangs- und Billigkeitsregelungen der Finanzverwaltung berufen. Diese - auf der früheren Rechtsauffassung der Finanzverwaltung beruhenden - Regelungen, dass von einer zwangsweisen Betriebsaufgabe ausgegangen werde, wenn vor dem 15. April 1988 der gesamte landwirtschaftliche Betrieb parzellenweise verpachtet und keine Fortführungserklärung abgegeben worden sei, griffen nicht. Sie setzten voraus, dass keine Eigenbewirtschaftung von Flächen (über 0,3 ha) mehr erfolgt sei; dies sei im Hinblick auf die fortlaufende Eigenbewirtschaftung der forstwirtschaftlichen Flächen von mehreren ha nicht der Fall.
Mit der Klage tragen die Kläger - wie im Einspruchsverfahren - vor, dass es entsprechend der früheren Verwaltungsauffassung eine Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes schon 1952 durch die parzellenweise Vermietung der Acker- und Grünlandflächen durch den Großvater des Klägers gegeben habe. Dies folge auch aus der Versteuerung der Pachteinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; mangels Bodengewinnbesteuerung sei damals auch kein Veräußerungsgewinn zu erklären gewesen.
Das Zurückbehalten der forstwirtschaftlichen Flächen ändere daran nichts. Insoweit handele es sich um einen gesondert zu betrachtenden Teilbetrieb. Weder der Vater noch der Großvater des Klägers hätten den landwirtschaftlichen (Teil-)Betrieb fortführen wollen; sie hätten sich beruflich anders orientiert.
Die Kläger beantragen,
die geänderten Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Er ist auch nicht bereit, im Wege eines etwaigen (gesonderten) Billigkeitsverfahren eine abweichende Steuerfestsetzung zu prüfen.
Der Senat hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2004 begründet. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
1. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2005 vom 18. Februar 2008 ist zu Recht ergangen und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 FGO).
Das vom Kläger aufgrund des Kaufvertrages vom 3. Juni 2005 veräußerte Grundstück .. befand sich bis dato im Betriebsvermögen des von ihm und zuvor seinem Vater und seinem Großvater auch nach 1952 fortgeführten landwirtschaftlichen Betriebes. Der vom Kläger erzielte Veräußerungsgewinn unterliegt daher der Einkommensteuer (§§ 4 Abs. 3 S. 4, 13 Abs. 1 EStG).
Das Grundstück war zunächst notwendiges Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebes der Urgroßmutter des Klägers. Bis 1952 hat sie das Grundstück im Rahmen des von ihr selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebes als Anbaufläche (Ackerland) genutzt. Der in dieser Weise im Rahmen eines landwirtschaftlich genutzten Betriebes genutzte Grund und Boden war seit je her - auch vor der Einführung der Besteuerung diesbezüglicher Wertänderungen (Bodengewinnbesteuerung) - notwendiges Betriebsvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2000, IV R 27/98, BStBl. II 2000, 527; Kulosa in Schmidt, EStG, 31. Aufl., Rn. 150 zu § 13 EStG).
Aus dem Betriebsvermögen dieses landwirtschaftlichen Betriebes ist das nunmehrige Grundstück .. erst am 3. Juni 2005 (Übergang des Besitzes, der Lasten, der Lasten, Nutzen, Gefahren und Verkehrssicherungspflichten vom Kläger auf den Erwerber und hieraus resultierende Übertragung wirtschaftlichen Eigentums) ausgeschieden. Ein vorheriges Ausscheiden aus dem Betrieb setzte eine - hier unstreitig nicht vorliegende - Entnahme oder die Betriebsaufgabe mit der hieraus folgenden Überführung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen voraus.
a) Eine Betriebsaufgabe liegt nicht vor.
Der Kläger und seine Rechtsvorgänger haben die ebenfalls 1952 zum Betriebsvermögen zählenden forstwirtschaftlich genutzten Flächen weiter selbst bewirtschaftet, die bis 1952 selbst bewirtschafteten Anbauflächen - bis zu jeweiligen Teilveräußerungen - an andere Landwirte verpachtet und nie gegenüber dem Beklagten die Betriebsaufgabe erklärt.
Durch die - parzellenweise - Verpachtung aller Flächen wird ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht zwangsläufig aufgegeben. Dem Verpächter steht insoweit ein Wahlrecht zu, die Betriebsaufgabe gegenüber dem Finanzamt zu erklären.
Andernfalls wird der Betrieb fortgeführt, wobei es dann auf die Einordnung der Pachterträge zur Einkunftsart "Vermietung oder Verpachtung" beziehungsweise "Land- und Forstwirtschaft" in den Steuererklärungen nicht ankommt (vgl. BFH-Beschluss vom 13. November 1963, GrS 1/63, BStBl. III 1964, 124; BFH-Urteile vom 15. November 1987, IV R 66/86, BStBl. II 1988, 260 und vom 28. November 1991, BStBl. II 1992, 521; BFH-Beschluss vom 13. März 2009, IV B 17/08, zit n. [...]; Kulosa, a.a.O., Rz. 81f.).
Demzufolge kommt es auch nicht darauf an, dass die 1986 durchgeführte Außenprüfung der damaligen Zuordnung der Landpachteinnahmen zu den (laufenden) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gefolgt ist und auch nicht - wie der Bundesfinanzhof in dem letztgenannten Urteil entschieden hat - auf die Frage, ob der Kläger selbst oder einer seiner Rechtsvorgänger die Entscheidung zur Betriebsverpachtung getroffen hat. Auch die sukzessive Veräußerung von Teilflächen führt nur zu einer (fortlaufenden) Betriebsverkleinerung und nicht zu einer Betriebsaufgabe durch Betriebszerschlagung (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1991, IV R 58/91, BStBl. II 1992, 521; BFH-Beschluss vom 30. Dezember 2004, IV B 57/04, BFH/NV 2005, 1042f.).
b) Mithin könnte die Klage - in Bezug auf den Einkommensteuerbescheid 2005 - trotz dieser eindeutigen Sach- und Rechtslage nur dann Erfolg haben, wenn die Kläger einen Anspruch auf einen Steuererlass im Billigkeitswege nach § 163 AO hätten.
aa) Einen solchen Anspruch hat der Senat im Urteil vom 28. Februar 2007, 2 K 710/04, EFG 2008, 49-51 (zust. Kulosa, a.a.O., Rz. 82, gl. Ansicht auch FG Münster, Urteil vom 2. April 2012, 4 K 4247/10 AO, EFG 2012, 1467ff.), einem ehemaligen Landwirt zuerkannt, der zum 1. Januar 1987 bis auf die Hofstelle seinen gesamten Betrieb parzellenweise verpachtet und 1997 vormals land- und forstwirtschaftlich genutzte Flurstücke geäußert hatte.
Das Senatsurteil beruht auf dem Umstand, dass die Finanzverwaltung bis zum Ergehen des vorgenannten Urteils des Bundesfinanzhofs vom 15. Oktober 1987 in der Regel davon ausging, dass eine parzellenweise Verpachtung des gesamten (bisherigen) land- und forstwirtschaftlichen Betriebes auch ohne Aufgabeerklärung zwingend eine Betriebsaufgabe durch Betriebszerschlagung darstelle, wenn der Verpachtende nicht ausdrücklich die Betriebsfortführung erklärt (sog. Verpachtungserlass des Nds. Ministers der Finanzen vom 17. Dezember 1965, BStBl. II 1966, 34).
bb) Die im Einspruchsbescheid erfolgte und in der mündlichen Verhandlung von den Beklagtenvertretern ausdrücklich bestätigte Versagung einer entsprechenden Billigkeitsentscheidung ist schon mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 163 AO (sachliche Unbilligkeit) nicht zu beanstanden.
Die Kläger können sich nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und der Billigkeit auf diesen Verpachtungserlass berufen. Es ist nicht feststellbar, inwieweit der Kläger oder einer seiner Rechtsvorgänger auf den Verpachtungserlass vertraut haben könnte und deswegen bestimmte, wirtschaftlich relevante Dispositionen getroffen oder unterlassen haben könnte, also etwa die Abgabe einer Betriebsaufgabeerklärung oder eine (frühzeitige) Entnahme des 2005 veräußerten Grundstücks aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen.
Zu einer etwaigen Vertrauensbetätigung in Bezug auf den Verpachtungserlass haben die Kläger nichts Konkretes vorgetragen. Eine entsprechende Vertrauensbetätigung ist nicht zur Überzeugung des Senats feststellbar.
(1) Der Verpachtungserlass ist erst 1965 ergangen.
Die maßgebliche Entscheidung zur Verpachtung zuvor selbst genutzter Anbauflächen ist bereits 1952 erfolgt, so dass sie nicht auf dem Erlass beruhen kann. Der Großvater des Klägers sah sich nach seiner entsprechenden Berufsbezeichnung in - den zeitlich befristet abgeschlossenen - Pachtverträgen zudem auch (weiterhin) als Landwirt an. Ferner hat er gegenüber dem Beklagten mit dem im Tatbestand zitierten handschriftlichen Zusatz auf seiner Steuererklärung 1953 erklärt, nunmehr den landwirtschaftlichen Betrieb seiner verstorbenen Mutter zu besitzen und zu wissen, dass er die entsprechenden Einnahmen versteuern müsse. Dies lässt sich als eine - in der Folgezeit nie abgeänderte - Erklärung zur Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes auslegen, so dass sogar auf Grundlage des späteren Verpachtungserlasses von einer Betriebsfortführung auszugehen ist.
(2) Zudem ist auch für die Zeit nach dem Ergehen des Verpachtungserlasses und der Einführung der steuerlichen Erfassung der Wertänderungen bei Grund und Boden zum 1. Januar 1970 jedenfalls nicht sicher feststellbar, dass der Kläger oder einer seiner Rechtsvorgänger davon ausging, dass die seit 1952/53 verpachteten Flächen entsprechend dem Verpachtungserlass wegen (Teil-)Betriebszerschlagung in ihr Privatvermögen überführt worden seien und es der Kläger oder einer seiner Rechtsvorgänger unterließ, deswegen eine Betriebsaufgabeerklärung abzugeben oder das 2005 veräußerte Grundstück zu entnehmen.
Hiergegen spricht, dass der Vater und direkte Rechtsvorgänger des Klägers erfolgreich beantragt hat, den Teilwert eines Teils der seit 1952/53 verpachteten Grundstücke nach § 55 Abs. 5 EStG zu erhöhen.
Eine Teilwerterhöhung bei Grundstücken im Privatvermögen, bei denen Wertsteigerungen nur in den hier ersichtlich nicht relevanten zeitlichen Grenzen des § 23 Nr. 1 EStG steuerlich erfasst werden, ist nicht sinnhaft, so dass die Antragsstellung per se ein gewichtiges Indiz dafür ist, dass der Vater des Klägers davon ausging, dass sich seine Grundstücke der Flur 6 weiterhin im Betriebsvermögen befanden.
Dass der Beklagte damals keine steuerlichen Konsequenzen aus der zeitnahen Veräußerung der Grundstücke, deren Teilwerterhöhung 1974 beantragt worden war, gezogen hat, könnte allerdings im Nachhinein beim Kläger oder seinem Vater zu der Einschätzung geführt haben, dass die Grundstücke bereits Privatvermögen darstellten, zumal ein entsprechender Erhöhungsantrag rechtlich nicht dazu führt, die Existenz eines in Wirklichkeit nicht bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes bindend festzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juli 1979, IV R 55/74, BStBl. II 1980, 5; Kulosa, a.a.O, Rz. 10 zu § 55).
Abgesehen davon, dass damit noch nicht eine Vertrauensbetätigung in Bezug auf die Regelungen des Verpachtungserlasses belegt ist, spricht gegen die Annahme einer bereits erfolgten Betriebsaufgabe beim Kläger, dass er - trotz einer vorherigen Betriebsprüfung, die der Einordnung der Landpachterträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung folgte - ab 1990 und damit noch im zeitlichen Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 15. Oktober 1987 die Landpachteinnahmen den Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft zuordnete. Hätten die Flächen im Privatvermögen gestanden und wäre der Kläger hiervon (sicher) ausgegangen, wäre eine solche Zuordnung nicht zulässig gewesen und es ist auch nicht ersichtlich, warum dies dann dennoch hätte erfolgen sollen. Einen diesbezüglichen Fehler ihres damaligen Steuerberaters haben die Kläger nur vage behauptet und ein solcher Fehler ist jedenfalls nicht ohne Weiteres nachvollziehbar.
Ferner haben der Kläger und seine Rechtsvorgänger die Einordnung der von ihnen verpachteten Flächen als Teil einer Stückländerei und damit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Rahmen der Einheitsbewertung stets hingenommen, was ebenfalls gegen ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine bereits erfolgte Betriebsaufgabe spricht.
(3) Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass der Rechtsvorgänger des Klägers auch in der Steuererklärung 1969 die Pachterträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt hat.
Bei entsprechender Erklärung ist die Verwaltung zwar - worauf die Klägervertreter hingewiesen haben - nach dem BMF-Schreiben vom 29. Februar 1972 (BStBl. I 1972, 102) davon ausgegangen, dass vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung eine Betriebsaufgabe ohne ausdrückliche Erklärung erfolgt sei. Dies betraf - entsprechend der im Verpachtungserlass niedergelegten damaligen Verwaltungsauffassung - aber nur den Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen und, wie aus dem Schreiben ausdrücklich hervorgeht, gerade nicht - wie hier - den Fall der parzellenweisen Verpachtung (vgl. Meyne-Schmidt, Betriebsaufgabe von verpachteten landwirtschaftlichen Betrieben, StBp. 2004, 235, 239).
cc) Das Verfahren ist auch nicht nach § 74 FGO auszusetzen, um dem Beklagten zu ermöglichen, auf entsprechenden Antrag der Kläger getrennt eine abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitswege zu prüfen.
Zwar ist das Billigkeitsverfahren vom Festsetzungsverfahren grundsätzlich getrennt. Die Billigkeitsentscheidung stellt einen Grundlagenbescheid für das Festsetzungsverfahren dar, so dass grundsätzlich das Verfahren gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid als Folgebescheid bis zum Abschluss des Billigkeitsverfahrens auszusetzen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2007, IV R 32/06, BFH/NV 2008, 569ff.; Koch in Gräber, FGO, 7. Aufl., Rz. 12 zu § 74 m.w.N.).
Der Beklagte hat aber in der mündlichen Verhandlung erklärt, zu einer Abänderung der angefochtenen Bescheide auch im Billigkeitswege nicht bereit zu sein und hat - entsprechend dem Vorbringen der Kläger - schon im Einspruchsverfahren die Anwendung des Verpachtungserlasses bzw. der entsprechenden Übergangs- und Billigkeitsregelungen geprüft.
In einem solchen Fall ist - wie auch in dem Fall, der dem Senatsurteil vom 28. Februar 2007 zu Grunde lag - davon auszugehen, dass der Beklagte das Billigkeitsverfahren mit dem Festsetzungsverfahren verbunden hat. Dann ist die Anfechtungsklage gegen den im Festsetzungsverfahren ergangenen Steuerbescheid auch als Verpflichtungsklage in Bezug auf eine Billigkeitsentscheidung anzusehen, so dass - auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie - auch Billigkeitserwägungen im Klageverfahren gegen die angefochtenen Steuerbescheide geprüft werden können und müssen (s.a. BFH-Urteil vom 21. Januar 1992, VIII R 51/88, BStBl. II 1993, S. 3).
c) Selbst wenn man trotz nicht feststellbarem Vertrauen auf die frühere Verwaltungsauffassung den Klägern einen Anspruch auf Besteuerung unter Anwendung des Verpachtungserlasses zuerkennen würde, hätte die Klage hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2005 keinen Erfolg.
Abgesehen davon, dass sich mit guten Gründen abweichend von dem Senatsurteil vom 28. Februar 2007 ein Vertrauensschutz im Hinblick auf den Charakter des Verpachtungserlasses als norminterpretierende Verwaltungsanweisung generell ablehnen lässt (so FG Hamburg, n. rkr. Urteil vom 27. Januar 2012, 2 K 4/12, zit. n. [...]; Felsmann, Besteuerung der Landwirte, Teil A, Rz. 584, offen gelassen im BFH-Urteil vom 8. März 2007, IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640 und nicht abschließend entschieden im BFH-Beschluss vom 13. März 2009, IV B 17/08, zit n. [...]), unterscheidet sich der Sachverhalt, der dem vorgenannten Senatsurteil zugrunde lag, entscheidungserheblich von der nunmehr zu entscheidenden Fallkonstellation.
Der Kläger und seine Rechtsvorgänger haben - anders als der Kläger im Verfahren 2 K 710/04 - nicht den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb (mit Ausnahme der zu eigenen Wohnzwecken weiter genutzten Hofstelle) parzellenweise verpachtet, sondern nur die Anbau- und Grünlandflächen. Die Waldflächen haben sie weiterhin zur Erzielung forstwirtschaftlicher Erträge selbst genutzt.
Eine solche teilweise Betriebsverpachtung stellte auch nach der früheren Verwaltungsauffassung keine Betriebsaufgabe dar. Der vorgenannte Verpachtungserlass hat nur - begrifflich auch naheliegend - auf die Verpachtung des ganzen Betriebes als Betriebszerschlagung abgestellt und nicht auch die Verpachtung von bloßen Betriebsteilen oder Teilbetrieben geregelt (Felsmann, a.a.O.). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - im Wesentlichen nur die Hofstelle und die forstwirtschaftlich genutzten Flächen in der Eigenbewirtschaftung verbleiben. Eine Betriebsverkleinerung war und ist keine Betriebszerschlagung.
Der von den Klägern vertretenen Gegenauffassung (FG Münster, a.a.O.; Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, 22. ErgLfg., Kap. 42, Rz. 41), wonach insoweit der bisherige landwirtschaftliche und der bisherige forstwirtschaftliche Teilbetrieb gesondert zu betrachten seien, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.
Da - wie ausgeführt - nur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und der Billigkeit die Anwendung der früheren Verwaltungsauffassung in Betracht kommen kann, besteht kein Anlass, diese - schon immer ungerechtfertigte (vgl. Felsmann, a.a.O.) - frühere Verwaltungssauffassung über den Wortlaut des Verpachtungserlasses hinaus anzuwenden.
Zudem hat das FG Münster insoweit nur die Anwendbarkeit des Verpachtungserlasses und der diesbezüglichen, zu Teilbetrieben ebenfalls nicht Stellung nehmenden, Vertrauensschutzregelung der OFD Münster vom 7. Januar 1991 (DB 1991, 523) auf Teilbetriebe für nicht generell ausgeschlossen gehalten.
Diese Vertrauensschutzregelung der OFD Münster ist aber in Niedersachsen nicht angewandt worden. Die hiesige Finanzverwaltung ist, wie sich auch aus der Einspruchsakte des Beklagten ergibt, nach dem zeitlich früheren Schreiben der hier örtlich zuständigen OFD Hannover vom 21. August 1990 (S 2230-63-31 1) im Anschluss an ein Urteil des 10. Senats des erkennenden Gerichts vom 27. April 1983 (X 230/82, InfStW 1984, 22) schon ab 1984 davon ausgegangen, dass eine parzellenweise Verpachtung entgegen dem Verpachtungserlass nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe führt (vgl. v. g. Senatsurteil vom 28. Februar 2007). Vor allem war und ist sie der Auffassung, dass das Zurückbehalten erheblicher Teilflächen, seien sie auch einem etwaigen forstwirtschaftlichen Teilbetrieb zuzuordnen, zur Unanwendbarkeit des Verpachtungserlasses führt.
d) Hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsgewinns dürfte der Beklagte zu Gunsten der Kläger einen etwas zu niedrigeren Betrag angesetzt haben.
Der Beklagte hat von dem vereinbarten Kaufpreis den von ihm ermittelten Buchwert abgesetzt.
aa) Die Buchwertermittlung des Beklagten trifft zu. Er hat entsprechend § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG die im Liegenschaftskataster ausgewiesene Ertragsmesszahl durch die Größe jenes Flurstücks geteilt und mit der Größe des veräußerten (Teil-)-Grundstücks multipliziert. [..]
bb) Als Veräußerungspreis dürfte anstelle des vereinbarten Preises der dem Kläger entsprechend der - bereits vor Fälligkeit beginnenden - Verzinsungsregelung tatsächlich zugeflossene höhere Betrag anzusetzen sein.
Eine entsprechende Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2005 zum Nachteil des Klägers ist dem Senat aber verwehrt (Verböserungsverbot, vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1997, X R 146/94, BFH/NV 1998,961; Stapperfend in Gräber, FGO, 7. Aufl., Rn. 7 zu § 96).
cc) Der dem Kläger durch die Kontogutschrift am 5. Juli 2005 zugeflossene Veräußerungsgewinn ist - wie vom Beklagten erfolgt - im Hinblick auf das gemäß § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG pro rata temporis und damit hälftig im Veranlagungszeitraum 2005 zu erfassen.
2. Die Klage hat in Bezug auf den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2004 Erfolg.
Der Bescheid und insoweit der ihn bestätigende Einspruchsbescheid waren aufzuheben. Sie sind rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
Der Beklagte ist in diesen Bescheiden davon ausgegangen, dass der von ihm ermittelte Veräußerungsgewinn am Tage des Abschlusses des notariellen Vertrages (3. Juni 2005) dem Kläger zuzurechnen ist. Folgerichtig hat er diesen Gewinn im am 30. Juni 2005 endenden Wirtschaftsjahr 2004/05 erfasst und hälftig dem Veranlagungszeitraum 2004 zugeordnet.
Der Veräußerungsgewinn ist aber dem Kläger erst am 5. Juli 2005 durch die an jenem Tag gut geschriebene Überweisung auf sein Volksbankkonto zugeflossen und daher im Wirtschaftsjahr 2005/06 zu erfassen, so dass er hälftig den Veranlagungszeiträumen 2005 und 2006 zuzuordnen ist.
Der Kläger ermittelt seine Einkünfte - zulässigerweise - durch Einnahme-Überschussrechnung. Im Rahmen dieser Geldflussrechnung ist eine Einnahme wie ein Veräußerungserlös erst zum Zeitpunkt des Zuflusses zu erfassen (§§ 4 Abs. 3 S. 4, 11 EStG). Aus der heutigen Fassung des § 4 Abs. 3 S. 4 EStG ergibt sich dies ausdrücklich; nach der in den Streitjahren maßgeblichen Fassung galt aber nichts anderes (vgl. BFH-Urteil vom 16. Februar 1995, IV R 29/94, BStBl. II 1995, 635).
Bei der hier vertragsgemäß erfolgten Banküberweisung des Veräußerungserlöses gilt der Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Bankkonto als Zuflusstermin (vgl. Hess. FG, Urteil vom 17. Oktober 2001, 13 K 4248/97, EFG 2002, 245; Krüger in Schmidt, EStG, Rn. 50 zu § 11).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 FGO) liegen nicht vor.
Das Verfahren hat keine grundsätzliche Bedeutung und gibt keinen Anlass zur Fortbildung des Rechts. Es handelt sich um eine, auf den tatsächlichen Besonderheiten des Falles beruhende, Einzelfallentscheidung.
Der Senat hatte im Urteil vom 28. Februar 2007 die - sodann nicht eingelegte - Revision im Hinblick auf die Rechtsfrage, ob und wie einem Steuerpflichtigen Vertrauensschutz in Hinblick auf den Verpachtungserlass zuzubilligen ist, zugelassen. Diese Frage ist hier aber nicht entscheidungserheblich; auch bei der Annahme der (rechtlichen) Möglichkeit eines schützenswerten Vertrauens auf den Verpachtungserlass hat die Klage in Bezug auf den Einkommensteuerbescheid 2005 keinen Erfolg.