Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 29.02.2012, Az.: 11 UF 31/11

Durchführung des Versorgungsausgleichs bei einem die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung übersteigenden Bruttoeinkommen eines Ehegatten

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
29.02.2012
Aktenzeichen
11 UF 31/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 12125
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2012:0229.11UF31.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osnabrück - 05.01.2011 - AZ: 12 F 170/10 VA

Fundstellen

  • FPR 2012, 6
  • FamRZ 2012, 1718
  • FuR 2012, 4

Amtlicher Leitsatz

1.) Erhöhungen des sog. Anmeldegehaltes nach der Satzung des Versorgungsverbandes der deutschen Wirtschaftsorganisationen sind nach § 5 Abs. 2 VersAusglG im Versorgungsausgleich wohnen dem Versorgungsanrecht am Ende der Ehezeit dann noch nicht latent inne, wenn sie nicht nur dem Inflationsausgleich dienen, sondern auf Antrag in Anlehnung an die Beamtenversorgung gewährt werden.

2.) Übersteigt das sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen eines Ehegatten die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung, so sind die Sozialversicherungsbeiträge nur anteilig dem auszugleichenden Anrecht zuzuordnen. Dazu ist der Anteil des sozialversicherungspflichtigen Einkommens am Gesamteinkommen zu ermitteln und nach dem sich daraus ergebenden Prozentsatz der Anteil am eigentlich auszugleichenden Betrag zu errechnen.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Osnabrück vom 05.01.2011 wie folgt abgeändert:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zum Ausgleich des von ihm erworbenen Anrechts auf Versorgung bei dem V... d...M... u...E... O...e.V. ab dem 01.03.2012 eine monatlich im Voraus zu zahlende monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 1.303,92 € zu zahlen, die ab Fälligkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, seine Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung gegenüber dem V... d...M... u...E... O...e.V. in Höhe von monatlich 1.303,92 € mit Wirkung ab 1.4.2012 an die Antragstellerin abzutreten.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den beteiligten Ehegatten untereinander aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Gründe

1

I. Die am 10.2.1967 geschlossene Ehe des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegnerin ist durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Osnabrück am 07.10.1997 geschieden worden. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 26.5.1995 zugestellt worden. Der Versorgungsausgleich ist im Hinblick auf die Anwartschaften des Ehemannes beim V... d...M... u...E... O...e.V. gemäß § 3b Abs.1 Nr.1 S.2 VAHRG im Wege des erweiterten Splittings lediglich bis zum damaligen Höchstwert in Höhe von 81,20 DM durchgeführt werden. Wegen des Restbetrages in Höhe von 852,69 DM ist der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten geblieben. Beide Ehegatten beziehen inzwischen eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

2

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 05.01.2011 auf Antrag der Antragstellerin den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, zum Ausgleich des von ihm erworbenen Anrechts bei dem V... d...M... u...E... O...e.V.. ab dem 01.07.2010 eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 1.826,00 € zu zahlen. Das Amtsgericht hat dabei die Hälfte des nach Auskunft des Versorgungsträgers in der Ehezeit erworbenen Anrechts in Höhe von 3.991,99 €, mithin 1.996,00 € abzüglich des aktualisierten, bereits ausgeglichenen Anteils in Höhe von 48,02 € und abzüglich der Sozialversicherungsabgaben in Höhe von insgesamt 122,00 € zugrunde gelegt.

3

Gegen den ihm am 07.01.2011 zugestellten Beschluss wehrt sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde vom 07.02.2011, eingegangen bei Gericht am selben Tage. Er wendet sich in erster Linie gegen die volle Berücksichtigung seines Anmeldegehalts im Zeitpunkt des Dienstzeitendes. Er ist der Auffassung, dass hierin ein Verstoß gegen § 5 Abs.4 S.2 VersAusglG zu sehen sei, da nach dieser Vorschrift nur allgemeine Wertanpassungen des Anrechts zu berücksichtigen seien, nicht jedoch rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die nicht auf den Ehezeitanteil zurückwirken. Es hätte daher auf das Anmeldegehalt am Ende der Ehezeit abgestellt werden müssen, ggf. erhöht um die Beträge, die aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung angepasst wurden. Das seien aber nur die gemäß § 23 Abs. 4 der Satzung des Versorgungsverbandes deutscher Wirtschaftsorganisationen vorgenommenen Erhöhungen. Die gemäß § 23 Abs. 2 der Satzung nach Ehezeitende vorgenommenen Erhöhungen des Anmeldegehalts seien vielmehr frei verhandelbar und unterlägen nicht der allgemeinen Wertanpassung, sondern einem Aushandeln zwischen den Tarifparteien. Sie dürften daher nicht gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 VersAugslG bei der Ermittlung des Anmeldegehalts berücksichtigt werden. Ferner bittet der Antragsgegner um Überprüfung der abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge.

4

Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Mit ihrer Anschlussbeschwerde vom 5.10.2011 beantragt sie, den Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 5.1.2011 zu ändern und den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin seinen Anspruch auf Versorgungsrente gegen den V... d...M... u...E... O...e.V.. in Höhe der der Antragstellerin zuerkannten laufenden Ausgleichsrente abzutreten sowie auf die rückständigen, von dem Antragsgegner ab 1.7.2010 an die Antragstellerin zu zahlenden Beträge der Ausgleichsrente Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

5

Die Antragstellerin ist der Auffassung, zumindest die Erhöhung des Anmeldegehalts um 8 % zum 1.1.1998 sei zu berücksichtigen, weil sie der Versorgungsordnung latent innewohne. es handele sich um die letzte der regelmäßigen Erhöhungen. Auch die gemäß § 23 Abs. 2 S. 2 der Satzung erfolgten 4 Erhöhungen seien zu berücksichtigen. Bei der Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge sei von einer monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 4.162,50 € (für 2010) bzw. von 4.125, € auszugehen.

6

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet, weil das Amtsgericht der Antragstellerin eine zu hohe Ausgleichsrente zugesprochen hat. Die Anschlussbeschwerde führt zur Verpflichtung des Antragsgegners zur Abtretung seiner Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung gegenüber dem V... d...M... u...E... O...e.V.. in Höhe der geschuldeten Ausgleichsrente von 1.303,92 € an die Antragstellerin mit Wirkung zum 1.4.2012.

7

Gemäß § 20 VersAusglG hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente ab dem 01.07.2010. Danach kann eine schuldrechtliche Ausgleichsrente verlangt werden, wenn die ausgleichspflichtige Person ihrerseits eine laufende Versorgung aus einem noch nicht ausgeglichenen Recht und die ausgleichsberechtigte Person ihrerseits eine laufende Versorgung bezieht.

8

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der Antragsgegner eine laufende Versorgung vom V...d... M...bezieht, die zumindest noch nicht vollständig ausgeglichen ist und die Antragstellerin eine Altersrente erhält.

9

Bei der Wertermittlung gilt grundsätzlich gemäß §§ 39 i.V.m. § 40 Abs.1 VersAusglG der Vorrang der unmittelbaren Bewertung vor der zeitratierlichen Bewertung. Gemäß § 45 Abs.2 VersAusglG ist bei Betriebsrenten der Wert des Ehezeitanteils nach den Grundsätzen der unmittelbaren Bewertung zu ermitteln, es sei denn, diese ist nicht möglich. Dies bedeutet, dass der Wert des Ehezeitanteils dem Umfang der auf die Ehezeit entfallenden Bezugsgröße entspricht (§ 39 Abs.1 VersAusglG). Gemäß § 20 Abs. 1 S. 2 VersAusglG sind sodann beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich etwaige Sozialversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Die Geringfügigkeitsgrenze des § 18 VersAusglG ist zu berücksichtigen.

10

Der Versorgungsverband hat mit Auskunft vom 19.10.2010 den Ehezeitanteil nach der Betriebszugehörigkeit berechnet. Es ist gemäß § 45 Abs.2 S.2 VersAusgG eine zeitratierliche Bewertung vorgenommen worden. Da sich der Wert nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem am Ende der Betriebszugehörigkeit erhaltenen Einkommen richtet, ist die zeitratierliche Bewertung auch die richtige Bewertungsform, da die unmittelbare Bewertung nicht möglich ist.

11

Vorliegend ist allein die Höhe der zu zahlenden schuldrechtlichen Ausgleichsrente zwischen den Beteiligten streitig. Es geht dabei um die Frage, ob die nach Ende der Ehezeit vorgenommenen Erhöhungen des Anmeldegehalts als allgemeine Wertanpassungen des Anrechts gemäß § 5 Abs. 2 VersAusglG zu berücksichtigen sind.

12

Der BGH (BGH, FamRZ 2008, 1512) hat zum alten Recht in der Fassung des § 1587g BGB, welcher der Regelung des § 5 Abs. 4 VersAusglG entspricht, entschieden, dass die Berücksichtigung einer nachehezeitlichen Wertveränderung nach der Intention des Gesetzgebers Ungerechtigkeiten ausschließen soll, die sich dadurch ergeben können, dass sich eine Versorgung von diesem Zeitpunkt an in ihrem Wert oder in ihrem Bestand verändert (BTDrucks. 7/4361 S. 47). Als berücksichtigungsfähige Wertveränderungen im Sinne des § 1587g Abs.2 Satz 2 BGB kommen deswegen nur solche Veränderungen in Betracht, die einem Versorgungsanrecht am Ende der Ehezeit aufgrund der Versorgungsordnung bereits latent innewohnten, hauptsächlich also Veränderungen, die sich infolge der geänderten wirtschaftlichen Lage, aufgrund (regelmäßiger) Anpassung der Versorgungsanrechte an die Lohnentwicklung ergeben (BGHZ 98, 390, 397 = FamRZ 1987, 145, 147). Zu berücksichtigen sind deswegen regelmäßig nachehezeitliche Wertänderungen, die zu einer ´Aktualisierung´ des bei Ehezeitende bestehenden Versorgungsanrechts geführt haben.

13

Für die Feststellung aller anderen für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich erheblichen Tatsachen soll es dagegen allein auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ankommen. So kann z.B. ein beruflicher Aufstieg nach diesem Zeitpunkt, der die Höhe der Versorgung beeinflusst, nicht als zu berücksichtigende Veränderung des Versorgungswertes angesehen werden (BTDrucks. 7/4361 S. 47). Nachehezeitliche Veränderungen bleiben deswegen unberücksichtigt, sofern sie auf neu hinzugetretenen individuellen Umständen, wie einem späteren beruflichen Aufstieg des Versicherten oder einem zusätzlichen persönlichen Einsatz beruhen (BGHZ 98, 390, 397 f. = FamRZ 1987, 145, 147 und BGHZ 110, 224, 227 = FamRZ 1990, 605 f. [zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich] sowie vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891, 892 [zum öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich]).

14

Die im vorliegenden Falle gemäß §§ 23 Abs. 2 und Abs. 4 der Satzung des Versorgungsverbandes deutscher Wirtschaftsorganisationen vorgenommenen Erhöhungen des Anmeldegehalts sind differenziert zu betrachten. Die nach § 23 Absatz 4 vorgenommenen Erhöhungen des Anmeldegehalts werden als Inflationsausgleich gewährt und sind damit als allgemeine Wertanpassungen zu berücksichtigen, was auch von dem Antragsgegner so gesehen wird. Auch die nach Eintritt in den Ruhestand erfolgte Erhöhung zum 1.8.2011 ist zu berücksichtigen, auch wenn dadurch das Anmeldegehalt nicht erhöht worden ist. Als regelmäßige Anpassung an den Verbraucherpreisindex hat diese Erhöhung aufgrund der Versorgungsordnung dem Versorgungsanrecht am Ende der Ehezeit bereits latent innegewohnt.

15

Anders liegt es bei den Erhöhungen nach § 23 Abs. 2 der Satzung des Versorgungsverbandes deutscher Wirtschaftsorganisationen. In dieser Vorschrift wird in Anlehnung an die Beamtenversorgung die Erhöhung des ruhegehaltsfähigen Anmeldegehalts aufgrund des Erreichens einer anderen Dienstaltersstufe sowie einer Beförderung geregelt. Denn nach der Satzung des Verbandes kann das Anmeldegehalt nicht sprunghaft angehoben werden, auch wenn sich das tatsächlich gezahlte Gehalt deutlich erhöht haben sollte. Aus diesem Grunde wird es regelmäßig angehoben, sofern das Verbandsmitglied dieses beantragt. Die auf dieser Regelung beruhenden Erhöhungen des Anmeldegehalts sind nicht gemäß § 5 Abs. 4 S.2 VersAusglG zu berücksichtigen, da sich auch bei Beamten die ruhgehaltsfähigen Dienstbezüge nach dem Bruttobetrag der Dienstbezüge bei Ehezeitende in der erreichten Besoldungsgruppe und der erreichten (nicht notwendigerweise der letzten) Dienstaltersstufe richten (Kemper, Der Versorgungsausgleich in der Praxis, VI Rn. 92. FAFamRGutdeutsch/Wagner, Kap. 7 Rn. 267) und nachehezeitliche Beförderungen nicht zu berücksichtigen und herauszurechnen sind. Dass die Versorgungszusage in Anlehnung an die Beamtenversorgung erfolgt, wird aus dem Vermerk des VdW vom 12.10.1995 als Anlage zur Versorgungsausgleichsauskunft im Scheidungsverfahren deutlich. In diesem heißt es, dass sich die Anpassungserhöhungen nach der Entwicklung der Beamtengehälter und versorgungen richtet und sich diese bei regelmäßiger Anpassung des ruhegehaltsfähigen Anmeldungsgehaltes entsprechend der vom VdW angebotenen Anpassungserhöhungen im Anwartschafts und im Leistungsstadium entsprechend der Beamtenversorgung entwickeln. Die Anlehnung an die Beamtenversorgung folgt auch aus dem Versorgungshöchstsatz von 75 %, des prozentualen Anstiegs dieses Satzes nach Dienstzeiten, wobei gemäß Schreiben des VdW vom 30.01.1996 die ersten 10 Jahre des Beamtenrechts bereits als erfüllt gelten, und der Tatsache, dass die Versorgung wie auch bei Beamten gemäß § 44 VersAusglG zeitratierlich bewertet wird.

16

Auch die nach § 23 Abs. 2 Satz 1 der Satzung erfolgten Erhöhungen zum 1.1.1996 und 1.1.1998 in Höhe von jeweils 8 % sind nicht zu berücksichtigen. Zwar hat der Antragsgegner zu diesen Zeitpunkten noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet gehabt. Wie aus § 23 Abs. 5 der Satzung zu schließen ist, bedeutet dies aber nicht, dass diese Erhöhung - anders als die späteren Erhöhungen nach § 23 Abs. 2 Satz 2 - automatisch erfolgt sind und damit lediglich eine Aktualiserung des bei Ehezeitende bestehenden Versorgungsanrechts darstellten. Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Satzung ist die Vollendung des 55. Lebensjahrs vielmehr im Hinblick auf die mögliche Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge von Bedeutung. Da der Antragsgegner erst seit dem 1.1.1976 angemeldet gewesen ist, konnten nämlich spätere Erhöhungen nur in Höhe von bis zu 4 Prozent angemeldet werden. Ausweislich der Auskunft des VdW v. 7.4.2011 erfolgen Erhöhungen des Anmeldegehaltes zudem nur dann, wenn der Versorgungsverband die Erhöhungen anbietet und das Mitglied des Versorgungsverbandes diese als solche übernimmt. Auch dies spricht dafür, dass die Erhöhung nach § 23 Abs. 2 der Satzung zum 1.1.1998 der Versorgungsordnung nicht latent innegewohnt hat.

17

Demnach sind die nach Ehezeitende gemäß § 23 Abs. 2 der Satzung des Versorgungsverbandes deutscher Wirtschaftsorganisationen erfolgten Erhöhungen des Anmeldegehalts herauszurechnen, so dass von folgenden Beträgen auszugehen ist:

18

Das Anmeldegehalt bestand zum 30.04.1995 in Höhe von 10.183,99 DM. Unter Berücksichtigung der seitdem gemäß § 23 Abs. 4 der Satzung des Versorgungsverbandes deutscher Wirtschaftsorganisationen erfolgten Erhöhungen ist von einem ruhegehaltsfähigem Gehalt in Höhe von 6.330,79 € auszugehen, das sich wie folgt berechnet:

19

Anmeldegehalt zum 30.04.1995: 10.183,99 DM

20

1.3.1997 = 1,3 % = 10.316,38 DM

21

1.1.1998= 1,5 % = 10.471,13 DM

22

1.6.1999 = 3,1 % = 10.795,73 DM

23

1.1.2001 = 2,0 % = 11.011,64 DM

24

1.1.2002 = 2,4 % = 11.275,92 DM

25

1.7.2003 = 1,85 % = 11.484,53 DM

26

1.4.2004 = 0,46 % = 11.537,36 DM

27

1.8.2004 = 0,46 % = 11.590,43 DM

28

1.8.2007 = 5,74 % = 12.255, 72 DM = 6.266,25 €.

29

1.8.2010 = 1,03 % = 12.381,95 DM = 6.330,79 €.

30

75 % hiervon ergeben den zugrunde zu legenden Ruhegehaltsbetrag in Höhe von 4.699,69 € (für Juli 2010) bzw. von 4.748,09 € ab August 2010. Hiervon ist der Ehezeitanteil von 62,25 % herauszurechnen, so dass ein Betrag 2.925,55 € (für Juli 2010) bzw. von 2.955,69 € stehen bleibt. Davon der hälftige Betrag in Höhe von 1.462,78 € (für Juli 2010) bzw. von 1.477,84 € steht der Antragstellerin als Ausgleichsrente zu. Abzuziehen sind hiervon jedoch die auf den Ausgleichsbetrag entfallenden Sozialversicherungsbeiträge. Das sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen des Antragsgegners richtet sich nach Auskunft des Versorgungsträgers nicht nach einem prozentualen Anteil vom Gesamteinkommen der Versorgungsbezüge, sondern nach dem Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung von derzeit 3.825 €, 3.712,50 € für 2011 und in Höhe von 3.750 € für das Jahr 2010. Soweit die Antragstellerin hier andere Beträge in Ansatz bringen will, stellt sie nicht auf die Beitragsbemessungs, sondern auf die Versicherungspflichtgrenze ab. Hierauf kommt es aber nicht an, weil die absoluten Beiträge zur Pflege und Krankenversicherung bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze nicht ansteigen.

31

Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit Sozialversicherungsbeiträge bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6, 7 SGB V (Beitragsbemessungsgrenze) überhaupt in Abzug gebracht werden können. Das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, FamRZ 2011, 1870 ff.) ist der Auffassung, dass die Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG an ´die auf den Ausgleichswert entfallenden Sozialversicherungsbeiträge´ anknüpfe, diese jedoch oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr anfielen. Sozialversicherungsbeiträge entfielen nicht auf die auszugleichende Rente, wenn diese auch nach Abzug des Ausgleichsbetrages noch über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liege. Das OLG Stuttgart hat im Rahmen der o. g. Entscheidung, die sich allerdings auf die Berücksichtigungsfähigkeit von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung bezog, eine Kürzung der Ausgleichsrente daher in Gänze abgelehnt. Vorliegend wird auch nach Abzug der schuldrechtlichen Ausgleichsrente die Entgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V noch nicht tangiert. Es erscheint allerdings unbillig, dass nur die ausgleichsberechtigte Person von dem Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze durch den Wegfall abzuziehender Sozialversicherungsbeiträge profitiert. Dies widerspricht auch dem in § 20 Abs. 1 normierten Nettoprinzip, nach dem zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes der hälftige Ausgleich erst nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen oder vergleichbarer Aufwendungen zu erfolgen hat. Auch bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze können aber die Sozialversicherungsbeiträge anteilig dem auszugleichenden Anrecht zugeordnet werden.

32

Entsprechend der Auskunft des Versorgungsträgers ist daher das sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen als Grundlage für den Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen nach der Beitragsbemessungsgrenze zu bestimmen. Vorliegend ist dabei zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner noch eine gesetzliche Rente bezieht. Diese ist vorrangig in die Berechnung der Beitragsbemessungsgrenze einzubeziehen und beträgt nach Auskunft des Antragsgegners ab dem 1.7.2010 1.341,63 €, so dass sich unter Addition des Restbetrages jeweils die Beitragsbemessungsgrenze errechnen lässt.

33

Dies führt dazu, dass der Anteil des sozialversicherungspflichtigen Einkommens prozentual vom Gesamteinkommen des Antragsgegners, also einschließlich des Renteneinkommens zu bestimmen ist. Dies beträgt für Juli 2010 48,46 % [3.750 : 7754,47 (6412,84 + 1.341,63)] und ab August 2010 47,95 % [3.750 : 7820,52 (6478,89 + 1.341,63)]. Bei Berücksichtigung der geänderten Beitragsbemessungsgrenze ergibt sich für den Zeitraum Januar bis Juni 2011 ein Wert von 47,47 %. Ab Juli 2011 ist die Erhöhung der gesetzlichen Renten um 0,99 % zu berücksichtigen, was zu einer gesetzlichen Rente des Antragsgegners von 1.354,91 € und damit zu einem Gesamteinkommen von 7.833,80 € führt. Der Anteil beträgt für den Zeitraum Juli bis Dezember 2011 47,39 % und ab 2012 aufgrund der wiederum geänderten Beitragsbemessungsgrenze 48,82 %.

34

Sodann ist der Anteil am eigentlich auszugleichenden Betrag von 1.462,78 € (für Juli 2010) bzw. von 1.477,84 noch ohne Abzug des bereits im Scheidungsurteil ausgeglichenen Betrages zu bestimmen. Dieser beträgt:

35

708,86 € für Juli 2010

36

708,62 € August bis Dezember 2010

37

701,53 € Januar bis Juni 2011

38

700,34 € Juli 2011 bis Dezember 2011

39

721,48 € ab 2012

40

Hiervon sind für das Jahr 2010 sodann 14,9 % Krankenversicherungsbeitrag (105,62 € bzw. 105,58 €) und 1,95 % Pflegeversicherungsbeitrag (13,82 €), mithin insgesamt 119,44 € für Juli 2010 und 119,40 € ab August 2010 in Abzug zu bringen.

41

Ab dem 1.1.2011 sind 15,5 % als Krankenversicherungsbeitrag (= 108,74 €) in Abzug zu bringen. Zzgl. des Pflegeversicherungsbeitrages i. H. v. 13,68 € sind bis Juni 2011 insgesamt jeweils 122,42 € abzuziehen. Im Zeitraum Juli 2011 bis Dezember 2011 sind jeweils 122,21 €, ab dem 1.1.2012 sind jeweils 125,90 € an Sozialversicherungsbeiträgen in Abzug zu bringen.

42

Unerheblich ist, ob der Antragsgegner gemäß § 106 Abs. 1 SGB VI einen Antrag auf Beitragszuschuss zur Krankenversicherung stellen kann. Der Antragsgegner hat einen solchen Antrag nicht gestellt. Der Ausgleichswert ist um die auf die Ausgleichsrente entfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu bereinigen. Eine Obliegenheit zur Minderung dieser Beiträge besteht nicht.

43

Nach Abzug des bereits im Scheidungsurteil ausgeglichenen Betrages von aktualisiert 48,02 € ergeben sich jeweils folgende auszugleichende schuldrechtliche Renten:

44

1.295,32 €, (1.462,78 - 119,44 - 48,02) für Juli 2010

45

1.310,42 € (1.477,84 - 119,40 - 48,02) ab August 2010

46

1.307,40 €, (1.477,84 - 122,42 - 48,02) Januar bis Juni 2011

47

1.307,61 € (1.477,84 € - 122,21 - 48,02) Juli bis Dezember 2011

48

1.303,92 €, (1.477,84 - 125,90 - 48,02) ab 2012

49

Die Renten sind jeweils monatlich im Voraus fällig. Von den zu zahlenden Renten sind die Leistungen des Antragsgegners abzuziehen. Dieser hat am 8.3.2011 3.104 € an die Antragstellerin überwiesen. Da zwischen den geschiedenen Eheleuten Einigkeit besteht, dass eine Verrechnung mit den nicht zweckgerichteten Unterhaltszahlungen von insgesamt 5880 € sowie den Vorteil kostenfreien Wohnens, der mit monatlich 636 € zu beziffern ist, zu erfolgen hat, hat der Antragsgegner mit dieser Zahlung die vom Amtsgericht titulierten Ausgleichsrenten i. H. v. 1.826 € bis einschließlich Januar 2011 sowie aufgelaufene Zinsen in Höhe von 654, € ausgeglichen. Einigkeit besteht auch dahin, dass ab dem 1.2.2011 mit den weiteren Überweisungen am 30.3.11, 3.5.11, 31.5.11, 5.7.11, 2.8.11, 30.8.11, 29.9.11, 27.10.11, 29.11.11, 30.12.11 und 26.1.2012 jeweils unter Anrechnung der kostenfreien Nutzung des Wohnhauses die titulierten Renten ausgeglichen worden sind. Dargelegt sind 11 weitere Überweisungen, womit die titulierten Renten bis einschließlich Dezember 2011 gezahlt worden sind. Da die Zahlungen nicht jeweils zum Monatsanfang erfolgt sind, sind allerdings Zinsen aufgelaufen. Ferner sind Zahlungen für Januar und Februar 2012 nicht dargelegt. Mit den geleisteten Zahlungen von 18 x 1.826 € (=32.868 €) hat der Antragsgegner allerdings mehr gezahlt als er bis Februar 2012 geschuldet hat. Geschuldet war ein Betrag in Höhe von insgesamt 26.145,32 € (1.295,32 + 5 x 1.310,42 + 6 x 1307,40 + 6 x 1307,61 + 2 x 1.303,92). Selbst unter Berücksichtigung aufgelaufener Zinsen besteht daher hinsichtlich der bis Februar 2012 geschuldeten Renten kein Rückstand.

50

Gemäß § 21 VersAuslG war die Antragstellerin berechtigt, Abtretung der fälligen und noch nicht erfüllten Ansprüche zu verlangen. Die Antragstellerin war nicht gehindert dieses Recht in der Beschwerdeinstanz geltend zu machen. Neue Anträge sind nur dann in der Beschwerdeinstanz nicht zulässig, wenn sie die Angelegenheit zu einer anderen als der der erstinstanzlichen Entscheidung machen würde (vgl. ZöllerFeskorn, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 65 FamFG Rn. 7).

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

52

Gemäß § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG war die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Es ist in der Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt, wie die Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu erfolgen hat, wenn der Ausgleichspflichtige mit der auszugleichenden Versorgung auch nach Abzug der Ausgleichsrente ein über der Beitragsbemessungsgrenze liegendes Einkommen erzielt. Auch die Frage, welche Erhöhungen nach Ehezeitende der Versorgungsordnung latent innewohnen und damit zu berücksichtigen sind, bedarf höchstrichterlicher Klärung.