Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 28.02.2012, Az.: 2 U 62/11

Ersatz des durch die mangelhafte Ausführung der Fliesenverlegearbeiten in einem Gebäude entstandenen Schadens

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
28.02.2012
Aktenzeichen
2 U 62/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 40282
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2012:0228.2U62.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 09.05.2011 - AZ: 13 O 2482/09

Fundstelle

  • IBR 2014, 539

In dem Rechtsstreit
F ... S .... GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Diplom-Ingenieur O .... K .... , ...................., ..... N ....... ,
Beklagte, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte K .... & Partner, ..... B .... ,
Geschäftszeichen:
gegen
G .... B .... , .................., ...... N .... ,
Kläger, Berufungsbeklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Dr. C .... & Partner, ....B ......
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den ............,
den................................................und die ........
auf die mündliche Verhandlung vom 7.2.2012
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 9.5.2011 wird zurückgewiesen.

  2. II.

    Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 9.5.2011 teilweise abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem durch die mangelhafte Ausführung der Fliesenverlegearbeiten in dem Gebäude ............................., entstanden ist.

  3. III.

    Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs wird der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.

  4. IV.

    Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten. V. Die Revision wird nicht zugelassen.

  1. VI.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  2. VII.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 65.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz wegen mangelhafter Verlegung von Bodenfliesen.

Der Kläger hatte ein im Jahr 2000 erbautes Haus erworben, das im EG eine Fußbodenheizung mit Fliesenbelag hatte. Der Fliesenbelag war rissig, ebenso erwies sich der alte Estrich als rissig. Der Kläger wollte neue Fliesen verlegen lassen und eine Fußbodenheizung beibehalten. Unstreitig schlug die Beklagte dem Kläger im April 2006 die Verwendung des Systems BEKOTEC/Schlüter für die Fußbodenheizung und Schnellestrich auf Schlüter-DITRA-Matten vor, wofür der Kläger sich auch entschied. Streitig ist nur, warum dies geschah. Das BEKOTEC/ Schlütersystem sieht die Verwendung von sog. Entkoppelungsmatten (DITRA.-Matten) vor, die Risse durch unterschiedliches thermisches Verhalten von Estrich und Fliesen vermeiden sollen, indem durch eine Kunststoffmatte deren Bewegungen abgefangen werden. Zugleich ist bei Verwendung der Matte ein niedrigerer Estrich als nach DIN/normalem Verfahren möglich; das Verfliesen kann auch wesentlich früher als bei "normalem" Estrich geschehen.

Am 4.5.2006 ließ der Kl. durch die Fa. L .... aus R .... das unterschiedliche Niveau der Betondecke mit einer Ausgleichsmasse "Thermotec" ausgleichen. Die Bekotecplatten bezog der Kläger über die Beklagte, ließ sie aber durch L .... einbauen. Die Heizrohre wurden von der Fa. K .... eingebaut (in die BEKOTEC-Platten). L .... brachte anschließend den Estrich auf. Die Beklagte lieferte die DITRA-Matten und Fliesen von 45 x 45 cm und fertigte daraus den Bodenbelag auf dem Estrich.

Der Kläger strengte 2007 ein selbständiges Beweisverfahren (Amtsgericht Nordenham 3 H 2/07) an, in dem er unter anderem Risse der Fugen und ein Hohlliegen der Fliesen, speziell im Flur, rügte. Der Kläger forderte die Beklagte wiederholt vergeblich unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auf, zuletzt mit Anwaltsschreiben vom 13.1.2009.

Der Kläger hat behauptet, zunächst sei nur ein Austausch der Fliesen geplant gewesen, da der alte Fliesenbelag rissig gewesen sei (insoweit unstreitig). Die Risse im Estrich seien nicht durch den konventionellen Aufbau, sondern dadurch entstanden, dass der alte Anhydritestrich beim Bau des Hauses vor Belegreife mit Fliesen belegt worden sei. Im Zuge der Neutapezierung sei hinter einer Tapete Schimmel festgestellt worden. Bei der Suche nach der Ursache habe man am 24.4. 2006 festgestellt, dass unterhalb des Estrichs Feuchtigkeit vorhanden gewesen sei. Ursache sei eine nicht ausreichend abgedichtete Bodenplatte gewesen. Der Kläger habe sich erst daraufhin entschlossen, den alten Estrich einschließlich Dämmung und Heizsystem auszubauen und eine Abdichtung einzubauen. Er habe mit E .... S .... erörtert, welche Möglichkeiten es gebe, den Fußboden neu aufzubauen. S .... habe das Komplettsystem "Schlüter-BEKOTEC" empfohlen, das dem Kläger bis dahin nicht bekannt gewesen sei. Der Kläger sei daran interessiert gewesen, dass ein Schnellestrich zur Anwendung kam, und habe sich deshalb für das Schlütersystem entschieden. Ein klassisches System hätte aber technisch auch eingebaut werden können. Die Aufbauhöhen des alten Estrichs seien in diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt gewesen, da der Boden noch nicht geöffnet gewesen sei. Die Aufbauhöhen seien erst danach im Rahmen einer Höhennivellierung am 28.4.06 festgestellt worden. Die Betonplatte selbst sei wasserdicht gewesen, das Wasser sei durch nicht richtig abgedichtete Bodenfenster eingedrungen (letzteres ist unstreitig). Die Platte sei nicht uneben gewesen, sondern nur in der Mitte tiefer, so dass sie ausgeglichen werden musste. Dies hätte aber auch mit einem klassischen System erfolgen können.

Ein Hinweis darauf, dass das Schlütersystem und die DITRA-Matte nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprächen, sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Auch der Mitarbeiter der FA S .... , T .... , habe ihn weder darauf, dass die Entkoppelungsmatten nicht dem Stand der Technik entsprächen, noch auf die Gefahr von Rissbildungen hingewiesen. Auch aus den ihm übergegebenen Prospekten etc. ergebe sich diesbzgl. nichts.

Der Kläger hat behauptet, die Fliesenfläche sei auch nicht zu früh begangen worden. Sie sei nach dem Verlegen erstmals durch die Beklagte beim Verfugen begangen worden. Er hat behauptet, dass sich im Flur weitere Fliesen gelöst hätten und nun auch im Wohnzimmer Risse aufgetreten seien. Die Risse träten weiterhin in immer größerem Umfang auf. Er verlangt als Schadenersatz die Kosten einer vollständigen Entfernung der Leistung der Beklagten und Neuverlegung nach DIN. Eine Nachbesserung durch Austausch des Fugenmaterials sei nicht ausreichend, da dadurch die fehlende Verbindung zum Estrich nicht hergestellt werden könne. Darüber hinaus entspreche die Leistung auch weiterhin nicht den anerkannten Regeln der Technik.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 59.588,46 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem durch die mangelhafte Ausführung der Fliesenverlegungsarbeiten in dem Gebäude ..............................., entstanden ist.

Die Beklagte hat bestritten, dem Kläger ausschließlich das Schlüter-System empfohlen zu haben. Bei einer ersten Besprechung am 24.4.2006 (mit O. B .... , S .... , T .... ) sei erörtert worden, ob die alten Fliesen mit Hilfe der DITRA-Matten überklebt werden könnten, was damals die präferierte Lösung des Klägers gewesen sei. Dabei habe es einen kräftigen Knall gegeben. Tempel habe darauf hingewiesen, dass bei einem Spannungsriss, der ein derartiges Geräusch verursache, DITRA-Matten nicht aufgebracht werden könnten. Man habe dann vor Ort den Estrich in der Küche aufgestemmt. Dabei sei festgestellt worden, dass die Bodenplatte des Hauses Niveauunterschiede von bis zu 7 cm Höhe aufweise. Nach Entfernung aller Oberbeläge sei erkennbar geworden, dass der alte Estrich nicht verdübelt werden konnte; weshalb die Entscheidung für den Neuaufbau getroffen worden sei. Es habe dann ein zweites Gespräch am 27.4.2006 gegeben, an dem der Kläger, S .... , T .... und ein Mitarbeiter der Fa. K .... (Heizung) teilgenommen hätten. T .... habe das System BEKOTEC vorgestellt, das dem Kläger aber schon bekannt gewesen sei, und habe den Kläger wie auch später noch darauf hingewiesen, dass das System nicht Stand der Technik sei, weshalb man mit der ausführenden Firma auch einen sog. Gewährleistungsvertrag abschließe, und dazu Unterlagen mit entsprechendem Hinweis übergeben. Der Kläger sei durch die Firma S .... mehrfach darauf hingewiesen worden, dass es sich bei der Verarbeitung der Entkoppelungsmatten SchlüterDitra um eine Sonderbaumaßnahme und nicht um den Stand der Technik handele.

Ein konventioneller Aufbau sei nicht möglich gewesen, weil die Rohbetondecke eine Differenz von bis zu 7 cm aufwies. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass eine Abdichtung fehlte und starke Unebenheiten in der Betondecke dazu geführt hätten, dass die ursprünglichen Estrichdicken auf der Gesamtfläche unterschiedlich waren. Das BEKOTEC-System sei gewählt worden, weil nur eine geringe und ungleiche Aufbauhöhe zur Verfügung gestanden habe, die einen konventionellen Heizestrich nicht zugelassen habe, und weil der Kläger eine kurze Bauzeit vorgegeben habe.

Die Beklagte hat behauptet, dass mit herkömmlicher Technik Fußbodenheizung und die gewählten Fliesen nicht hätten verlegt werden können, weil die Aufbauhöhe zu gering sei.

Eine Rißbildung sei allenfalls im Flur (4 qm) aufgetreten, weshalb allenfalls dort eine Neuherstellung erforderlich sei. Die Schäden im Flur beruhten darauf, dass dort zu früh andere Handwerker über die Fliesen gelaufen seien.

Die Haarrisse seien im Übrigen minimal und stellten keinen Mangel dar, der zum kompletten Abriss führe. Die Entkoppelungsmatten seien nicht ursächlich für die Schäden. Die Entkoppelungsmatte DITRA entspreche den anerkannten Regeln der Technik. DITRA werde seit Jahrzehnten erfolgreich verlegt.

Der Austausch des gesamten Fußbodens wäre unverhältnismäßig, weil Spannungen aus dem Untergrund nicht nachgewiesen seien und die Rissbildungen durch Austausch des Fugmaterials beseitigt werden könnten. Bei einem Abriss und Neuverlegung wären ganz erhebliche Sowieso-Kosten zu berücksichtigen.

Das Landgericht hat ein weiteres Gutachten des Sachverständigen K .... eingeholt und diesen mündlich angehört.

Es hat durch Grund- und Teilurteil vom 9.5.2011 den Klageantrag auf Zahlung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und hinsichtlich des Feststellungsantrags die Klage abgewiesen. Dabei hat es offengelassen, ob die Maßnahme den anerkannten Regeln der Technik oder dem Stand der Technik entsprach. Jedenfalls sei das Werk mangelhaft, weil - bedingt durch die Unterkonstruktion mit der DITRA-Matte und zu große Fliesen bei zu kleiner Fuge - Spannungswechsel nicht aufgefangen werden könnten, die zu Rissen und unter Umständen auch zum Lösen weiterer Fliesen führen könnten. Da der Sachverständige nicht verbindlich habe sagen können, ob ein Fortschreiten der Schäden möglich sei, sei dem Kläger nicht zuzumuten, nur die Fugen zu erneuern und die Hohlagen im Flur zu beseitigen. Er habe deshalb Anspruch auf vollständige Erneuerung des Fußbodenaufbaus.

Der Kläger ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht das Feststellungsinteresse verneint. Der Sachverständige habe im OH-Verfahren die Kosten nur grob geschätzt. Auch die vom Kläger eingeholten Angebote enthielten Schätzungen. Nicht abgeschätzt werden könne zudem zur Zeit, ob bei einer Neuverfliesung die Sockel bestehen bleiben könnten. Zudem trete der Hohlklang wie im Flur nunmehr auch im Hauswirtschaftsraum und vor dem Eingangsbereich des Büros auf. Es sei deshalb davon auszugehen, dass es sich um einen Systemmangel handele, der den gesamten Fliesenbelag betreffe. Auch aus diesem Grund sei eine Gesamtsanierung erforderlich.

Das Rissbild sei auch für thermisch bedingte Risse typisch. Es sei auszuschließen, dass das Fugenmaterial ursächlich für die Rissbildung sei, da dadurch allenfalls Risse unmittelbar nach der Verlegung entstehen könnten, nicht aber - wie hier - im Laufe der Jahre auftretende. Aus diesem Grunde sei eine Mangelbeseitigung durch neues Fugmaterial nicht ausreichend. Der Vortrag der Beklagten zu dem Fugmaterial sei außerdem neu und als verspätet zurückzuweisen.

Es komme auch nicht auf die Frage an, ob jeder Haarriss einen Mangel darstelle. Jedenfalls bei einem Auftreten auf 10 % der Fugen, weiter zunehmend, handele es sich um einen Mangel.

Mit der Berufung beantragt der Kläger,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Oldenburg festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem durch die mangelhafte Ausführung der Fliesenverlegungsarbeiten in dem Gebäude ....................................., entstanden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Mit der ihrer Berufung beantragt die Beklagte,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen;

für den Fall, dass der Senat eine Haftung der Beklagten bejaht, beantragt sie,

den Rechtsstreit hinsichtlich der Höhe an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die DITRA-Matten den anerkannten Regeln der Technik entsprächen. Das Gericht habe zudem vernachlässigt, dass die DITRA-Matte durch die - der Beklagten vorgegebene - Verwendung des BE-KOTEC-Systems bedingt sei. Haarrisse in Fugen stellten keinen Mangel dar, da sie nach überwiegender Sachverständigen-Meinung nicht vermeidbar und zu tolerieren seien. Der Sachverständige K .... habe nicht untersucht, ob tatsächlich thermische Spannungen ursächlich für die Risse seien.

Die auftretenden Risse stellten Schwindrisse dar. Das Erscheinungsbild der Risse spreche gerade nicht für Spannungen aus dem Untergrund. Der Sachverständige habe übersehen, dass die Fugenbreite hier fehlerhaft war. Zwar liege sie mit 3 mm in der Toleranz nach den allg. DIN-Vorschriften. Der Sachverständige habe aber übersehen, dass lt. Datenblatt der Herstellerfirma des verwendeten Fugenmaterials (ASO-Fugenbreit) dieses nur für Fugen von 4mm - 20 mm zugelassen ist, bei Fliesen von 40 x 40 sogar 5 mm verlangt. Die Beklagte habe deshalb für die Fugenbreite von 3 mm das falsche Material verwendet. Dadurch seien die Risse entstanden. Die Beklagte bietet deshalb nunmehr an, das vorhandene Fugmaterial zu entfernen und die Fugen mit einem geeigneten Fugmaterial neu zu verfugen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat den Kläger sowie den Geschäftsführer der Beklagten angehört sowie Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.02.2012 Bezug genommen

II.

I. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat, da er mehrfach unter Fristsetzung die Beklagte fruchtlos zur Beseitigung der Mängel aufgefordert hat, einen Schadensersatzanspruch aus § 634 BGB für Mängel des Beklagtenwerkes, weil die Ausführung im Bekotec-System mit Ditra-Matten nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprach und weil er hierauf und auf die damit verbundenen Risiken vor oder bei Vertragsschluss nicht hingewiesen worden ist.

Der Vertrag zwischen den Parteien enthält sowohl kauf- als auch werkvertragliche Elemente, da die Beklagte das System BEKOTEC/DITRA empfohlen, die BEKO-TEC Platten und die DITRA-Matten geliefert und nach deren Verlegung durch andere Firmen die Fliesen verlegte. Da die Beklagte durch ihre Beratung maßgeblich an der Wahl des Schlüter-Systems mitwirkte und darauf aufbauend ihre Werkleistung durchführte, ist der Vertrag seinem Schwerpunkt nach als Werkvertrag einzuordnen.

Dabei ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht deshalb entlastet ist, weil die BEKOTEC-Platten von anderen Werkunternehmern verlegt und die Verwendung von DITRA-Matten für das BEKOTEC-System der Fußbodenheizung vorgeschrieben ist. Es ist unstreitig, dass die Entscheidung für das BEKOTEC System in Absprache mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten getroffen wurde und dass die Beklagte sowohl die BEKOTEC-Platten als auch die DITRA-Matten lieferte sowie letztere auch einbaute. Die Beklagte hätte deshalb auf besondere Eigenschaften der Entkoppelungsmatten hinweisen müssen, selbst wenn der Kläger von BEKOTEC oder DITRA-Matten schon vorher gehört haben sollte.

Die DITRA-Matten als Fliesenuntergrund über einer Fußbodenheizung entsprachen bei Abnahme nicht den anerkannten Regeln der Technik. Dabei handelt es sich um technische Regeln für den Entwurf und die Ausführung von Werkanlagen, die in der Wissenschaft keinem Meinungsstreit ausgesetzt und damit als theoretisch richtig feststehen sowie in dem Kreis der maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt und auf Grund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind (MüKo-Busche,BGB, 5.Aufl., § 633 RN. 17 mwNw). Der Sachverständige K .... hat hierzu in seinen Gutachten ausgeführt, Entkoppelungssysteme entsprächen nicht dem Stand der Technik und seien nicht "normgerecht". Da der Begriff des "Standes der Technik" noch weiter als derjenige der anerkannten Regeln der Technik ist (s. MüKo-Busche a.a.O. Rn. 19), hat er damit zugleich erklärt, dass das Entkoppelungssystem nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprach. Dies wird gestützt durch die Hinweise zur Entkoppelung des Fachverbandes Deutsches Fliesengewerbe vom Oktober 2005, in denen ausgeführt ist, dass der Einsatz von Entkoppelungssystemen auf Grund eines bisher noch kurzen Erfahrungszeitraums derzeit nicht den anerkannten Regeln der Technik entspreche. Dies wurde, wie aus dem zu den Akten gereichten Vortragsskript hervor geht, auch in einem Vortrag zu Entkoppelungssystemen des Sachverständigen M .... ("Entkoppelungssysteme unter Hartbelägen - Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes, Vortrag am 12. Dresdener Herbstseminar, 23./24.9.2005) bestätigt. Wie der Sachverständige M .... dort nachvollziehbar ausführt, können Entkoppelungsmatten zwar gut horziontale Spannungen abfangen, sind aber in vertikaler Richtung deutlich empfindlicher als "normaler Estrich", weshalb dort empfohlen wird, sie nur dann zu verwenden, wenn "normaler Estrich" nicht möglich ist. Auch die Beklagte selber hält offenbar die Frage der Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik für fraglich, da sie ja derentwegen eine gesonderte Gewährleistungsvereinbarung mit der Firma S .... geschlossen hat. Es kann deshalb dahinstehen, ob, wie von der Beklagten vorgetragen, andere Sachverständige der Auffassung sind, dass das System BEKOTEC/DITRA den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Es besteht hierüber jedenfalls ein Meinungsstreit, der bereits dazu führt, dass das System nicht als den anerkannten Regeln der Technik entsprechend eingeordnet werden kann.

Der Umstand, dass ein Werk nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht, stellt grundsätzlich einen Mangel dar, es sei denn, bei Vertragsschluss sei darauf hingewiesen worden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 1964, 1969 mwNw). Zwar gilt dies in Sanierungsfällen nicht uneingeschränkt. Es kommt darauf an, inwieweit sich aus dem Vertrag und den ihm zugrundeliegenden Umständen ergibt, dass das beanstandete Gewerk nach den aktuellen allgemein anerkannten Regeln der Technik herzustellen ist. Dabei gilt aber, dass ohne besondere Vereinbarung oder Hinweise im Vertrag bei der vollständigen Erneuerung von Bauteilen grundsätzlich die Einhaltung dieser Regeln vereinbart ist (OLG Hamm, NJW-RR 96, 213 [OLG Hamm 04.05.1995 - 17 U 25/94]). Da hier der Fußbodenaufbau des nur 6 Jahre alten Hauses vollständig erneuert wurde, durfte der Kläger ohne gesonderten Hinweis davon ausgehen, dass die Einhaltung aktueller Baustandards und damit auch der anerkannten Regeln der Technik möglich und geschuldet war.

Es ist nämlich nicht bewiesen, dass ein Hinweis darauf, dass das BEKOTEC-System oder die DITRA-Matte diesem Standard nicht entspreche, vor oder bei Vertragsschluss gegeben wurde.

Schriftlich ist ein solcher Hinweis nicht erfolgt. Die schriftlichen Unterlagen der Firma S .... , die der Kläger als ihm damals übergebene Unterlagen zu den Akten gereicht hat, enthalten weder einen Hinweis darauf, dass die anerkannten Regeln der Technik nicht eingehalten werden, noch Hinweise auf Risiken auch bei ordnungsgemäßer Verwendung der Produkte. Eine besondere Vereinbarung zur Gewährleistung ist zwischen den Parteien nicht getroffen worden. Die Firma S .... hat nur mit der Beklagten eine besondere Gewährleistungsvereinbarung geschlossen, und zwar am 21./29.6.2006, also nach Fertigstellung der Baumaßnahmen. In dieser Vereinbarung ist in Ziff.1 ausgeführt, dass "im Zusammenhang mit der Forderung nach Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik unter Umständen Probleme auftreten" können. Eine entsprechende Vereinbarung wurde aber zwischen den Parteien nicht getroffen. Zwar wurde die besondere Gewährleistungsvereinbarung Beklagte/S .... dem Kläger vom Geschäftsführer der Beklagten übergeben, wie in der mündlichen Verhandlung unstreitig vorgetragen wurde. Da aber dazu nicht besprochen wurde, ob und inwieweit der Vertrag zwischen den Parteien dadurch geändert werden sollte, handelt es sich dabei nur um eine Information des Klägers durch den Beklagten über das Rechtsverhältnis S .... /Beklagte, nicht aber um eine Änderung des Vertrags zwischen den Parteien.

Es ist auch nicht bewiesen, dass mündlich ein Hinweis auf die fehlende Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik und die damit verbundenen Risiken gegeben wurde. Der Geschäftsführer der Beklagten hat in seiner Anhörung angegeben, er selber habe dem Kläger während der Durchführung der Baumaßnahme vor Ort nur gesagt, es sei ein relativ neues Verfahren, mit dem sie aber gute Erfahrungen gemacht hätten. Sein Schwiegervater, der inzwischen verstorbene E. S .... , habe ihm berichtet, dass ein konventioneller Aufbau nicht möglich sei, und dass er deswegen das System Becotec-Ditra empfohlen habe. Dies genügt nicht als hinreichend klarer Hinweis.

Auch nach der Aussage des Zeugen T .... ist ein solcher Hinweis nicht erfolgt. Der Zeuge hat zwar zunächst angegeben, er werde, wie immer in solchen Fällen, darauf hingewiesen haben, dass es sich um eine Sonderkonstruktion handele. Auf Nachfrage hat er dann aber ausgeführt, es habe sich ja im Grunde genommen bereits aus den übergebenen Unterlagen und aus dem Gewährleistungsvertrag alles ergeben. Er wisse heute nicht mehr, wem er die Unterlagen übergeben habe. In der Gesamtakte sei der Gewährleistungsvertrag enthalten gewesen. Er müsse sie auf jeden Fall dabei gehabt haben, sonst hätte die Beklagte den Gewährleistungsvertrag ja gar nicht gehabt. Ob und gegebenenfalls welche Unterlagen an den Kläger weitergegeben worden seien, wisse er nicht. Auf irgendwelche Risiken habe er auf keinen Fall hingewiesen. Danach hat der Zeuge T .... den Kläger weder darauf, dass die anerkannten Regeln der Technik nicht eingehalten werden, noch auf Nachteile oder Risiken des Systems hingewiesen. Auch die schriftlichen Unterlagen enthalten solche Hinweise nicht. Dass der Gewährleistungsvertrag von T .... dem Kläger übergeben wurde, lässt sich ebenfalls nicht feststellen.

Auch die Aussage des weiteren Mitarbeiters der Firma S .... , V .... , ist unergiebig, da der Zeuge sich nicht sicher war, ob er mit einem Herrn B .... telefoniert hatte.

Die Beklagte haftet deshalb dem Grunde nach auf Ersatz der Schäden, die dadurch verursacht worden sind, dass die Verlegung der Fliesen auf den DITRA-Matten nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprach. Dabei kann, wie auch vom Landgericht zugrunde gelegt, der Kläger nicht auf eine Minderung oder nur eingeschränkte Nachbesserung verwiesen werden. Da der Mangel in der Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik liegt, ist eine Behebung, grundsätzlich nur durch einen Neuaufbau - entsprechend den anerkannten Regeln der Technik - möglich; dies hat auch der Sachverständige K .... so erläutert. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass dieses unverhältnismäßig oder ihr nach Treu und Glauben nicht zuzumuten sei. Da hier Schäden des Fußbodenbelags auftreten, deren Ursache jedenfalls möglicherweise im Zusammenhang mit der Verwendung der Entkoppelungsmatten liegt, kann dem Kläger seinerseits eine Schadensbeseitigung nur durch Austausch des Fugmaterials und Neuverlegung der Fliesen im Flur nicht zugemutet werden.

Es wird jedoch im Verfahren über die Höhe des Schadens zu klären sein, in welcher Weise der Schaden behoben werden kann, und inwieweit hier Sowiesokosten anfallen. In diesem Zusammenhang wird auch aufzuklären sein, ob ein traditioneller Aufbau mit einem hohen Estrich über der Fußbodenheizung möglich ist. Es handelt sich dabei um eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Diese kann im Grundurteil offengelassen werden, wenn zumindest feststeht, dass der konkrete Schaden durch die Pflichtverletzung entstanden ist und dass sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Betragsverfahren der Höhe nach ein Schaden ergibt. Entscheidend bei der Beurteilung der Zulässigkeit sind dabei nicht dogmatische Einordnungen, sondern die Prozessökonomie. Es muss sichergestellt sein, dass sich das Grundurteil nicht im Nachhinein, wenn die haftungsausfüllende Kausalität im Betragsverfahren verneint werden muss, als ein lediglich die Erledigung des Rechtsstreits verzögernder Umweg erweist (BGH, NJW-RR 91, 599 [BGH 16.01.1991 - VIII ZR 14/90]; s. auch BGH, NJW 95, 1550; s.a. Zöller-Vollkommer, 29. Aufl., § 304 RN. 1 f).

Danach kann die Frage hier dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben. Es steht fest, dass wegen der Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik ein Schaden verbleibt, selbst wenn eine Schadensbehebung nicht vollständig, insbesondere nur durch Neuaufbau ohne Fußbodenheizung möglich sein sollte.

II. Die Berufung des Klägers ist begründet. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung i.S. von § 256 ZPO. Es ist nämlich auch dann, wenn die Mangelbeseitigung auf dem derzeit vom seinem Schadensersatzanspruch zugrunde gelegten Weg erfolgt, nicht auszuschließen, dass weitere, derzeit noch nicht bezifferbare Schäden entstehen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass derzeit nicht absehbar ist, ob die Sockelfliesen entfernt und erneuert werden müssen.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Die Anordnungen nach §§ 711 ZPO konnten unterbleiben, da aus dem Urteil keine Leistung vollstreckt werden kann.