Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 04.07.1986, Az.: 2 U 187/85
Rechtliche Ausgestaltung der Haftung eines Frachtführers für die Entstehung eines Schadens am Frachtgut; Anforderungen an die Substantiierung der Behauptung der Seeuntüchtigkeit eines einen Transport durchführenden Handelsschiffes; Seetransportrechtliche Ausgestaltung der Pflicht zur Kontrolle der Laschings einer Decksladung während der Fahrtzeit bei schwerer See; Transportversicherungsrechtliche Qualifizierung der Verwirklichung einer Seegefahr
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 04.07.1986
- Aktenzeichen
- 2 U 187/85
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1986, 20447
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1986:0704.2U187.85.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 18.07.1985 - AZ: 21 O 12/85
Rechtsgrundlagen
- Art. 2 Abs. 1 S. 1, 2 CMR
- Art. 17 CMR
- § 413 Abs. 1 HGB
- § 606 HGB
Fundstelle
- VersR 1987, 1087 (red. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und
... auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 1986
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Streithelferin der Beklagten gegen das am 18. Juli 1985 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird auf ihre (der Streithelferin) Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer der Beklagten: 13.040,25 DM.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte mit Recht zum Ersatz des der Zedentin ... entstandenen unstreitigen Schaden von 13.040,25 DM verurteilt. Dabei kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob sich die Haftung der Beklagten nach Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR nach Seehandelsrecht oder nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 CMR nach CMR-Normen richtet. In beiden Fällen würde sich eine volle Haftung der Beklagten auf den eingeklagten Betrag aus §606 HGB oder aber aus Art. 17 CMR ergeben. Die - im übrigen auch weder von der Beklagten noch der Streithelferin in Frage gestellte - Aktivlegitimation der Klägerin als Assekuradeurin ergibt sich nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 14. März 1985 - I ZR 168/82 -; die Abtretung der Ersatzansprüche der Firma ... an die Klägerin ist unstreitig und im übrigen durch Vorlage der Abtretungserklärung (Anlage 10 der Klageschrift) belegt.
1.
Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, daß der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht verjährt ist. Insoweit wird gemäß §543 ZPO auf die auch von der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
2.
Grundlage der Haftung nach Art. 2 CMR
Die Beklagte haftet nach §413 Abs. 1 HGB als Frachtführer, weil sie mit der Firma ... einen Festpreis von 3.250 DM für die Beförderung des Gutes nach ... vereinbart hatte. NachArt. 2 Abs. 1 Satz 1 CMR gilt grundsätzlich dieCMR-Haftung auch dann, wenn das mit dem Gut beladene Fahrzeug auf einem Teil der Strecke zur See befördert wird. "Mit dem Gut beladenes Fahrzeug" im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 CMR ist auch ein Trailer oder Sattelauflieger (vgl. Helm in Großkommentar HGB, 3. Auflage,§452, Anhang III, Art. 2 CMR, Rdnr. 2). Jedoch haftet nachArt. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR der Straßenfrachtführer so, wie der Frachtführer des anderen Verkehrsmittels (hier: Seeschiff) gehaftet hätte, wenn die Beschädigung des Gutes durch ein Ereignis verursacht werden ist, das nur während und wegen der Beförderung durch das andere Beförderungsmittel eingetreten sein kann und wenn ein lediglich das Gut betreffender Beförderungsvertrag zwischen dem Absender und dem Frachtführer des anderen Verkehrsmittels nach den zwingenden Vorschriften des für die Beförderung des anderen Verkehrsmittels geltenden Rechts geschlossen worden wäre. Von diesen beiden Voraussetzungen für die Haftung der Beklagten nach Seehandelsrecht statt nach CMR-Normen liegt die eine unproblematisch vor: Der Trailer ist während der Überfahrt nach ... bei schwerem Sturm auf dem Wetterdeck des ... umgestürzt. Fraglich ist indessen, ob die Vorschriften des Seehandelsrechts zwingender Natur sind. Nach §662 HGB sind die Pflichten des Verfrachters aus den §§606-608 HGB dann zwingend, wenn ein Konnossement ausgestellt ist. Nun ist zwar im vorliegenden Fall ein derartiges Konnossement ausgestellt. Das spricht auf den ersten Blick für den Ausgangspunkt des Landgerichts, das demgemäß die Haftungsnormen des Seehandelsrechts für zwingend angesehen und deshalb die Haftung der Beklagten nach ihnen beurteilt hat. Andererseits knüpfen die nach§662 BGB zwingenden Normen des Seehandelsrechts an die Ausstellung eines Konnossements an, wären also ihrerseits gerade nicht zwingend, wenn ein Konnossement nicht notwendigerweise hätte ausgestellt werden müssen. Käme man auf diese Weise dazu, daß die Haftung nach den§§606 ff HGB nicht zwingend wäre, bestimmte sich die Haftung des Straßenfrachtführers letztlich nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 CMR doch wieder nach CMR-Normen.
Auf die Frage, ob der sog. Trailer-Verkehr nach ... hinsichtlich der Haftung für Schaden dem Seehandelsrecht oder aber den CMR-Normen unterliegt, kommt es im vorliegenden Fall im Ergebnis aber deshalb nicht an, weil die Klage in jeder der beiden Alternativen der Höhe nach voll begründet wäre.
3.
Haftung der Beklagten nach Seehandelsrecht
Daß die Beklagte nach §606 HGB haften würde, ohne sich auf den Haftungsausschluß aus §608 Abs. 1 Nr. 1 HGB (Gefahr der See) oder die Haftungsbeschränkung des§660 HGB berufen zu können, hat das Landgericht zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.
a)
Allerdings haftet die Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nach §559 HGB wegen der Verwendung eines zum Transport nicht geeigneten Schiffes. Zwar hat die Beklagte im ersten Rechtszuge in ihrem Schriftsatz vom 18. April 1985 selbst behauptet, ... sei nicht seetüchtig; diese Behauptung hat sich die Klägerin zu eigen gemacht; auch könnte die Streithelferin nach §67 ZPO mit ihrer gegenteiligen Behauptung nicht gehört werden. Die Beklagte hat aber die hier fragliche Behauptung aus dem Schriftsatz vom 18. April 1985 in ihrem Schriftsatz vom 25. Juni 1985 ausdrücklich widerrufen (Bl. 98). Zu Unrecht ist die Klägerin der Meinung, das Vorbringen der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 18. April 1985 habe die Wirkung eines gerichtlichen Geständnisses im Sinne der §§288, 290 ZPO entfaltet. Gegenstand des Vorbringens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist der Schriftsatz vom 18. April 1985 insoweit nie gewesen. Die erste mündliche Verhandlung vor dem Landgericht fand am 14. März 1985 statt; in der zweiten mündlichen Verhandlung am 27. Juni 1985 hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten ausdrücklich auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 25. Juni 1985 Bezug genommen (Bl. 100, 101). Die in der Berufungserwiderung geäußerte Rechtsansicht der Klägerin, das im Schriftsatz vom 18. April 1985 enthaltene Vorbringen sei im "schriftlichen Verfahren" vorgetragen, ist unrichtig. Das Landgericht hat zu keiner Zeit ein schriftliches Verfahren angeordnet, sondern vielmehr aufgrund der ersten mündlichen Verhandlung vom 14. März 1985 einen Auflagenbeschluß am 2. Mai 1985 verkündet, in dessen Ziffer IV. ein Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bestimmt worden ist. Bei dem Schriftsatz der Beklagten vom 18. April 1985 handelte es sich auch nicht um einen nachgelassenen Schriftsatz im Sinne von §283 ZPO. Eine Erklärungsfrist im Sinne dieser Vorschrift ist der Beklagten aufgrund der Verhandlung vom 14. März 1985 nicht eingeräumt worden.
Liegt aber kein gerichtliches Geständnis der Beklagtenüber angebliche Seeuntüchtigkeit (hier: angebliche "mangelnde Stabilität") vor, so blieb die Klägerin für die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR in Verbindung mit §559 HGB darlegungs- und beweispflichtig. Ihr Vorbringen hierzu ist aber nicht hinreichend substantiiert. Nach dem von der Streithelferin vorgelegten Zertifikat vom 27. Januar 1982 war ... unbeschränkt bis zum 31. August 1985 zur Seeschiffahrt als Handelsschiff zugelassen. Bei dem Vorbringen der Klägerin, sie habe gehört, daß ... Probleme mit den Stabilisatoren habe und daß möglicherweise während der hier fraglichen Fahrt die Hauptmaschine ausgefallen sei, handelt es sich ersichtlich um Spekulationen ohne erkennbaren konkreten Bezug zu der hier fraglichen Fahrt vom 23. bis 26. März 1983. Über einen Ausfall der Hauptmaschine lassen sich den Eintragungen des Kapitäns im Logbuch keinerlei Anhaltspunkte entnehmen.
b)
Wohl aber liegen die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach §606 HGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR vor. Der Schaden ist unstreitig während derÜberfahrt von ... nach ..., also in der Zeit "von der Annahme bis zur Ablieferung" im Sinne von §606 Satz 2 HGB entstanden. Der von der Beklagten vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt nicht die Annahme, die Beschädigung habe im Sinne des §606 Satz 2 HGB auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten oder die Beschädigung sei im Sinne des§608 Abs. 1 Nr. 1 HGB aus Gefahren der See entstanden.
Das Vorbringen der Beklagten geht dahin, die unstreitige Wetterlage mit bestimmten Windstärken mit bestimmtem Seegang zum Zeitpunkt des Schadensfalles am 26. März 1983 gegen 0.20 Uhr sei unvorhersehbar gewesen, der Trailer sei vor der Abfahrt ordnungsgemäß mit Laschings befestigt gewesen, so daß, wenn er dennoch umgestürzt sei, sich eine Seegefahr verwirklicht habe. Bei einem solchen Sachverhalt wäre der Seefrachtführer aber nicht von der Haftung befreit.
Schon im Rahmen seiner Verpflichtungen nach §606 HGB hätte den Seeverfrachter die Verpflichtung getroffen, die Laschings einer Decksladung auch während der Fahrtzeit in regelmäßigen kurzen Abständen zu überprüfen und gegebenenfalls nachzuziehen (Hans. OLG Hamburg, VersR 1978, 617). Eine derartige Verpflichtung zur Kontrolle und gegebenenfalls zum Nachziehen der Laschings hätte im vorliegenden Falle um so mehr bestanden, als es aufgrund der Wetter- und Seelage bereits am Morgen des 24. März 1983 um 10.45 Uhr zu einem ersten Schadenseintritt gekommen war. Für diesen Zeitpunkt ergibt sich aus den Eintragungen des Logbuchs folgendes:
"10.45 Uhr, Schiff schlingerte heftig, und vom Fahrzeug Nr. ... auf dem Hauptdeck kam ungefähr die halbe Ladung auf das Deck des Schiffes (Papierrollen), der Anhänger blieb aufrecht stehen." (Bl. 103/104 d.A.)
Darüber, was hinsichtlich der Kontrolle der anderen Trailer in der Folgezeit bis zur Havarie des hier fraglichen Trailers mit dem britischen Kennzeichen ... am 26. März 1983 um 0.20 Uhr veranlaßt worden ist, trägt die Beklagte nichts vor. Ihr Vorbringen, die Trailer seien bei der Verladung ordnungsgemäß mit Laschings festgezurrt worden, muß deshalb dahin verstanden werden, daß insoweit weitere Maßnahmen während der Überfahrt nicht getroffen worden sind. Schon von daher kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Seeverfrachter alles das getan hat, was von ihm nach§606 HGB verlangt werden mußte. Es kommt insofern nicht mehr darauf an, ob, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, die Trailer auf ... generell nicht ordnungsgemäß befestigt würden, weil sie lediglich im vorderen Teil auf einem Stützbock fest verankert würden, nicht dagegen im Bereich der gefederten hinteren Radachsen, so daß die Gefahr eines "Aufschaukelns" bestehe.
Aber auch die Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses nach §608 Abs. 1 Nr. 1 HGB (Gefahr der See) lassen sich dem von der Beklagten vorgetragenen Sachverhalt nicht entnehmen. Der Seeverfrachter muß nämlich hierzu einmal beweisen, daß ein Fall des §608 Abs. 1 Nr. 1 HGB vorgelegen hat und er muß weiter beweisen, daß der Schaden nach den gesamten Umständen des Falles aus der nachgewiesener. Gefahr entstehen konnte, daß also ein zufälliger Schaden vorgelegen haben kann. Insoweit genügt nicht der Nachweis der abstrakten Möglichkeit der Schädigung; vielmehr müssen konkrete Tatsachen dargelegt und bewiesen werden, aus denen sich nach den Regeln der Beweises des ersten Anscheins die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Schadens aus der Gefahr ergibt (vgl. Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht, 2. Auflage 1983, §608 Anm. C 1.). Erst wenn dieser Beweis des ersten Anscheins erbracht ist, greift die Vermutung des §608 Abs. 2 HGB ein. Es kann hier aber gerade nicht nach dem ersten Anschein davon ausgegangen werden, daß das Umstürzen des hier fraglichen Trailers ... auf unabwendbaren Gefahren der See und nicht auf mangelnder Sorgfalt des Seeverfrachters beruht. Nach dem von der Beklagten vorgetragenen und imübrigen auch unstreitigen Sachverhalt spricht weder der erste Anschein noch auch nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß angesichts des Sturmes und des Wellenganges das Umstürzen des Trailers auch bei Anwendung aller gebotenen Sorgfaltsmaßnahmen nicht hätte verhindert werden können. Nach dem Schadensbericht des ... war ... auf der hier fraglichen Fahrt mit insgesamt 31 Trailern beladen. Von diesen war der Trailer ... der einzige, der überhaupt umgekippt ist. Bei weiteren auf dem Wetterdeck abgestellten Trailern kam es zwar auch zu gewissen Schäden (umknickende Stützböcke), die aber im wesentlicher, das Schiff, nicht aber die Trailer selbst betrafen; von dem im Hauptdeck verstauten Trailern kam es lediglich bei einem ( ...) zu dem bereits erwähnten ersten Schadensfall vom 24. März 1983, während bei weiteren Anhängern zwar gewisse Schäden, jedoch ohne gravierendes Ausmaß festgestellt worden sind. Mit anderen Worten: Von den 31 Trailern haben die allermeisten die Fahrt unbeschadet überstanden, umgekippt ist außer dem hier fraglichen kein anderer Trailer und schließlich ist nichts darüber vorgetragen, welche Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Befestigung des Trailers ... während der Fahrt veranlaßt worden sind. Schon von daher kann aus dem bloßen Umstürzen des Trailers bei den vorherrschenden Wetterverhältnissen kaum die Schlußfolgerung gezogen werden, es habe sich eine Seegefahr verwirklicht.
Es kommt aber noch folgendes hinzu, worauf auch das Landgericht mit Recht abgestellt hat: Anders als nach der möglicherweise abweichenden früheren Rechtsprechung, auf die sich die Beklagte stützt, geht die heute herrschende Auffassung, der sich der Senat anschließt, dahin, daß unter Gefahren der See im Sinne des §608 Abs. 1 Nr. 1 HGB lediglich solche Gefahren verstanden werden können, die für die konkrete Reise unter Zugrundelegung der gewöhnlichen Verhältnisse im Fahrtgebiet zur Fahrtzeitunvorhersehbar waren (Hans. OLG Hamburg, VersR 1978, 617). Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat in diesem Zusammenhang insbesondere ausgesprochen, daß mit einem Sturm der Windstärke 9-10 auf der Nordsee im Januar gerechnet werden müsse; auf solche alltäglichen Gefahren müsse sich der Verfrachter einstellen, ein seetüchtiges, gehörig ausgerüstetes Schiff müsse diesen Stürmen gewachsen sein und für derartige Stürme müsse auch durch sachgerechte und ordnungsgemäße Stauung der Ladung Vorsorge getroffen werden. Schon auf der Grundlage dieser Entscheidung war die Wetterlage, in die ... geraten ist, nicht unvorhersehbar. Im Bereich der Nordsee muß nicht nur im Januar, sondern auch im März mit derartigen Windstärken gerechnet werden; zu einer derartigen Feststellung bedarf es nicht einmal einer Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles verbietet sich darüber hinaus die Annahme einer "unvorhersehbaren" Wetterlage, weil diese Wetterlage von vornherein zu erwarten war. Im Berufungsrechtzuge hat die Klägerin die Wetterberichte seit dem 22. März 1983 vorgelegt, denen die Beklagte und die Streithelferin nicht widersprochen haben. Danach war bereits am 22. März 1983 um 20 Uhr Sturmgefahr für die südwestliche Nordsee angesagt. ... ist am 23. März 1983 um 20.40 Uhr in ... bei Südwindstärke 5-6 ausgelaufen. Kurz zuvor um 20 Uhr des 23. März 1983 hatte noch Norddeich Radio eine "Achtung Sturmgefahr für die Südwestliche Nordsee und die Deutsche Bucht" angesagt und für diesen Zeitpunkt dort Südwestwind der Stärke 7-8 angesagt (Bl. 226 f). Es entsprach genau diesen vorgesagten Wetterlagen, daß ... ausweislich der Eintragungen des Kapitäns im Logbuch nach der Abfahrt in ... am 24. März 1983 um 3 Uhr in Südwestwind der Stärke 7 geriet. Von diesem Zeitpunkt an beginnen die Eintragungen im Logbuch über "starkes Stampfen und Schlingern des Schiffes", die dann auch alsbald schon zum ersten Schadensfall bei dem Trailer ... führten. Der Kapitän von ... wußte deshalb schon vor Antritt der Fahrt, daß er in einen Sturm geraten würde, wenn er Kurs in Richtung ... nehmen würde. War aber Sturmgefahr angesagt und herrschten im Bereich der deutschen Bucht bereits zum Zeitpunkt des Fahrtbeginns Windstärken um 7, mußte auch mit einer Steigerung des Sturmes gerechnet werden. Jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen war ein Sturm der Windstärke 9-11 mit entsprechendem Seegang nicht unvorhersehbar.
c)
Mit Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, daß der Beklagten die Haftungsbegrenzung des §660 HGB auf einen Betrag von 1.250 DM pro "Packung" nicht zugutekommt. Es kommt im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob entsprechend der Rechtsprechung zu Containern (BGHZ 86, 234) auch sog. Trailer als "Packung" verstanden werden können. Diese Frage mag möglicherweise im Verhältnis der Beklagten zur Streithelferin (bzw. im Verhältnis der Streithelferin zur weiteren Streitverkündeten, der Firma ...) von Bedeutung sein. Für das Verhältnis der Parteien untereinander ist hinsichtlich des Begriffes der Packung aber nicht entscheidend, in welcher "Verpackung" die Beklagte ihrerseits das ihr übergebene Frachtgut auf See weiterbeförderte. Vielmehr kann hier nur maßgeblich sein, in welchen Packstücken der Versender (Firma ...) der Beklagten das Frachtgut übergeben hat. Das zeigt bereits der Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR, wonach der Straßenfrachtführer bei Beförderung des Fahrzeugs über See gegebenenfalls so gestellt werden soll, wie "wenn ein lediglich das Gut betreffender Beförderungsvertrag" zwischen dem Absender und dem Frachtführer des anderen Verkehrsmittels geschlossen worden wäre. Ersichtlich stellt deshalb schon der Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR nicht auf einen Frachtvertrag über den "mit dem Gut beladenen Fahrzeug" (so Art. 2 Abs. 1 Satz 1 CMR), sondern auf einen Frachtvertrag über das Gut selbst ab. Diesem Wortlaut liegt auch eine eindeutige Interessenlage zugrunde: Der Absender hat keinen Einfluß darauf, in welcher Form und "Verpackung" der Straßenfrachtführer das Gut über See befördern läßt. Er kann nicht dadurch haftungsrechtliche Nachteile erleiden, daß der Straßenfrachtführer das ihm zur Beförderung übergebene Gut in anderer Verpackung seinerseits weiterbefördert. Entscheidend kann deshalb nur sein, zu welcher Haftungsbeschränkung §660 HGB führen würde, wenn die Beklagte mit dem Seeverfrachter einen Vertragüber die Beförderung des Guts in der Form, wie es der Beklagtenübergeben worden war, geschlossen hätte. Demgemäß ist darauf abzustellen, daß der Beklagten das Frachtgut ausweislich desCMR-Frachtbriefes in 20 Paletten übergeben worden ist. Derartige Paletten sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch Packungen ins Sinne des §660 HGB (BGH VersR 1973, 1038 [BGH 09.07.1973 - II ZR 86/71]). Legt man als Haftungseinheit 20 Paletten zugrunde, liegt der sich daraus ergebende Haftungshöchstbetrag des §660 HGB weit oberhalb der Klagforderung von 13.040,25 DM.
Nach alledem wäre die Klage in voller Höhe begründet, würde man über Art. 2 Abs. 1 CMR zur Anwendung seehandelsrechtlicher Haftungsnormen kommen.
4.
Haftung der Beklagten aus Art. 17 CMR
Würde man dagegen über Art. 2 Abs. 1 CMR zur Haftung nach CMR-Normen kommen, ergäbe sich die Haftung der Beklagten aus Art. 17 Abs. 1 CMR. Ein Haftungsausschluß nachArt. 17 Abs. 2 CMR wegen solcher Umstände, "die der Frachtführer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte", kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Bereits aus den vorstehenden Ausführungen zur Haftung der Beklagten aus §606 HGB ergibt sich, daß die Beklagte die einem "Unabwendbarkeitsbeweis" vergleichbaren Voraussetzungen für einen Haftungsausschluß nicht dargelegt hat. Weder ist dargelegt, daß während der Fahrt alle gebotenen Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Befestigung des Trailers getroffen worden sind, noch kann davon ausgegangen werden, daß die zum Schadenszeitpunkt herrschende Wetterlage unvorhersehbar war, noch ist ersichtlich, daß der Kapitän von ... keine Möglichkeit gehabt hätte, durch Aufsuchen eines Schutzhafens oder Aufnahme eines anderen Kurses weitere Schäden zu vermeiden, nachdem es bereits am 24. März morgens zum ersten Schadensfall gekommen war.
5.
Prozessuale Entscheidungen
Da weder die Frage, ob auf den Trailerverkehr nach Großbritannien über Art. 2 Abs. 1 CMR Seehandelsrecht oder CMR-Recht zur Anwendung kommt, noch die Frage, ob ein "Trailer" als "Packung" im Sinne des §660 HGB verstanden werden kann, für das Ergebnis des Rechtsstreits von entscheidungserheblicher Bedeutung sind, besteht zur Zulassung der Revision kein Grund. Im übrigen ergeben sich die prozessualen Nebenentscheidungen aus §97 Abs. 1, §708 Nr. 10, §§713, 546 ZPO.