Abschnitt 2 ÜSG-Erl - Ermittlung von Überschwemmungsgebieten durch den NLWKN/Fachtechnische Unterlagen und Methoden
Bibliographie
- Titel
- Ermittlung, vorläufige Sicherung und Festsetzung von Überschwemmungsgebieten
- Redaktionelle Abkürzung
- ÜSG-Erl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 28200
2.1 Maßgebendes Hochwasserereignis
Das maßgebende Hochwasserereignis ist gemäß § 115 Abs. 2 NWG und § 76 Abs. 2 Nr. 1 WHG die Wassermenge eines hundertjährlichen Hochwasserereignisses (HQ100). Der Wert ist durch den NLWKN zu ermitteln. Dabei sind der Bezugserlass, das Merkblatt 552 "Ermittlung von Hochwasserwahrscheinlichkeiten" der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) in der jeweils geltenden Fassung und die vor Ort vorhandenen Kenntnisse über tatsächlich abgelaufene Hochwasserereignisse zu berücksichtigen.
Unterhalb von Stauanlagen ist grundsätzlich der hundert-jährliche Abfluss bei der Ermittlung des Überschwemmungsgebietes zugrunde zu legen. Eine begründete Ausnahme von der vorgenannten Regelung liegt vor, wenn es sich um eine Stauanlage gemäß § 52 NWG (Talsperre) oder § 56 (andere Stauanlage) handelt. Zusätzlich müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
ein ausschließlich dem Hochwasserschutz vorbehaltener Rückhalteraum, der mindestens auf ein Ereignis mit hundertjährlicher Eintrittswahrscheinlichkeit bemessen ist,
die Stauanlage unterliegt einer Aufsicht,
ein Betriebsplan liegt vor und
die Anlage kann technisch gesteuert werden.
In den vorgenannten Fällen kann die maximale Abflussleistung der Stauanlage angesetzt werden. Die Seeretention kann in begründeten Ausnahmen auch bei Anlagen angesetzt werden, die die o. g. Bedingungen nicht erfüllen, z. B. Talsperren mit einem Hochwasserschutzraum, dessen Bemessungsvolumen kleiner als ein HQ100 Ereignis ist.
2.2 Modellierung
Für die hydraulische Modellierung von Überschwemmungsgebieten stehen grundsätzlich eindimensionale und zweidimensionale Modelle zur Verfügung. Die Wahl der erforderlichen Modelltechnik liegt im fachlichen Ermessen des gewässerkundlichen Landesdienstes. Die Berechnung und der Modellaufbau sind nachvollziehbar im Erläuterungsbericht zu beschreiben und die Modellparameter entsprechend zu dokumentieren.
2.2.1 Modellgenauigkeitsbetrachtungen
Ein computergestütztes Modell stellt immer nur eine vereinfachte Abbildung der natürlichen Verhältnisse dar. Da viele Eingangsgrößen für die hydraulische Berechnung Toleranzen aufweisen, kann es empfehlenswert sein, die Wirkung einzelner Parameter auf die berechneten Überschwemmungsflächen zu untersuchen. Hierzu können beispielsweise die Abflüsse und die hydraulischen Rauheiten variiert und sowohl die maximalen als auch die minimalen Ausdehnungen der Überschwemmungsgebiete berechnet werden. Die Kenntnis dieser Toleranzgrenzen von Überschwemmungsgebieten ist insbesondere in solchen Bereichen von Bedeutung, die rechnerisch lediglich wenige Dezimeter überflutet werden.
Die Erfahrung zeigt, dass in der Regel trotz umfassender Kalibrierung eine höhere Genauigkeit der hydraulischen Berechnung als von bis zu ± 20 cm kaum erreicht werden kann.
2.2.2 Bauwerke
Die wichtigsten hydraulisch relevanten Bauwerke in Gewässern sind Brücken, Wehre und Durchlässe. Die unterschiedlichen Abflusszustände werden mithilfe unterschiedlicher Überfall-, Fließ- oder Widerstandsformeln unter Verwendung entsprechender Beiwerte und Parameter berechnet. Dazu ist eine entsprechende Parametrisierung der Bauwerke anhand ihrer Form und ihrer Abmessungen erforderlich.
Bei eindimensionalen Modellen ist darzulegen, welche Überfall-, Fließ- oder Widerstandsformeln mit welchen Parametern die herangezogene Software verwendet. Die Parametrisierung ist für jedes Bauwerk zu dokumentieren.
2.3 Grenze des Überschwemmungsgebietes
Nach Berechnung der Grenze des Überschwemmungsgebietes ist der Bereich örtlich visuell zu kontrollieren und zu entscheiden, ob weitere Nachvermessungen oder Korrekturen einzuarbeiten sind. Die Begehung ist nachvollziehbar zu dokumentieren. Zweckmäßigerweise ist für die Dokumentation die Datenbankform zu wählen, um eine Darstellung über GIS zu ermöglichen.
Das Überschwemmungsgebiet und seine Grenzen sind in den Arbeitskarten darzustellen, die Grundlage für die vorläufige Sicherung und das Festsetzungsverfahren sind. Die Ausgestaltung der Karten ist gemäß Nummer 4.2 vorzunehmen.
Die Anschlüsse an vorhandene Überschwemmungsgebiete sollten den örtlichen Verhältnissen entsprechend gewählt werden. Sofern es zu Überlappungen eines neuen mit einem bereits vorhandenen Überschwemmungsgebiet eines anderen Gewässers kommt, werden beide Überschwemmungsgebiete für diese Fläche separat dargestellt. Bei Anpassungen eines dieser Überschwemmungsgebiete bleibt das Überschwemmungsgebiet des anderen Gewässers in dem Überlappungsbereich unberührt.
Bei Überschwemmungsgebieten desselben Gewässers sollen die Übergänge entsprechend den aktuellen Erkenntnissen angeglichen werden um Sprünge zu vermeiden.
Außer Kraft am 1. Februar 2028 durch Nummer 8 des RdErl. vom 31. Januar 2023 (Nds. MBl. S. 154)