Landgericht Stade
Urt. v. 19.01.2005, Az.: 2 S 55/04
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 19.01.2005
- Aktenzeichen
- 2 S 55/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 42504
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGSTADE:2005:0119.2S55.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Buxtehude - AZ: 31 C 1190/03
Fundstelle
- ZVI 2005, 274-275
In dem Rechtsstreit
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2004
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Buxtehude vom 02. Juli 2004- 31 C 1190/03-wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
- 2.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- 3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg. Die Beklagte ist dem Kläger zur Rückgewähr des am 01.11.2002 empfangenen Betrages von 1.500,00 € verpflichtet. Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 InsO nicht gegeben sein dürften. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil bereits die Voraussetzungen für eine anfechtbare Handlung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegen. Die Zahlung vom 01.11.2002 ist im letzten Monat nach dem am 24.10.2002 gestellten Insolvenzantrag und damit in der kritischen Zeit nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgenommen worden. Durch die Zahlung sind die übrigen Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligt worden (§ 129 Abs. 1 InsO). Ohne diese Zahlung hätte die Beklagte auf ihre ungesicherte Forderung von 1.500,00 € nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur eine Quote des Nennwerts erhalten. Durch die Zahlung entgeht der Insolvenzmasse der Unterschied zwischen dem Nennwert der Forderung in Höhe von 1.500,00 € und der bloßen Quote auf diese Forderung. Da auf die übrigen Insolvenzgläubiger rein rechnerisch eine insgesamt verringerte Insolvenzquote entfällt, sind diese insgesamt geschädigt.
Die Zahlung hat der Beklagten eine inkongruente Deckung verschafft. Der übliche Zahlungsweg wäre die Banküberweisung. Die Direktzahlung im Hause der Beklagten knüpft an den Zahlungsverzug und die Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners an. Die Inkongruenz der Zahlung ergibt sich zudem vor allem aus der Drucksituation. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Leistung des Schuldners zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung inkongruent ist, auch wenn der Gläubiger Anspruch auf die Zahlung hat (vgl. etwa BGH NJW 2002, 2568; NJW-RR 2003, 1201). Ebenso ist inkongruent eine Leistung zur Abwendung eines Insolvenzantrages (BGH ZIP 2004, 319). Indes ist die Inkongruenz einer unter Druck erbrachten Leistung nicht auf die Androhung derartiger Maßnahmen beschränkt; auch anderer Druck, der dem in wirtschaftlicher Hinsicht gleich oder nahe kommt und die Leistungsmotivation des zur freiwilligen Leistung nicht bereiten Schuldners herstellt, lässt die Leistung inkongruent werden.
Vorliegend waren die ständigen Zahlungsrückstände des Schuldners ein deutliches Anzeichen für Liquiditätsprobleme. Durch die Verknüpfung der Schuldentilgung mit der Belassung des Fahrzeugs beim Schuldner wirkte die Beklagte auf die Erschließungsfreiheit des Schuldners ein und erzeugte eine Drucksituation, die in ihrem Gewicht der Androhung eines Insolvenzantrages oder einer Zwangsvollstreckung gleichkommt. Auf eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht kommt es im Rahmen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht an. Auch die subjektive Seite beim Anfechtungsgegner -Kenntnis von der Krise sowie die Krise selbst — werden unwiderleglich vermutet.
Die Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
Ein Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor.