Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.01.2013, Az.: 21 WF 318/12

Wirksamkeit eines Ordnungsmittelbeschlusses bei Befristung des Unterlassungstitels

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.01.2013
Aktenzeichen
21 WF 318/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 40625
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:0121.21WF318.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Stuttgart - 28.03.2001 - AZ: 2 W 6/01
nachfolgend
OLG Karlsruhe - 01.06.2015 - AZ: 20 WF 35/15

Fundstellen

  • FamFR 2013, 161
  • FamRZ 2013, 1758

Redaktioneller Leitsatz

War ein Unterlassungstitel befristet, so ist ein ergangener Ordnungsmittelbeschluss aufzuheben, wenn die Zuwiderhandlung zwar noch vor Ablauf der Befristung begangen wurde, die Frist zum Zeitpunkt der Vollstreckung aber abgelaufen ist.

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 17. Dezember 2012 werden der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Cuxhaven vom 11. Dezember 2012 aufgehoben und die Anträge der Antragstellerin auf Festsetzung von Ordnungsmitteln vom 24. Juli 2012 und 14. September 2012 zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren ratenlose Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 5. März 2012 hat das Amtsgericht dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung untersagt, befristet bis zum 31. Dezember 2012

- die Wohnung der Antragstellerin zu betreten,

- sich der Wohnung der Antragstellerin bis auf eine Entfernung von 50 m zu nähern,

- Verbindung zur Antragstellerin, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen, ein Zusammentreffen mit der Antragstellerin herbeizuführen. Sollte es zu einem zufälligen Zusammentreffen kommen, hat der Antragsgegner einen Abstand von 50 m herzustellen.

Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde dem Antragsgegner in dem vorgenannten Beschluss ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Ein Verfahrenskostenhilfegesuch des Antragsgegners für eine gegen diesen Beschluss beabsichtigte Beschwerde hat der Senat (21 UF 48/12) unter dem 3. April 2012 zurückgewiesen, weil gemäß § 57 FamFG Rechtsmittel gegen ohne mündliche Verhandlung ergangene einstweilige Anordnungen im Gewaltschutzverfahren nicht statthaft sind.

Unter dem 24. Juli 2012 stellte die Antragstellerin wegen verschiedener in diesem Schriftsatz behaupteter Verstöße beim Amtsgericht einen Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln, der dem Antragsgegner zur Stellungnahme binnen Wochenfrist übersandt worden ist.

Mit Beschluss vom 14. August 2012 hat das Amtsgericht Ordnungshaft von 6 Wochen gegen den Antragsgegner verhängt. Hiergegen wendete sich der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde vom 18. August 2012. Mit Beschluss vom 20. September 2012 hat der Senat (21 WF 218/12) den Beschluss des Amtsgerichts vom 14. August 2012 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Den vom Senat im Beschluss vom 20. September 2012 aufgezeigten Bedenken an der Schuldfähigkeit des Antragsgegners folgend, hat das Amtsgericht mit Beweisbeschluss vom 15. Oktober 2012 ein entsprechendes Sachverständigen- gutachten in Auftrag gegeben.

Nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie - Forensische Psychiatrie - J. P. vom 13. November 2012, und nachdem die Antragstellerin unter dem 14. September 2012 wegen verschiedener in diesem Schriftsatz behaupteter weiterer Verstöße des Antragsgegners beim Amtsgericht einen neuerlichen Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln gestellt hat, verhängte das Amtsgericht mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 Ordnungshaft von 6 Wochen gegen den Antragsgegner.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.

II.

Die gemäß §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Soweit das Amtsgericht davon ausgeht, dass der Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln gemäß §§ 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, 890 ZPO an sich begründet ist, bestehen hiergegen keine Bedenken.

Das Amtsgericht hat die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsmittels zutreffend angenommen. Insbesondere hat das Amtsgericht die Frage der Schuldfähigkeit ausführlich erörtert und ist dem schriftlichen Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie - Forensische Psychiatrie - J. P. vom 13. November 2012 - welches von einer Schuldfähigkeit des Antragsgegners ausgeht - zu Recht gefolgt. Auch die Höhe der festgesetzten Ordnungshaft ist angesichts des Verhaltens des offenbar unbelehrbaren Antragsgegners nicht zu beanstanden.

Jedoch kommt eine Vollstreckung des Ordnungshaftbeschlusses nicht in Betracht, da der zu Grunde liegende Unterlassungstitel vom 5. März 2012 nur bis zum 31. Dezember 2012 befristet war und somit keine wirksame Grundlage mehr für eine Verhängung von Ordnungsmitteln besteht. Der Umstand, dass die fraglichen Zuwiderhandlungen noch zu einem Zeitpunkt begangen worden sind, in dem der Unterlassungstitel noch gültig war, ändert hieran nichts. Denn die Vollstreckungs- voraussetzungen (insbesondere ein wirksamer Unterlassungstitel) müssen auch noch im Zeitpunkt der Vollstreckung vorliegen. Das ist hier indes nicht der Fall, so dass der Ordnungshaftbeschluss aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 87 Abs. 5, 81 Abs. 1 S. 1 FamFG.