Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 26.09.2019, Az.: 1 B 33/19

ausländische Fahrerlaubnis; Cannabis; Kokain

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
26.09.2019
Aktenzeichen
1 B 33/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 70024
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Enziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis (EU) wegen einmaligen Konsums von Kokain

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die durch Bescheid des Antragsgegners vom 5. August 2019 verfügte Entziehung seiner Fahrerlaubnis mit der Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, und die damit verbundene Aufforderung, seinen Führerschein zu dem Zweck abzuliefern, einen Sperrvermerk für die Bundesrepublik Deutschland einzutragen.

Er ist belgischer Staatsangehöriger und Berufskraftfahrer mit einer belgischen Fahrerlaubnis. Am 6. April 2019 gegen 0.50 Uhr führte er im Bereich der Gemeinde E. ein Kraftfahrzeug. Im Rahmen einer allgemeinen Kontrolle fanden Zollbeamte bei ihm sechs „Joints“. Der freiwillig gemachte Drogenvortest reagierte positiv auf Cannabis (THC) und Kokain. In der Befragung räumte er gegenüber den Polizeibeamten ein, zunächst gegen 19.00 Uhr einen „Joint“ mit Marihuana und gegen 21.00 Uhr einen weiteren „Joint“ geraucht zu haben. Außerdem habe er an dem Wochenende 23./24. März 2019 Kokain konsumiert. Die daraufhin von dem Antragsteller genommene Blutprobe ergab ausweislich des Untersuchungsbefundes des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover vom 29. April 2019 einen THC-Wert von 9,4 ng/ml, einen THC-OH-Wert von 2,9 ng/ml und einen THC-Carbonsäure-Wert (THC-COOH) von 53,0 ng/ml jeweils im Blutserum. Hinsichtlich Kokain und dessen Abbauprodukte Benzoylecgonin und Ecgoninmethylester war der Befund jeweils negativ.

Nach Anhörung entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 5. August 2019 die Fahrerlaubnis mit der Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, forderte ihn zur Abgabe seines Führerscheines zum Zwecke der Eintragung eines Sperrvermerkes auf und ordnete die sofortige Vollziehung beider Verfügungen an.

Dagegen hat der Antragsteller am 6. September 2019 Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Zwar habe er im März 2019 Kokain konsumiert. Dieser Vorfall rechtfertige aber nicht den Entzug seiner Fahrerlaubnis, da die Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung hinsichtlich Kokainkonsums nur eine Regelvermutung enthalte. Auf diese Vermutung könne hier nicht belastbar abgestellt werden, weil Ausnahmeumstände vorlägen, die ein Abweichen von der Regel rechtfertigten. Denn es handele sich um einen einmaligen Konsum, der in einer gänzlich atypischen Lebenssituation erfolgt sei. Ein Freund habe ihn zum Kokainkonsum verführt, nachdem dieser erfahren hätte, dass dessen Vater die Diagnose eines fortgeschrittenen Prostatakrebses erhalten habe. Dieser Vorfall habe ihn daran erinnert, dass er selbst schon im Alter von 20 und 21 Jahren beide Elternteile verloren habe. Der festgestellte Konsum von Cannabis rechtfertige ebenso wenig die Entziehung der Fahrerlaubnis. Nach dem Konsum von Cannabis gegen 19.00 Uhr sei er davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt des Fahrtantritts kein THC-Wirkstoff mehr in seinem Körper aktiv sei. Über den in der Blutprobe festgestellten THC-Wert könne er sich nur erstaunt zeigen.

Selbst wenn der angefochtene Bescheid nicht offensichtlich rechtswidrig sei, sei die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Denn sein Interesse an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung. Er sei Berufskraftfahrer und er werde im Falle der sofortigen Vollziehung seinen Arbeitsplatz verlieren.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid ergänzend vor: Die Argumentation des Antragstellers gehe fehl. Zwar könne auch ein Konsument harter Drogen die Regelvermutung der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen entkräften, so dass eine medizinisch-psychologische Untersuchung angezeigt sein könne. Hier habe der Antragsteller aber gegenüber der Polizei nicht von einem einmaligen, sondern vom letztmaligen Konsum von Kokain gesprochen. Selbst wenn man die Einlassung des Antragstellers zu seiner persönlichen Ausnahmesituation als richtig ansehen wollte, könne damit die Regelvermutung nicht entkräftet werden. Hier liege möglicherweise ein mehrmaliger Konsum vor und der nicht zu unterschätzende Cannabiskonsum, wobei es zu einer Rauschfahrt gekommen sei.

II.

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die Herausgabe seines Führerscheins gerichteten Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Ist die sofortige Vollziehung von der Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügend angeordnet worden, so entscheidet das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf der Grundlage einer eigenen Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.2014 - 7 VR 5.14 -, juris Rn. 9; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.9.2014 - 8 ME 87/14 -, juris Rn. 2). Im Rahmen der Interessenabwägung kommen den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine entscheidende Bedeutung zu. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Überprüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Erweist sich der Rechtsbehelf bei summarischer Überprüfung demgegenüber als offensichtlich erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts, von dessen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs hingegen bei der allein gebotenen summarischen Überprüfung als offen dar, so ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich, bei der in Rechnung zu stellen ist, welche Gründe bei bestehender Unsicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs für und gegen eine Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts sprechen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.5.2010 - 13 ME 181/09 -, juris Rn. 4). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die voraussichtliche Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts für sich allein nur das allgemeine Interesse an seiner Vollziehung begründet, nicht aber zugleich auch deren, für die behördliche Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderliche Dringlichkeit (vgl. grundlegend: BVerfG, Beschl. v. 27.4.2005 - 1 BvR 223/05 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.9.2014 - 8 ME 87/14 -, juris Rn. 4, m.w.N.).

Nach Maßgabe dessen ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage unbegründet.

Zunächst genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen. Erforderlich für das Vorliegen einer hinreichenden schriftlichen Begründung im Sinne dieser Vorschrift ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm angegriffenen Verwaltungsakt verschont zu werden. Dem Begründungserfordernis ist nicht erst dann Genüge getan, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung tatsächlich vorliegt. Ausreichend ist vielmehr - wie bei der Begründung eines Verwaltungsakts nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG -, dass die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilt, die er im konkreten Einzelfall zu der Annahme des Vorliegens eines besonderen Vollzugsinteresses und damit zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Da sich diese Begründung auf das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung zu beziehen hat, ist eine gesonderte Darstellung der diesem Interesse entgegenstehenden Interessen des von der sofortigen Vollziehung nachteilig Betroffenen keine Voraussetzung der formalen Ordnungsmäßigkeit der Begründung. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, ob bereits die von dem Antragsgegner getroffene Entscheidung über die sofortige Vollziehung auf einer auch inhaltlich tragfähigen, materiell ausreichenden Abwägung beruhte (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.3.2017 - 12 ME 12/17 -, n.v.).

Die Begründung des Antragsgegners für die Anordnung der sofortigen Vollziehung wird diesen Anforderungen gerecht. Die Anordnung der sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis und Abgabe des Führerscheines begründete der Antragsgegner hinreichend mit dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer. Er stellte zur Begründung eines überwiegenden öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung auf die mit dem Konsum von Betäubungsmitteln für den Straßenverkehr einhergehenden Gefahren ab. Aufgrund der sich daraus ergebenden Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen seien zum Schutz von Leben und Gesundheit der übrigen Verkehrsteilnehmer sofortige Maßnahmen geboten. Diese Begründung genügt den aufgezeigten Anforderungen.

Die Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung fällt zu seinen Ungunsten aus. Nach der hier allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, und die Ablieferung des Führerscheins zum Zwecke der Eintragung eines Sperrvermerkes keinen Erfolg haben, weil die Verwaltungsakte rechtmäßig ergangen sind.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 46 Abs.1 Satz 1 FeV. Hiernach hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich dieser als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis - wie hier - hat die Entziehung nach §§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, 46 Abs. 5 FeV die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Infolgedessen erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland, §§ 3 Abs. 2 Satz 2 StVG, 46 Abs. 6 Satz 2 FeV. Maßgeblich insoweit ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 -, juris Rn. 13).

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügungen bestehen nicht, zumal der Antragsgegner den Antragsteller vor Erlass des Verwaltungsakts anhörte.

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die die Fahrerlaubnis insbesondere zu entziehen, wenn bei dem Inhaber der Fahrerlaubnis Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung vorliegen oder er erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat und dadurch seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV).

Bereits der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen wie Kokain schließt im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus, so dass in diesen Fällen die Fahrerlaubnis auf der Grundlage des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV in Verbindung mit Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entziehen ist. Des Nachweises einer Drogenabhängigkeit, eines regelmäßigen Konsums oder auch nur bei gelegentlichem oder einmaligem Konsum des Unvermögens zur Trennung von Drogenkonsum und Kraftfahrzeugführung bedarf es nicht (st. Rspr. - vgl. BVerwG, Urt. v. 11.4.2019 - 3 C 14.17 -, juris Rn. 41, 44; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.12.2012 - 12 ME 226/12 -, n.v.; Beschl. v. 11.8.2009 - 12 ME 156/09 -, juris Rn. 7; Beschl. v. 30.6.2009 - 12 ME 112/09 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 19.11.2004 - 12 ME 404/04 -, juris Rn. 5; Beschl. v. 16.6.2003 - 12 ME 172/03 -, juris Rn. 3). Der Verordnungsgeber stellt in Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung im Hinblick auf „harte“ Drogen allein auf die Einnahme als solche, nicht dagegen auf deren Häufigkeit und fehlendes Trennungsvermögen zwischen Konsum und Führen eines Kraftfahrzeuges ab. Die hierin zum Ausdruck kommende Strenge ist in der Aufnahme des jeweiligen Betäubungsmittels in den Katalog des Betäubungsmittelgesetzes begründet, die die besondere Gefährlichkeit im Falle des Konsums berücksichtigt. Dem unterschiedlichen Gefährdungspotential hat der Verordnungsgeber (allein) durch die differenzierte Regelung beim Konsum von Cannabis hinreichend Rechnung getragen. Die Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung beruht maßgeblich auf den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung der Bundesanstalt für Straßenwesen, denen ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zugrunde liegt und die den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse wiedergeben. Auch die Begutachtungsleitlinien sehen jegliche Einnahme von Drogen (außer Cannabis) als Ausschlusskriterium für die Fahreignung an (vgl. Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, Stand: 24. Mai 2018). Dieser umfassende Eignungsausschluss beruht insbesondere auf der Gefährlichkeit dieser Substanzen und der fehlenden subjektiven Wirkungskontrolle. Er ist angesichts der hohen Bedeutung der Verkehrssicherheit und des Schutzinteresses der übrigen Verkehrsteilnehmer daran, dass ungeeignete Kraftfahrer vom öffentlichen Straßenverkehr ferngehalten werden, auch verhältnismäßig (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.12.2012 - 12 ME 226/12 -, n.v.; Beschl. v. 11.8.2009 - 12 ME 156/09 -, juris Rn. 8). Hier hat der Antragsteller den Konsum von Kokain wiederholt eingeräumt.

Besondere Umstände, die es - im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung - gerechtfertigt erscheinen ließen, ausnahmsweise von einer fortbestehenden oder von einer wiedererlangten Fahreignung des Antragstellers auszugehen, sind nicht gegeben. In diesem Zusammenhang muss ein Konsument „harter“ Drogen grundsätzlich die in der Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung aufgestellte Vermutung gegen sich gelten lassen. Deshalb ist es Sache des Drogenkonsumenten, die Regelvermutung zu entkräften, d. h. einen besonders gelagerten Sachverhalt geltend zu machen und zu belegen (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 4.9.2007 - 11 CS 07.308 -, juris Rn. 11; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.7.2004 - OVG 4 B 37.04 -, zfs 2005, 50; OVG Bremen, Beschl. v. 30.6.2003 - 1 B 206/03 -, juris Rn. 7).

Wie zuvor dargelegt, begründet weder der Umstand, dass es (bisher) nur zu einem einmaligen Konsum harter Drogen gekommen ist, noch dass es bisher nicht zu einer Rauschfahrt nach einem Konsum solcher Drogen gekommen ist, für sich genommen einen solchen Ausnahmefall. Insoweit müssen weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich verlässlich ergibt, dass ein erneuter oder weiterer Konsum harter Drogen sicher auszuschließen ist. Gegen das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls spricht hier, dass der Antragsteller nicht lediglich einmalig aufgrund einer außergewöhnlichen Lebenssituation Kokain konsumiert. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Antragsteller lediglich einmalig Kokain konsumiert hätte, bliebe doch festzuhalten, dass der Antragsteller (zumindest) gelegentlicher Konsument von Cannabis war (wobei die Anzahl der beim Antragsteller gefundenen Joints sowie der mehrfache Konsum von Cannabis innerhalb von rd. zwei Stunden auf einen regelmäßigen Konsum hindeuten) und dabei nicht sicher zwischen dem Cannabiskonsum und dem Fahren von Kraftfahrzeugen zu trennen vermochte, wie die Fahrt am 6. April 2019 mit einem THC-Wert von 9,4 ng/ml im Blutserum belegt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist sein Cannabiskonsum und das fehlende Trennungsvermögens bei der Frage, ob aufgrund besonderer Umstände ausnahmeweise der Kokainkonsum nicht die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begründet, zu berücksichtigen. Denn hierdurch hat der Antragsteller gezeigt, dass in seiner Person nicht gewährleistet ist, dass er Drogenkonsum und Fahren eines Kraftfahrzeuges trennt, zumal am Tattag die Möglichkeit bestand, dass die Beifahrerin das Fahrzeug führt.

Nach dem Vorstehenden muss davon ausgegangen werden, dass der eingetretene Fahreignungsmangel bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Entziehungsbescheides fortbestand. Die Frage, ob der betreffende Fahrerlaubnisinhaber zwischenzeitlich die Fahreignung wiedererlangt hat, ist zwar (auch) für die Rechtmäßigkeit einer Entziehungsverfügung von Bedeutung. Dabei ist aber davon auszugehen, dass eine - wie hier - festgestellte Fahrungeeignetheit grundsätzlich ohne starre zeitliche Vorgaben und unabhängig von bloßen Zeitabläufen fortbesteht, solange der Betroffene nicht materiell nachgewiesen hat, dass er die Fahreignung wiedererlangt hat. Wie lange die (Regel-)Vermutung der Ungeeignetheit ohne weitere Ermittlungen fortbesteht, lässt sich dabei nur nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere im Hinblick auf Art, Umfang und Dauer des Drogenkonsums, und nicht schematisch anhand fester Fristen beurteilen. Für die Annahme, dass der Fahrerlaubnisinhaber seine Fahreignung im Laufe der Zeit wiedererlangt hat, müssen jedenfalls begründete Anhaltspunkte vorliegen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31.10.2018 - OVG 1 S 101.18 -, ZfSch 2019, 56, 57, m.w.N.). Die Wiedererlangung der Kraftfahreignung setzt hierbei den Nachweis voraus, dass der Betroffene über einen ausreichend langen Zeitraum keine Drogen mehr konsumiert. Ob er diese Voraussetzungen erfüllt, ist nicht schon nachgewiesen, wenn er vorgibt, seit längerer Zeit keine Drogen mehr zu nehmen, oder er einzelne Abstinenznachweise erbringt. Es bedarf vielmehr zusätzlich des Nachweises, dass bezogen auf die Einnahme illegaler Drogen auf der Grundlage einer tragfähigen Motivation eine hinreichend stabile Verhaltensänderung eingetreten ist und daher für die Folgezeit eine günstige Prognose getroffen werden kann. Dabei muss sich der Nachweis der Drogenabstinenz auf einen Zeitraum erstrecken, der den Schluss rechtfertigt, der Drogenverzicht sei nicht lediglich im Hinblick auf das anhängige Entziehungsverfahren erfolgt und damit vorgeschoben, sondern beruhe auf einem tatsächlichen Einstellungswandel des Betroffenen. Der Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung erfordert daher regelmäßig den lückenlosen, in der Regel behördlich überwachten Nachweis der Betäubungsmittelabstinenz für die Dauer eines Jahres (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.10.2014 - 16 B 1032/14 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 14.11.2014 - 16 B 1195/14 -, juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg., Beschl. v. 7.4.2014 - 10 S 404/14 -, juris Rn. 153; Thüringer OVG, Beschl. v. 9.7.2014 - 2 EO 589/13 -, juris Rn. 16 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31.10.2018 - OVG 1 S 101.18 -, ZfSch 2019, 56, 57). Ferner kann dieser Nachweis grundsätzlich - und so auch hier - nur auf der Grundlage einer medizinisch-psychologischen Begutachtung erbracht werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.10.2014 - 16 B 1032/14 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 14.11.2014 - 16 B 1195/14 -, juris Rn. 8; Bayerischer VGH, Beschl. v. 3.4.2018 - 11 CS 18.460 -, juris Rn. 15; Thüringer OVG, Beschl. v. 9.7.2014 - 2 EO 589/13 -, juris Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31.10.2018 - OVG 1 S 101.18 -, ZfSch 2019, 56, 57). An solchen Nachweisen fehlt es hier.

Rechtliche Bedenken gegen die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung, den Führerschein vorzulegen, um einen Vermerk anzubringen, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf, bestehen nicht. Diese Anordnung ist nach § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG in Verbindung mit § 47 Abs. 2 FeV vorgesehene Folge der Fahrerlaubnisentziehung.

Schließlich liegt hier ein besonderes Vollzugsinteresse vor. Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis ist dieses in der Wahrung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu sehen. Die von einem als zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet angesehenen Fahrerlaubnisinhaber ausgehenden Gefahren für den Straßenverkehr sind zu groß, als dass sie im Interesse seiner erleichterten und erweiterten Teilnahme im Straßenverkehr vorläufig hingenommen werden könnten. Gerade im Hinblick auf das mit dem Konsum von Betäubungsmitteln verbundene konkrete Gefahrenpotenzial kann im Interesse der hochrangigen Rechtsgüter der Gesundheit und des Lebens der übrigen Verkehrsteilnehmer eine Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht verantwortet werden. Die Kammer räumt dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung den Vorrang ein vor dem Interesse des Antragstellers, einstweilen weiter am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen und seinem Beruf als Kraftfahrer nachzugehen. Die für den Antragsteller mit dieser Entscheidung verbundenen Nachteile etwa in Bezug auf seine berufliche und private Lebensführung müssen von ihm vor diesem Hintergrund hingenommen werden (vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 23.11.2011 - 12 ME 245/11 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 23.12.2016 - 12 ME 186/16 -, juris Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 7.4.2014 - 10 S 404/14 -, juris Rn. 153).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich an Nrn. 46.4 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).