Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 19.09.2019, Az.: 8 B 154/19
Bürgergeld; SIPROIMI
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 19.09.2019
- Aktenzeichen
- 8 B 154/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 70003
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 29 Abs 1 Nr 1 AsylVfG 1992
- § 34a Abs 2 S 1 AsylVfG 1992
- Art 3 EUV 604/2013
- Art 3 Abs 2 UAbs 3 EUV 604/2013
- Art 3 MRK
- Art 4 EUGrdRCh
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Durch die Einführung des Bürgergeldes für italienische Staatsangehörige haben sich die Lebensbedingungen für anerkannte Schutzberechtigte nicht in einer im Hinblick auf Art. 3 EMRK relevanten Weise verändert.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist algerischer Staatsangehöriger und reiste am 19. Juli 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 22. Juli 2019 Asyl beantragte.
In seiner Anhörung durch einen Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab er an, über Italien in die Europäische Union eingereist zu sein.
Eine EURODAC-Abfrage des Bundesamtes ergab, dass der Antragsteller bereits im Jahr 2017 in Italien einen Asylantrag gestellt hat. Das Bundesamt stellte gegenüber den italienischen Behörden am 8. August 2019 ein Wiederaufnahmeersuchen, welchem diese am 21. August 2019 unter Bezugnahme auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO stattgaben.
Die Antragsgegnerin lehnte daraufhin mit Bescheid vom 22. August 2019 den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete seine Abschiebung nach Italien an (Ziffer 3) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf fünfzehn Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung wird in dem Bescheid ausgeführt, dass nach der Dublin III-Verordnung Italien für den Asylantrag des Antragstellers zuständig sei. Auch bestünden keine Abschiebungsverbote, insbesondere weil nicht anzunehmen sei, dass ihm bei einer Abschiebung nach Italien eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohe.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 30. August 2019 Klage erhoben (Az. 8 A 414/19) und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. In Italien drohten ihm Hunger und seine Abschiebung nach Algerien.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen das Entfallen der grundsätzlich gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO gegebenen aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage - wie hier gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylG - durch Bundesgesetz vorgeschriebenen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO), auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn die im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung überwiegt. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass das öffentliche Vollzugsinteresse bereits durch den gesetzlich angeordneten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erhebliches Gewicht erhält (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.08.2014 - 9 VR 2.14 -, juris Rn. 3, und Beschl. v. 13.06.2007 - 6 VR 5.07 -, NVwZ 2007, 1207 [1209]). Insbesondere wenn die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, besteht kein Anlass von der gesetzlich bestimmten Regel der sofortigen Vollziehbarkeit abzugehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.09.2008 - 7 VR 1.08 -, juris Rn. 6). Ist hingegen die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verfügung offensichtlich, weil sie sich schon bei summarischer Prüfung ergibt, kann das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 06.09.2007 - 5 ME 236/07 -, juris Rn. 11; vgl. zu alledem auch Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 146 ff.).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe überwiegt das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an einem Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer des Hauptsacheverfahrens, da seine Klage nach der insoweit maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05.03.2018 - 1 B 155.17 -, juris Rn. 13 zu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.10.2017 - 11 A 78/17.A -, juris Rn. 48) bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg bietet. Das Bundesamt hat in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides aller Voraussicht nach zu Recht die Abschiebung des Antragstellers angeordnet. Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG (i.d.F.v. 31.07.2016). Hiernach ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
1. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG sind für die Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaats (a)) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 - Dublin III-VO -) und (b)) andere Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages maßgeblich. Vorliegend ist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO Italien für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig, da der aus einem Drittstaat kommende Antragsteller erstmals in Italien einen Mitgliedstaat der Europäischen Union betreten und dessen Grenze illegal überschritten hat. Die Frist für das Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO hat das Bundesamt eingehalten. Da Italien dem Wiederaufnahmegesuch innerhalb der Frist des Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO zugestimmt hat, ist Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO verpflichtet, den Antragsteller wieder aufzunehmen. Die Frist für die Überstellung des Antragstellers nach Italien von sechs Monaten hat gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO noch nicht (erneut) zu laufen begonnen, weil der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung nachsucht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.2016 - 1 C 15.15 -, juris Rn. 11). Dementsprechend scheidet auch ein Übergang der Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin aus.
Die Antragsgegnerin ist auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrages des Antragstellers zuständig. Denn in Italien bestehen für Schutzsuchende in der Situation des Antragstellers keine systemischen Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen, welche die Zuständigkeit der Antragsgegnerin begründeten. Es sind keine hinreichenden Gründe für die Annahme der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 106) bzw. dem übereinstimmenden Art. 3 EMRK (vgl. Nds OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 26) bei einer Rückkehr des Antragstellers nach Italien feststellbar.
Bei der Prüfung, ob ein Mitgliedsstaat hinsichtlich der Behandlung von rücküberstellten Schutzsuchenden gegen Art. 3 EMRK verstößt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (Nds. OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 27). Denn nach dem Konzept, welches Art. 16a Abs. 2 GG und §§ 26a, 29 Abs. 1, 34a AsylG zu Grunde liegt, ist davon auszugehen, dass unter anderem in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist und daher dort einem Schutzsuchenden keine politische Verfolgung droht sowie keine für Schutzsuchende unzumutbare Bedingungen herrschen („Prinzip des gegenseitigen Vertrauens", vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.03.2019 - C-173/17 -, juris Rn. 82, und Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, NVwZ 2012, 417 [EuGH 21.12.2011 - Rs. C-411/10; C-493/10]; BVerwG, Urt. v. 09.01.2019 - 1 C 36.18 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 27). Diese Vermutung ist zwar nicht unwiderleglich. Eine Widerlegung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU (ABl. 2013, L 180/96), die Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU (ABl. 2011, L 337/9) oder die Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU (ABl. 2013, L 180/60) genügen, um die Überstellung eines Schutzsuchenden an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (BVerwG, Beschl. v. 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, juris Rn. 5; Nds. OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 27). Kann einem Mitgliedstaat hingegen nicht unbekannt sein, dass die systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Schutzsuchende in dem zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden, hat eine Überstellung zu unterbleiben (vgl. EuGH, Urt. v. 19.03.2019, C-163/17, juris Rn. 85; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, juris Rn. 5; Nds. OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 27). Systemische Schwachstellen erreichen allerdings erst dann die besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, Urt. v. 19.03.2019, C-163/17, juris Rn. 92).
Für das in Deutschland durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Schutzsuchende in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK. Das Gericht muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Schutzsuchenden stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, - im Klageverfahren - die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Schutzsuchende wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im obigen Sinne ausgesetzt wird (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 28). Das Gericht muss auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte feststellen, dass dieses Risiko für diesen Antragsteller gegeben ist, weil er sich im Fall der Überstellung unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände (EuGH, Urt. v. 19.03.2019, C-163/17, juris Rn 98). Der Nachweis obliegt dem Schutzsuchenden (vgl. EuGH, Urt. v. 19.03.2019, C-163/17, juris Rn. 95).
Bei einer Gesamtwürdigung der aktuell vorliegenden Berichte und Stellungnahmen (vgl. BVerfG, Stattg. Kammerbeschl. v. 21.04.2016 - 2 BvR 273/16 -, juris Rn. 11) ist dies für den Antragsteller nicht festzustellen. Nach summarischer Prüfung sind keine hinreichenden Gründe für die Annahme feststellbar, dass ihm bei einer Rückkehr nach Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund systemischer Mängel im dortigen Asylverfahren oder in den dortigen Aufnahmebedingungen die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK droht (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.07.2019 - A 4 S 749/19 -, juris Rn. 42 ff.). Insoweit wird auf die Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 4. April 2018 (Az. 10 LB 96/17, juris) Bezug genommen, denen das Gericht folgt und die in vollem Umfang auch für den Antragsteller gelten. Er hat weder Umstände vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich, die in seinem Fall zu einer anderen Beurteilung führen würden.
Auch ist nicht zu erkennen, dass sich die Umstände in Italien seit dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. April 2018 in entscheidungserheblicher Weise verändert hätten (so zuletzt auch: Nds. OVG, Beschl. v. 06.08.2018 - 10 LA 320/18 -, sowie v. 06.06.2018 - 10 LB 167/18 -, juris Rn. 98 f.). Zwar wurde auf Veranlassung des italienischen Innenministers das „Decreto Legge“ verabschiedet, welches die Unterbringungsmodalitäten von Flüchtlingen ändert. Dies führt jedoch nicht zu der Annahme systemischer Mängel in Italien und der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung für den Antragsteller bei seiner Rückkehr. Nach dem Dekret werden in SPRAR bzw. nunmehr sog. SIPROIMI Einrichtungen als sekundäre Aufnahmeeinrichtungen nur noch anerkannte Schutzsuchende und unbegleitete Minderjährige untergebracht und Maßnahmen zur Integration sollen auch nur diesen Gruppen zur Verfügung stehen (Republik Österreich, Länderinformationsblatt, Staatendokumentation Italien, v. 26.02.2019, S. 7 (im Folgenden: Staatendokumentation Februar 2019)). Im Jahr 2019 wurden 35.650 Unterkunftsplätze in SIPROIMI finanziert (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien, v. 08.05.2019, S. 6 (im Folgenden: SFH, Aktuelle Situation, v. 08.05.2019)). Andere Schutzsuchende, die nicht unter die Gruppe der unbegleiteten Minderjährigen und der anerkannten Schutzberechtigten fallen, sollen in großen, staatlich verwalteten Auffangzentren untergebracht werden (https://www.sueddeutsche.de/politik/italien-hart-aber-fraglich-1.4144303; https://www.welt.de/politik/ausland/article181649304/Neues-Sicherheitsdekret-Italien-verschaerft-sein-Asylrecht.html; vgl. auch Nds. OVG, Beschl. v. 21.12.2018 - 10 LB 201/18 -, juris Rn. 40). Zur Schaffung dieser Zentren sollen die CAS und CARA Einrichtungen durch Erstaufnahmeeinrichtungen ersetzt werden, in denen weiterhin auch die Dublin-Rückkehrer untergebracht werden sollen (Staatendokumentation Februar 2019, S. 6). Dabei sollen Vulnerabilität und Familieneinheit berücksichtigt und Kernleistungen nicht gekürzt oder gestrichen werden (Staatendokumentation Februar 2019, S. 7). Auch sollen besondere Plätze für Familien oder Alleinreisende mit Kindern vorgesehen werden (Staatendokumentation Februar 2019, S. 7). Einige der acht Cara-Zentren wurden bereits geschlossen (borderline-europe, Stellungnahme zu der derzeitigen Situation von Geflüchteten in Italien mit besonderem Blick auf die Unterbringung, v. 03.05.2019, S. 2 (im Folgenden: borderline, Stellungnahme v. 03.05.2019)). Dass die in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleibenden Plätze nicht ausreichen würden, um die Schutzsuchenden zu versorgen, ist nicht ersichtlich. Die Zahl der in 2018 in Italien angekommenen Migranten ist deutlich zurückgegangen (vgl. auch SFH, Aktuelle Situation, v. 08.05.2019, S. 12). Während es im Jahr 2017 noch 119.249 Personen waren, sind nach Angaben des UNHCR in seinem Bericht „Italy weekly snapshot - 30 Dec 2018“ im Jahr 2018 lediglich noch 23.371 Personen gezählt worden (https://data2.unhcr.org/en/documents/download/67444). Demgemäß ist auch die damit nicht identische Zahl der Asylantragsteller deutlich rückläufig: So haben im Zeitraum von Januar bis November 2018 lediglich 51.109 Personen in Italien einen Asylantrag gestellt, wohingegen im Vergleichszeitraum des Vorjahres über 121.000 Personen Asylanträge gestellt haben (https://data2.unhcr.org/en/documents/download/67444). Im April 2019 waren 118.533 Schutzsuchende in Italien untergebracht (borderline, Stellungnahme v. 03.05.2019). Auch im Übrigen kann nicht angenommen werden, dass sog. Dublin-Rückkehrer in Italien in unzumutbarer Weise schutzlos gestellt wären. Bereits vor Inkrafttreten des Dekrets war der weit überwiegende Teil der Asylsuchenden in den Erstaufnahme- und Notfalleinrichtungen untergebracht, deren Aufnahmebedingungen keine Rechtsverletzung nach Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darstellten. Die Änderungen durch das Dekret, nach dem insbesondere nicht mehr alle Schutzsuchende Zugang zu den SPRAR- bzw. SIPROIMI Einrichtungen haben, führen demnach zu keinen solchen Verschlechterungen für sog. Dublin-Rückkehrer, die die Gefahr ihrer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in Italien begründen würden (vgl. auch VG Aachen, Beschl. v. 07.02.2019 - 9 L 84/19.A -, juris Rn. 27; VG Hannover, Beschl. v. 14.01.2019 - 5 B 5153/18 -, juris Rn. 29; VG Osnabrück, Beschl. v. 10.01.2019 - 5 B 475/18 -, V.n.b.; VG Berlin, Gerichtsbescheid v. 09.01.2019 - 34 K 1131.17 A -, juris Rn. 28; VG Braunschweig, Beschl. v. 03.01.2019 - 3 B 543/18 -, V.n.b.; anders für Familien mit minderjährigen Kindern: Beschl. d. Gerichts v. 02.04.2019 - B 65/19 -, juris). Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass der italienische Staat seinen Beitrag für die Kosten für die Aufnahme von Schutzsuchenden erheblich gesenkt hat, weshalb auch mit einem Abbau von Personal gerechnet wird (SFH, Aktuelle Situation, v. 08.05.2019, S. 9; vgl. auch borderline, Stellungnahme v. 03.05.2019. S. 6) und der UNHCR zudem eine nicht ausreichende Regulierung der Dienstleistungen und damit auch der Aufnahmemodalitäten und -bedingungen der großen Aufnahmezentren bemängelt (SFH, Aktuelle Situation, v. 08.05.2019, S. 9 f.). Die Schutzsuchenden erhalten aber weiterhin jedenfalls Nahrung und Unterkunft (vgl. borderline, Stellungnahme v. 03.05.2019, S. 5 f.).
Auch aus der Einführung des sogenannten Bürgergeldes für italienische Staatsangehörige und damit dem Ausschluss anerkannter Schutzberechtigter für diese Form der Sozialhilfe folgt keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK (a.A. VG Hannover, Beschl. v. 13.08.2019 - 5 B 3516/19 -, juris Rn. 15 ff.). Maßgeblich ist insoweit - wie oben bereits ausgeführt -, ob eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Dies ist für anerkannte Schutzberechtigte in Italien, deren Situation auch bei sogenannten Dublin-Rückkehrern und der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in den Blick zu nehmen ist (vgl. Urt. d. Gerichts v. 10.07.2019 - 8 A 6/18 -, juris Rn. 19 m.w.N.), nicht der Fall (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 06.04.2018 - 10 LB 109/18 -, juris Rn. 33 ff.). Anerkannte Schutzberechtigte werden zunächst im Zweitaufnahmesystem (nunmehr sog. SIPROIMI), das sich durch Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen auszeichnet, untergebracht; dort erhalten sie neben Obdach und Lebensmitteln auch ein Taschengeld (Nds. OVG, Urt. v. 06.04.2018 - 10 LB 109/18 -, juris Rn. 41, 44). Allerdings gilt die grundsätzliche Beschränkung der Aufenthaltsdauer auf sechs Monate auch in den SIPROIMI fort (AIDA, Country Report Update 2018, v. 16.04.2019, S. 146). Nicht in allen Regionen haben anerkannte Schutzberechtigte zudem uneingeschränkten Zugang zu Sozialwohnungen (AIDA, Country Report Update 2018, v. 16.04.2019, S. 146). Ihnen steht aber der italienische Arbeitsmarkt offen und sie können sich in Italien frei bewegen. Zudem werden sie durch kommunale und karitative Einrichtungen unterstützt, die Jobtrainings, Praktika und Sprachkurse anbieten und Hilfestellung geben nach der Beendigung der Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen und die anerkannte Schutzberechtigte - sofern erforderlich - mit Lebensmitteln und Unterkunftsplätzen versorgen (zu alledem vgl. Nds. OVG, Urt. v. 06.04.2018 - 10 LB 109/18 -, juris Rn. 35, 39). Auch fördert der italienische Staat die Einstellung von anerkannten Schutzberechtigten durch steuerliche Anreize (AIDA, Country Report Update 2018, v. 16.04.2019, S. 146). Dem Gericht liegen keine Erkenntnisse darüber vor, und auch der Antragsteller hat hierfür keine Anhaltspunkte benannt, dass anerkannte Schutzberechtigte in Italien trotz der Hilfestellungen nicht in der Lage wären, sich jedenfalls insoweit zu versorgen, dass sie ihre elementarsten Bedürfnisse befriedigen können und ihre Menschenwürde gewahrt bleibt (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.07.2019 - A 4 S 749/19 -, juris Rn. 119). Dies gilt auch für den Antragsteller als arbeitsfähigen alleinstehenden Mann. Durch die Einführung des Bürgergeldes für italienische Staatsangehörige haben sich die Lebensbedingungen für anerkannte Schutzberechtigte, denen auch zuvor in Italien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohte (Nds. OVG, Urt. v. 06.04.2018 - 10 LB 109/18 -, juris Rn. 33), letztlich nicht in einer im Hinblick auf Art. 3 EMRK relevanten Weise verändert.
Der Antragsteller gehört schließlich auch nicht zu einem besonders schutzbedürftigen Personenkreis, bei dem nach dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.) eine Abschiebung nach Italien nur zulässig ist, wenn zuvor besondere Garantien von den italienischen Behörden eingeholt worden sind (vgl. dazu etwa: Nds. OVG, Urt. v. 04.04.2018 - 10 LB 96/17 -, juris Rn. 89 f.).
Auch führt die Ablehnung des Asylantrages des Antragstellers in Italien, verbunden mit einer ihm möglicherweise drohenden Abschiebung in sein Heimatland, nicht zu einer Zuständigkeit der Antragsgegnerin für eine nochmalige Prüfung seines Schutzbegehrens (Beschl. d. Gerichts v. 06.06.2019 - 8 B 115/19 -, juris Rn. 13 m.w.N.).
2. Seiner Abschiebung stehen auch sonst keine Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe entgegen. Eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG setzt insoweit voraus, dass „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat deshalb in den Fällen, in denen der Schutzsuchende in einem für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, vor Erlass einer Abschiebungsanordnung auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen. Damit sind sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse gemeint (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 30.01.2019 - 10 LA 21/19 -, juris Rn. 10; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 02.01.2019 - 13 A 4599/18.A -, juris Rn. 8 m.w.N.).
Gründe für die Annahme eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK liegen - wie oben bereits ausgeführt - nicht vor. Für den Antragsteller besteht in Italien auch nicht eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Insbesondere hat er keine lebensbedrohliche oder sonst schwerwiegende Erkrankung geltend gemacht, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Schließlich hat der Antragsteller auch keine Gesichtspunkte vorgetragen, aus denen sich ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis ergeben würde. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.