Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.07.2022, Az.: 6 W 76/22

Nachlasspflegschaft; Erledigung der Hauptsache; Feststellungsantrag; berechtigtes Interesse; Statthaftigkeit; Beschwerdeverfahren; freiwillige Gerichtsbarkeit

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.07.2022
Aktenzeichen
6 W 76/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59334
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - AZ: 51 VI 93/22

Tenor:

Der Antrag der Beteiligten zu 1 vom 29. Juni 2022 festzustellen, dass die Anordnung der Nachlasspflegschaft rechtswidrig war, wird zurückgewiesen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 944 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Beschwerde, mit der die Beteiligte zu 1 sich gegen die Anordnung einer Nachlasspflegschaft gewendet hat, ist unzulässig geworden, nachdem das Amtsgericht mit Beschluss vom 1. Juni 2022 (Bl. 175 d. A.) die Nachlasspflegschaft mit der Begründung aufgehoben hat, dass nach Erteilung des Erbscheins durch das Amtsgericht Stade am 21. April 2022, die Erben nicht mehr unbekannt seien. Damit hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt.

2. Die Beteiligte zu 1 hat mit Schriftsatz vom 29. Juni 2022 (Bl. 192 f. d. A.) ihren Antrag umgestellt und beantragt nunmehr,

festzustellen, dass die Anordnung der Nachlasspflegschaft rechtswidrig war.

Dieser Antrag war zurückzuweisen, weil ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 62 Abs. 1 FamFG) weder dargelegt noch sonst ersichtlich ist.

Nach § 62 Abs. 2 FamFG liegt ein berechtigtes Interesse in der Regel vor, wenn entweder schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder eine Wiederholung konkret zu erwarten ist. Beide Fälle sind nicht einschlägig und es ist auch kein anderes vergleichbares Interesse ersichtlich.

a) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten kann ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich die angefochtene Entscheidung für den Beschwerdeführer wirtschaftlich nachteilig ausgewirkt hat (Keidel/Göbel, FamFG, 20. Aufl., § 62 Rn. 25). Das allgemeine Interesse, keine vermögensrechtlichen Nachteile hinnehmen zu müssen, wird nicht durch den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG geschützt (Keidel, a. a. O.; BVerfG, Urteil vom 8. April 1997 – 1 BvR 48/94 –, BVerfGE 95, 267-322, Rn. 130, zitiert nach juris). Der Umstand, dass durch die Anordnung der angefochtenen Nachlasspflegschaft und die Bestellung der Beteiligten zu 2 als Nachlasspflegerin Vergütungsansprüche gegen den Nachlass entstanden sind, stellt mithin kein berechtigtes Interesse der Beteiligten zu 1 an der Feststellung dar. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit führte im Übrigen ebenso wenig zu einem Wegfall der schon entstandenen Vergütungsansprüche der Nachlasspflegerin wie wenn die Beschwerde gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft Erfolg gehabt hätte. Auch im letztgenannten Fall wäre eine Aufhebung der Nachlasspflegschaft nur ex nunc, also für die Zukunft, und nicht mit Rückwirkung erfolgt, so dass auch in diesem Fall Kosten für die in dieser Zeit tätige Nachlasspflegerin angefallen wären. Ob und in welcher Höhe eine Vergütung der Nachlasspflegerin berechtigt ist, wird nicht in dem Verfahren über die Anordnung der Nachlasspflegschaft entschieden.

b) Eine Wiederholung der Anordnung einer Nachlasspflegschaft ist nach Erteilung des Erbscheins auch nicht konkret zu erwarten.

II.

Einer Entscheidung über die Kosten bedarf es nicht. Die Pflicht, die Gerichtsgebühren des erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen, folgt aus dem Gesetz (§ 25 Abs. 1, § 22 Abs. 1 GNotKG). Die Erstattung notwendiger Aufwendungen kommt nicht in Betracht, weil sich niemand in einem der Beschwerde entgegengesetzten Sinn am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.

Bei der Wertfestsetzung hat der Senat das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten zu 1, die Anordnung der Nachlasspflegschaft zu verhindern, zugrunde gelegt. Die Beteiligte zu 2 macht Vergütungsansprüche in Höhe von 944,00 € geltend (Bl. 154 d. A.).