Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.04.2008, Az.: 12 K 74/03
Voraussetzungen der Gewährung einer Tarifbegünstigung für einen Veräußerungsgewinn; Voraussetzungen eines Gestaltungmissbrauchs bei Aufnahme eines Mitgesellschafters in das Einzelunternehmen und Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wege des sog. Zwei-Stufen-Modells; Anforderungen an das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs i.S.d. § 42 S. 1 Abgabenordnung (AO)
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 22.04.2008
- Aktenzeichen
- 12 K 74/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 21718
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2008:0422.12K74.03.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: VIII B 154/08
Rechtsgrundlagen
- § 18 Abs. 3 EStG
- § 34 Abs. 2 EStG 1998
- § 42 S. 1 AO
- § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO
Fundstellen
- EFG 2008, 1718-1721 (Volltext mit red. LS)
- KÖSDI 2008, 16277 (Kurzinformation)
- NWB direkt 2008, 4
- Jurion-Abstract 2008, 228777 (Zusammenfassung)
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1998
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz: Ein Gestaltungmissbrauch liegt bei Aufnahme eines Mitgesellschafters in das Einzelunternehmen und Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wege des sog. Zwei-Stufen-Modells nicht vor, wenn es für die Abkürzung der Probezeit auf unter ein Jahr sachliche Gründe gibt (Wegfall der Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG 1998).
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1998. In der Sache begehren sie die Qualifizierung eines Erlöses aus der Veräußerung eines Anteils am Mitunternehmeranteil (Erhöhung des Gesellschaftsanteils eines Mitunternehmers gegen Entgelt - sog. Zwei-Stufen-Modell) in unstreitiger Höhe als Veräußerungsgewinn und Gewährung der Tarifbegünstigung nach den Bestimmungen des EStG 1998.
Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger führte zunächst eine ...praxis als Einzelunternehmer und erzielte daraus Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Im Streitjahr 1998 räumte er X gegen Entgelt in zwei Stufen einen Mitunternehmeranteil von insgesamt 50 v.H. am Gesellschaftsvermögen ein.
Der Kläger und X schlossen am ... März 1998 einen Sozietätsvertrag. Der Kläger brachte seine bisherige Einzelpraxis in die Gesellschaft (GbR) ein, X leistete eine Einlage von 40.000 DM. Ab 1. März 1998 war X am Gesellschaftsvermögen mit 5 v.H. beteiligt. Am Gewinn und Verlust waren der Kläger und X zu je 50 v.H. beteiligt, wobei aber zuvor die Kapitalkonten der Sozien in näher bezeichneter Höhe zu verzinsen waren. In § 2 Abs. 2 des Vertrags vereinbarten die Vertragsparteien:
"Das Beteiligungsverhältnis gilt für eine angemessene Probezeit. Hat Herr X die erforderliche Akzeptanz bei den Mandanten erreicht und ist das Verhältnis zum Sozius ungestört, kann er eine Aufstockung der Beteiligung auf bis zu 50% verlangen."
Mit Vertrag vom ... Dezember 1998 verkaufte der Kläger an X unter Hinweis auf § 2 Abs. 2 des Vertrags vom ... März 1998 "45%-Punkte seiner Stellung" an der Sozietät im Wege der Abtretung mit Ablauf des ... Dezember 1998 für 360.000 DM.
Der Kläger erfasste die Einnahmen in Höhe von 40.000 DM bei Ermittlung des laufenden Gewinns als Einzelunternehmer. Insofern besteht zwischen den Beteiligten des Klageverfahrens kein Streit um die steuerliche Qualifizierung und Behandlung. Die Kläger sind der Auffassung, die Einnahmen von 360.000 DM stellten einen dem Kläger zuzurechnenden tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn der GbR dar.
Der Kläger und X erstellten eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung, die in der Anlage GSE bei Kennziffer 28 "Veräußerungsgewinn, wenn der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG nicht beantragt wird" den Eintrag "360.000" enthielt und am ... Dezember 1999 bei dem Beklagten (dem Finanzamt - FA -) einging. Neben den laufenden Einkünften aus der GbR erfasste das FA in dem Feststellungsbescheid für 1998 vom ... April 2000, nach einem Einspruch nur hinsichtlich der Höhe geändert mit Bescheid vom ... Juni 2000, den Betrag als Ver-äußerungsgewinn in Höhe von zuletzt 360.000 DM. Den Veräußerungsgewinn wies es dem Kläger zu. Der Bescheid erging mit den Hinweisen, dass steuerfrei bleibende Teile der Veräußerungsgewinne bei den Einkommensteuerveranlagungen der Beteiligten nach Maßgabe ihrer persönlichen Verhältnisse berücksichtigt würden und dass ein Anteil an einer Mitunternehmerschaft am ... Dezember 1998 veräußert worden sei.
Am ... April 2000 ging beim FA die Einkommensteuererklärung der Kläger für 1998 ein. Auch hier war in der Anlage GSE bei der Kennziffer 28 der Betrag von 360.000 DM ein-getragen. Der bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheid vom ... September 2000 wies bei den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit neben solchen aus freiberuflicher Tätigkeit und aus Beteiligungen auch Einkünfte aus Veräußerungs-gewinnen in Höhe von 360.000 DM aus. Das FA gewährte auf den Veräußerungsgewinn die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG.
Das FA änderte den Feststellungsbescheid unter dem ... Oktober 2001 gem. § 164 Abs. 2 AO und rechnete den Veräußerungsgewinn nunmehr mit Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung dem laufenden Gewinn der GbR und dem Kläger zu, weil die Anwendung des sog. Zwei-Stufen-Modells wegen einer Erprobungsphase von erheblich weniger als ein Jahr nicht in Betracht komme. Das FA änderte den Einkommen-steuerbescheid am ... November 2001 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO. Die Tarifbegünstigung entfiel.
Nach einem Einspruch änderte das FA den Feststellungsbescheid am ... Juli 2002 erneut und verminderte den Gewinn der GbR um 360.000 DM. Der Veräußerungsgewinn sei nicht bei der GbR, sondern bei dem laufenden Gewinn des Klägers aus seinem Einzel-unternehmen zu erfassen. Der Kläger und X hätten einen einheitlichen Vertrag ge-schlossen. Die Aufnahme des X als gleichberechtigter Partner sei mit Gründung der Sozietät von Anfang an gewollt gewesen. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Datum vom ... Juli 2002 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid gem. § 174 AO in Umsetzung des Feststellungsbescheids. Es erhöhte den laufenden Gewinn des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit ohne Gewährung einer Tarifbegünstigung. Mit Bescheid vom ... Januar 2003 wies das FA den Einspruch zurück.
Die Kläger haben Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren, für den Veräußerungsgewinn die Tarifbegünstigung zu erhalten, weiter verfolgen.
Die Kläger machen geltend, der unanfechtbare Einkommensteuerbescheid vom ... September 2000 habe nicht geändert werden dürfen. § 174 AO greife nicht ein, weil nicht um die Zurechnung von Einkünften, sondern um die Gewährung einer Tarifbegüns-tigung gestritten werde.
In der Sache führen die aus Kläger aus, die Aufstockung des Gesellschaftsanteils des X stelle bei dem Kläger ein Veräußerungsgeschäft dar, für das eine Tarifbegünstigung zu gewähren sei. Ein Missbrauchstatbestand im Sinne des sog. Zwei-Stufen-Modells liege nicht vor. Mit dem Sozietätsvertrag vom ... März 1998 habe X noch keine gesicherte Rechtsposition im Hinblick auf die Erhöhung seines Gesellschaftsanteils erhalten. Weitere Modalitäten eines zweiten Vertrags seien noch nicht vereinbart gewesen (z.B. Kaufpreis, Zahlungsziel, evtl. Ratenzahlung). Ursprünglich sei eine längere Probezeit vorgesehen gewesen, um die Zusammenarbeit in der Sozietät und die Akzeptanz des X bei den Mandanten zu prüfen. Nachdem die geplante Gesetzesänderung zum 1. Januar 1999 bekannt geworden sei, habe er, der Kläger, überlegen müssen, wie er auf den vorgesehenen Wegfall der Tarifbegünstigung reagieren wolle. Er habe X die Aufstockung seiner Beteiligung angeboten, was wegen des Kaufpreises zunächst nicht dem Interesse des X entsprochen habe. Die von dem Beteiligungsverhältnis abweichende Gewinnverteilung in den ersten Monaten beruhe auf dem erhöhten Arbeitseinsatz des X. Zu einer für X geringere Gewinnzuweisung sei es tatsächlich wegen einer vorab zu gewährenden Kapitalverzinsung gekommen. Für das klägerische Vorbringen zu den Gründen des Vertragsabschlusses am ... Dezember 1998 wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 22. April 2008 verwiesen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid für 1998 über Einkommensteuer vom ... Juli 2002 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom ... Januar 2003 zu ändern und die Steuer unter Gewährung einer Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 2 EStG 1998 für einen Betrag über 360.000 DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA habe den letzten geänderten Bescheid nach § 174 AO erlassen dürfen. Im ersten Einkommensteuerbescheid habe es einen Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung erfasst. Es habe diesen gerade nicht dem Einzelunternehmen zugeordnet. Es habe sich daher um einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn der GbR gehandelt. Nachdem dieser schließlich nicht mehr dort erfasst worden sei, sei er - erstmals - dem Kläger als Einzelunternehmer zugeordnet worden. Im Steuerbescheid ist dies nicht erkennbar. Da sich somit nunmehr die Zurechnung der Einkünfte geändert habe, habe der voran-gehende Einkommensteuerbescheid nach § 174 AO geändert werden können.
Das FA sieht in der Übertragung des Gesellschaftsanteils von 50 v.H. in zwei Stufen in Ansehung der Rechtsprechung des BFH eine missbräuchliche Vertragsgestaltung zur Erlangung der Tarifbegünstigung. Das gelte insbesondere bei Abschluss beider Verträge innerhalb eines Jahres.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Für den Veräußerungsgewinn ist eine Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG 1998 zu gewähren.
I.
Die Voraussetzungen für die Änderung der Steuerfestsetzung mit dem angegriffenen Bescheid vom ... Juli 2002 liegen vor. Der angegriffene Bescheid zieht die rechtlichen Konsequenzen aus dem Feststellungsbescheid vom ... Juli 2002 (1.). Der ursprüngliche, bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheid vom ... September 2000 steht einer Änderung nicht entgegen (2.). Das FA durfte den bestandskräftigen Einkommen-steuerbescheid vom ... November 2001 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ändern (3.). Die Änderungsmöglichkeit umfasst auch die Erfassung des Veräußerungsgewinns nunmehr bei den Einkünften des Klägers als Einzelunternehmer und eine Entscheidung über die Gewährung der Tarifbegünstigung (4.).
1.
Unzweifelhaft hat das FA mit dem angegriffenen Einkommensteuerbescheid vom ... Juli 2002 den für die aus dem Kläger und X bestehende Sozietät (GbR) erlassenen geänderten Feststellungsbescheid vom ... Juli 2002 umgesetzt, der auf einen Einspruch hin im Rahmen der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der GbR den streitigen Ver-äußerungsgewinn von 360.000 DM nicht mehr bei den Besteuerungsgrundlagen der GbR erfasste und dem Kläger zugerechnete. Damit verringerten sich die Einkünfte des Klägers aus der Beteiligung an der GbR um diesen Betrag. Das Gericht ist gehindert, die Richtigkeit des Feststellungsbescheids vom ... Juli 2002 zu überprüfen, denn der bestandskräftige Bescheid ist gem. § 182 Abs. 1 Satz 2 AO für den Einkommensteuerbescheid bindend, soweit die in dem Feststellungsbescheid getroffenen Feststellungen für den Folgebescheid von Bedeutung sind. Das FA geht von einer Änderung der persönlichen Zurechnung des Veräußerungsgewinns (Einzelunternehmer statt GbR) aus und ändert den Einkommensteuerbescheid der Kläger in zweierlei Hinsicht. Zum einen verringert es die Einkünfte des Klägers aus der GbR um 360.000 DM. Zum anderen erhöht es dessen laufende Einkünfte aus dem Einzelunternehmen entsprechend. Das ist in der Sache konsequent. Den geänderten Einkommensteuerbescheid stützt es auf § 174 AO. Die ebenso in Betracht kommende - und wie später auszuführen sein wird zutreffende - Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wird nicht genannt.
2.
Bedenken gegen die Befugnis zur Änderung des ursprünglichen und bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheids vom ... September 2000 greifen nicht durch. Im ursprünglichen Bescheid hatte das FA die laufenden Einkünfte aus der GbR - wie nunmehr auch wieder mit dem angegriffenen Bescheid - mit 138.330 DM erfasst. Die Änderung zum bestandskräftigen und nicht mit einem Vorbehalt der Nachprüfung versehenden Bescheid besteht allein darin, dass der Veräußerungsgewinn nicht mehr bei den Einkünften des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit als "aus Veräußerungsgewinnen" besonders erfasst, sondern den laufenden Einkünften aus seinem Einzelunternehmen zugeschlagen ist. Das FA könnte daher zu der erstmaligen Zuordnung des Veräußerungsgewinns zurückgekehrt sein. Der weitere und einzig steuerrelevante Unterschied besteht darin, dass ursprünglich die Tarifbegünstigung gewährt wurde, diese jedoch nunmehr versagt wird. Das Gericht hat Zweifel, ob auf dem "Umweg" über eine später als rechtswidrig erkannte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und deren Umsetzung in Folgebescheiden ein bestandskräftig gewährter Steuervorteil (Tarifbegünstigung) wieder entzogen werden kann.
Das Gericht braucht diesen Zweifeln aber nicht nachzugehen, weil schon der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid ein Folgebescheid war und das FA dort den Veräußerungsgewinn als einen solchen aus der Beteiligung erfasst hat. Die Kette von Grundlagen- und Folgebescheiden bestand ununterbrochen.
Allerdings ist die Eigenschaft als Folgebescheid aus dem Bescheid vom ... September 2000 selbst nicht ersichtlich. So ist aus der Darstellung der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit im Bescheid nicht ersichtlich, ob neben dem Ausweis von Einkünften "aus freiberuflicher Tätigkeit" und "aus Beteiligungen" die Einkünfte "aus Ver-äußerungsgewinnen" aus dem Einzelunternehmen oder der Beteiligung an der GbR stammen. An keiner Stelle wird auf die Umsetzung eines Feststellungsbescheids bzw. die Auswertung einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen hingewiesen. Auch auf den Mitteilungen vom ... April 2000 und ... Juni 2000 finden sich keine Hinweise über deren Auswertung (etwa Ankreuzen des entsprechenden Feldes, Datum und Namenszeichen des Bearbeiters). Gem. § 124 Abs. 1 Satz 2 AO wird ein Verwaltungsakt wie der Einkommensteuerbescheid mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird. Für den Inhalt ist daher nicht der Erklärungswille des FA maßgebend. Die Rechtswirkung des Bescheids wird vielmehr so herbeigeführt, wie ihn der Empfänger nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteil vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BStBl. II 1995, 4). Die Kläger hätten annehmen können, der Veräußerungsgewinn sei dem Einzelunternehmen zugeordnet und - wegen der gewährten Tarifbegünstigung - nur gesondert ausgewiesen worden.
Die Kläger mussten jedoch erkennen, dass der Ausweis im Einkommensteuerbescheid Folge des zuvor ergangenen Feststellungsbescheids vom ... Juni 2000 war. Der Kläger und X hatten am ... Dezember 1999 die Feststellungserklärung abgegeben, in der bei Kennziffer 28 der Anlage GSE ein Veräußerungsgewinn von 360.000 DM eingetragen war. Dabei konnte es sich nur um den streitigen Veräußerungsgewinn handeln. Mit ursprünglichem Feststellungsbescheid vom ... April 2000 war das FA den Angaben der GbR gefolgt, hatte aber den Veräußerungsgewinn geringer berechnet. In der Anlage zum Bescheid begründete das FA die Änderung. Nach einem Einspruch ging der Veräußerungsgewinn mit dem Betrag von 360.000 DM in den Feststellungsbescheid vom ... Juni 2000 ein und wurde dem Kläger zugerechnet. In dem Bescheid wies das FA wie auch in dem zuvor ergangenen Bescheid mit Formulartext darauf hin, dass die festgestellten Besteuerungsgrundlagen bei den Veranlagungen der Beteiligten zur Einkommensteuer zugrunde gelegt und steuerfreie Veräußerungsgewinne bei den Einkommensteuerveranlagungen der Beteiligten nach Maßgabe ihrer persönlichen Verhältnisse berücksichtigt würden. Weiter hieß es "Ein Anteil an einer Mitunternehmerschaft wurde am ...12.1998 veräußert." Für den Kläger war aus beiden Feststellungsbescheiden zweifelsfrei erkennbar, dass der Veräußerungsgewinn Gegenstand des Feststellungsbescheids war. Die Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung am ... April 2000 und damit nach Ergehen des ersten Feststellungsbescheids ab. Der Eintrag bei Kennziffer 28 der Anlage GSE konnte sich daher sinnvoller Weise nur auf den in der Feststellungserklärung und in den Feststellungsbescheiden vom ... April 2000 und ... Juni 2000 aufgenommen Ver-äußerungsgewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Mitunternehmerschaft am ... Dezember 1998 beziehen. Die Kläger mussten daher in Zusammenschau der Angaben in den Steuererklärungen und den beiden bereits ergangenen Feststellungsbescheiden davon ausgehen, dass es sich bei dem Ausweis in ihrem Einkommensteuerbescheid vom ... September 2000 "aus Veräußerungsgewinnen 360.000 " dem Grunde und der Höhe nach um den Veräußerungsgewinn aus dem Feststellungsbescheid vom ... Juni 2000 handelte. Damit war der Feststellungsbescheid vom ... Juni 2000 Grundlagen- und der Einkommensteuerbescheid vom ... September 2000 Folgebescheid bezüglich der laufenden Einkünfte aus Beteiligungen und aus dem Veräußerungsgewinn. Dieser Bescheid musste bezüglich der Einkünfte aus der GbR jeweils bei Änderung des Fest-stellungsbescheids geändert werden. Der mit der Klage angegriffene Einkommensteuerbescheid ist Folgebescheid nach dem zuletzt geänderten Feststellungsbescheid vom ... Juli 2002.
3.
Zutreffende Änderungsvorschrift ist § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Danach ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für den Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Das FA hatte zwingend den geänderten Feststellungsbescheid vom ... Juli 2002 in dem mit der Klage angegriffenen Einkommensteuerbescheid der Kläger umzusetzen.
Das gilt zum einen hinsichtlich der Höhe der laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an der GbR, denn das FA reduzierte gegenüber dem Feststellungsbescheid vom ... Oktober 2001 die laufenden Einkünfte und die dem Kläger zugeordneten Einkünfte aus der GbR um 360.000 DM. Die Einkünfte des Klägers aus Beteiligungen wurden in dem Einkommensteuerbescheid vom ... Juli 2002 entsprechend angepasst. Insofern besteht zwischen den Beteiligten keine Streit. Das Gericht hat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Steuerbescheids in diesem Punkt.
4.
Zum anderen musste das FA den Veräußerungsgewinn bei den Einkünften des Klägers aus seinem Einzelunternehmen erfassen, denn dieser war nicht mehr Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen. Nach den Erläuterungen des Bescheids sollte der Veräußerungsgewinn bei dem laufenden Gewinn im Einzelunternehmen erfasst werden. Das FA ist der Auffassung, über eine Änderung des Einkommensteuerbescheids nach § 174 AO könne die Zurechnung des Gewinns von 360.000 DM auf eine "andere Person" (Einzelunternehmer statt GbR) vorgenommen werden. Das ist unzutreffend.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Änderung des Folgebescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vorzunehmen, wenn ein Sachverhalt zunächst Gegenstand eines Feststellungsverfahrens war, dann aber abschließend festgestellt wird, dass er nicht im Grundlagenbescheid, sondern bei der Einkommensteuerveranlagung unmittelbar zu berücksichtigen oder zu prüfen ist. Das FA hat den Sachverhalt nunmehr erneut und in eigener Zuständigkeit zu prüfen, es ist an frühere Beurteilungen und Berechnungen (im früheren Grundlagenbescheid) nicht gebunden. Die zwingend vorzunehmende An-passung des Folgebescheids an den Grundlagenbescheid erschöpft sich nämlich nicht in der Pflicht, nur die geänderten Feststellungen in die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide zu übernehmen, sondern erfordert, dass das FA alle Folgerungen aus der geänderten Feststellung ziehen muss, selbst wenn sich diese auf andere Besteuerungsgrundlagen oder Einkunftsarten auswirken. Die Anpassung des Folgebescheids besteht nicht nur in der Änderung von Zahlen, die dem geänderten Grundlagenbescheid zu entnehmen sind, sondern kann eine neue selbstständige Würdigung eines für das Folgeverfahren relevanten Sachverhalts in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht einschließen. Eine derartige Nachholung der Veranlagungsarbeit bis hin zur Nachschiebung einer anderen Besteuerungsgrundlage unter freier Würdigung des Sachverhalts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kommt insbesondere dann in Betracht, wenn in einem geänderten Grundlagenbescheid abschließend die negative Entscheidung getroffen wird, den Sachverhalt nicht mehr in das Grundlagenbescheidsverfahren einzubeziehen (BFH- Urteil vom 11. April 1990 I R 82/86, BFH/NV 1991, 143; BFH-Urteil vom 7. Dezember 1993 IX R 134/92, BFH/NV 1994, 547, jeweils mit weiteren Nachweisen). Im zu entscheidenden Fall durfte das FA die Zurechnung des Veräußerungsgewinns zu den Einkünften aus dem Einzelunternehmen des Klägers und die Gewährung der Tarifbegünstigung - erstmals - im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beurteilen und darüber entscheiden. Der geänderte Einkommensteuerbescheid vom ... Juli 2002 unterliegt insoweit der vollen gerichtlichen Überprüfung.
Eine Änderung des Einkommensteuerbescheids nach § 174 AO kommt dagegen nicht in Betracht. Das FA hat diese Änderungsvorschrift für anwendbar gehalten, weil sich die Zurechnung von Einkünften geändert hatte. Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5 der Vorschrift käme in Betracht. Allerdings ist der Kläger als Gesellschafter der GbR nicht Dritter, der im Verfahren um die Änderung des Feststellungsbescheids hinzugezogen werden könnte (Pahlke/Koenig, Abgabenordnung § 174 Rz. 82 mit weiteren Nachweisen). Einer Ver-tiefung der Anwendbarkeit des § 174 AO bedarf es nicht, weil mit § 175 AO eine Änderungsmöglichkeit gegeben ist und die Angabe einer nicht anwendbaren Änderungsvorschrift im Steuerbescheid unerheblich ist.
II.
Das FA hat zu Unrecht die Tarifbegünstigung für einen Veräußerungsgewinn nicht gewährt.
Gemäß § 18 Abs. 3 EStG gehört zu den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbstständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbstständigen Arbeit dient. Veräußerungsgewinne sind gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG außerordentliche Einkünfte. Sie unterliegen einem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung.
1.
Der BFH hat zur steuerlichen Behandlung der Veräußerung eines Mitunternehmer-anteils bzw. eines Anteils an einem solchen Mitunternehmeranteil im Rahmen eines so genannten Zwei-Stufen-Modells Stellung genommen. Er vertritt die Auffassung, dass die entgeltliche Aufnahme eines Sozius in eine freiberufliche Einzelpraxis nicht als eine steuerbegünstigte Veräußerung beurteilt werden kann. Der in der entgeltlichen Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis liegende Veräußerungsvorgang führt zu keinem steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn, weil nicht der ganze Betrieb oder ein selbstständiger Teilbetrieb veräußert wird und ein veräußerungsfähiger Mitunternehmeranteil vor der Einbringung und Gründung der Personengesellschaft nicht bestanden hat. Die Annahme eines Veräußerungsgewinns und damit einer Steuerermäßigung ist nach dem Gesetz nur für die Fälle gewollt, in denen der begünstigte Veräußerungsgegenstand bereits vor der Veräußerung in der Hand des Veräußerers gegeben ist. Die Aufnahme eines Sozius bzw. eines Gesellschafters in ein bisheriges Einzelnunternehmen führt aber erst zur Schaffung von Mitunternehmeranteilen an einer GbR, so dass bei Veräußerung ein veräußerungsfähiger Mitunternehmeranteil noch nicht vorgelegen hat. Auf der ersten Stufe des Zwei-Stufen-Modells werden daher Mitunternehmeranteile erst geschaffen, der von dem Veräußerer erzielte Gewinn gehört zum laufenden Gewinn seines Einzelunternehmens und löst eine steuerliche Vergünstigung nicht aus. Dasselbe müsste nach Auffassung des BFH für die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils gelten, denn nach § 18 Abs. 3 EStG ist auch der (Bruch-)Teil eines Mitunternehmeranteils nicht als steuerbegünstigter Veräußerungsgegenstand benannt. Der BFH hält jedoch aus Gründen der Rechtsicherheit an der langjährigen Rechtsprechung fest, wonach die Aufnahme eines Gesellschafters in eine bereits bestehende Personengesellschaft sowie die Änderung der Beteiligungsverhältnisse zwischen den Gesellschaftern zur Anwendung der Steuervergünstigung führt. Auf dieser zweiten Stufe des Zwei-Stufen-Modells kommt daher die Annahme eines Veräußerungsgewinns nach § 18 Abs. 3 EStG und die Gewährung einer Tarifbegünstigung in Betracht. Der BFH sieht allerdings Gestaltungsmöglichkeiten zur Erlangung einer Steuervergünstigung auch für die Aufnahme eines Sozius in ein bisheriges Einzelunternehmen, die sich nach dem Zwei-Stufen-Modell vollzieht. Danach ist es möglich, dass der bisherige Einzelunternehmer in einem ersten Schritt dem neuen Gesellschafter nur eine Minimalbeteiligung gegen geringe Ausgleichszahlung einräumt und dann in einem zweiten Schritt einen Bruchteil seines durch den ersten Schritt entstandene Mitunternehmeranteils tarifbegünstigt an den neuen Gesellschafter veräußert. Der BFH hat ausgeführt, steuerlich unerwünschte Ergebnisse einer solchen "zweistufige Gesellschaftsgründung" würden unter dem Gesichtspunkt eines Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO weitgehend ausgeschlossen werden können (BFH-Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123).
2.
In weiteren Entscheidungen hat sich der BFH mit der Frage befasst, wann ein Gestaltungsmissbrauch angenommen werden kann. Grundsätzlich sieht er in der Wahl des Zwei-Stufen-Modells keinen Rechtsmissbrauch. Denn ein wirtschaftlicher Grund dafür, zunächst nur eine geringe Beteiligung zu vereinbaren und die Erhöhung der Beteiligung erst später vorzunehmen, ist in dem Bedürfnis zu sehen, die Zusammenarbeit in der Sozietät zunächst zu erproben. Ein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten kommt nur dann in Betracht, wenn entweder die Zeit zwischen Abschluss der beiden Verträge zur Erprobung eines eintretenden Gesellschafters unzureichend gewesen ist oder wenn bereits bei Abschluss des ersten Vertrags festgestanden hat, dass es zur Aufstockung der Beteiligung kommen wird. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn zwischen beiden Verträgen ein Zeitraum von mindestens einem Jahr liegt, wenn dem Erwerber kein unwiderrufliches Optionsrecht eingeräumt wird und wenn dieser sich auch nicht seinerseits unwiderruflich verpflichtet hat, seinen Anteil zu erhöhen (BFH-Urteil vom 16. September 2004 IV R 11/03, BStBl. II 2004, 1068). Die Frage, ob bei einer Veräußerung des Praxisanteils im Rahmen eines Zwei-Stufen-Modells zur Vermeidung eines Gestaltungsmissbrauchs die im vorgenannten BFH-Urteil genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, hat der BFH beantwortet. Er führt aus, dass sich die zweistufige Gründung einer Sozietät regelmäßig dann nicht als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellt, wenn zwischen dem Vertrag über die Aufnahme des Sozius in die Einzelpraxis und dem Vertrag über die Erhöhung des Anteils ein Zeitraum von mindestens einem Jahr liegtund wenn sich nicht mindestens einer der Vertragsschließenden bei Gründung der Sozietät unwiderruflich verpflichtet hat, einen weiteren Anteil zu erwerben bzw. zu veräußern. Daraus ist zu entnehmen, dass in derartigen Fällen ein Gestaltungsmissbrauch regelmäßig nicht gegeben ist, wenn beide Voraussetzungen vorliegen. In besonders gelagerten Einzelfällen sind Ausnahmen denkbar (BFH-Beschluss vom 24. April 2007 XI B 35/06, BFH/NV 2007, 1268 mit weiteren Nachweisen).
3.
Im zu entscheidenden Fall liegen die Voraussetzungen für die Aufnahme des X in das Einzelunternehmen des Klägers und damit verbunden für die Gründung der GbR im Rahmen des Zwei-Stufen-Modells vor. Mit Vertrag vom ... März 1998 haben der Kläger und X einen Sozietätsvertrag geschlossen, zugleich hat der Kläger dem X einen Gesellschaftsanteil von 5 v.H. veräußert. Mit Vertrag vom ... Dezember 1998 veräußerte der Kläger an X einen Anteil an seinem Mitunternehmeranteil mit der Folge, dass X nunmehr Gesellschaftsanteile von 50 v.H. innehatte. Das Gericht folgt der Auffassung des BFH in seinem Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98 a.a.O., wonach die zweite Anteilsveräußerung zu einem steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn führen kann. Es folgt dem BFH ferner darin, eine solche Vergünstigung zu versagen, wenn die Einräumung von Mitunternehmeranteilen in zwei Stufen ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO darstellt.
Nach § 42 Satz 1 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Von einer Umgehung ist auszugehen, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die - gemessen am angestrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 26. März 1996 IX R 51/92, BStBl. II 1996, 443; vom 16. September 2004, IV R 11/03, BStBl. II 2004, 1068). Eine rechtliche Gestaltung ist unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorgegebene typische Gestaltung zur Erreichung bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht, sondern hierfür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel, Steuern zu sparen, nicht erreichbar sein soll (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1998 VIII R 10/96, BStBl. II 1999, 729). Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung tritt insbesondere zu tage, wenn diese keinem wirtschaftlichen Zweck dient (BFH-Urteil vom 8. Mai 2003 IV R 54/01, BStBl. II 2003, 854).
Nach der Rechtsprechung des BFH kommt im zu entscheidenden Fall vom Grundsatz her eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung in Betracht. Der Kläger hat dem X zunächst nur eine geringe Beteiligung eingeräumt, um - wie es im Vertrag vom ... März 1998 ausdrücklich heißt - die erforderliche Akzeptanz des X bei den Mandanten zu prüfen und das Verhältnis der Sozien untereinander zu erproben. Allerdings liegt zwischen dem Vertrag über die Aufnahme des X in die Einzelpraxis und dem Vertrag über die Erhöhung des Anteils ein Zeitraum von weniger als einem Jahr. Der Vertrag über die Erhöhung des Mitunternehmeranteils des X wurde bereits mit Vertrag vom ... Dezember 1998 geschlossen.
Allerdings gelten die Voraussetzungen für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs nur "regelmäßig". In besonders gelagerten Einzelfällen sind Ausnahmen denkbar. Nach Auffassung des Gerichts liegt im zu entscheidenden Fall ein solcher Ausnahmefall vor, der die Annahme des Gestaltungsmissbrauchs aufgrund der von dem BFH herausgear-beiteten Kriterien für den Regelfall ausschließt.
4.
Insbesondere nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung liegen sachliche Gründe für die Verkürzung der Probezeit auf unter ein Jahr vor. Wie der Kläger zur Überzeugung des Gerichts dargestellt hat, war bei Abschluss des ersten Vertrages eine Aufstockung des Anteils des X zwar ins Auge gefasst und insofern vereinbart worden, bei der erforderlichen Akzeptanz bei den Mandanten und bei ungestörtem Verhältnis zum Sozius könne X eine Aufstockung der Beteiligung bis auf 50 v.H. verlangen; es hatte jedoch keinerlei Absprachen hinsichtlich der weiteren zeitlichen Entwicklung und insbesondere des Zeitpunkts der Aufstockung des Mitunternehmeranteils gegeben. Diese Erklärung ist vor dem Hintergrund der weiteren Erläuterungen plausibel. So hat der Kläger angegeben, X sei für ihn zunächst als Angestellter tätig gewesen. Dieser habe Anfang 1998 das Examen erfolgreich abgelegt. Da er mit der Arbeitsleistung des X stets zufrieden gewesen sei und sich X über seine berufliche Zukunft auch anderweitig erkundigt habe, habe er ihm die Gründung einer Sozietät angeboten. Das Angebot sei erfolgt, obwohl X seinerzeit vergleichsweise jung gewesen sei und das Examen erst einige Monate zuvor abgelegt habe. X sei mit den eigentlichen Aufgaben eines ... insbesondere "im Außengeschäft" noch nicht vertraut gewesen. Die Zweifel habe er aber zurückgestellt, um X im Unternehmen zu halten. Eine zunächst geringe Beteiligung sei im Hinblick auf den entsprechenden Kaufpreis auch für X interessant gewesen, weil er über keinen finanziellen Rückhalt verfügt habe, um sogleich einen größeren Mitunternehmeranteil finanziell bewältigen zu können. Die hälftige Aufteilung des Gewinns von Beginn an habe dem gleichwertigen Arbeitseinsatz des X entsprochen; der Kläger habe vorab eine Verzinsung seines Kapitalkontos erhalten.
Der Kläger hat die Gründe für die Aufstockung des Mitunternehmensanteils schon mit Vertrag vom ... Dezember 1998 nachvollziehbar erklärt. Der Zeitpunkt habe sich ergeben, weil die Pläne der damaligen Regierungskoalition zur Streichung der Vergünstigung für Veräußerungsgewinne im November 1998 diskutiert worden seien. Da er, der Kläger, nicht auf die Vergünstigung habe verzichten wollen, habe er verbleibende Zweifel an der Qualifikation des X zurückgestellt und ihm sodann bereits vor Ablauf der ursprünglich geplanten Probezeit die Erhöhung des Mitunternehmensanteils angeboten. X sei zunächst von der Aufstockung des Mitunternehmeranteils nicht begeistert gewesen, weil er Schwierigkeiten gehabt habe, den Kaufpreis für den weiteren Sozietätsanteil über 360.000 DM finanzieren zu können.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich für das Gericht, dass der Kläger und X nicht von Anfang an den Plan gehabt hatten, bereits nach weniger als einem Jahr Probezeit den Mitunternehmeranteil des X zu erhöhen. Bei normalem Ablauf der Ereignisse wäre - wie der Kläger dem Gericht gegenüber glaubhaft versichert hat - eine Probezeit von mindestens einem Jahr eingehalten worden. Eine solche Erprobungszeit wurde für notwendig gehalten, um die Akzeptanz des X bei den Mandanten des Klägers und die ungestörte Zusammenarbeit der Sozien festzustellen. Der Kläger selbst hat insofern Zweifel eingeräumt, die in dem Alter des X und dessen erst geringe Erfahrungen im Umgang mit Mandanten und im eigentlichen Tätigkeitsbereich des ... begründet waren. Die Verkürzung der Probezeit auf unter ein Jahr sah der Kläger sodann als notwendig an, weil er die Tarifbegünstigung auf einen Veräußerungsgewinn, die zum 1. Januar 1999 entfallen oder eingeschränkt werden sollte, noch in Anspruch nehmen wollte. Die Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen führt allein nicht zur Annahme von Gestaltungsmissbrauch. Der wirtschaftliche Grund in der Abkürzung der Probezeit lag in der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung.
Bei Würdigung dieser Umstände kommt das Gericht zum Ergebnis, dass allein die Wahl des Zwei-Stufen-Modells nicht zur Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs führt, denn auch unter Beachtung der Rechtsprechung des BFH wäre bei Einhaltung der ursprünglich geplanten Probezeit von mindestens einem Jahr ein Gestaltungsmissbrauch zu verneinen gewesen. Für den Kläger bestand jedoch durch die geplante und tatsächlich später verabschiedete Gesetzesänderung bei Abschluss des Vertrags vom ... März 1998 nicht vorhergesehener und nicht vorhersehbarer Handlungsbedarf, der zur Abkürzung der Probezeit und zur vorzeitigen Einräumung eines höheren Mitunternehmeranteils führte. Dieser zweite, quasi überholende Grund für eine Aufstockung des Mitunternehmeranteils bereits im Dezember 1998 beruht auf sachlichen, nämlich wirtschaftlichen Gründen und vermag für sich gesehen keinen Gestaltungsmissbrauch zu begründen.
Eine unwiderrufliche Bindung eines oder beider Vertragsschließenden steht der Wertung als nicht rechtsmissbräuchlich nicht entgegen. In dem Vertrag vom ... März 1998 hat der Kläger dem X die Aufstockung seiner Beteiligung angeboten und ihm auch einen Anspruch eingeräumt. Die Realisierung war aber von der Akzeptanz des X bei den Mandanten und von der ungestörten Zusammenarbeit der Sozien abhängig. Diese Beurteilung hatte in erster Linie der Kläger zu treffen und konnte daher faktisch frei über die Aufstockung entscheiden.
Das Entgelt für die Einräumung des erhöhten Mitunternehmeranteils mit Vertrag vom ... Dezember 1998 stellt einen Veräußerungsgewinn dar. Das FA hat den Betrag von 360.000 DM zu Unrecht bei den laufenden Einkünften des Klägers aus seinem Einzelunternehmen erfasst und hat zu Unrecht die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 2 EStG 1998 versagt.
Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Regelung der vorliegenden Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708, Nr. 10, 711 ZPO.