Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 04.12.2006, Az.: 13 A 831/06
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 04.12.2006
- Aktenzeichen
- 13 A 831/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44731
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2006:1204.13A831.06.0A
Amtlicher Leitsatz
Der am 1. Januar 2004 in Kraft getretene § 29 Abs. 3 S. 3 WoGG ist auch auf vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens abgeschlossene Sachverhalte anwendbar.
Tatbestand:
Aus dem Entscheidungstext
Die Klägerin wendet sich gegen Bescheide des Beklagten und der (früheren) Bezirksregierung Weser-Ems, mit denen Bescheide über die Gewährung von Wohngeld für die Zeit von April 2001 bis einschließlich Februar 2003 aufgehoben, Wohngeld neu festgesetzt und von der Klägerin Erstattung überzahlter Beträge gefordert wird.
Mit den Wohngeldbescheiden Nr. 10, 11 und 12 vom 21. August 2001 und 28. Juni 2002 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit von April 2001 bis einschließlich März 2002 ein monatliches Wohngeld von 487,00 DM und für die Zeit vom 1. April 2002 bis Ende Februar 2003 ein monatliches Wohngeld von 287,00 €. Diese Bescheide ergingen aufgrund von Anträgen der Klägerin, in der diese Angaben zu ihrem Familieneinkommen machte.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2002 bewilligte das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben - Hauptfürsorge - der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 Bundesversorgungsgesetz für ihr Jurastudium an der Universität Bremen, beginnend ab März 2001. Nach diesem Bescheid erhielt die Klägerin ab März 2001 eine Unterhaltsbeihilfe in Höhe von monatlich 449,95 € und für die Zeit ab Juli 2001 Leistungen in Höhe von monatlich 459,14 €. Diese Leistungen wurden ergänzt durch Reisekosten nach § 53 SGB IX und Kinderbetreuungskosten, wobei die Kosten für die Betreuung der Tochter der Klägerin gemäß § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB IX bis zur Höhe von 102,00 € je Monat übernommen wurden. Weiter wurden mit diesem Bescheid der Klägerin Kosten für Lernmittel in Höhe von 92,00 € je Semester und ein Pauschbetrag für kleinere Ausgaben in Höhe von monatlich 13,00 € bewilligt. Mit Bescheid vom 15. August 2002 änderte das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben seinen Bescheid vom 23. Juli 2002 dahingehend ab, dass der Klägerin im Zeitraum März bis einschließlich Juni 2001 eine monatliche Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 736,26 €, für die Zeit von Juli 2001 bis einschließlich Juni 2002 in Höhe von 803,12 € und für die Zeit ab Juli 2002 in Höhe von 820,40 € gewährt wurde; bereits zuvor hatte die Hauptfürsorgestelle der Klägerin ab 1. März 2001 Leistungen für den Besuch eines juristischen Repetitoriums bewilligt.
Unter dem 19. August 2002 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie nunmehr Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz erhalte. Dazu reichte sie Kopien der genannten Bescheide des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale Sozialen Aufgaben ein, die beim Beklagten am 22. August und am 2. September 2002 eingegangen sind.
Nach vorheriger Anhörung stellte der Landkreis Ammerland mit den Wohngeldbescheiden Nr. 13, 14, 15 und 16 vom 15. August 2003 den Wohngeldanspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. April 2001 bis 31. Mai 2001 auf 19,00 € monatlich, für die Zeit vom 1. Juni 2001 bis 31. Dezember 2001 auf 23,00 € monatlich, für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. März 2002 wiederum auf 23,00 € monatlich sowie für die Zeit vom 1. April 2002 bis 28. Februar 2003 auf monatlich 50,00 € neu fest, wobei jeweils der bisherige Bescheid nach § 29 Abs. 3 Wohngeldgesetz aufgehoben wurde. In den Bescheiden Nr. 14, 15 und 16 wird die Klägerin weiter aufgefordert, überzahlte Beträge zu erstatten. Dabei setzte der Beklagte den insgesamt überzahlten Betrag auf 3.892,00 € fest.
Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, § 29 Abs. 3 Wohngeldgesetz in Verbindung mit § 48 Abs. 1 SGB X stelle keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für das Rückforderungsbegehren dar. Diese Vorschrift ermögliche eine Neubescheidung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an, schließe eine Aufhebung für die Vergangenheit jedoch aus. Änderungen des Einkommens im Bewilligungszeitraum seien nur dann zu berücksichtigen, wenn sie zum Zeitpunkt der Antragstellung mit Sicherheit zu erwarten gewesen seien. Unabhängig davon sei die ihr rückwirkend zu-erkannte Unterhaltsbeihilfe kein Einkommen im Sinne des § 10 Wohngeldgesetz.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2004 wies die Bezirksregierung Weser-Ems den Widerspruch der Klägerin gegen die Wohngeldbescheide Nr. 13 bis 16 des Beklagten zurück. In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt: Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 Bundesversorgungsgesetz seien wohngeldrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen. Da diese Leistungen der Klägerin vom Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben rückwirkend zuerkannt worden seien, rechneten sie auch zum Jahreseinkommen des Jahres 2001. § 29 Abs. 4 Satz 3 Wohngeldgesetz regele eine erweiterte Mitteilungspflicht hinsichtlich einer Änderung der Verhältnisse bis zu einem Zeitraum von längstens drei Jahre vor Kenntnis des Wohngeldempfängers von dieser Änderung. Daraus ergebe sich, dass auch hinsichtlich dieses Zeitraums eine rückwirkende Neuberechnung und Neufestsetzung des Wohngeldes gerechtfertigt sei.
Mit einem am 4. März 2004 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr Vorbringen im Widerspruch und macht ergänzend geltend: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stelle § 29 Abs. 3 Wohngeldgesetz keine gesetzliche Ermächtigrundlage für das Rückforderungsbegehren des Beklagten dar. Bei den ihr gewährten Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz handele es sich nicht um Einkommen im Sinne des § 10 Wohngeldgesetz. Unabhängig davon habe sie nicht sicher annehmen können, diese Einkünfte zu erhalten, so dass auch die Voraussetzungen für eine Änderung des bewilligten Wohngeldes nicht gegeben seien.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide des Beklagten vom 15. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 11. Februar 2004 aufzuheben und die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angegriffenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat in der Sache keinen Erfolg.
Die angegriffenen Wohngeldbescheide Nr. 13 bis 16 des Beklagten vom 15. August 2003 in der Gestalt, die diese durch den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 11. Februar 2004 gefunden haben, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat mit diesen Bescheiden den Wohngeldanspruch der Klägerin für die Zeiträume vom 1. April 2001 bis 31. Mai 2001, vom 1. Juni 2001 bis 31. Dezember 2001 und vom 1. Januar 2002 bis 31. März 2002 zutreffend auf der Grundlage von § 29 Abs. 3 Satz 3 Wohngeldgesetz neu berechnet. Dabei hat er rechtsfehlerfrei die ursprünglichen Bewilligungsbescheide aufgehoben und das überzahlte Wohngeld in Höhe von insgesamt 3.892,00 € gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückgefordert.
Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Wohngeldgesetz (WoGG) in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung, die diese Vorschrift durch Art. 25 Nr. 9 des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 2954, 2987) erhalten hat, ist über die Leistung von Wohngeld von Amts wegen vom Zeitpunkt der Verhältnisse an neu zu entscheiden, wenn sich die Einnahmen im laufenden Bewilligungszeitraum so erhöht haben, dass sich dadurch das Gesamteinkommen um mehr als 15 v. H. erhöht und dies zu einem Wegfall oder Verringerung des Wohngeldes führt. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt nach § 29 Abs. 3 Satz 2 WoGG der Beginn des Zeitraums, für den sich die Einnahmen erhöht haben. Nach § 29 Abs. 3 Satz 3 WoGG gelten die Sätze 1 und 2 dieses Absatzes entsprechend, wenn sich die Änderungen auf einen abgelaufenen Bewilligungszeitraum beziehen, längstens für drei Jahre vor Kenntnis des Wohngeldempfängers von der Änderung der Verhältnisse. Dabei steht der Kenntnis die Nichtkenntnis infolge grober Fahrlässigkeit gleich.
Im hier entscheidenden Zeitraum vom 1. April 2001 bis 28. Februar 2003 haben sich die Einnahmen der Klägerin - was von ihr nicht in Zweifel gezogen wird - durch die Gewährung von Leistungen der Teilhabe zum Arbeitsleben nach § 26 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), die der Klägerin vom Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben bewilligt wurden, um mehr als 15 % erhöht, da in den ursprünglich für diesen Zeitraum ergangenen Wohngeldbescheiden diese Einnahmen der Klägerin nicht berücksichtigt worden waren.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gehören die ihr bewilligten Leistungen der Unterhaltsbeihilfe zum Einkommen i. S. des § 10 Abs. 2 Nr. 7 WoGG, weil diese Leistungen nach § 26 BVG i. V. m. § 21 Abs. 1 KFürsVO (vom 16. Januar 1979 - BGBl. I S. 2848) nach dem Wortlaut der zuletzt genannten Regelung für die Deckung des Lebensunterhalts bestimmt sind (ebenso: Stadler/Gutekunst Kommentar WoGG § 10 Rn. 149).
Da die Klägerin rückwirkend für den Monat März 2001 die Leistungen nach dem BVG enthalten hat, war daher in zutreffender Anwendung des § 29 Abs. 3 Satz 1 WoGG ab dem Ersten des nächsten Monats, also ab dem 1. April 2001, neu über den Wohngeldanspruch zu entscheiden. Fehler bei der Neuberechnung bzw. Neufeststellung des Wohngeldes und der Errechnung der Rückforderung sind weder ersichtlich noch von der Klägerin geltend gemacht.
Der Neufeststellung des Wohngeldanspruchs für die Zeit vom 1. April 2001 bis 28. Februar 2003 steht nicht entgegen, dass § 29 Abs. 3 Satz 2 und 3 WoGG erst mit dem 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954, 2987) eingeführt worden und diese Vorschriften erst ab dem 1. Januar 2004 in Kraft getreten sind.
Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 21. März 2002 - 5 C 4/01 - FEVS 53, 490) hat zu der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des Wohngeldgesetzes entschieden, dass § 29 Abs. 3 WoGG bei einer rückwirkenden Einnahmeerhöhung eine Neuentscheidung über die Leistung von Wohngeld nur von dem in § 29 Abs. 3 Nr. 2 Wohngeldgesetz bezeichneten Zeitpunkt an, aber nicht rückwirkend zulasse. § 29 Abs. 3 Nr. 2 WoGG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944) bestimmte nämlich, dass in dem Fall, in dem sich "im laufenden Bewilligungszeitraum" die Einnahmen so verändert hatten, dass sich dadurch das Familieneinkommen um mehr als 15 v. H. erhöhte, eine Verpflichtung des Wohngeldamtes bestand, von Amts wegen vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse über das Wohngeld neu zu entscheiden. Hieraus hat das Bundesverwaltungsgericht den Schluss gezogen, dass - entgegen der Begründung der Regelung im Gesetzgebungsverfahren - § 29 Abs. 3 Nr. 3 WoGG F. 1993 eine Neufestsetzung des Wohngeldes auch bei rückwirkender Erhöhung des Einkommens nur im laufenden Bewilligungszeitraum ermöglichte. Daneben hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung herausgestellt, dass - entgegen einer bis dahin geübten Verwaltungspraxis - auch eine Aufhebung der Wohngeldbewilligung auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X rechtlich nicht möglich war. Ob diese Rechtsprechung eine Änderung dadurch zu erfahren hatte, dass das Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2671) mit Wirkung vom 1. Januar 2001 die Mitwirkungspflichten des § 29 Abs. 4 Wohngeldgesetz durch einen neuen Satz 3 mit der Formulierung, "wenn sich Änderungen nach den Nummern 1 und 2 auf einen abgelaufenen Bewilligungszeitraum beziehen, längstens für drei Jahre nach Änderung der Verhältnisse" erweitert hatte, hat das Gericht offen gelassen.
Auch das erkennende Gericht hat nicht zu entscheiden, ob die bis Ende 2003 geltende Fassung des § 29 WoGG eine Rechtsgrundlage für die angegriffenen Bescheide bietet. Aus § 29 Abs. 3 WoGG in der ab 1. Januar 2004 geltenden, oben näher dargestellten Fassung des Wohngeldgesetzes folgt nämlich, dass diese Vorschrift auch Wirkung auf einen vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Sachverhalt entfaltet.
Das verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz; insbesondere liegt ein Fall unzulässiger echter Rückwirkung eines Gesetzes nicht vor. Eine solche Rückwirkung ist im Hinblick auf ihre Rechtmäßigkeit am Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit den von der Rechtsfolgenanordnung berührten Grundrechten zu messen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 270) bedarf es unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips stets einer besonderen Rechtfertigung, wenn eine nachträglich belastende Änderung eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens ausnahmsweise zulässig sein soll. Das verlangt schon das dem Rechtsstaatsprinzip immanente Gebot der Rechtssicherheit, das für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet. Dementsprechend wird das Vertrauen des einzelnen Bürgers in den Bestand von Rechtsnormen und Rechtsakten bis zur ihrer ordnungsgemäßen Aufhebung geschützt. Im Grundsatz des Vertrauensschutzes findet das Rückwirkungsverbot jedoch nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Es gilt dort nicht, wo sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Das ist dann der Fall, wenn der Betroffene in dem Zeitraum, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht mit einem Fortbestand der Regelung rechnen konnte oder wenn die Rechtslage so unklar war, dass eine Klärung erwartet werden musste (BVerfG, Beschluss vom 25. Mai 1993 - 1 BvR 1509, 1680/91 - BVerfGE 88, 384, 404). Weiter hat das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 12. Juni 1986 - 2 BvL 5/80, 2 BvL 17/82, 2 BvR 635/80 - BVerfGE 72, 302, 325 ff. [BVerfG 12.06.1986 - 2 BvL 5/80]) die Rückwirkung einer Rechtsnorm dann für rechtsstaatlich hinnehmbar erachtet, wenn sich gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen in die Beständigkeit eines bestimmten Rechtszustandes nicht habe entwickeln können (ebenso Hofmann in Schmidt - Bleibtreu - Klein Kommentar GG, 10. Aufl., Art 20 Rn. 81 ff.).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Rechtslage in bezug auf eine Neuberechnung von Wohngeldansprüchen von Amts wegen bei der Änderung von Einkommen im Hinblick auf bereits abgelaufene Bewilligungszeiträume war in der Zeit ab Januar 2001 unklar, zumal auch das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ausdrücklich offen gelassen hatte, ob durch die Neuregelung der Mitteilungspflichten in § 29 Abs. 4 Wohngeldgesetz durch das Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2671) eine Überprüfung und Neubescheidung auch für abgelaufene Bewilligungszeiträume ermöglicht werden solle oder als bereits möglich vorausgesetzt sei. Eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage hat sich in der Zeit bis zum Inkrafttreten der Neuregelung in § 29 Abs. 3 Satz 2 und 3 Wohngeldgesetz durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl: I - 2003 - S. 2987) nicht entwickelt. Verfassungsrechtlich ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzesgeber in der Neuregelung des § 29 Abs. 3 WoGG eine Vorschrift mit echter Rückwirkung geschaffen hat. In der Begründung des Gesetzesentwurfes (Drucksache 15/1516 S. 78) heißt es dazu:
"Durch eine Änderung des § 29 Abs. 3 WoGG (Satz 3 der Vorschrift) soll daher klargestellt werden, dass ein Eingriff nicht nur in den laufenden, sondern grundsätzlich auch in einen bereits abgelaufenen Bewilligungszeitraum zulässig ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit soll der Eingriffszeitraum auf drei Jahre vor Kenntnis der Änderung der Verhältnisse beschränkt werden; die Kenntnis kann sich etwa ergeben aus der Mitteilung über eine Rentennachzahlung. Dabei soll die grob fahrlässige Nichtkenntnis der Kenntnis gleichgestellt werden; die vorsätzliche Nichtkenntnis ist hiervon denknotwendig erfasst. Der Dreijahreszeitraum entspricht den Umfange nach den § 29 Abs. 4 Satz 3 WoGG in der derzeit geltenden Fassung.
Satz 2 der Vorschrift soll den Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse darstellen. Angeknüpft werden soll an den Beginn des Zeitraums, für den sich die Miete, die Belastung oder die Einnahmen verändert haben, nicht an dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene hiervon Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Dabei gilt die Dreijahresfrist des Satzes 3 - neu -. Damit wird klargestellt, dass etwa bei einer - die Erheblichkeitsschwelle von 15 v. H. übersteigenden - Rentennachzahlung, die im August 2003 durch Bescheid bekannt gegeben wird, aber einen Nachzahlungsanspruch ab Januar 2000 begründet, ein Eingriff in abgelaufene Bewilligungszeiträume grundsätzlich möglich, aber auf den Zeitraum ab September 2000 begrenzt ist."
Wird berücksichtigt, dass der Gesetzgeber diese Regelungen im Hinblick auf die bereits oben geschilderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für erforderlich hielt, ist durch die Änderung in § 29 Abs. 3 Wohngeldgesetz (in der ab 2004 geltenden Fassung) die für die Zeit ab 2001 unklare Rechtslage hinsichtlich einer Neuberechnung von Wohngeldansprüchen bei erheblichen Änderungen des Einkommens in bezug auf bereits abgelaufene Bewilligungszeiträume geklärt worden (ebenso: VG Braunschweig Urteil v. 11. Juli 2006 - Az. 3 A 102/06 - V. n. b.). Damit begegnet die Anwendung des § 29 Abs. 3 Wohngeldgesetz auf die der Klägerin in der Zeit von April 2001 bis einschließlich Februar 2003 bewilligten Wohngeldleistungen keinen rechtlichen Bedenken.
Da auch die Anordnung der Erstattung des überzahlten Wohngeldes ihre Rechtsgrundlage in § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X findet, war die Klage nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.