Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 28.06.2001, Az.: 4 B 56/01

Ausländerrecht; Duldung; räumliche Beschränkung; Wohnsitzauflage

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
28.06.2001
Aktenzeichen
4 B 56/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 39841
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu 2. zu verpflichten, ihrem Zuzug nach D.  zuzustimmen, und den Antragsgegner zu 1. zu verpflichten, die Wohnsitzauflage in der ihr erteilten Duldung zu streichen.

2

Die Antragstellerin ist jugoslawische Staatsangehörige. Ihr Asylverfahren wurde im November 2000 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Während des Asylverfahrens wurden der Antragstellerin Aufenthaltsgestattungen mit räumlicher Beschränkung auf den Landkreis L. erteilt. Seit dem Abschluss des Asylverfahrens hat der Antragsgegner zu 1. die Antragstellerin geduldet. Die Duldungen sind ebenfalls mit der Auflage erteilt worden, den Wohnsitz im Landkreis L. zu nehmen.

3

Der Ehemann der Antragstellerin, I. A. ist anerkannter Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG und im Besitz einer ohne räumliche Beschränkung erteilten Aufenthaltsbefugnis. Er ist seit August 2000 bei einer Zeitarbeitsfirma in H. tätig gewesen und hat in Hamburg als Küchenhilfe gearbeitet. Ab dem 1. Oktober 2000 haben die Antragstellerin und ihr Ehemann eine Wohnung in D. gemietet, in die der Ehemann eingezogen ist, um seinen Arbeitsplatz in Hamburg besser erreichen zu können. Inzwischen hat der Ehemann der Antragstellerin einen Arbeitsvertrag mit einer Zeitarbeitsfirma in D.  geschlossen und ist derzeit in U. bei einer Speiseeisfirma tätig.

4

Die Antragstellerin beantragte zunächst bei der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerberinnen und Asylbewerber ihre Umverteilung nach D. Über diesen Antrag konnte wegen des zwischenzeitlichen Abschlusses ihres Asylverfahrens nicht mehr entschieden werden. Daraufhin stellte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner zu 1. am 8. Dezember 2000 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, um die familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann in D.  herstellen zu können. Gleichzeitig beantragte sie bei der Antragsgegnerin zu 2., dem Umzug nach D.  zuzustimmen. Die Antragsgegnerin zu 2. teilte dem Antragsgegner zu 1. mit Schreiben vom 10. Januar 2001 mit, dass gegenwärtig keine Zustimmung zum Umzug der Antragstellerin nach D.  erteilt werden könne. Dem Zuzug werde nur dann zugestimmt, wenn die Antragstellerin einen gültigen jugoslawischen Nationalpass vorlege, der Ehemann einen Arbeitsvertrag über einer feste Arbeitsstelle vorlege und das Sozialamt bescheinige, dass der Ehemann sich und die Antragstellerin ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe versorgen könne.

5

Die Antragstellerin hat am 30. Mai 2001 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.

II.

6

Der Antrag hat keinen Erfolg.

7

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) voraus, dass der Hilfesuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

8

Ein Anspruch der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. auf Erteilung der Zustimmung zum Umzug scheitert bereits daran, dass das nach dem Runderlass des Innenministeriums vom 15. Juli 1998 (45.21-12230/1-1 [§ 12]) herzustellende Einvernehmen nur ein Verwaltungsinternum ist, das eine Außenwirkung gegenüber dem Ausländer nicht entfaltet und deshalb auch nicht selbständig einklagbar ist.

9

Die Antragstellerin hat auch gegenüber dem Antragsgegner zu 1. keinen Anspruch, dass dieser die räumliche Beschränkung ihrer Duldung auf den Landkreis L.  aufhebt. Wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache käme im Eilverfahren ohnehin nur in Betracht, den Antragsgegner zu 1. zu verpflichten, der Antragstellerin unter Suspendierung der Wohnsitzauflage zu gestatten, den Geltungsbereich der Duldung vorläufig zu verlassen. Auch insofern ist jedoch kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden.

10

Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG können in Bezug auf die erteilte Duldung, die gemäß Satz 1 bereits räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt ist, weitere Bedingungen und Auflagen angeordnet werden. Dies können z. B. weitergehende örtliche Einschränkungen wie hier auf den Bereich des Antragsgegners zu 1. als der zuständigen Ausländerbehörde sein. Dass dem Antragsgegner zu 1. bei der Erteilung der wohnsitzbeschränkenden Auflage Ermessensfehler unterlaufen sind, ist nicht ersichtlich. Die Auflage dient aufenthaltsrechtlich erheblichen Zwecken und findet damit ihre Rechtfertigung im Zweck des Ausländergesetzes. Nach dem genannten Runderlass des Innenministeriums dienen die wohnsitzbeschränkenden Auflagen bei der Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen oder Duldungen an abgelehnte Asylbewerber, die Sozialhilfeleistungen beziehen, dazu, die mit der Aufnahme und Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen verbundenen Kosten innerhalb des Landes möglichst gleichmäßig zu verteilen. Bei diesen finanziellen Belangen handelt es sich um öffentliche Interessen, die durch die Anwesenheit der - ehemaligen - Asylbewerber nachteilig berührt werden können und daher durch Auflagen geschützt werden können.

11

Dass der Ehemann der Antragstellerin, dessen Aufenthalt nicht räumlich beschränkt ist, in D.  wohnt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn aufgrund der geringfügigen Beschäftigung des Ehemanns der Antragstellerin bei einer Zeitarbeitsfirma wäre dieser finanziell nicht in der Lage, sich und die Antragstellerin ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen zu unterhalten, so dass durch einen Umzug der Antragstellerin eine Kostenverlagerung auf die Stadt D.  eintreten würde. Auch Art. 6 Abs. 1 GG steht der Wohnsitzbeschränkung nicht entgegen. Denn die Antragstellerin und ihr Ehemann können durchaus ihre eheliche Lebensgemeinschaft herstellen, und zwar im Landkreis D. . Dies gilt umso mehr, als der Ehemann der Antragstellerin, wie diese mit Schriftsatz vom 21. Juni 2001 vorgetragen hat, nicht mehr in Hamburg, sondern in U.  arbeitet. Aufgrund der etwa gleichgroßen Entfernung zwischen D.  und U.  sowie zwischen L. und U.  ist nicht ersichtlich, warum der Ehemann nicht auch von dem Wohnort der Antragstellerin in L. aus seine Arbeitsstelle aufsuchen könnte.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.