Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 29.01.2015, Az.: 5 A 473/15

Befangenheit; Betretensrecht; Feuerstättenschau; durchlaufender Schornstein; Terminabstimmung; Unverletzlichkeit der Wohnung; Verweigerung des Zutritts; Zutritt zur Wohnung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
29.01.2015
Aktenzeichen
5 A 473/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 44807
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

I.

Der Kläger und Antragsteller (im Folgenden: Kläger) begehrt Prozesskostenhilfe für den beabsichtigten Aussetzungsantrag und die beabsichtigte Klage gegen den Bescheid der Beklagten und Antragsgegnerin (im Folgenden: Beklagte) vom 5. Januar 2015, mit dem ihm unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgegeben wird, mit dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die anstehende Feuerstättenschau abzustimmen und ihm Zutritt zur Wohnung zu gewähren.

Der Kläger ist Eigentümer der Wohnung Nr. .. in der Wohnanlage B. Straße .. in D.. Dies ist die oberste von mehreren übereinanderliegenden Wohnungen. Der von den unterliegenden Wohnungen benutzte Schornstein verläuft hinter der Wohnzimmerwand der klägerischen Wohnung. Nach Angaben des Klägers betreibt er seit Jahren keine an den Schornstein angeschlossene Verbrennungsanlage; das Verbindungsteil zwischen Hauptgasrohr der Stadtwerke zu seinem Zählerschloss sei seit längerem von einem Fachunternehmen abmontiert. Die letzte Feuerstättenschau fand am 27. Juni 2010 statt. Unter dem 31. Juli 2014 teilte der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegermeister - BSFM - K. der Beklagten mit, dass die Feuerstättenschau in der Wohnung des Klägers trotz mehrfacher angekündigter Versuche nicht habe durchgeführt werden können. Nach vorausgegangenen, aber wieder zurück genommenen Bescheiden vom 20. und 31. Oktober 2014, Würdigung des Einwendungsschreibens des Klägers vom 12. November 2014 und Anhörung vom 15. Dezember 2014 erließ die Beklagte den Bescheid vom 5. Januar 2015. Darin forderte sie den Kläger unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, mit dem BSFM K. bis zum 16. Januar 2015 einen Termin für die Durchführung der Feuerstättenschau in seiner Wohnung zu vereinbaren und am vereinbarten Termin Herrn K. oder seinem Mitarbeiter den Zutritt zu den überprüfungspflichtigen Abgasanlagen in seiner Wohnung zu gestatten.

Am 15. Januar 2015 hat der Kläger um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und eine Klage nachgesucht. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es fehle an einer Dringlichkeit für die angeordnete sofortige Vollziehung. Er betreibe keine eigene Feuerstätte in seiner Wohnung. Konkrete Hinweise auf Gefährdungen ausgehend vom durchlaufenden Schornstein habe es weder anlässlich der jahrelangen Kontrollen noch in jüngerer Zeit gegeben. Hier fehlten auch die Voraussetzungen zur Durchführung einer Feuerstättenschau. Das Betretensrecht des BSFM sei in seinem Falle verfassungswidrig und verstoße gegen Europarecht. Die Zustände in seiner Wohnung gingen niemand etwas an. Ein unsensibler Umgang mit anlässlich einer Wohnungsbegehung gewonnenen Informationen sei zu erwarten, insbesondere vom BSFM K., den er aus „heftigen persönlichen Gründen“ ablehne. Dessen Angebot, ggf. einen Zeugen mitzubringen, verschlimmere seine Befürchtungen noch. Auch habe ihm bei einem Zusammentreffen am 5. November 2014 auf der Bismarckstraße BSFM K. seinen Sinneswandel nicht plausibel machen können, dass er bloß noch die Rückwand des Wohnzimmers wegen des durchlaufenden Schornsteins sehen wolle, nicht auch andere Räume.

II.

Gemäß §§ 166 VwGO, 114  Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe demjenigen zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Hier fehlt es an der erforderlichen Erfolgsaussicht des beabsichtigten Aussetzungsantrags und der beabsichtigter Klage. Trotz Verstreichens der in der angefochtenen Verfügung vom 5. Januar 2015 genannten Frist zum 16. Januar 2015 hat sich die zugehörige Aufforderung, mit dem BSFM K. einen Termin zur Feuerstättenschau zu vereinbaren und ihm Zutritt zur Wohnung zu gewähren, nicht erledigt. Bei verständiger Würdigung der Verfügung aus Sicht eines objektiven Empfängers (§§ 133, 157 BGB) betreffen die verfügten Maßnahmen zur Durchführung der Feuerstättenschau die Konkretisierung einer dauerhaft bestehenden gesetzlichen Pflicht. Ersichtlich besteht die Beklagte auch weiterhin auf eine Durchführung der Feuerstättenschau und wird hierfür aller Wahrscheinlichkeit nach alsbald nach einer gerichtlichen Entscheidung eine neue Frist setzen und/oder weitere Maßnahmen sowie Vollstreckungsmaßnahmen verfügen.

Der beabsichtigte Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus formellen Gründen Erfolg. Die Beklagte ist der Forderung des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides schriftlich zu begründen, hinreichend unter Hinweis auf die Regelungsziele der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes (Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen - 1. BImSchV) sowie des Interesses der Feuersicherheit nach dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz - SchfHwG - vom 26. November 2008 (BGBl. I S. 2242), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2467), in ausreichendem Maße nachgekommen. Angesichts der hohen Bedeutung, die der Gesetzgeber der Feuersicherheit und Luftreinhaltung beimisst, sind an die Begründung des Sofortvollzugs einer Anordnung, die der Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung einer Feuerungs- oder Abgasanlage dient, keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - 22 CS 12.801 -, juris).

Sowohl Aussetzungsantrag als auch Klage bieten auch in der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sich die angefochtene Verfügung vom 5. Januar 2015 aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Sachlage sind auch keine weitergehenden Belange des Klägers ersichtlich, die gleichwohl bei der gebotenen Interessenabwägung im Rahmen des Aussetzungsverfahrens das öffentliche Vollzugsinteresse noch überwiegen könnten.

Die angefochtenen Maßnahmen zur Konkretisierung der gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung einer Feuerstättenschau finden ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 SchfHwG. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG sind die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken und Räumen verpflichtet, den jeweiligen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern für die Durchführung der Tätigkeiten nach § 14 Abs. 1 SchfHwG Zutritt zu den Grundstücken und Räumen zu gestatten. Nach § 14 Abs. 1 SchfHwG besichtigt der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger persönlich zweimal während des Zeitraumes seiner Bestellung sämtliche Anlagen in den Gebäuden seines Bezirks, in denen Arbeiten nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 SchfHwG (d.h.: der Kehr- und Überprüfungsordnung - KÜO -) und der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (d.h.: der 1. BImSchV) oder nach den landesrechtlichen Bauordnungen durchzuführen sind, und prüfen die Betriebs- und Brandsicherheit der Anlagen (Feuerstättenschau). Kommt der Eigentümer seiner gesetzlichen Pflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG nicht oder nicht vollständig nach, so hat ihn die zuständige Verwaltungsbehörde im Einzelfall durch Erlass eines Bescheides zu verpflichten, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger den erforderlichen Zutritt zu gewähren (vgl. VGH BW, Beschluss vom 9. Januar 2008 - 6 S 1089/07 -, juris Rn. 3; Bay. VGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - 22 CS 12.801 - juris ggf. mit landesrechtlicher Aufgabenzuweisung; VG Würzburg, Beschluss vom 26. November 2012 - W 6 S 12.895 -, juris Rn. 32; VG München, Urteil vom 2. August 2011 - M 31 K 11.2656 -, juris).

Bei der Feuerstättenschau handelt es sich um eine zwei Mal im Zeitraum der amtlichen Bestellung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeisters von sieben Jahren (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG) stattfindende Gesamtbegutachtung der in einem Haus befindlichen Schornsteine und Feuerungsanlagen. Sie dient der Sicherstellung der Betriebs- und Brandsicherheit und des Umweltschutzes und ist als ergänzende Maßnahme zu den Arbeiten zu verstehen, die in der KÜO und der 1. BImSchV vorgeschrieben sind. Hierzu gehört auch die Feststellung, ob der Schornstein zwischenzeitlich (seit der letzten Feuerstättenschau) ggf. rechtswidrig belegt wurde und weitere Anlagen angeschlossen wurden. Die Feuerstättenschau dient nach § 17 SchfHwG i.V.m. § 14 Abs. 2 SchfHwG als Grundlage für den Erlass des Feuerstättenbescheides. Dies erfordert eine umfassende Sachverhaltsermittlung, wodurch die Feuerstättenschau allgemein an Gewicht gewonnen hat. Der Feuerstättenbescheid ist Grundlage für alle in einem Gebäude während der nächsten fünf Jahre durchzuführenden Schornsteinfegerarbeiten. In ihm sind alle Feuerstätten zu erfassen, an denen Arbeiten erforderlich sind. Ohne die Erkenntnisse der Feuerstättenschau gibt es keine Möglichkeit zu erfahren, ob die Daten in den Kehrbüchern noch aktuell oder korrekt sind oder nicht gemeldete Änderungen an den betreffenden Anlagen erfolgt sind. Das erfordert das Betreten sämtlicher Räume, die an den Schornstein angrenzen bzw. eine in Augenscheinnahme des Schornsteins an allen vier Seiten. Auch unbenutzte Schornsteine und Abgasanlagen sind Bestandteil der Feuerstättenschau (VG Würzburg, a.a.O., Rn. 32; VG München, a.a.O., Rn. 17).

Hiervon ausgehend konnte auch im Fall des Klägers mit einem nur durchlaufenden Schornstein, den er selbst nicht zu nutzen vorgibt, auf eine Feuerstättenschau nicht verzichtet werden. Zu einem vergleichbaren Fall hat das VG Würzburg (a.a.O., Rn. 33 f.) Folgendes ausgeführt:

„Sinn und Zweck des Gesetzes ist gerade die sach- und fachgerechte gefahrenpräventive Überprüfung der Anlagen. Dies erfordert ein aktives mitwirkendes Gestatten des betreffenden Eigentümers (Bins, Erläuterungen zum Gesetz über das Schornsteinfegerwesen, in: Das Deutsche Bundesrecht, III B 24, S. 33). Die Feuerstättenschau dient dem Zweck der Aufrechterhaltung der Feuersicherheit im Sinne einer absoluten Betriebssicherheit vor allen denkbaren Gefahren, die vom Betrieb einer Feuerungsanlage ausgehen können, einschließlich der Erstickungs- oder Vergiftungsgefahr sowie der Gefahr bezüglich eines ungewollten Feuers bzw. Brandschadens. Primäre Pflichtaufgabe des Bezirksschornsteinfegermeisters ist es, präventiv für die Feuersicherheit in diesem Sinne zu sorgen (Bins, a.a.O., S. 52).

Dieser Zweck ergibt sich auch aus der Begründung zum Gesetzentwurf für das SchfHwG. Gerade um das notwendige hohe Niveau der Betriebs- und Brandsicherheit sowie des Umweltschutzes zu erhalten, ist es erforderlich, die Einhaltung der Pflichten des Eigentümers zu kontrollieren. Die Feuerstättenschau dient der Sicherstellung der Betriebs- und Brandsicherheit und dem Umweltschutz. Sie ist als Annex für die Kehrbuchführung wichtig, weil das Kehrbuch das einzige Verzeichnis aller Feuerungsanlagen ist. Der Bezirksschornsteinfegermeister hat ohne Feuerstättenschau keine Möglichkeit zu erfahren, ob die Daten in seinen Kehrbüchern korrekt sind oder zwischenzeitlich nicht gemeldete Änderungen an Anlagen, der Einbau neuer Anlagen oder die Inbetriebnahme stillgelegter Anlagen erfolgt sind. Es soll gerade verhindert werden, dass die erforderliche Feuerstättenschau über einen längeren Zeitraum hinausgezögert wird und damit der Zweck nicht mehr erfüllt werden kann (vgl. Bundesratsdrucksache 173/08 vom 14.03.2008, S. 43 und 72 ff.). Der Eigentümer handelt ordnungswidrig, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig eine kehr- oder überprüfungspflichtige Anlage nicht oder nicht rechtzeitig reinigen oder überprüfen lässt, Mitteilungen über Änderungen nicht rechtzeitig macht oder wie hier den Bezirksschornsteinfegermeister für die Durchführung der Feuerstättenschau den Zutritt verweigert (vgl. Bundesratsdrucksache 173/08 vom 14.03.2008, S. 77).“

Folglich verkennt der Kläger, dass es für die Feuerstättenschau keiner Hinweise auf eine konkrete Gefahr durch den durchlaufenden Schornstein - etwa in Gestalt von Schäden am Putz oder Mauerwerk der angrenzenden Wand - oder auf einen etwaigen unangemeldeten Anschluss einer Feuerungsanlage geben muss, sondern eine bloß abstrakte Gefahr ausreicht. Sie soll dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeister zudem einen aktuellen Überblick über die Verhältnisse für die Festlegung weiterer Maßnahmen (künftige handwerkliche Kehr- und Überprüfungsarbeiten durch frei zu wählende Dienstleister) im Feuerstättenbescheid geben.

Die Voraussetzungen für die Konkretisierung der gesetzlichen Verpflichtung des Klägers, die Feuerstättenschau durch den zuständigen BSFM K. durchführen zu lassen, liegen vor. Die letzte Feuerstättenschau seiner Wohnung hat unstreitig am 27. Juni 2010 stattgefunden. Die nunmehrige Feuerstättenschau ist somit längst überfällig und beachtet auch die Frist des § 14 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG (nächste Feuerstättenschau frühestens im dritten Jahr nach der jeweils vorhergehenden Feuerstättenschau). Der Schornstein, der durch die Wohnung des Klägers verläuft, ist Teil einer Abgasanlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KÜO (vgl. Definition in Nr. 1 der Anlage 4 zu § 7 KÜO), die auch nicht nach § 1 Abs. 3 KÜO von der Überwachungspflicht ausgenommen ist. Dauerhaft unbenutzt im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 KÜO ist der Schornstein schon deshalb nicht, weil in den unterliegenden Wohnungen Feuerstätten an ihn angeschlossen sind. Ob es Einschränkungen von der Kehr- und Überprüfungspflicht weiterhin für etwaige Feuerstätten in der Wohnung des Klägers nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 KÜO gibt (dichte Verschlüsse der Anschlussöffnungen und dauerhaft unterbundene Gasversorgung), soll u.a. gerade anlässlich der Feuerstättenschau geklärt werden.

Der BSFM K. ist hier kraft Gesetzes (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG) persönlich verpflichtet, die Anlagen zweimal während des Zeitraums seiner siebenjährigen Bestellung in Augenschein zu nehmen und zu überprüfen. Im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid geregelte Zutrittsgestattung zum vereinbarten Termin bedeutet dies konsequenterweise, dass der Kläger zwar ihm persönlich (und allenfalls einem Mitarbeiter als Zeugen eines im Hinblick auf die Vorbehalte des Klägers beanstandungsfreien Vorgehens, falls der Kläger dies doch wünschen sollte), keinesfalls aber auch seinem Mitarbeiter allein den Zutritt zur Wohnung gestatten muss. Das Gericht geht diesbezüglich davon aus, dass die Beklagte eine - insoweit rechtswidrige - Gestattungsanordnung allein für einen Mitarbeiter den BSFM K. nicht weiter verfolgen wird.

Ein Verstoß der gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG ausnahmslos vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeister des jeweiligen Kehrbezirks persönlich durchzuführenden Feuerstättenschau gegen europarechtliche Vorschriften liegt nicht vor. Es ist weder vom Kläger dargetan noch sonst ersichtlich, dass Unionsrecht – etwa die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit – dem Gesetzgeber gebieten, auch im Bereich der Feuerstättenschau auf das bewährte System der Beleihung (Übertragung von Hoheitsgewalt auf einen Privaten) zu verzichten und die Aufgabe jedwedem Dienstleister zu öffnen und dessen Tätigwerden in anderer Weise behördlich zu überwachen. Anders als bei den regelmäßigen handwerklichen Kehr- und Überprüfungsarbeiten bedarf es hier keines Wettbewerbs der Dienstleister mit korrespondierender Wahlfreiheit der Bürger, weil ein besonderer hoheitlicher Tätigkeitsbereich betroffen ist. Denn – wie oben ausgeführt – dient die Feuerstättenschau in besonderer Weise der Abwehr (abstrakter) Gefahren und der Festlegung eines Rahmens für künftige regelmäßige handwerkliche Kehr- und Überprüfungsarbeiten nach qualifizierter Bewertung vorhandener Feuerstätten und Abgasanlagen. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird nicht überschritten, wenn er seine hoheitlichen Kontrollpflichten im Rahmen des seit längerem bewährten Systems der Beleihung wahrnimmt. Dies gilt umso mehr, als er die Beleihung der bevollmächtigten Schornsteinfegermeister in einem besonderen Auswahlverfahren und zeitlich befristet vorsieht.

Ausschlussgründe nach § 20 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nds. VwVfG oder eine begründete Besorgnis der Befangenheit nach § 21 VwVfG gegen die Person des BSFM K. liegen ebenso wenig vor. Die vom Kläger im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren geäußerten Vorbehalte gegen BSFM K. bieten insbesondere keinen Anlass, wegen begründeter Zweifel an einer unparteilichen Amtsausübung ausnahmsweise einen anderen Amtsträger einzusetzen. § 21 VwVfG fordert zwar keine tatsächliche Befangenheit, lässt aber auch lediglich subjektive Befürchtungen eines Beteiligten nicht ausreichen. Erforderlich ist ein vernünftiger Grund für die Besorgnis, der auf einer rationalen Tatsachengrundlage beruht. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Empfindlichkeit oder Ängstlichkeit, irrationale Befürchtungen usw. an, sondern darauf, ob ein vernünftiger Beteiligter unter den gegebenen Umständen die Besorgnis hegen kann, der Amtswalter, in dessen Person die Tatsachen vorliegen, werde das Verfahren (hier die Feuerstättenschau) nicht unparteiisch, sachlich und mit der gebotenen Distanz betreiben, sondern sich von Vorurteilen und unsachlichen Erwägungen leiten lassen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 12. Auflage 2011, § 21 Rn. 16). Dies lässt sich hier nicht annehmen. Insbesondere ist es kein Ablehnungsgrund, dass ein Amtsträger bereits vorher in der Sache tätig war (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 12. Auflage 2011, § 21 Rn. 13), also früher eine Feuerstättenschau oder andere Überprüfungen beim Kläger durchgeführt hat. Unzureichend ist ferner, dass der Amtswalter in der Angelegenheit bereits Gespräche mit den Beteiligten geführt und ggf. bestimmte Rechtsauffassungen zu seinen Amtspflichten geäußert hat. Belastbare Tatsachen, die auf einen unsensiblen Umgang des BSFM K. hindeuten, finden sich in den Schreiben des Klägers nicht. Die von ihm geschilderten Verfahrensvorschläge von BSFM K., etwa einen neutralen Zeugen hinzu zu bitten oder die Feuerstättenschau auf die Wohnzimmerwand des durchlaufenden Schornsteins zu begrenzen, deuten bei gebotener subjekt-objektiver Betrachtung nicht auf rechtswidriges Handeln, sondern eher auf ein konstruktives Entgegenkommen hin. Im Vortrag des Klägers wird insgesamt deutlich, dass er die Feuerstättenschau generell ablehnt, die Vorbehalte speziell gegen BSFM K. mithin vorgeschoben sein dürften.

Der mit der Durchführung der Feuerstättenschau verbundene Eingriff in das Grundrecht des Klägers auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. § 1 Abs. 3 SchfHwG gibt dem Bezirksschornsteinfeger lediglich das Recht, die Wohnung zu betreten und zu besichtigen und ist als sonstiger Eingriff nach Art. 13 Abs. 7 GG aufgrund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zulässig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Art. 13 Abs. 7 GG nicht den Eintritt einer konkreten Gefahr voraussetzt. Eingriffe und Beschränkungen des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung sind bereits dann zulässig, wenn sie dem Zweck dienen, einen Zustand nicht eintreten zu lassen, der seinerseits eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen würde (VG München, a.a.O., Rn. 19 m.w.N.).

Schließlich erweist sich die Konkretisierung der gesetzlich geforderten Durchführung der Feuerstättenschau auch als verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei. Die gewählte Anordnung lässt den Kläger immerhin die Wahl, selbst einen Termin mit BSFM K. zu vereinbaren, anstatt – was auch rechtlich möglich wäre – von Amts wegen einen Termin nebst Ersatztermin vorzugeben und gleichzeitig bereits Zwangsmaßnahmen anzudrohen. So kann er sich auf die Wohnungsbesichtigung einstellen und ggf. die Verhältnisse nach seinen persönlichen Vorstellungen richten. Der mit der Feuerstättenschau nur kurzzeitig verbundene Eingriff in Grundrechte des Klägers (Unverletzlichkeit der Wohnung, Eigentum und allgemeine Handlungsfreiheit) ist von geringer Intensität und wird durch die zu schützenden Rechtsgüter Feuersicherheit und Luftreinhaltung gerechtfertigt. Zudem beschränkt sich der Zutritt in die Privatsphäre des Klägers auf Räume, die an Schornsteine angrenzen. Auch die mit der Feuerstättenschau verbundene Gebührenbelastung ist geringfügig und verhältnismäßig.