Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.04.1995, Az.: III 62/93
Übertragung von Bankguthaben und Wertpapiere nach dem Tode; Abgrenzung zwischen freigebiger Zuwendung und Übertragung in Erfüllung einer bestehender Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit erbrachten Pflegeleistungen; Bewertung der unter das Erbschaftssteuerrecht (ErbStG) fallenden Erwerbe nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften; Verfassungsmässigkeit der schenungssteuerrechtlichen und erbschaftssteuerrechtlichen Bewertungsregelungen; Erbschaftsteuerrechtliche und schenkungsteuerlich Benachteiligung von Erwerbern von Geldvermögen gegenüber Erwerbern von Grundbesitz ; Beachtung des Gleichheitssatzes im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Erbrechts; Ungleichbehandlung durch Ansatz von Geldvermögen mit dem Nennwert im Vergleich zu dem Ansatz von Grundvermögen mit dem um 40 von Hundert erhöhten Einheitswert ; Erbschaftsteuerliche und schenkungsteuerliche Belastungsverzerrungen zu Lasten des Geldvermögens
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 26.04.1995
- Aktenzeichen
- III 62/93
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 17880
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0426.III62.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs. 1 ErbStG
- § 16 ErbStG
- § 19 ErbStG
- Art. 3 Abs. 1 GG
- § 37 ErbStG
- § 1 Abs. 1 ErbStG
- § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
- § 12 Abs. 2 ErbStG
- § 19 BewG
- § 121a BewG
- Art. 100 GG
Fundstelle
- EFG 1995, 933-941 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Erbschaftsteuer
Schenkungsteuer
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Bei der Beurteilung der Erbschaftssteuerpflicht ist zwischen einer freigebigen und einer Übertragung, die ausschließlich in Erfüllung einer bestehender Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit erbrachten Pflegeleistungen bzw. zur Sicherstellung der künftigen Pflege erfolgt, zu differenzieren.
- 2.
Nach Ansicht des Senats führen die Unterschiede in der Bewertung des Grundbesitzes bzw. des Geldvermögens zu einer mittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen, weil insoweit Erwerber von Geldvermögen erbschaft- und schenkungsteuerlich gegenüber Erwerbern von Grundbesitz benachteiligt werden. Die geltende Rechtslage wirkt sich zudem nachteilig auf die Wahrnehmung des durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleisteten Erbrechts aus.
Der III. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
am 26. April 1995
beschlossen:
Tenor:
Das Verfahren wird gem. Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt, ob §§ 12 Abs. 1, 16 und 19 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) vom 17. April 1974 (BGBl. I S. 933) i.d.F. des Gesetzes vom 19. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2436) i.V.m. § 12 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 30. Mai 1985 (BGBl. I S. 845) i.d.F. des Gesetzes vom 22. Oktober 1987 (BGBl. I S. 2294) gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.
Gründe
I.
Gegenstand der Vorlage
Die Vorlage betrifft die Frage, ob §§ 12 Abs. 1, 16 und 19 ErbStG in der im Tenor dieses Beschlusses anzuwendenden Fassung deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind, weil diese Vorschriften aufgrund der vom Gesetzgeber spätestens seit dem 1. Januar 1980 unterlassenen Durchführung einer neuen Hauptfeststellung auf dem Gebiet der Einheitsbewertung des Grundbesitzes steuerliche Belastungsverzerrungen zu Lasten des kraft Schenkung oder Erbanfall erworbenen Geldvermögens herbeiführen.
II.
Sachverhalt und erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Beurteilung des Streitfalls
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob freigebige Zuwendungen an die Klägerin bzw. ein Erwerb von Todes wegen erbschaft- und schenkungsteuerpflichtig sind.
Nach den Feststellungen des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen ... hatte der am 24. August 1989 verstorbene ... (K.) der Klägerin im Jahre 1989 Bankguthaben und Wertpapiere im Wege der Schenkung übertragen. An die Klägerin sind ferner nach dem Tode von K. Bankguthaben von 12.429,82 DM übergegangen. Mit diesen der Klägerin zugewendeten Mitteln hat der Sohn der Klägerin mit Vertrag vom 12. Januar 1990 eine in ... belegene Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 180.000 DM erworben.
Das beklagte Finanzamt - FA - ging zunächst von einem wert des Erwerbs von 185.000 DM aus und setzte demgemäß mit Schenkungsteuerbescheid vom 11. Mai 1992 unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 3.000 DM gegen die Klägerin Schenkungsteuer von 54.600 DM fest. Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch machte die Klägerin geltend, daß sie mit K. über zehn Jahre in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft gelebt und diesen - ohne hierfür eine Vergütung erhalten zu haben - gehegt und gepflegt habe. Mit Einspruchsbescheid vom 25. Januar 1993 setzte das FA die Schenkungsteuer auf 38.500 DM herab und wies den Einspruch im übrigen als unbegründet zurück. Der Berechnung der Schenkungsteuer Legte das FA nunmehr einen Wert der schenkweise erworbenen Bankguthaben und Wertpapiere von 140.570 DM zugrunde. Hinsichtlich der behaupteten Pflegeleistungen lehnte das FA eine Herabsetzung der Schenkungsteuer ab, weil die Klägerin diese freiwillig und nicht aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung erbracht habe.
Aufgrund einer von K. mit der Volksbank ... getroffenen Vereinbarung gingen ferner mit dessen Tode am 24. August 1989 Sparguthaben in Höhe von 12.429,82 DM auf die Klägerin über. Für diesen Erwerb setzte das FA durch Erbschaftsteuerbescheid vom 11. Mai 1992 unter Berücksichtigung der Vorerwerbe von 185.000 DM gemäß Schenkungsteuerbescheid vom 11. Mai 1992 und der anzurechnenden Steuer für diesen Vorerwerb von 54.600 DM Erbschaftsteuer von 3.720 DM fest. Auf den hiergegen erhobenen Einspruch setzte das FA durch Einspruchsbescheid vom 25. Januar 1993 die Erbschaftsteuer auf 2.912 DM herab und wies den Einspruch im übrigen als unbegründet zurück. Der Erbschaftsteuerberechnung legte das FA nunmehr - entsprechend dem in der Schenkungsteuersache ergangenen Einspruchsbescheid vom 25. Januar 1993 - gem. § 14 ErbStG eine Vorschenkung von 140.570 DM und eine anzurechnende Schenkungsteuer von 38.500 DM zugrunde. Ferner berücksichtigte das FA zugunsten der Klägerin wegen der dem Erblasser gewährten Pflege gem. § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG den Freibetrag von 2.000 DM. Einen darüber hinausgehenden Abzug von Pflegekosten versagte das FA, weil die Klägerin insoweit das vorliegen einer Erblasserschuld nicht durch ein entsprechendes Schuldanerkenntnis des Erblassers nachgewiesen habe.
Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Klägerin vorträgt: Im Hinblick auf die ihr durch K. übertragenen Bankguthaben und Wertpapiere habe keine freigebige Zuwendung vorgelegen. Die Übertragung sei ausschließlich in Erfüllung ihr gegenüber bestehender Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit den erbrachten Pflegeleistungen bzw. zur Sicherstellung der künftigen Pflege erfolgt. Damit habe K. eine Bereicherungsabsicht gefehlt. Hinsichtlich der beim Tod des Erblassers auf sie - die Klägerin - übergegangenen Sparguthaben sei mit Rücksicht auf ihre Ansprüche, die sich aus den von ihr erbrachten Pflegeleistungen ergäben, eine Nachlaßverbindlichkeit in gleicher Höhe in Abzug zu bringen.
Die Klägerin beantragt,
den Erbschaftsteuerbescheid und den Schenkungsteuerbescheid vom 11. Mai 1992 und die Einspruchsbescheide vom 25. Januar 1993 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es tritt dem vorbringen der Klägerin entgegen.
Die Klage ist nach Maßgabe des ErbStG vom 17. April 1974 (BGBl. I S. 933) in seiner gem. § 37 ErbStG anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2436) aus folgenden Gründen abweisungsreif:
Nach § 1 Abs. 1 ErbStG unterliegen u.a. der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) der Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Die Zuwendung der Bankguthaben und Wertpapiere in Höhe von 140.570 DM an die Klägerin ist eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und erfüllt den objektiven Tatbestand der vorgenannten Bestimmung. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verlangt, daß die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt, d.h. (objektiv) unentgeltlich ist. Ein Erwerb ist unentgeltlich, wenn er nicht von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers rechtlich abhängig ist. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und die Entgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht (BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 59/92, BStBl II 1994, 366 m.w.N.). Eine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung allein genügt nicht, um ein durch schlüssiges verhalten zustande gekommenes Arbeitsverhältnis anzunehmen (BAG-Urteil v. 19. Juli 1973 - 5 AZR 46/73 -, NJW 1974, 380; BFH-Urteil vom 15. Juni 1988 II R 165/85 BStBl II 1988, 1006; BFH-Urteil vom 9. November 1994 II R 110/91, BStBl II 1995, 62). Erforderlich ist vielmehr, daß ein eindeutiger vertraglicher Bindungswille erkennbar wird (BFH-Urteil vom 9. November 1994 a.a.O.). Dafür ist im Streitfall nichts ersichtlich oder vorgetragen. Im Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, daß die Klägerin einen Rechtsanspruch auf die zugewendeten Leistungen hatte oder die Zuwendungen synallagmatisch, konditional oder kausal mit einer Gegenleistung der Klägerin verknüpft waren. Zwar macht die Klägerin geltend, daß die fragliche freigebige Zuwendung rechtlich als angemessene Vergütung für ihre Pflegeleistungen zu qualifizieren sei. Jedoch sind im Streitfall keine Anhaltspunkte für ein Vertragsverhältnis ersichtlich, kraft dessen die Klägerin die fraglichen Pflegeleistungen als vertraglich geschuldete Leistungen in persönlicher Abhängigkeit gegenüber K. zu erbringen hatte. Insoweit hat die mündliche Verhandlung ergeben, daß die Klägerin das Vorliegen eines zivilrechtlichen Dienstvertrages nicht behaupten will. Im übrigen schließt auch ein Langjähriges eheähnliches Zusammenleben - wie im Streitfall gegeben - die Vermutung aus, daß die hier von der Klägerin erbrachten Pflege- und Betreuungsleistungen dienstvertraglich geschuldet und nur gegen ein Leistungsentsprechendes Entgelt übernommen wurden (BFH-Urteil vom 15. Juni 1988, a.a.O.). Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Hinweis der Klägerin, daß sie mit den ihr zur Verfügung gestellten Geldern - insbesondere durch den Erwerb einer Eigentumswohnung - abgesichert werden sollte. Aus diesem vorbringen könnte allenfalls zu schließen sein, daß K. mit den fraglichen Zuwendungen eine moralische Verpflichtung erfüllen wollte. Das genügt indes nicht den Anforderungen, die an die Entgeltlichkeit einer Zuwendung zu stellen sind (BFH-Urteil vom 15. Juni 1988, a.a.O.). Ebenso stünde es der Annahme einer freigebigen Zuwendung nicht entgegen, wenn in den fraglichen Zuwendungen eine Anerkennung der von der Klägerin geleisteten Dienste Läge. Denn in diesem Falle läge allenfalls eine nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu behandelnde belohnende (renumeratorische) Schenkung vor (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juni 1988; BGH-Urteil vom 27. November 1991 - IV ZR 164/90 - NJW 1992, 564).
Gegenstand der Zuwendung sind im Streitfall auch die hingegebenen Bankguthaben und Wertpapiere und nicht die mit diesen Geldmitteln durch den Sohn der Klägerin erworbene Eigentumswohnung in ... Denn der Gegenstand einer Schenkung richtet sich danach, was nach der Schenkungsabrede geschenkt sein sollte und worüber der Bedachte im Verhältnis zum Schenker tatsächlich und rechtlich verfügen kann. Die Annahme einer Grundstücksschenkung durch Hingabe einer Geldsumme (sog. mittelbare Grundstücksschenkung) setzt danach voraus, daß der Bedachte im Verhältnis zum Schenker nicht über das ihm ggf. übergebene Geld, sondern (erst) über das Grundstück verfügen kann. Entscheidend ist die endgültige Vermögensverschiebung; erst mit dieser ist der Tatbestand der Schenkung erfüllt und gleichzeitig ihr Gegenstand bestimmt. Maßgebend ist nicht, in welcher Gestalt die Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers eintritt, sondern wie sich die Vermögensmehrung beim Bedachten darstellt (BFH-Beschluß vom 23. Januar 1991 II B 46/90, BStBl II 1991, 310 m.w.N.). In Anwendung dieser Grundsätze liegen im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte für eine mittelbare Grundstücksschenkung vor. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, daß die der Klägerin von K. überlassenen Geldmittel für den Erwerb einer Eigentumswohnung bestimmt waren. Es mag zwar sein, daß das Motiv der hier fraglichen Geldschenkung der Erwerb einer schon individualisierten Eigentumswohnung durch die Klägerin oder ihren Sohn gewesen ist. Gleichwohl konnte die Klägerin über die ihr hingegebenen Geldmittel frei verfügen.
Die Berechnung der angeforderten Schenkungsteuer ist in zutreffender Anwendung von § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 11 und 12 Bewertungsgesetz - BewG - sowie §§ 16 und 19 ErbStG erfolgt.
Der Erwerb der fraglichen Sparguthaben in Höhe von 12.429,82 DM ist als Erwerb von Todes wegen i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erbschaftsteuerpflichtig. Hinsichtlich der von der Klägerin erbrachten Pflegeleistungen scheidet ein Abzug in gleicher Höhe aufgrund behaupteter Nachlaßverbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG aus (BFH-Urteil vom 9. November 1994, a.a.O.). Ebenso Liegen insoweit keine nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähigen Erblasserschulden vor. Denn die Anwendung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG setzt voraus, daß der Erwerb von Todes wegen bürgerlich-rechtlich als Dienstleistungsvergütung zu beurteilen ist (BFH-Urteil vom 9. November 1994, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall - wie dargelegt - nicht erfüllt, weil zwischen der Klägerin und dem Erblasser keine dienstvertraglichen Beziehungen bestanden und es demgemäß an einer aus Rechtsgründen bestehenden Erblasserschuld fehlte. Die Berechnung der Erbschaftsteuer ist in zutreffender Anwendung des § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG, §§ 14, 16 und 19 ErbStG erfolgt.
Der Senat hält jedoch die im Tenor des Vorlagebeschlusses bezeichneten Vorschriften, von deren Gültigkeit die im anhängigen Verfahren zu treffende Entscheidung - wie dargelegt - abhängt, aus nachfolgenden Gründen nicht für verfassungsgemäß. Er setzt daher das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG aus und holt hierzu die Entscheidung des BVerfG ein.
III.
Entstehungsgeschichte und verfassungsrechtlicher Hintergrund der §§ 12, 16 und 19 ErbStG
1.
Allgemeine Ausführungen zu Norminhalt und Entstehungsgeschichte der §§ 12, 16 und 19 ErbStG
Die im Streitfall anzuwendenden Bestimmungen des ErbStG beruhen im Kern auf dem Erbschaftsteuer-Reformgesetz vom 17. April 1974 (BGBl. I S. 933), das im wesentlichen auf den - in der 6. Legislaturperiode gescheiterten - Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes (BT-Drs. VI/3418) zurückgeht und von den Koalitionsfraktionen vollumfänglich zur Grundlage des in 7. Legislaturperiode eingebrachten Gesetzentwurfs gemacht worden war (vgl. BR-Drs. 140/72). Letzterer bildet die wesentliche Grundlage des zum 1. Januar 1974 in kraft getretenen ErbStG.
Das ErbStG ist in seiner Erhebungsform als Erbanfallsteuer konzipiert (vgl. BR-Drs. 140/72 S. 59): Grundziel der Erbschaftsteuer ist die Erfassung der Bereicherung, die jemand von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erfährt. Aus der auf den Vermögensanfall des einzelnen Erwerbers ausgerichteten Besteuerung folgt im Grundsatz, daß hier der Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, die der Erwerber erfährt, Ziel und Rechtfertigung der Steuer ist.
Hinsichtlich der vom ErbStG vorausgesetzten "steuerlichen Bewertungsgrundsätze" (vgl. § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG) verzichtet das ErbStG selbst weitestgehend auf eine Normierung eigenständiger Regelungen. Vielmehr verweist § 12 ErbStG im wesentlichen auf die Vorschriften des BewG. Damit ist § 12 ErbStG jedoch nicht "weitgehend inhaltsleer" (so Moench, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Loseblatt, Kommentar, § 12 Rz. 2). Die Vorschrift ist vielmehr rechtstechnisch als (dynamische) Verweisung mit der Folge ausgestaltet, daß die durch § 12 ErbStG in bezug genommenen Vorschriften des BewG in das ErbStG inkorporiert werden und somit einen Bestandteil des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts bilden. Der spezialgesetzlichen Regelung des § 12 ErbStG kann demgemäß - auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 2 BewG angeordneten Geltung der §§ 19 bis 109 und 122 BewG für die Erbschaftsteuer - aufgrund des in ihr enthaltenen Anwendungsbefehls der bewertungsrechtlichen Vorschriften (BFH-Beschluß v. 18. Dezember 1972 II R 87-89/70, BStBl II 1973, 329/350) nach Ansicht des Senats ein eigenständiges materiell-rechtliches Gewicht nicht abgesprochen werden (insoweit zweifelnd BVerfG-Beschluß vom 14. Dezember 1993 I BvL 25/88, BStBl II 1994, 133 [BVerfG 14.12.1993 - 1 BvL 25/88]).
a.
Anwendung der Allgemeinen Bewertungsvorschriften (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 1-16 BewG)
Nach § 12 Abs. 1 ErbStG gelten für die Bewertung der unter das ErbStG fallenden Erwerbe die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG (§ 1 bis 16 BewG), soweit nicht in § 12 Abs. 2 bis Abs. 6 ErbStG etwas anderes bestimmt ist. Nach § 12 Abs. 1 BewG sind demgemäß Kapitalforderungen - insbesondere auch Sparguthaben - mit dem Nennwert anzusetzen.
b.
Bewertung des Grundbesitzes (§ 12 Abs. 2 bis 4 ErbStG)
Nach § 12 Abs. 2 ErbStG ist Grundbesitz (nunmehr § 19 BewG) mit dem Einheitswert anzusetzen, der nach dem Zweiten Teil des BewG (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den Zeitpunkt festgestellt ist, der der Entstehung der Steuer vorangegangen ist oder mit ihr zusammenfällt. In Ergänzung zu dieser Vorschrift bestimmt der § 121 a BewG entsprechende Art. 2 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts (ErbStRG) vom 17. April 1974 (BGBl. I S. 933), daß während der Geltungsdauer der auf den Wertverhältnissen am 1. Januar 1964 beruhenden Einheitswerte des Grundbesitzes Grundstücke (§ 70 BewG) und Betriebsgrundstücke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG für die Erbschaft- und Schenkungsteuer mit 140 v.H. des Einheitswerts anzusetzen sind. Dies gilt entsprechend für die nach § 12 Abs. 3 und 4 ErbStG maßgebenden werte. In der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 2 ErbStG (BR-Drs. 1.40/72 S. 66 f.) ist folgendes ausgeführt: "Zu Absatz 2 ist zu bemerken, daß die Einheitswerte für den Grundbesitz trotz gewisser Bedenken, die sich aus dem Wesen der Erbschaftsteuer als Bereicherungssteuer ergeben, als Besteuerungsgrundlage beibehalten werden. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß sich die Einheitswerte nur dann auf die Dauer als Besteuerungsgrundlage beibehalten lassen, wenn es gelingt, das Einheitswertverfahren so zu vervollkommnen, daß die Einheitswerte stets in etwa den Verkehrswerten entsprechen. Bei wesentlich hinter den Verkehrswerten zurückbleibenden Einheitswerten begegnet die erbschaftsteuerliche Bewertung insgesamt, wie der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit in einer Reihe von Beschlüssen dargelegt hat, ernsthaften Zweifeln hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit. Damit die jetzt zur Anwendung gelangenden, auf den 1. Januar 1964 bzw. nach den Wertverhältnissen dieses Stichtags festgestellten Einheitswerte wegen der in der Zwischenzeit erfolgten allgemeinen Wertsteigerungen beim Grundvermögen nicht zugleich ähnliche Zweifel auslösen, sieht der neu in das Bewertungsgesetz einzufügende § 121 a BewG vor, daß Grundstücke im Sinne des § 70 BewG und Betriebsgrundstücke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG für die Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Gewerbesteuer und Grunderwerbsteuer mit 140 v.H. des Einheitswertes anzusetzen sind. Auf der gleichen Wertbasis sind Stichtagwerte nach Abs. 4 zu ermitteln".
Die Feststellung von Einheitswerten für den Grundbesitz (§ 19 Abs. 1 BewG i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO) erfolgt im einzelnen nach einem differenzierenden Regelungsschema (vgl. §§ 19 ff., 33 ff., 68 ff. und 99 BewG). Neben den vorgenannten Vorschriften wird das durch die Einheitsbewertung erreichte bzw. erreichbare Wertniveau (dazu nachfolgend IV) neben den Zuschlagsregelungen des § 121 a BewG sowie des Art. 2 ErbStRG entscheidend durch die normative Festlegung des Hauptfeststellungszeitpunkts bestimmt. Den in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG vorgesehenen Bewertungsturnus von 6 Jahren hat der Gesetzgeber für die auf die Letzte Hauptfeststellung zum 1. Januar 1964 folgende nächste Hauptfeststellung außer Kraft gesetzt. Durch Art. 2 Abs. 1 S. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13. August 1965 (BGBl. I S. 851) i.d.F. des Gesetzes vom 27. Juli 1971 (BGBl. I S. 1157) - BewÄndG - ist eine - bislang ausstehende - Festlegung des nächsten Hauptfeststellungszeitpunkts durch besonderes Gesetz angeordnet.
c.
Freibetragsregelung (§ 16 ErbStG)
Ein wesentliches Ziel des Erbschaftsteuer-Reformgesetzes 1974 bestand in der Verbesserung der Freibetragsregelungen und einer Reform des Erbschaftsteuer- (Schenkungsteuer-)tarifs, um eine weitgehende Schonung der kleinen und mittleren Erwerbe herbeizuführen (BR-Drs. 140/72 S. 50). Diesem Ziel dienten zunächst die - gegenüber dem früheren Recht erhöhten - Freibeträge des § 16 Abs. 1 ErbStG. In der Begründung zu dieser Freibetragsregelung (BR-Drs. 140/72 S. 70) ist u.a. ausgeführt: "Die neue Freibetragsregelung des Absatzes 1, insbesondere der Nummern 1 bis 3, gewährleistet eine angemessene Schonung der kleinen und mittleren Erwerbe. Sie führt gegenüber dem geltenden Recht zu einer fühlbaren Entlastung ... Mit der vorgesehenen Erhöhung der Freibeträge ist auch dem Umstand hinreichend Rechnung getragen, daß die wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Steuerreform an mit den neuen Einheitswerten 1964, erhöht bei Grundstücken und Betriebsgrundstücken wegen der zwischenzeitlichen Wertsteigerungen auf das 1,4-fache, der Besteuerung zugrunde gelegt werden sollen (vgl. § 121 a BewG des Entwurfs zur Änderung des Bewertungsgesetzes). Die Erhöhung der Freibeträge bedeutet unabhängig davon auch für die Erwerber von Grundbesitz zunächst und grundsätzlich eine echte Entlastung. Soweit der Grundbesitz künftig mit verkehrswertnäheren Werten zur Besteuerung herangezogen werden soll, entfällt lediglich ein nicht gerechtfertigter Bewertungsvorteil."
d.
Steuersatzregelung (§ 19 ErbStG)
Hinsichtlich des aufgrund des Erbschaftsteuer-Reformgesetzes 1974 neugefaßten § 19 Abs. 1 ErbStG hat die Gesetzesbegründung (BR-Drs. 140/72 S. 72) insbesondere auf die enge Verbindung dieser Regelung mit den Freibetragsregelungen der §§ 16 und 17 ErbStG hingewiesen und zu § 16 Abs. 1 ErbStG ausgeführt (a.a.O. S. 72): "Der Tarif muß im übrigen im Zusammenhang mit den Freibeträgen gesehen werden. Der Entwurf sieht eine wesentliche Verbesserung der geltenden Freibetragsregelung vor (erheblich höhere Freibeträge für Abkömmlinge, erstmals Freibeträge für die übrigen Erwerber, vorbehaltslose Gewährung des hohen Ehegattenfreibetrages, zusätzliche Gewährung eines Versorgungsfreibetrages für Ehegatten und Kinder - vgl. im einzelnen die Ausführungen zu §§ 16, 17). Dadurch verringert sich die effektive Steuerbelastung der kleinen und mittleren Vermögensanfälle nicht unerheblich. Das gilt unabhängig davon, daß mit der verbesserten Freibetragsregelung auch dem Umstand Rechnung getragen werden soll, daß die wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Steuerreform an mit höheren werten der Besteuerung unterliegen werden (vgl. die Ausführungen zu § 12 Abs. 2); denn die Freibeträge kommen allen Erwerbern - und nicht Lediglich den Erwerbern von Grundbesitz - zugute."
e.
Art. 10 § 3 ErbStRG
Die Verschränkung der §§ 12, 16, 17 und 19 ErbStG kommt schließlich auch in Art. 10 § 3 ErbStRG zum Ausdruck. Nach dieser Bestimmung gelten §§ 12, 16, 17 und 19 ErbStG für die Kalenderjahre, in denen Grundstücke (§ 70 BewG) und Betriebsgrundstücke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG für die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer mit 140 v.H. der auf den Wertverhältnissen am 1. Januar 1964 beruhenden Einheitswerte anzusetzen sind. Die angeführte Gesetzesfassung des Art. 10 § 3 ErbStRG geht auf Beratungen des Vermittlungsausschusses betreffend das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes zurück. In dem Antrag des Landes Schleswig-Holstein vom 19. Dezember 1973 (BR-Drs. 759/2/73) bezüglich eines dem Art. 10 § 3 ErbStRG sinngemäß entsprechenden Formulierungsvorschlags für § 37 Abs. 2 (Nr. 1 l der genannten BR-Drs.) war zur Begründung ausgeführt: "Nach allgemeiner Auffassung dürfen zukünftige Erhöhungen bei der Einheitsbewertung des Grundbesitzes grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung der Belastung der Steuerpflichtigen durch die einheitswertabhängigen Steuern führen. Da bereits zum 1. Januar 1975 die nächste Hauptfeststellung der Einheitswerte für den Grundbesitz in Aussicht steht, bedarf dieser Grundsatz einer ausdrücklichen Feststellung durch den Gesetzgeber, um Unruhe und Unsicherheit bei den betroffenen Steuerpflichtigen zu vermeiden."
Die Verfassungsmäßigkeit der vorgenannten Bestimmungen ist unter dem Gesichtspunkt des seit 1974 ständig zunehmenden Auseinanderklaffens der Bewertungsmaßstäbe bezüglich des Grundbesitzes und des sonstigen Vermögens - dazu nachfolgend IV. - fraglich. Die Rechtsprechung hat zu dieser Problematik die nachfolgend dargestellten Rechtsauffassungen vertreten.
2.
Bisherige Rechtsprechung des BFH
Der BFH hat bislang die Auffassung vertreten, daß die bestehende Rechtslage auf dem Gebiet der Einheitsbewertung des Grundbesitzes dem Gleichheitssatz (Art. 3 GG) widerspricht (BFH-Beschluß vom 11. Juni 1986 II B 49/83, BStBl II 1986, 782; Urteil vom 3. August 1988 II R 39/86, BStBl II 1988, 1025; zur früheren Rechtslage nach § 23 ErbStG vgl. bereits BFH-Beschluß vom 18. Dezember 1972, BStBl II 1973, 329). Die Unterlassung einer spätestens zum 1. Januar 1980 gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG erforderlichen weiteren Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes habe zu einer verfassungswidrigen Privilegierung des Grundbesitzes gegenüber dem Betriebsvermögen und dem Geldvermögen geführt. Mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des BVerfG (dazu nachfolgend) hat es der BFH in seinem Urteil vom 3. August 1988 (a.a.O.) jedoch als unzulässig angesehen, die seiner Auffassung nach verfassungswidrigen Bestimmungen im Fall der durch sie eintretenden erbschaft - und schenkungsteuerlichen Begünstigung im Wege der Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüfen zu lassen. Anlaß für eine Richtervorlage könnten nur Sachverhaltsgestaltungen sein, in denen die vorgenannten Regelungen deshalb zu einer Beschwer führten, weil der Eigentümer bzw. Rechtsinhaber von Betriebsvermögen bzw. sonstigem Vermögen im Verhältnis zu den Grundstückseigentümern durch die Schenkung- oder Erbschaftsteuer in verfassungswidriger weise zu hoch belastet werde. In diesem Zusammenhang könne auch Art. 10 § 3 ErbStRG Bedeutung gewinnen.
3.
Rechtsprechung des BverfG
Das BverfG hat wiederholt zu der Frage Stellung genommen, welche rechtlichen Folgerungen sich für Rechtsinhaber von sonstigem vermögen aus der bewertungsrechtlichen Privilegierung des Grundbesitzes ergeben. Mehrfach hat das BverfG (Beschluß v. 10. Februar 1976 - 1 BvL 8/73 - BverfGE 41, 269 = BStBl II 1976, 311; v. 11. Oktober 1983 - 1 BvL 73/78 - BverfGE 65, 160 = BStBl II 1984, 20) unter Berufung auf die dem BewG zugrunde liegenden Prinzipien eine Anknüpfung an werte gefordert, die wenigstens der Konzeption nach den wirklichen werten nahekämen, wenn auch mit Rücksicht auf die Besonderheiten der einzelnen Vermögensarten verschiedene Wertmaßstäbe aufgestellt worden seien, wenn sich Differenzierungen in der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, insbesondere im Verhältnis von Grundbesitz zu anderen Vermögensgegenständen ergaben, die, gemessen an der Idee der Steuergerechtigkeit, unerträglich seien, so ließen sie sich für die Besteuerung nicht mit den Besonderheiten des Grundbesitzes wie der Ortsgebundenheit, der allmählichen Wertveränderung, der erschwerten Übertragbarkeit und dergleichen rechtfertigen (BverfG-Beschluß v. 10. Februar 1976, BStBl II 1976, 311/315). Unter dem Blickwinkel der Wertverzerrungen bezüglich des Grundbesitzes und des sonstigen Vermögens und eines sich daraus etwa herleitenden Verstosses gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG hat das BverfG bislang eine Herabsetzung der Steuer zugunsten des Rechtsinhabers von sonstigem vermögen als nicht möglich betrachtet (vgl. BverfG-Beschluß v. 15. November 1989 - 1 BvR 171/89 - BStBl II 1990, 103 - bezüglich Erbschaftsteuer -; BverfG-Beschluß vom 7. Mai 1968 - 1 BvR 420/64 - BverfGE 23, 242 = BStBl II 1968, 549 - bezüglich Vermögensteuer -; vgl. auch BverfG-Beschluß v. 11. Oktober 1983, BStBl II 1984, 20 - bezüglich Einheitsbewertung -). Zur Begründung hat das BverfG in den vorstehend angeführten Entscheidungen (zweifelnd hingegen BVerfG-Urteil vom 10. Februar 1987 - 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82 - BverfGE 74, 182 = BStBl II 1987, 240/245) ausgeführt, daß als einzig mögliche Rechtsfolge eines Verstosses gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur eine Neubewertung des Grundbesitzes mit dem Ziel in Betracht komme, die Einheitswerte (näher) an die Verkehrswerte heranzuführen. Bei dem Besitzer von sonstigem vermögen fehle es insoweit an einer Beschwer.
Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Einheitswerte des Grundbesitzes im Verfahren der konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG unter Einbeziehung von Wirtschaftsgütern, deren Bewertung und steuerliche Belastung nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, kommt nach der Rechtsprechung des BverfG (Urteil vom 10. Februar 1987, BStBl II 1987, 240) mangels Entscheidungserheblichkeit nicht in Betracht. Allerdings hält das BverfG eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Einheitswerte des Grundbesitzes auf der Grundlage von Verfassungsbeschwerden oder Richtervorlagen für möglich, bei denen es im Ausgangsverfahren konkret um die Bewertung von Betriebsvermögen oder sonstigem vermögen geht und bei denen eine Änderung der betreffenden Vorschriften durch den Gesetzgeber wegen Verfassungswidrigkeit durch eine günstigere Regelung möglich sei.
In seinem Beschluß vom 14. Dezember 1993 (BStBl II 1994, 133 [BVerfG 14.12.1993 - 1 BvL 25/88]) hat das BverfG bezüglich der Zulässigkeitsanforderungen an eine Richtervorlage i.S.d. Art. 100 Abs. 1 GG betreffend die Verfassungsmäßigkeit des § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG ausgeführt: Es bedürfe hinreichender Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu der Frage, aus welchem Grunde § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG - ggf. im Zusammenhang mit weiteren Normen eines etwaigen Geflechts bewertungsrechtlicher Vorschriften - den Gegenstand verfassungsrechtlicher Überprüfung bilde. Unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG und des daraus herzuleitenden Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung seien differenzierende und für den Einzelfall zu konkretisierende Erwägungen erforderlich. Das geltende Steuerrecht verlange nicht, alle Vermögensgegenstände nach den gleichen tariflichen Bestimmungen zu besteuern. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die bestehenden Einheitswerte des Grundbesitzes träfen nicht in gleichem Maße für alle Formen des Grundstückseigentums zu.
4.
Rechtsprechung der Finanzgerichte
Auf der Grundlage der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH hat der vorlegende Senat (nicht rechtskräftiges Urteil vom 26. Mai 1992 III 98/91, EFG 1992, 541) bislang den erbschaftsteuerlichen Ansatz von Geldvermögen mit dem Nennwert (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG) unbeschadet einer gleichheitswidrigen Privilegierung des mit den Einheitswerten anzusetzenden Grundbesitzes (§ 12 Abs. 2 ErbStG) als verfassungsgemäß betrachtet. Anderer Auffassung ist demgegenüber das Finanzgericht Rheinland-Pfalz, das in seinem Vorlagebeschluß vom 4. November 1991 (5 K 2464/9, EFG 1992, 165) die Anwendung eines einheitlichen Vermögensteuersatzes für einheitswertgebundenes und einheitswertungebundenes vermögen mit Rücksicht auf das willkürlich zu niedrig bewertete Grundvermögen als verfassungswidrig betrachtet.
IV.
Verfassungsrechtliche Beurteilung
1.
Beurteilungsmaßstab des Art. 3 Abs. 1 GG
Nächstliegender verfassungsrechtlicher Beurteilungsmaßstab der in dem Beschlußtenor angeführten Vorschriften ist nach Auffassung des Senats der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Der normative Gehalt der dem Gesetzgeber auferlegten Gleichheitsbindung ist je nach gesetzlichem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedlich. Die Abstufung der Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG ist entscheidend dadurch bestimmt, ob eine Frage persönlicher oder sachlicher Rechtsgleichheit in Rede steht (BVerfG-Beschluß vom 26. April 1988 - 1 BvL 84/86 - BVerfGE 78, 104/121). Bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber regelmäßig einer strengen Bindung an den Gleichheitssatz. Diese engere Bindung gilt ferner auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (BverfG-Beschluß v. 26. Januar 1993 - 1 BvL 38, 40, 43/92, BVerfGE 88, 87/96 f.). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind überdies um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BverfG-Beschluß v. 26. Januar 1993, a.a.O.). Die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte entspricht dieser abgestuften gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit: Kommt als Maßstab nur das willkürverbot in Betracht, kann ein verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur im Fall evidenter Unsachlichkeit der Differenzierung vorliegen. Hingegen prüft das BVerfG bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder die sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Rechtsfolge rechtfertigen können (BverfG-Beschluß vom 26. Januar 1993 a.a.O., m.w.N.).
In bezug auf die hier zur Entscheidung gestellte Verfassungsmäßigkeit der im Tenor genannten Bestimmungen des ErbStG kommen personenbezogene Merkmale unmittelbar nur zum Tragen, soweit §§ 16 und 19 ErbStG an die nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker differenzierende Einteilung in Steuerklassen durch § 15 ErbStG anknüpfen. Die in § 12 ErbStG normierten Bewertungsgrundsätze haben hingegen keinen unmittelbaren Bezug zum personalen Gleichheitssatz (vgl. auch BFH-Beschluß v. 18. Dezember 1973, BStBl II 1973, 329/349). Nach Ansicht des Senats führen jedoch die nachfolgend dargelegten Unterschiede in der Bewertung des Grundbesitzes bzw. des Geldvermögens auch zu einer mittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen, weil insoweit Erwerber von Geldvermögen erbschaft- und schenkungsteuerlich gegenüber Erwerbern von Grundbesitz benachteiligt werden. Die geltende Rechtslage wirkt sich zudem nachteilig auf die Wahrnehmung des durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleisteten Erbrechts aus. Der Gesetzgeber ist durch das verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsinstitut des Erbrechts nicht nur gehalten, bei der Ausgestaltung der Erbschaftsbesteuerung die Grundstrukturen des privaten Erbrechts zu wahren und dem Erben noch eine ökonomisch sinnvolle Nutzbarkeit des Eigentums durch Vererbung zu belassen (dazu Papier in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 14 Rz. 297 m.w.N.). Er muß vielmehr auch im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Erbrechts (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) den Gleichheitssatz beachten (BverfG-Beschluß vom 14. Juli 1981 - 1 BvL 24/78 - BverfGE 58, 137/150). Eine - hier aus den nachfolgend dargelegten Gründen vorliegende - gleichheitswidrige erbschaftsteuerliche Belastung verschiedener Vermögensarten wirkt sich nachteilig auf die Wahrnehmung der unter einem besonders ausgeprägten Schutz durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG (vgl. BVerfG-Beschluß vom 16. Oktober 1984 - 1 BvR 513/78 - BverfGE 67, 329/341). stehenden Testierfreiheit - d.h. die umfassende Dispositionsfreiheit über das Eigentum - aus. Die gleichheitswidrige erbschaftsteuerliche Privilegierung der Übertragung von Grundvermögen beeinträchtigt den Erblasser in seiner Entscheidungsfreiheit sowohl bezüglich der Zusammensetzung als auch der weitergäbe des Vermögens. Entsprechende Folgerungen ergeben sich - wie z.B. die rechtliche Konstruktion der mittelbaren Grundstücksschenkung zeigt - auch für das Schenkungsteuerrecht.
Selbst wenn jedoch das BVerfG die Vereinbarkeit der im Beschlußtenor genannten Vorschriften ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung von Sachverhalten zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung stellen sollte, Liegt nach Ansicht des Senats ein verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Insbesondere ist selbst bei Anlegung des weiten Maßstabs des Willkürverbots Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt. Dabei genügt Willkür im objektiven Sinn, d.h. die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in bezug auf den zu ordnenden Regelungsgegenstand (BverfG-Beschluß vom 7. Oktober 1980 - 1 BvL 50, 89/79 u.a. - BverfGE 55, 72/90). Darüber hinaus unterliegt der Gesetzgeber bei der bereichsspezifischen Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG im Steuerrecht dem Gebot der Folgerichtigkeit. Er hat die Ausgestaltung des gewählten Steuergegenstandes und damit die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 = BStBl II 1991, 654; dazu im einzelnen nachfolgend unter 2.a.).
2.
Verfassungsrechtliche Beurteilung des § 12 ErbStG
§ 12 Abs. 1 bis 4 ErbStG sind nach Auffassung des Senats mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar. An seiner noch im Urteil vom 26. Mai 1992 (a.a.O.) vertretenen Auffassung, wonach der erbschaftsteuerliche Ansatz von Geldvermögen mit dem Nennwert (§ 12 Abs. 1 ErbStG) unbeschadet einer gleichheitswidrigen Privilegierung des mit dem Einheitswert anzusetzenden Grundbesitzes (§ 12 Abs. 2 ErbStG) verfassungsgemäß ist, hält der Senat nicht mehr fest.
a.
Nach Auffassung des Senats ist zwar im Grundsatz nicht zweifelhaft, daß der hier für die Bewertung der Kapitalforderungen maßgebliche § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG - für sich allein betrachtet - zu einer sachgerechten Besteuerung führen kann. Denn mit dem Ansatz von Kapitalforderungen mit ihrem Nennwert wird an einen wirklichen wert angeknüpft und damit einem auch von der Rechtsprechung des BVerfG unter Hinweis auf die Prinzipien des Bewertungsrechts zutreffend hervorgehobenen Gebot Rechnung getragen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. Oktober 1983, BStBl II 1984, 20 [BVerfG 11.10.1983 - 1 BvL 73/78]; vom 7. Mai 1968, BStBl II 1968, 549 [BVerfG 07.05.1968 - 1 BvR 420/64]; vgl. auch BFH-Urteil vom 27. Juli 1967 IV 300/64, BStBl III 1967, 690). Diese gesetzlichen Regelungen folgen damit zugleich einem für das Steuerrecht insgesamt tragenden Ordnungsprinzip (vgl. BVerfG-Beschluß vom 19. Dezember 1978 - 1 BvR 335/427, 811/76 -, BStBl II 1979, 308 [BVerfG 19.12.1978 - 1 BvR 811/76]). Nach Auffassung des Senats verbietet sich jedoch aus den nachfolgend darzulegenden Gründen eine isolierte verfassungsrechtliche Betrachtung des § 12 Abs. 1 ErbStG. Die Vorschrift erweist sich vielmehr bei der verfassungsgebotenen Gesamtbetrachtung des § 12 Abs. 1, Abs. 2 bis 4 sowie der §§ 16 und 19 ErbStG - insbesondere vor dem Hintergrund des Art. 10 § 3 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17. April 1974 (BGBl. I S. 933) - ErbStRG - als gleichheitswidrig.
b.
Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sieht der Senat darin, daß der Ansatz von Geldvermögen mit dem Nennwert (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG) im Vergleich zu dem Ansatz von Grundvermögen mit dem Lediglich um 40 v.H. erhöhten Einheitswert (§ 12 Abs. 2 bis 4 ErbStG i.V.m. §§ 19, 68 ff, 121 a BewG und Art. 2 ErbStRG) zu Wertverzerrungen und in der Folge - im Zusammenhang mit der Anwendung der §§ 16 und 19 ErbStG - zu erbschaft- und schenkungsteuerlichen Belastungsverzerrungen zu Lasten des Geldvermögens führt (ebenso BFH-Beschluß vom 11. Juni 1986, BStBl II 1986, 782 [BFH 11.06.1986 - II B 49/83]; BFH-Urteil vom 3. August 1988, BStBl II 1988, 1025 [BFH 03.08.1988 - II R 39/86]).
Nach dem Zinsbesteuerungsurteil des BVerfG vom 27. Juni 1991 (BStBl II 1991, 654 [BVerfG 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89]) verlangt die durch Art. 3 Abs. 1 GG garantierte Besteuerungsgleichheit über die normative Besteuerungsgleichheit hinaus, daß der Gesetzgeber auch den gleichen tatsächlichen (Besteuerungs-)Erfolg prinzipiell gewährleistet. Der Senat versteht diese Aussage dahin, daß die Ausgestaltung des Einzelsteuergesetzes - hier des ErbStG - den zugrunde liegenden Belastungsgedanken folgerichtig (systemgerecht) in der konkreten steuergesetzlichen Ausgestaltung fortzuführen hat. Ein Anwendungsfall dieser verfassungsgebotenen steuergesetzlichen Folgerichtigkeit bzw. Systemgerechtigkeit liegt in dem Gebot eines normativen Umfelds des Steuergesetzes, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet. Eine Begrenzung dieses Verfassungsgebots ausschließlich auf die Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens vermag der Senat dem Zinsbesteuerungsurteil des BverfG (a.a.O.) nicht zu entnehmen. Auch wegen des hohen verfassungsrechtlichen Rangs der Besteuerungsgleichheit wäre eine solche Begrenzung nicht hinnehmbar; an seinem noch in dem Urteil vom 26. Mai 1992 (a.a.O.) vertretenen gegenteiligen Standpunkt hält der Senat nicht mehr fest.
In Anwendung dieser Grundsätze erstreckt sich die aufgrund Art. 3 Abs. 1 GG gebotene folgerichtige Ausgestaltung der im ErbStG getroffenen Belastungentscheidung zunächst auf die in § 12 Abs. 1 und Abs. 2 bis 4 ErbStG insgesamt normierten Bewertungsgrundsätze.
c.
Rechtstatsächlicher Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung ist für den Senat die in der Rechtsprechung (BFH, a.a.O., ebenso Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Vorlagebeschluß vom 4. November 1991, EFG 1992, 165) und im Fachschrifttum (z.B. Wolf, DStR 1993, 541; Rid, DStR 1994, 1; Troll, Kommentar zum ErbStG § 12 Rz. 109; Moench, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Loseblatt-Kommentar, § 12 Rz. 5 ff.; Meincke, Kommentar zum ErbStG, 10. Aufl. 1994, § 12 Rz. 4) unumstrittene Feststellung, daß die Bewertung des Grundbesitzes nach den durch § 12 Abs. 2 bis 4 ErbStG in bezug genommenen Vorschriften des BewG zu mit den tatsächlichen werten (Verkehrswerten) des Grundbesitzes auch nicht mehr annähernd zu vereinbarenden Unterbewertungen führt. Nach einer von der Bundesregierung angefertigten Kaufpreisuntersuchung aus dem Jahre 1992 beträgt das Verhältnis vom Einheitswert zum Verkehrswert (Kaufpreis) bei den verschiedenen Grundstücksarten zwischen 8,95 und 25,51 v.H. (vgl. Jakob, Möglichkeiten zur Vereinfachung der Bewertung des Grundbesitzes sowie Untersuchung einer befristeten Anwendung von differenzierten Zuschlägen zu den Einheitswerten, 1992, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 48 Seite 65). Eine Differenzierung dieses Erhebungsergebnisses nach Bundesländern zeigt zusätzlich, daß die Wertunterschiede in den einzelnen Bundesländern und ferner in den Ballungsräumen unterschiedlich verlaufen (Wolf, DStR 1993, 541/546). Für das Jahr 1990 hat der Bundesrechnungshof ein Verhältnis zwischen Einheitswerten und Verkaufspreisen von 10,3 bis 21,5 v.H. ermittelt (vgl. Schelle, Die Einheitsbewertung des Grundbesitzes, 1993, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler e.V., Heft 76, S. 74). Durch die derzeitige Rechtslage treten ferner auch Wertverzerrungen innerhalb des einheitswertgebundenen Vermögens auf (zu dieser Problematik z.B. Jakob, a.a.O. S. 58 ff.), denen der Senat allerdings für die Vorlagefrage - die sich im Kern auf die Verfassungsgeforderten Maßgaben der Steuerbelastungsrelation zwischen Grundbesitz und sonstigem Vermögen bezieht - keine hervorgehobene Bedeutung zumißt. Nach völlig einhelliger Auffassung ist es jedenfalls nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen denkbar, daß der Einheitswert des Grundbesitzes den Verkehrswert erreicht oder gar überschreitet (dazu Troll, a.a.O. § 12 Az. 110).
Der Bundesregierung sind diese Bewertungsunterschiede zwischen den Vermögensarten und das damit verbundene verfassungsrechtliche Problem der Gleichmäßigkeit der Besteuerung bekannt (vgl. z.B. Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Antrage, BR-Drs 12/4438 vom 1. März 1993). Sie prüft die Möglichkeit einer differenzierten Zuschlagsregelung und strebt eine einheitliche und gleichmäßige Erfassung des Vermögens bei den einheitswertabhängigen Steuern an, wobei "Steuerpflichtige mit kleineren vermögen durch die Anhebung der persönlichen Freibeträge bei der ... Erbschaft- und Schenkungsteuer weiterhin freigestellt bleiben würden" (a.a.O.).
Der vorstehend aufgezeigte rechtstatsächliche Befund ist nicht nur das Ergebnis tatsächlicher wert- (Markt-) Verhältnisse, sondern er ist dem Gesetzgeber auch unmittelbar normativ zuzurechnen. Denn Ursache der vorstehenden tatsächlichen Bewertungsgegebenheiten ist in erster Linie die vom Gesetzgeber seit nunmehr über 30 Jahren unterlassene gesetzliche Festlegung des nächsten, auf den 1. Januar 1964 folgenden Hauptfeststellungszeitpunkts (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG).
d.
Die unter c. dargelegten tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten der Einheitsbewertung des Grundbesitzes führen im Ergebnis zu Ungleichmäßigkeiten in der Bewertung - und in der Folge auch zu erbschaft- und schenkungsteuerlichen Belastungsverzerrungen - von Geldvermögen einerseits und von Grundbesitz andererseits. Diese Bewertungsunterschiede stehen in Widerspruch zum bewertungsrechtlichen Grundprinzip der Anknüpfung an den gemeinen Wert und sind auch nicht durch etwa abweichende Rechtsgrundsätze des ErbStG gefordert:
Das Bewertungsrecht erklärt den gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1 BewG) zum allgemeinen und primären Bewertungsmaßstab (Moench, a.a.O., § 9 Rz. 2; vgl. auch BverfG-Beschluß vom 7. Mai 1968, BStBl II 1968, 549 [BVerfG 07.05.1968 - 1 BvR 420/64]). Dieser Maßstab liegt jedenfalls dem Grundsatz nach auch den Wertermittlungsmethoden für die Bewertung des Grundvermögens zugrunde (BverfG-Beschluß vom 7. Mai 1968, a.a.O.; Jakob, a.a.O. S. 50 ff). Damit beruht das Bewertungsrecht auf dem "Prinzip gleicher Bewertungsmaßstäbe" (BverfG-Beschluß vom 7. Mai 1968, a.a.O.). Dieses Prinzip findet seinen Ausdruck auch in § 21 Abs. 1 BewG, der das Ziel einer möglichst zeitnahen und zutreffenden Bewertung verfolgt (vgl. z.B. Rössler/Troll, Kommentar zum BewG und Vermögensteuergesetz, 16. Aufl. 1994, § 21 BewG Rz. 3). Schließlich beruhen auch die Zuschlagsregelungen des § 121 a BewG bzw. Art. 2 ErbStRG auf diesem Grundsatz. Mit diesen Vorschriften wollte der Gesetzgeber eine dem Verkehrswertniveau in etwa entsprechende Anpassung der Einheitswerte erreichen (BR-Drs 140/72 zu § 12 ErbStG). Unter Berücksichtigung dieser das BewG prägenden Systemgrundsätze widerspricht es dem angeführten bewertungsrechtlichen Prinzip gleicher Wertmaßstäbe, wenn der Gesetzgeber zwar die Bewertung des Geldvermögens strikt am wirklichen wert ausrichtet, jedoch bezüglich der Bewertung des Grundvermögens durch Untätigkeit Unterbewertungen in dem unter IV. 2 c. genannten Ausmaß zuläßt.
Das ErbStG verzichtet - wie aus § 12 Abs. 1 und Abs. 2 bis 4 ErbStG ersichtlich - auf sachspezifisch eigenständige Bewertungsregelungen und folgt in dem in bezug genommenen Umfang den Regelungen des BewG, die somit für sich gesehen erbschaft- und schenkungsteuerlich "wertneutrale Rechnungsgrößen" liefern. Anhaltspunkte dafür, daß das ErbStG seinem Regelungsinhalt oder -ziel nach die durch das BewG bewirkten spezifischen - unter IV. 2. c. dargelegten - Unterschiedlichkeiten in der Bewertung von Grundvermögen einerseits und von Geldvermögen andererseits bewußt anerkennt oder gar fordert, bestehen nicht. Regelungsziel des ErbStG 1974 war vielmehr die Verkehrswertnähere Bewertung des Grundbesitzes, durch die - im Zusammenhang mit der Einführung des § 121 a BewG bzw. Art. 2 ErbStRG - gleichzeitig verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bewertungsunterschiede zwischen dem Grundbesitz und dem sonstigen (z.B. Kapital-) Vermögen ausgeräumt werden sollten (BT-Drs. 7/78 S. 1; 7/1333 S. 2; vgl. im einzelnen die Nachweise unter III.1.).
e.
Beruht der Belastungsgedanke des ErbStG - wie unter d. ausgeführt - auf der Bewertung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen nach einem (annähernd) gleichen Bewertungsmaßstab, so verletzt die bewertungsrechtliche Bemessungsgrundlage des § 12 ErbStG aus den dargelegten Gründen das Verfassungsgebot der folgerichtigen (systemgerechten) steuergesetzlichen Ausgestaltung. Dieses Verfassungsgebot verlangt eine (zumindest annähernde) erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastungsgleichheit. Es ist verletzt, weil zur Erreichung der Belastungsgleichheit nach den durch § 12 ErbStG in bezug genommenen Prinzipien des Bewertungsrechts spätestens zum 1. Januar 1980 eine weitere Hauptfeststellung der Einheitswerte hätte stattfinden müssen. Durch deren Unterlassen ist die unterschiedliche Bewertung von Geldvermögen einerseits und Grundvermögen andererseits durch Untätigkeit des Gesetzgebers in die Ungleichheit "hineingewachsen", indem der Gesetzgeber das Prinzip gleicher Bewertungsmaßstäbe im faktischen Ergebnis aufgegeben hat. Der Senat sieht in dieser Rechtslage mit dem BFH (Beschluß vom 11. Juni 1986, a.a.O.) eine objektive Willkür. Erst recht fehlt es - soweit verfassungsrechtlicher Überprüfungsmaßstab die Zulässigkeit einer mittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen ist - an Gründen von solcher Art und solchem Gewicht, daß die ungleiche Rechtsfolge gerechtfertigt werden könnte. Derartige Gründe ergeben sich weder aus den Regelungen der §§ 12, 16 und 19 ErbStG noch aus Vorschriften des BewG. Die Entstehungsgeschichte der §§ 12, 16 und 19 ErbStG zeigt vielmehr - wie unter III. 1 dargelegt -, daß derartige ungleiche Rechtsfolgen gerade vermieden werden sollten.
Die als solche durch verfassungslegitime Gründe gerechtfertigte Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers vermag aufgrund der Bindungen des Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere keine dahingehende - rein formale - Auslegung des BewG zu rechtfertigen, daß schon die (tatsächliche) Unterschiedlichkeit der verschiedenen Vermögensarten für sich allein eine ungleiche Bewertung rechtfertigt. Verfassungsgefordert ist vielmehr aufgrund der dem BewG zugrunde Liegenden Prinzipien die Anknüpfung an werte, die auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der einzelnen Vermögenswerte wenigstens der Konzeption nach den wirklichen werten nahekommen (BVerfG-Beschlüsse vom 10. Februar 1976, BStBl II 1976, 311; v. 4. Juni 1976 - 1 BvR 360/74 - BStBl II 1976, 637; BVerfG-Urteil v. 10. Februar 1987, BStBl II 1987, 240). Der Senat sieht die Grundsätze der vorgenannten BVerfG-Entscheidungen nicht durch den BVerfG-Beschluß vom 14. Dezember 1993 (BStBl II 1994, 133 [BVerfG 14.12.1993 - 1 BvL 25/88]) als gegenstandslos an. Er versteht die in diesem Beschluß als nicht zwingend bezeichneten Bedenken gegen die nach derzeitigem Recht bestehenden Einheitswerte des Grundvermögens dahin, daß es kein Verfassungsgebot zur Gleichbehandlung der verschiedenen Grundstücksarten gibt. Dieser Frage (dazu auch BFH-Urteil v. 7. Dezember 1994 II R 58/89, BStBl II 1995, 235) mißt der Senat jedoch - wie unter IV. 2. c. dargelegt - für die hier zur Entscheidung gestellten Rechtsfragen keine hervorgehobene Bedeutung zu. Ebenso hat der Senat keine Veranlassung zu einer Stellungnahme bezüglich der Frage, ob die Einheitsbewertung des Grundbesitzes als solche verfassungsgemäß ist. Der Kern der verfassungsrechtlichen Problematik liegt im auf das Bewertungsrecht bezogenen Anwendungsbefehl des § 12 Abs. 2 bis Abs. 4 ErbStG einerseits und des § 12 Abs. 1 ErbStG andererseits und der sich daraus ergebenden steuerlichen Belastungsverzerrungen. Eine Rechtfertigung der ungleichen Bewertung kann schließlich für den Bereich des ErbStG auch nicht - wie vom BVerfG-Beschluß vom 10. Februar 1976 (BStBl II 1976, 311 [BVerfG 10.02.1976 - 1 BvL 8/73]) für einen Übergangszeitraum als Rechtfertigungsgrund anerkannt - aus Bestrebungen zu einer umfassenden Steuerreform hergeleitet werden, die für sich gesehen eine Übergangsweise Anwendung der evident sachwidrigen Einheitswerte des Grundbesitzes rechtfertigen könnten. Im Gegenteil hält die Bundesregierung Beschlüsse über das "Ob" und "wie" einer künftigen Besteuerung des Grundbesitzes bis zum Ergehen einer grundsätzlichen Entscheidung des BVerfG für "wenig sinnvoll" (Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des Abg. Reschke, BT-Drs. 12/6692 S. 16).
Der Senat kann in diesem Zusammenhang offenlassen, in welchem konkreten Umfang eine Gleichbewertung der verschiedenen Vermögensarten verfassungsgefordert ist. Das BverfG (Urteil vom 10. Februar 1987, BStBl II 1987, 240; Beschluß vom 14. Dezember 1993, BStBl II 1994, 133 [BVerfG 14.12.1993 - 1 BvL 25/88]) hat bislang lediglich ausgeführt, daß Art. 3 Abs. 1 GG kein absolutes Belastungsgleichmaß im Bereich der bewertungsabhängigen Steuern fordert. Nach Ansicht des Senats kann der Gesetzgeber für den Fall einer gesetzlichen Neuregelung der Rechtsmaterie - unter dem Vorbehalt der Folgerichtigkeit der für diesen Fall gewählten Regelungstechnik - aus Verfassungsgründen nicht gehindert sein, auch im Rahmen der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Erfassung des Grundbesitzes Ertragswertgesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. BVerfG-Beschluß vom 10. Februar 1976, BStBl II 1976, 311 [BVerfG 10.02.1976 - 1 BvL 8/73]; Hofmann, in: Friauf (Hrsg.), Steuerrecht und Verfassungsrecht, DStJG Bd. 12 1989, S. 149; Loritz, DStR 1995, Beihefter zu Heft 8, S. 15 f.). Schon die steuergesetzliche Typisierungsbefugnis spricht für einen solchen Ansatz. Unter Beachtung der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gezogenen Grenzen ist es dem Gesetzgeber aus Verfassungsgründen überdies verwehrt, unter Berufung auf ein - einfachgesetzliches - erbschaftsteuerliches Bereicherungsprinzip (dazu Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band II, Köln 1993, S. 753) eine Zerschlagung von (Grund-) Vermögen ungeachtet der - z.B. bei land- und forstwirtschaftlichem vermögen evidenten - geringen Ertragsaussichten in Kauf zu nehmen. Dieser Rechtsgedanke findet auch bereits in § 28 ErbStG Ausdruck, durch den bei Erwerb von Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftlichem vermögen "Liquiditätsstörungen oder gar Betriebszerschlagungen" vermieden werden sollen (vgl. BR-Drs. 140/72 S. 50 f.). Der Senat braucht in diesem Zusammenhang nicht zu den hierzu im einzelnen erwogenen differenzierten Lösungsmöglichkeiten und insbesondere zu den besonderen rechtlichen und verwaltungspraktischen Schwierigkeiten einer Neubewertung des Grundbesitzes Stellung zu nehmen. Er ist jedenfalls der Überzeugung, daß das Ausmaß der vorstehend unter c. aufgezeigten Abweichungen des Einheitswerts vom Verkehrswert im Vergleich zur Bewertung von Geldvermögen - ungeachtet der komplexen Folgewirkungen einer den Standpunkt des Senats billigenden Entscheidung des BVerfG - dem Besteuerungszweck des ErbStG gänzlich inadäquat und schon wegen Verstosses gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist.
Nach alledem sieht der Senat die im BVerfG-Beschluß vom 10. Februar 1976 (BStBl II 1976, 311 [BVerfG 10.02.1976 - 1 BvL 8/73]) angenommene Sachlage, daß die "tatsächliche Entwicklung der Bewertung bei einem Vergleich unterschiedlicher Bewertungsgruppen zu einem unerträglichen Auseinanderklaffen der wirklichen werte und der nach dem Bewertungsgesetz ermittelten Werte" führt, als gegeben an. Damit sind die Bewertungsmaßstäbe - im Streitfall die des § 12 ErbStG i.V.m. den in bezug genommenen Vorschriften des BewG - unter verfassungsrechtlichen Aspekten untereinander unvereinbar geworden, so daß der Gesetzgeber Abhilfe zu schaffen hat (BVerfG-Beschluß vom 10. Februar 1976, a.a.O.). Diese Abhilfeverpflichtung entspricht auch der materiell-rechtlichen Korrekturverpflichtung des Gesetzgebers im Fall einer ihm unterlaufenen Fehlprognose (vgl. BVerfG-Beschluß vom 18. Dezember 1968 - 1 BvL 5, 14/64 u.a. - BVerfGE 25, 1/13): Das in der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 2 ErbStG (BR-Drs. 140/72 S. 67) angesprochene Gelingen, "das Einheitswertverfahren so zu vervollkommnen, daß die Einheitswerte stets in etwa den Verkehrswerten entsprechen", ist - wie dargelegt - ersichtlich fehlgeschlagen.
3.
Verfassungsrechtliche Beurteilung der §§ 16 und 19 ErbStG
Der unter 2. gerügte Verstoß des § 12 ErbStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG hat nach Auffassung des Senats ferner zur Folge, daß auch die hier im Streitfall anzuwendenden §§ 16 und 19 ErbStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Ist - wie dargelegt - das Gebot erbschaftsteuerlicher Belastungsgleichheit aufgrund der gleichheitswidrigen Bewertung der verschiedenen Vermögensarten verletzt, so setzt sich dieser Verfassungsverstoß zwingend in den an die bewertungsrechtliche Bemessungsgrundlage anknüpfenden Bestimmungen der §§ 16 und 19 ErbStG über die Freibeträge und Steuersätze fort. Grundlage des vom Senat angenommenen Verstosses gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch insoweit eine Verletzung des Gebots der Folgerichtigkeit.
Einfachgesetzlicher Ansatzpunkt des Folgerichtigkeitsgebots ist zunächst Art. 10 § 3 ErbStRG. Diese Vorschrift ordnet die Geltung der §§ 12, 16, 17 und 19 ErbStG nur für die Kalenderjahre an, in denen Grundstücke (§ 70 BewG) und Betriebsgrundstücke i.S.d. § 99 Abs. 1 BewG für die Erbschaft- und Schenkungsteuer mit 140 v.H. der auf den Wertverhältnissen am 1. Januar 1964 beruhenden Einheitswerte anzusetzen sind. Die "Verfallklausel" des Art. 10 § 3 ErbStRG läßt somit erkennen, daß die Regelungen des § 12 ErbStG mit den Bestimmungen über die persönlichen Freibeträge und über die Steuersätze ein zusammenhängendes Sinngefüge bilden (Meincke, Kommentar zum ErbStG, 10. Aufl. 1994, § 12 Rz. 6).
Vor dem Hintergrund dieses Sinngefüges verfehlen die im Streitfall anzuwendenden §§ 16 und 19 ErbStG das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des dem ErbStG zugrundeliegenden Belastungsgedankens, indem die Freibetrags- und Steuersatzregelung undifferenziert an die unter verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ermittelte bewertungsrechtliche Bewertungsgrundlage anknüpft. Auch im Zusammenhang mit §§ 16 und 19 ErbStG zeigt sich das durch die Untätigkeit des Gesetzgebers hervorgerufene "Hineinwachsen" in die Verfassungswidrigkeit. Die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 1974 vorgenommene Neufassung der genannten Forschriften stand im Jahre 1974 vor dem Hintergrund der durch § 121 a BewG bzw. Art. 2 ErbStRG erfolgten Anhebung der Einheitswerte auf 140 v.H. Die Regelungen sollten - auf der Grundlage der angestrebten Anpassung von Einheits- und verkehrswerten (BR-Drs. 140/72 S. 67) - auch die durch die Anhebung der Einheitswerte auf 140 v.H. eintretende effektive Steuermehrbelastung der Erwerber von Grundbesitz mildern (vgl. BR-Drs. 140/72 S. 70, 72; vgl. III. 1. c. und d.). Dieser auf Gleichstellung der Erwerber von Grundbesitz und sonstigem vermögen bedachte Regelungszusammenhang hat sich durch die Untätigkeit des Gesetzgebers bei der Neubewertung des Grundbesitzes in eine mit §§ 16 und 19 ErbStG ersichtlich nicht abgestimmte (zusätzliche) Privilegierung der Erwerber von Grundbesitz verkehrt.
Der hier angenommenen Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG kann nach Auffassung des Senats nicht ein dem Gesetzgeber zustehender Gestaltungsspielraum hinsichtlich der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Ausgestaltung der Freibetrags- und Tarifregelungen entgegengehalten werden. Hier muß vielmehr berücksichtigt werden, daß Steuerpflichtigen in bezug auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer nur in beschränktem Umfang Möglichkeiten zur Beeinflussung der Höhe der Steuerbelastung zur Verfügung stehen (vgl. auch Moench, a.a.O., Einführung Rz. 2 und 4). Das ErbStG selbst beschneidet die Ausweichmöglichkeiten des Steuerpflichtigen im übrigen dadurch, daß es - zur Vermeidung einer Umgehung der Erbschaftsteuer - Vermögensübertragungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG) der Schenkungsteuer unterwirft. Im übrigen war es ein erklärtes Ziel der mit dem ErbStG 1974 verwirklichten Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts, Möglichkeiten der Steuervermeidung oder -verminderung durch besondere Rechtsgestaltungen (z.B. durch Einführung des § 7 Abs. 5 bis 7 ErbStG) abzubauen (vgl. BT-Drs. 7/1333 S. 2). Ferner muß eine Begrenzung der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Zusammenhang mit den §§ 12, 16 und 19 ErbStG auch deshalb angenommen werden, weil sich die hier fragliche ungleiche Besteuerung des Erwerbs von Geldvermögen bzw. Grundbesitz nachteilig auf die Ausübung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Erbrechts auswirken kann.
V.
Darlegungen zur Zulässigkeit der Vorlagefrage
Nach Auffassung des Senats kommt es für den Ausgang des Verfahrens auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschriften an.
1.
Verfassungskonforme Auslegung
Eine den angeführten Gleichheitsverstoß in der Bewertung des Grundbesitzes einerseits und des Geldvermögens andererseits ausschließende verfassungskonforme Auslegung des § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 1 bis 16 BewG kommt im Streitfall, nicht in Betracht. Der Normtext der genannten Vorschriften ist eindeutig; er läßt eine Auslegungsmöglichkeit - etwa im Sinne eines Bewertungsabschlags mit dem Ziel eines gleichen gemeinen Werts bei allen Vermögensarten - nicht zu.
2.
Entscheidungserheblichkeit
Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG (Beschlüsse vom 15. November 1989, BStBl II 1990, 103 [BVerfG 15.11.1989 - 1 BvR 171/89]; vom 11. Oktober 1983, BStBl II 1984, 20 [BVerfG 11.10.1983 - 1 BvL 73/78]; vom 7. Mai 1968, BStBl II 1968, 549 [BVerfG 07.05.1968 - 1 BvR 420/64]) kann einem etwa verfassungswidrigen Ausschluß des Geldvermögens von den mit der Einheitsbewertung des Grundvermögens gewährten erbschaft- und schenkungsteuerlichen Vergünstigungen nur durch eine Heranführung der Einheitswerte an die Verkehrswerte begegnet werden. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung könnte sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung nicht auf den im Streitfall auszusprechenden Tenor auswirken.
Dieser verfassungsrechtlichen Beurteilung vermag sich der Senat - abweichend von seinem Urteil vom 26. Mai 1992 (a.a.O.) - mit Rücksicht auf Art. 10 § 3 ErbStRG sowie auf die derzeitigen Reformüberlegungen der Bundesregierung nicht anzuschließen: Aus Art. 10 § 3 ErbStRG und den für §§ 12, 16 und 19 ErbStG maßgeblichen Motiven des Gesetzgebers (vgl. oben III.1.) folgt, daß im Fall einer Verfassungswidrigerklärung des § 12 ErbStG nicht nur eine gesetzliche Neuregelung der für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebenden Bewertungsgrundsätze, sondern auch eine gesetzliche Neuregelung der Freibeträge und Steuersätze erforderlich ist. Von einem solchen Junktim zwischen dem Bewertungsrecht und den Freibetragsregelungen sowie den tariflichen Bestimmungen gehen ersichtlich auch die Reformüberlegungen der Bundesregierung aus. Sie prüft zur Entschärfung des bewertungsrechtlichen Spannungsverhältnisses zwischen den verschiedenen Vermögensarten die Möglichkeit einer differenzierten Zuschlagsregelung. Durch eine solche soll eine einheitliche und gleichmäßige Erfassung des Vermögens bei den einheitswertabhängigen Steuern und zugleich eine Anhebung der persönlichen Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer angestrebt werden (BT-Drs. 12/4438 S. 2; vgl. auch Wolf DStR 1993, 541). Die Bundesregierung schließt hierbei im Zusammenhang mit einer Neuregelung der Bewertungsgrundsätze auch Wertansätze unterhalb des gemeinen Werts nicht aus, "vorausgesetzt, der Abstand zum gemeinen wert ist für alle Vermögensarten gleich" (BT-Drs. 12/4438 S. 3).
In diesem Zusammenhang erscheint es dem Senat nicht gerechtfertigt, wenn das BVerfG - wie angeführt - allein die Heranführung der Einheitswerte des Grundbesitzes an die Verkehrswerte als verfassungskonforme Lösung in Betracht zieht. Gerade für das ErbStG muß berücksichtigt werden, daß sich die erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastung des jeweiligen Erwerbers aus dem Zusammenwirken von bewertungsrechtlicher Bemessungsgrundlage, Freibetrags- und Tarifregelung ergibt. Schon die vorstehenden Erwägungen der Bundesregierung zeigen, daß auch eine bewertungsrechtlich fortbestehende Unterbewertung des Grundbesitzes ggf. durch ergänzende Freibetrags- oder Tarifregelungen für das sonstige Vermögen kompensiert werden kann. In diesem erweiterten rechtlichen Bezugsrahmen kann der Gesetzgeber mithin verfassungskonforme Verhältnisse auch ohne Heranführung der Einheitswerte des Grundbesitzes an die Verkehrswerte herstellen. Damit verbleibt einem Erwerber von Geldvermögen auch im Fall einer erkannten Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung des Grundbesitzes die Chance einer Herabsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage und Reformüberlegungen hält eine etwaige Verfassungswidrigerklärung des § 12 ErbStG der Klägerin - beispielsweise aufgrund einer Anhebung der Freibetragsregelung des § 16 - mithin die Möglichkeit offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Dies genügt zur Bejahung der Entscheidungserheblichkeit (BVerfG-Beschluß vom 10. Februar 1987, BStBl II 1987, 240). Die Aussetzung des Klageverfahrens bis zur Entscheidung des Gesetzgebers, wie er den gerügten Gleichheitsverstoß beseitigen will, ist eine andere Entscheidung als die im Fall der Gültigkeit der beanstandeten Vorschrift erfolgende Klageabweisung (BVerfG-Beschluß vom 7. Juli 1982 - 2 BvL 14/78 u.a. - BVerfGE 61, 44/55 f.).
Sollte das BverfG ungeachtet der vorstehenden Erwägungen gleichwohl die Entscheidungserheblichkeit der vorläge verneinen, so beruft sich der Senat bezüglich der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG bei gleichheitswidrigem Begünstigungsausschluß jedenfalls hilfsweise auf die Erwägungen des BFH-Beschlusses vom 21. Oktober 1994 (VI R 15/94 - BStBl II 1995, 142). Zwar hat der Senat Bedenken gegen die Ausführungen dieses BFH-Beschlusses, soweit hier bezüglich eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses bei steuergesetzlichen Regelungen eine Auslegung des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG des Inhalts befürwortet wird, "daß es ausnahmsweise nicht nur auf den Tenor der Entscheidung des vorlegenden Gerichts, sondern auch auf die Begründung der Entscheidung ankommt". Denn weder der dem BVerfG durch Art. 100 Abs. 1 GG übertragene Auftrag, eine Hinwegsetzung einzelner Gerichte über den willen des Gesetzgebers zu verhüten, noch der verfassungsprozessuale Grundsatz, daß grundsätzlich nur der Tenor einer Entscheidung und nicht Rechtsausführungen eines Gerichts einen Grundrechtsverstoß begründen können (vgl. BVerfG-Beschluß vom 23. Oktober 1958 - 1 BvR 458/58 - BVerfGE 8, 222/224 f.) rechtfertigen die generelle Aufweichung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Richtervorlage. Gleichwohl macht sich der Senat diese Begründung des BFH-Beschluß vom 21. Oktober 1994 (a.a.O.) zu eigen, sofern (nur) auf diesem Wege die nach Ansicht des Senats dringend gebotene verfassungsgerichtliche Klärung der aufgeworfenen Verfassungsfrage in der Sache erreichbar sein sollte.
3.
Tenor des Beschlusses
Der Senat hat sich bezüglich der zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung gestellten Vorschriften auf die im Streitfall unmittelbar anzuwendenden Vorschriften des ErbStG bzw. BewG beschränkt. Er hat - weil nicht unmittelbar entscheidungserheblich - davon abgesehen, auch die die Einheitsbewertung des Grundbesitzes betreffenden Vorschriften des BewG zum unmittelbaren Gegenstand der verfassungsrechtlichen Normenkontrolle zu erklären. Zu dieser Fassung des Tenors sieht sich der Senat auch deshalb veranlaßt, weil hier - wie unter IV. 2. e. dargelegt - im Kern nicht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundbesitzes, sondern die Verfassungsmäßigkeit des Anwendungsbefehls des § 12 Abs. 1 ErbStG einerseits bzw. des § 12 Abs. 2 bis Abs. 4 ErbStG andererseits in Rede steht und sich die verfassungsrechtliche Problematik aus den verschiedenen untereinander unvereinbar gewordenen erbschaft- und Schenkungsteuerlichen (bewertungsrechtlichen) Bewertungsmaßstäben ergibt. Normativ kann diese Unvereinbarkeit jedoch nur den im Tenor genannten Vorschriften zugeordnet werden, weil - wie unter V. 2. dargelegt - eine Herstellung verfassungskonformer erbschaft- und schenkungsteuerrechtlicher Zustände auch im Fall der Beibehaltung der Einheitsbewertung des Grundbesitzes in seiner jetzigen Form möglich erscheint. Sollte es das BVerfG jedoch als erforderlich ansehen, auch andere als die im Tenor genannten Vorschriften als Gegenstand der Vorlage zu bezeichnen, so wird der Senat - nach einem entsprechenden Hinweis - eine Ergänzung des Vorlagebeschlusses in Betracht ziehen.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.