Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.04.1995, Az.: III 211/90
Anforderungen an eine Richtervorlage; Darstellung der Problematik sowie Ausmaß und Umfang des verfassungsrechtlichen Problemdrucks; Vereinbarkeit des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungs- und Besteuerungsrech tmit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot ; Problematik der Preisermittlung für ein Wirtschaftsgut, etwa für die Bewertung eines Grundstücks; Ungleichbehandlungen in der Gruppe der Grundbesitzerben und Grundbesitzbeschenkten ; Fehlende Gesetzesinitiativen zur Erneuerung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsordnung ; Rechtsanwendungsschwierigkeiten der höchstrichterlichen Rechtsprechung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 26.04.1995
- Aktenzeichen
- III 211/90
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 18064
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0426.III211.90.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 BewG
- § 12 Abs. 1 ErbStG
- Art. 100 GG
- Art. 3 Abs. 1 GG
Verfahrensgegenstand
Schenkungsteuer
Redaktioneller Leitsatz
Ein vorlegendes Gericht hat auszuführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt. Sodann habe es sich eingehend mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinanderzusetzen und, soweit Anlaß besteht, die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen zu verarbeiten. Ferner muss das vorlegende Gericht deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt sei. Auch insoweit bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen.
Der III. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 26. April 1995
...
beschlossen:
Tenor:
Das Verfahren wird gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Entscheidung darüber vorgelegt, ob die Bewertungs- und Besteuerungsanordnungen eines erbschaft- und Schenkungsteuerlichen sowie bewertungsrechtlichen Normengeflechts (§ 12 Abs. 1 bis 4, 6 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, ErbStG, in Verbindung mit den dort in bezug genommenen Allgemeinen und Besonderen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes, BewG, (insbesondere §§ 9, 12, 19 ff., 33 ff., 68 ff., 99, 121 a BewG) und §§ 16, 19 ErbStG sowie in Verbindung mit Art. 2 des Erbschaftsteuer-Reformgesetzes 1974, ErbStRG, und in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 3 des Bewertungs-Änderungsgesetzes 1965, BewÄndG) insofern mit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) vereinbar sind, als danach einerseits Grundbesitz-Erwerber mit unzutreffend niedrigen Steuerwerten (sogenannten Einheitswerten) kaum oder nicht besteuert, dagegen andererseits Erwerber von Geldvermögen mit tatsächlichen werten voll besteuert werden.
Gründe
I.
Vorlagegegenstand
I. 1.
Anforderungen an eine gerichtliche Vorlage
Nach dem Beschluß des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.1993 (1 BvL 25/88, BStBl. II 1994, 133, 135; zu einer ähnlich gelagerten Thematik wie hier) hat ein vorlegendes Gericht auszuführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt. Sodann habe es sich eingehend mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinanderzusetzen und, soweit Anlaß bestehe, die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen zu verarbeiten. Ergäben sich verfassungsrechtliche Bedenken erst aus dem Zusammenwirken mehrerer Bestimmungen des einfachen Rechts, so könne zwar grundsätzlich jede von ihnen Gegenstand einer Vorlage sein, doch müßten die mit der zur Prüfung gestellten Norm zusammenwirkenden Vorschriften in die Darstellung der einfachrechtlichen Rechtslage einbezogen werden. Ferner müsse das vorlegende Gericht deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt sei. Auch insoweit bedürfe es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen.
Im einzelnen (so BVerfG, a.a.O., 136) habe ein vorlegendes Gericht hinreichend auszuführen, daß § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG die maßgebende Vorschrift sei. Dabei könne schon fraglich sein, ob die Bestimmung angesichts der Systematik des Bewertungsgesetzes, insbesondere des § 17 Abs. 2 BewG, überhaupt eigenes materiell-rechtliches Gewicht besitze. In jedem Falle müsse eine Vorlage ausreichende Darlegungen darüber enthalten, ob die behauptete Verfassungswidrigkeit ihren Grund nicht in anderen Vorschriften habe, die zusammen mit der zur Prüfung gestellten Regelung erst den vom vorlegenden Gericht angenommenen Gleichheitsverstoß begründe. Folglich werde allein eine Behauptung, daß die bestehende Regelung eine "verfassungswidrige Privilegierung des Grundbesitzes" darstelle, den gesetzlichen Anforderungen an die Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit des in Rede stehenden Normengeflechts nicht gerecht. Es müsse ausgeführt werden, von welchen Detailvorschriften die Verfassungswidrigkeit des gesamten Normengeflechts ausgehe und inwiefern diese gerade die zur Prüfung gestellte Regelung ergreife. Ferner dürften die Darlegungen zum verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab nicht zu undifferenziert sein. Allein die Darlegung, daß Prüfungsmaßstab Art. 3 Abs. 1 GG und der daraus herzuleitende Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sein solle, reiche nicht aus, da es sich dabei um wenig konkrete und daher in Jedem einzelnen Fall um konkretisierungsbedürftige Grundsätze handele.
Im übrigen sei noch folgendes zu beachten: Die Vorstellung, daß alle Vermögensgegenstände oder - im Falle der Einkommensbesteuerung - alle Arten von Einkünften ausnahmslos nach den gleichen tariflichen Bestimmungen besteuert werden müßten, finde schon im geltenden Steuerrecht keine ausreichende Grundlage. Sie werde durch die Anordnung niedrigerer Steuertarife, durch Absetzungsmöglichkeiten, Freigrenzen, Freibeträge und ähnliche Sondervorschriften weitgehend in Frage gestellt. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese gesetzgeberische Praxis seien, soweit ersichtlich, bisher nicht vorgebracht worden. Zwar seien gegen die bestehenden Einheitswerte für Grundvermögen - auch bei Zugrundelegung der von § 121 a BewG generell angeordneten Erhöhung um 40 v.H. - in Rechtsprechung und Literatur verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht worden, die sich nicht ohne weiteres von der Hand weisen Ließen. Dennoch sei es keineswegs zwingend, daß diese Bedenken in gleichem Maße für alle Formen des Grundstückseigentums zuträfen. Das Bundesverfassungsgericht habe es in seinem Urteil vom 10.2.1987 (1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl. II 1987, 240) für zulässig gehalten, daß die Berechnung der Einheitswerte je nach Grundstücksart aufgrund unterschiedlicher Regeln vorgenommen werde. Erwägenswert sei daneben zumindest, daß Grundstücke verschieden behandelt werden könnten, je nachdem, ob sie ihrem Eigentümer verhältnismäßig hohe oder niedrige Erträgnisse brächten; es sei durchaus nicht ausgeschlossen, daß auch bei den von einem Einheitswert abhängenden Steuern besondere Grundsätze gelten würden, wenn die daraus resultierenden Steuern nicht mehr aus dem Ertrag, sondern "aus der Substanz" gezahlt werden müßten. Ein vorlegendes Gericht habe insbesondere dann Anlaß zu einer differenzierenden Betrachtung, wenn der Kläger des Ausgangsverfahrens Anspruch auf verhältnismäßig hohe Erträgnisse habe, wenn er also zu jenem Personenkreis gehöre, der nach den angedeuteten Überlegungen unter Umständen stärker belastet werden dürfe als Eigentümer, die ihre einheitswertabhängigen Steuern "aus der Substanz" zahlen müßten.
Soweit die Ausführungen des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.1993 zu Vorlagebedingungen für einen Fall aus dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht.
Mit Rücksicht auf die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen an eine Richtervorlage verdeutlicht der vorlegende Senat anhand von Beispielen zunächst die Problematik sowie Ausmaß und Umfang des verfassungsrechtlichen Problemdrucks, stellt sodann die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts mit deren Zusammenwirken und Entstehungsgeschichte zusammen, beschreibt die fehlenden Gesetzesinitiativen zur Erneuerung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsordnung, zeichnet die Rechtsanwendungs-Schwierigkeiten der höchstrichtlichen Rechtsprechung nach, um dann - ausgehend vom Sachverhalt des Vorlagefalls - die Entscheidungserheblichkeit (mit Beschwer) der vorgelegten Rechtsfrage für das bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzte verfahren aufzuzeigen und eine verfassungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen. Dies führt im einzelnen zu folgenden Begründungsschritten:
I.
Vorlagegegenstand
- 1.
Anforderungen an eine gerichtliche Vorlage
- 2.
Problematik mit exemplarischer Kennzeichnung des Ausmaßes und des Umfangs des verfassungsrechtlichen Problemdrucks
- 3.
Gesetzliche Grundlagen des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts, deren Zusammenwirken und Entstehungsgeschichte sowie fehlende Gesetzesinitiativen zur Erneuerung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsordnung
- a.
Gesetzliche Grundlagen und deren Zusammenwirken
- b.
Geschichtliche Entwicklung des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts
aa) vor der Einführung der Grundbesitz-Einheitsbewertung im Jahre 1925
bb) Anlehnung der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung an die 1925 neugeschaffene Grundbesitz-Einheitsbewertung und die Zeit danach bis 1949
cc) Erbschaft- und schenkungsteuerliche Anknüpfung an die Grundbesitz-Einheitswerte in der Bundesrepublik Deutschland
- c.
Fehlende Gesetzesinitiativen zur Erneuerung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsordnung
- 4.
Rechtsanwendungs-Schwierigkeiten der höchstrichterlichen Rechtsprechung
II.
Sachverhalt des Vorlagefalls
III.
Aussetzung des Verfahrens
IV.
Entscheidungserheblichkeit mit Beschwer
V.
Verfassungsrechtliche Beurteilung
- 1.
Auslegung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) durch das Bundesverfassungsgericht und Prüfungsmaßstab des vorlegenden Senats
- 2.
Keine hinreichend gewichtigen Gründe für die Ungleichheit im Belastungserfolg, die durch das Normengeflecht der uneinheitlichen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung ausgelöst wird
- a.
verfassungsrichterliche Überlegungen zu einer ertragswertorientierten Grundbesitz-Bewertung und Substanzsteuer-Andeutungen im Zusammenhang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer
- b.
Verfassungsrichterliche Hinweise zum allgemein uneinheitlichen Steuerrecht als Rechtfertigung für das uneinheitliche erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungs- und Besteuerungsrecht
- c.
Grundsteuer als Grund für Erbschaft- und Schenkungsteuer-Entlastung
- d.
Mögliche Steuerzahlungsschwierigkeiten einzelner Grundbesitz-Erwerber als Grund für allgemeine Unterbewertung des Grundbesitzes
- e.
Unterschiedliche Steuerhinterziehungsmöglichkeiten als Rechtfertigung einer uneinheitlichen Bewertung
- f.
Verkehrssteuercharakter der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Grund für Belastungsunterschiede
- g.
Zur Frage eines Junktims zwischen Erbschaft- und Schenkungsteuer und Grundbesitz-Einheitsbewertung
- h.
Zur Ermittlung der Grundbesitzwerte
I. 2.
Problematik mit exemplarischer Kennzeichnung des Ausmaßes und des Umfangs des verfassungsrechtlichen Problemdrucks
Nach der Grundsatzregelung des steuerlichen Bewertungsgesetzes (§ 9 BewG), die durch die Inbezugnahme des § 12 Abs. 1 ErbStG auch die Grundsatznorm des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts ist, wird der gemeine wert, auch Verkaufs- oder Verkehrswert genannt, eines Wirtschaftsguts durch den Preis bestimmt, der bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei - so das Gesetz - sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen; ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (etwa Liebhaberinteressen) bleiben unbeachtet.
Wer sich den Gesetzestext des § 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 9 BewG unbefangen vor Augen hält, mag die "Preisermittlung" für ein Wirtschaftsgut, etwa für die Bewertung eines Grundstücks, als tatsächliches Problem, als Tatfrage auffassen. Die Frage "wieviel ist ein Grundstück wert?" wird jedoch durch die vielen Vorschriften zur sogenannten Einheitsbewertung (§ 12 Abs. 2 ErbStG und Art. 2 ErbStRG 1974 in Verbindung mit §§ 19 ff., 33 ff., 68 ff., 99, 121 a BewG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG 1965) von der Wirklichkeit losgelöst. Hier herrscht gerade nicht die oft zitierte "normative Kraft des Faktischen", sondern die Bewertungsnorm bestimmt den steuerlich maßgebenden Wert weitgehend ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Marktwert. So werden wirtschaftliche Probleme der Wertfindung durch Bewertungsnormen zu Rechtsproblemen umqualifiziert (dazu näher MEINCKE, Bewertung als Rechtsproblem, in: Raupach - Hrsg. -, Werte und Wertermittlung im Steuerrecht, DStJG Band 7, 1984, 7). Nicht die einfachen, realitätsnahen Preisfindungsmethoden der professionellen Immobilien-Wertermittler (etwa öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Grundstückswerte, Banken oder Brandversicherer, Immobilienmakler), die einen funktionierenden Grundstücksmarkt gewährleisten, sind steuerlich gefragt. Statt dessen unterhält der Gesetzgeber ein zeitfernes und zudem äußerst kompliziertes Grundbesitz-Einheitswertverfahren. Die steuerlichen Grundbesitz-Einheitswerte werden derzeit für die alten Bundesländer immer noch nach den Wertverhältnissen zum 1.1.1964, für die neuen Länder sogar noch nach denen vom 1.1.1935, zuzüglich kaum merklicher Zuschläge, bemessen. So erfaßt der steuerlich maßgebende Grundbesitzwert oft nur 1/10 des wirklichen Werts.
Unlängst ließ die Bundesregierung Grundstücks-Kaufpreise untersuchen. Die Untersuchung erstreckte sich auf das gesamte Gebiet der alten Bundesländer und auf den Zeitraum 1.1. bis 30.4.1992.
Dabei wurden alle Kaufvorgänge aufgegriffen, die ausschließlich eine Zurechnungsfortschreibung (§ 22 Abs. 2 BewG) im Gefolge hatten und einen typischen Einheitswert-/Verkehrswertvergleich erwarten Ließen. Die Untersuchung belegt, daß der Einheitswert des Grundbesitzes nur einen geringen Teil des Verkehrswerts erfaßt (vgl. JAKOB, Möglichkeiten einer Vereinfachung der Bewertung des Grundbesitzes sowie Untersuchung einer befristeten Anwendung von differenzierten Zuschlägen zu den Einheitswerten, BMF-Schriftenreihe Heft 48, 1993, 65; vgl. auch die dortige - S. 62 f. - ausführliche wiedergäbe früherer Untersuchungen, die ein ähnlich drastisches Gefälle zwischen Verkehrs- und Einheitswerten aufzeigen); im einzelnen spiegeln danach die Grundbesitz-Einheitswerte lediglich folgende Teile ihrer wirklichen werte (Verkehrswerte) wider:
- Einfamilienhäuser | ||
---|---|---|
Ertragswertverfahren | 12,49 v.H. | |
Sachwertverfahren | 20,58 v.H. | |
- Zweifamilienhäuser | ||
Ertragswertverfahren | 11,67 v.H. | |
Sachwertverfahren | 25,51 v.H. | |
- Mietwohngrundstücke | ||
Ertragswertverfahren | 11,50 v.H. | |
Sachwertverfahren | 15,56 v.H. | |
- Geschäftsgrundstücke | ||
Ertragswertverfahren | 15,23 v.H. | |
Sachwertverfahren | 20,60 v.H. | |
- Gemischt-genutzte Grundstücke | ||
Ertragswertverfahren | etwa | 14v.H. |
Sachwertverfahren | etwa | 18 v.H. |
- Eigentumswohnungen | ||
Ertragswertverfahren | 12,68 v.H. | |
Sachwertverfahren | 13,21 v.H. | |
- Unbebaute Grundstücke | 8,95 v.H. |
Der Vorlagebeschluß betrifft im Kern die Frage, ob das erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungs- und Besteuerungsrecht, insbesondere die Absätze 1 bis 4 und 6. des § 12 ErbStG, deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, weil verschiedene Erwerbergruppen trotz gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erheblich voneinander abweichende Bewertungen und damit Steuerlasten erfahren, je nachdem ob sie durch Geld oder Grundbesitz bereichert werden. SCHELLE/SCHEMMEL schätzen die jährliche Erbschaft- und Schenkungsteuerersparnis der Grundbesitzerwerber aufgrund der niedrigen Grundbesitz-Einheitswerte auf "gut 8 Mrd. DM" (Stellungnahme des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler, Die Einheitsbewertung des Grundbesitzes, Heft 76/1993, 131 f.). Im Vorlagefall, dem Streit um das Thema "Geld- oder mittelbare Grundstücksschenkung", geht es entsprechend den vorgaben der uneinheitlichen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung, um Schenkungsteuerbelastungen in Höhe von 91.000 DM oder 856 DM, also um einen Streitwert von rund 90.000 DM.
Angesichts der unterschiedlichen Bewertungsergebnisse nach den verschiedenen Grundstücksarten ergeben sich auch in der Gruppe der Grundbesitz-Erben und Grundbesitz-Beschenkten Ungleichbehandlungen. Dieses besondere bewertungsrechtliche Spannungsverhältnis kann hier allerdings vernachlässigt werden, da es im Vorlagefall nicht um die Einordnung des erworbenen Vermögensgegenstandes in eine bestimmte Grundstücksart, sondern um die Grundsatzfrage einer Geld- oder Grundstücksschenkung geht.
Da der Senat nicht nur ein einzelnes verfahren mit einem vereinzelten Rechtsproblem, sondern vielmehr ein verfahren mit einer Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung vorlegt, wird - des besseren Verständnisses wegen - das Verfassungsproblem anhand einiger Beispiele ausgeleuchtet, wie willkürlich, zufällig sowie kaum vorhersehbar und vermeidbar eine Erbschaftsteuerbelastung aufgrund der einschlägigen Bewertungsregeln sein kann, macht zunächst ein Gerichtsfall aus Niedersachsen, der vor rund zwei Jahren in öffentlicher Sitzung verhandelt wurde, deutlich:
Ein Starfighter stürzte auf ein bewohntes Hausgrundstück. So wurde durch staatliches Handeln ein Erbfall ausgelöst. Die Erben mußten entsprechend der derzeitigen Gesetzeslage die von der Bundeswehr erlangte finanzielle Entschädigung für das zerstörte Wohnhaus nach dem Nennwert der Entschädigung voll versteuern. Den Erben blieb unklar, warum sie für diese Art des Erwerbs viel mehr Steuern zu zahlen hatten, als im Fall eines herkömmlichen Erbgangs oder einer vorweggenommenen Erbfolge (Schenkung) nach Maßgabe der niedrigen Grundbesitz-Einheitswerte (Niedersächsisches Finanzgericht III 389/89; zur Entscheidung kam es hier nicht, weil die Beteiligten den Rechtsstreit durch Prozeßerklärungen beendeten).
weitere Fallbeispiele aus dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht verdeutlichen Ausmaß und Umfang des verfassungsrechtlichen Problemdrucks. Zunächst ein Beispiel aus TIPKE/LANG (Steuerrecht, 12. Auflage 1989, 472) das JAKOB (a.a.O., 1993, 66) als "besonders instruktiv" bezeichnet:
Tochter T. beerbt ihren verstorbenen Vater. Die Bereicherung beträgt 10.000.000 DM. Angenommen wird: Der Vermögenszuwachs besteht einmal (nur) aus Spar- und Wertpapiervermögen (1), ein anderes Mal aus unbelastetem (2) und ein weiteres Mal aus belastetem Grundbesitz (Verkehrswert: 20.000.000 DM; mit dem Grundstück wirtschaftlich zusammenhängende Schulden: 10.000.000 DM) (3). Grob und großzügig berechnet wird hier davon ausgegangen, daß der maßgebende (also der um 40 v.H. erhöhte) Grundbesitz-Einheitswert im Durchschnitt 20 v.H. des Grundbesitz-Verkehrswerts entspricht.
Ohne Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Steuerbefreiungen beträgt die Steuerlast im Fall (1) 1.800.000 DM, im Fall (2) dagegen nur 220.000 DM, da der nach § 12 Abs. 2 ErbStG anzusetzende Einheitswert lediglich 2.000.000 DM beträgt (Steuerberechnungsgrundlagen sind §§ 15, 19 ErbStG). Im Fall (3) fällt überhaupt keine Erbschaftsteuer an, da von dem maßgebenden Einheitswert (4.000.000 DM) die Schulden in voller Höhe abzuziehen sind, so daß sogar noch weitere 6.000.000 DM steuerfrei hätten vererbt werden können. Die effektive Steuerersparnis hätte dann im Vergleich zur Übertragung von Vermögensgegenständen, bei denen der Verkehrswert anzusetzen ist, 3.360.000 DM (= 21 v.H. von 115.000.000 DM) betragen.
Bezieht man - wie im Fall (3) - den Schuldenabzug in voller Höhe in die Betrachtung mit ein, wird das ganze Ausmaß der Unterbewertung des Grundbesitzes deutlich. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer würde sich voraussichtlich schon dann beträchtlich erhöhen, wenn der Grundbesitz zwar mit dem Verkehrswert berücksichtigt würde, aber zu 80 v.H. steuerbefreit wäre, denn dann blieben die mit dem Grundbesitz zusammenhängenden Schulden ebenfalls zu 80 v.H. unberücksichtigt (vgl. § 10 Abs. 6 ErbStG). Fall (3) wäre dann wie folgt zu behandeln: Ansatz des Grundbesitzes mit 20. v.H. des Verkehrswerts (von 20.000.000 DM) = 4.000.000 DM. Ansatz der Belastung von 10.000.000 DM mit 20. v.H. = 2.000.000 DM. Die Erbschaftsteuer auf den Differenzbetrag (= steuerpflichtiger Erwerb) betrüge 220.000 DM. Bei Vererbung weiterer Vermögensgegenstände mit einem anzusetzenden Gesamtwert von 6.000.000 DM wären insgesamt 8.000.000 DM zu versteuern. Die Steuerlast beliefe sich auf 1.280.000 DM.
Daraus folgt: Eine Steuerbefreiung - sogar bis zu 100 v.H. würde in vielen Fällen des mit Schulden belasteten Grundbesitzes für die betroffenen Erwerber gegenüber der noch geltenden Regelung eine Verschlechterung bedeuten. So wird dann auch für die nach § 13 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 ErbStG für bestimmten Grundbesitz bestehenden Steuerbefreiungen im Kommentar von MEINCKE empfohlen, "auf die Befreiung zu verzichten ..., wenn der privilegierte Vermögensgegenstand mit Schulden belastet ist, die den Steuerwert desselben übersteigen ..." (Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 13 Anm. 13; vgl. auch MOENCH/KIEN-HÜMBERT, Kommentar zum ErbStG, § 13 Rz. 141, Loseblatt: April 1995; die Möglichkeit, auf die Steuerbefreiung zu verzichten, ist in § 13 Abs. 3 ErbStG geregelt). Die Ursache des Problems liegt aber nicht in der Steuerbefreiung mit dem beschränkten Schuldenabzug, sondern in der Unterbewertung des Grundbesitzes bei vollem Schuldenabzug mit dem Ergebnis einer Quasi-Nichtbesteuerung des Grundbesitzes und anderer Vermögensgegenstände, die von den Grundstückslasten betragsmäßig noch mitumfaßt werden.
Ein weiteres Beispiel zeigt, daß aufgrund des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts Pflichtteilsberechtigte, die im Erbfall deutlich weniger Vermögenszuwachs als Grundbesitz-Erben erfahren, mehr Erbschaftsteuern zu zahlen haben. TIPKE formuliert hierzu: "wer erheblich weniger erhält, zahlt also mehr. - Das Prinzip gleichmäßiger Besteuerung im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit wird geradezu auf den Kopf gestellt" (Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 756).
Der Erblasser hinterläßt zwei Kinder und ein Testament, wonach nur das eine Kind Erbe wird, das andere Kind ist Lediglich pflichtteilsberechtigt. Der Nachlaß umfaßt Grundvermögen im Verkehrswert von 1.000.000 DM bei einem anzusetzenden Einheitswert von nur 200.000 DM. Der Pflichtteilsberechtigte, der nur 1/4 des Nachlasses dem Werte, nach erhalte muß eine Erbschaftsteuer - von 8.800 DM zählen (nach Abzug des Freibetrags: 5,5 v.H. auf 160.000 DM). Demgegenüber wird der Erbe, der 3/4 des Nachlasses dem werte nach erhält, mit Erbschaftsteuer nicht belastet. Denn von dem anzusetzenden Einheitswert (200.000 DM) ist die Pflichtteilslast (250.000 DM) als Nachlaßverbindlichkeit abzuziehen. Sonach entsteht sogar ein rechnerisches Negativ-Vermögen für den Erben.
Auch die Nichtehelichkeit eines hinterbliebenen Kindes kann zu einer erheblichen Erbschaftsteuer-Mehrbelastung führen:
Der Erblasser hinterläßt ein nichteheliches und ein eheliches Kind. Der Nachlaß besteht aus Grundvermögen mit einem Verkehrswert in Höhe von 1.000.000 DM. Der maßgebende Einheitswert beträgt 180.000 DM. Das nichteheliche Kind hat nach §§ 1934 a, 1934 b BGB einen Erbersatzanspruch in Höhe von 500.000 DM. Dieser Anspruch wird bei Geltendmachung mit seinem Nennwert (§ 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 BewG), also - nach Abzug des persönlichen Freibetrages in Höhe von 90.000 DM (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) - mit 410.000 DM, der Besteuerung zugrunde gelegt. Nach Steuerklasse I (§§ 15 Abs. 1, 19 Abs. 1 ErbStG) ergibt sich hiernach für das nichteheliche Kind eine Steuerlast in Höhe von 30.750 DM.
Die Steuerberechnung für das eheliche Kind führt dagegen zu einem völlig anderen Ergebnis, vom anzusetzenden Einheitswert (180.000 DM) für das Grundvermögen wird nach § 10 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 ErbStG der Erbersatzanspruch (500.000 DM) des nichtehelichen Kindes als Nachlaßverbindlichkeit abgezogen, so daß das eheliche Kind - auch ohne Inanspruchnahme des persönlichen Freibetrags - von der Erbschaftsteuer freigestellt ist.
Hinterläßt dagegen der verstorbene statt eines nichtehelichen und eines ehelichen Kindes entweder zwei eheliche oder zwei nichteheliche Kinder, ist hier allein der Einheitswert des Grundbesitzes (bzw. je 1/2 von 180.000 DM), maßgebend; die §§ 1934 a, 1934 b BGB finden nämlich nur dann Anwendung, wenn neben ehelichen Abkömmlingen des Erblassers oder neben dem überlebenden Ehegatten des Erblassers nichteheliche Kinder vorhanden sind. Die Folge ist hier, daß nach Abzug der persönlichen Freibeträge von jeweils 90.000 DM die jeweilige Steuerlast 0 DM beträgt.
Des weiteren ziehen die von den verkehrswerten erheblich nach unten abweichenden Einheitswerte beträchtliche Abgrenzungsprobleme nach sich, wie der Vorlagefall und die auch ansonsten vor den Finanzgerichten oft aufgeworfene Streitfrage "Geld- oder mittelbare Grundstücksschenkung" sowie das Thema "gemischte Schenkung" darlegen:
Beispiele: Schenkt ein Vater seinem Kind ein Grundstück (Verkehrswert 450.000 DM; maßgebender Einheitswert 90.000 DM), ergibt sich nach Abzug des persönlichen Freibetrags von 90.000 DM ein steuerpflichtiger Erwerb von 0 DM und demgemäß eine Schenkungsteuerschuld von 0 DM.
25.200 DM an Schenkungsteuer sind hingegen zu zahlen, wenn der Vater statt Grundvermögen 450.000 DM in Spar- oder Wertpapiervermögen an sein Kind verschenkt.
Dagegen ergibt sich - nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung - wiederum eine Schenkungsteuerschuld von 0 DM, wenn der Vater seinem Kind die Anschaffungskosten von 450.000 DM für ein bestimmtes Grundstück zur Verfügung stellt (vgl. BFH vom 11.10.1978 II R 142/72, BStBl. II 1979, 533), denn dann gilt die Geldschenkung als Grundstücksschenkung, und folglich ist der niedrige Einheitswert des zu erwerbenden Grundstücks anzusetzen.
Streit besteht nun allerdings darüber, wie genau das Grundstück bestimmt sein muß, für dessen Anschaffung das Geld hingegeben wird (zur Meinungsvielfalt: MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 7 Anm. 19 ff.). Eine mittelbare Grundstücksschenkung soll sogar dann vorliegen, wenn allein ein Geldbetrag zur Abdeckung der Herstellungskosten für ein Gebäude, das auf bereits vorhandenem Grund und Boden errichtet werden soll, geschenkt wird (so BFH vom 3.8.1988 II R 39/86, BStBl. II 1988, 1025; vgl. dazu die Kritik von MOENCH, DStR 1990, 335; TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 758).
Beispiel: Ein Kind erhält von seinem Vater teils entgeltlich (1.000.000 DM), teils unentgeltlich Grundbesitz im Verkehrswert von 5.000.000 DM (anzusetzender Einheitswert 1.000.000 DM) übertragen. Nach herkömmlicher Ansicht wird die vom Kind zu Leistende Zahlung von 1.000.000 DM von dem Ansatz des Grundbesitzes mit dem maßgebenden Einheitswert (1.000.000 DM) abgezogen, so daß Schenkungsteuer danach nicht zu zahlen ist. Folgt man dagegen der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. etwa Urteil vom 12.4.1989 II R 37/87, BStBl. II 1989, 524), so muß das Rechtsgeschäft in einen entgeltichen und einen unentgeltlichen Teil zerlegt werden (Argumentation ex § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit der Formulierung: "... soweit der Bedachte ... bereichert wird". Für den vorliegenden Fall bedeutet das, daß unter Berücksichtigung des Grundbesitz-Verkehrswertes 4/5 unentgeltlich und 1/5 entgeltlich übertragen werden. Besteuerungsgrundlage sind dann 4/5 des Einheitswerts (800.000 DM) ./. persönlicher Freibetrag von 90.000 DM. Die Schenkungsteuer beträgt danach 63.900 DM (9 v.H. von 710.000 DM); der österreichische Verwaltungsgerichtshof (Finanzrechtliche Erkenntnisse/Beilage zur ÖStZ 1988, 371, 372) erkennt dagegen, daß "ein einheitlicher Schenkungsvorgang nicht zum Zweck der Schenkungsteuerbemessung aufgespalten werden" kann. Das deutsche Rechtsprechungsergebnis ist überwiegend auf Ablehnung gestoßen (statt vieler MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 7 Anm. 31 ff.; DERS., ZEV 1994, 17, 22 f.).
TIPKE beklagt die Tatsache, daß das Bundesverfassungsgericht die einschlägigen Gesetzesvorschriften immer noch nicht für verfassungswidrig erklärt hat, obwohl die "Gleichheitssatzverletzungen mit Händen zu greifen" sind (Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 756).
Nach MEINCKE hat die erbschaft- und schenkungsteuerliche Heranziehung der Grundbesitz-Einheitswerte "erhebliche durch die Eigenschaften des Bewertungsobjekts nicht ausreichend gedeckte Ungleichmäßigkeiten in der Besteuerung zur Folge", und: "Es ist eine bedrückende Einsicht, daß eine von allen Seiten als notwendig empfundene Reform dennoch über viele Jahre hinweg verzögert werden kann" (Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 12 Anm. 4, vgl. auch Einführung Anm. 6; HOLZER, Steuer-Seminar, Die Kehrseite, Februar 1994, beklagt die "Schützenhilfe" des 1. Senats des BverfG zur unpünktlichen Gesetzgebung in Sachen Grundbesitz-Einheitsbewertung).
SANGMEISTER spricht in diesem Zusammenhang von der "verfassungsrechtlich offensichtlich unhaltbaren Erhebung einheitswertabhängiger Steuern" (DStZ 1991, 581). Im Ergebnis plädiert Sangmeister für die Abschaffung der Einheitsbewertung des Grundbesitzes und für den Ansatz realistischer Grundstückswerte. Der Autor untersucht, ob es rechtens ist, daß Verwaltung und Gerichte von der herrschenden Meinung für verfassungswidrig erachtete Normen weiterhin anwenden und damit vielleicht der Gewöhnung an Unrecht - wenn auch unter Protest - Letztlich Vorschub leisten. Er stellt den Konflikt zwischen Bundesfinanzhof und Bundesverfassungsgericht dar, wonach der Bundesfinanzhof die verfassungswidrige Unterbewertung des Grundbesitzes betont, das Bundesverfassungsgericht dagegen wiederholt einer Sachentscheidung ausgewichen ist. Mit Blick auf die neueren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Kinderlastenausgleich ermuntert Sangmeister die Fachrichter - trotz der bisher schlechten Erfahrungen mit vorlagebeschlüssen zum Thema Grundstückssteuerwerte - neue verfahren einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich zu machen. Im übrigen müsse sich der Gesetzgeber die Frage gefallen Lassen, wie er von seinen Bürgern Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften erwarten will, wenn er sich so wenig an seine eigenen gesetzlichen vorgaben hält wie im Fall der regelmäßigen Hauptfeststellung für den Grundbesitz (KAPP, DStZ 1991, 691 stimmt den Ausführungen SHNGMEISTERS ausdrücklich zu; vgl. auch KAPP/EBELING, Kommentar zum ErbStG, § 12 Rz. 9, Loseblatt: Januar 1993).
LANG umschreibt das erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungsproblem wie folgt: "Für die Umverteilungsgerechtigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist indessen Wertgleichheit unabdingbar und Wertaufdeckung dort, wo Miterben sich auseinandersetzen, noch am ehesten zu verwirklichen; dem trägt der Vorschlag Rechnung, den Bewertungsaufwand bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu konzentrieren und Steuern abzuschaffen, die laufenden (Fehl-)Bewertungsaufwand erfordern" (Stuw 1994, 1, Geleitwort).
Weitere (zum Teil heftige) Kritik an der Bewertungs-Ungleichheit üben z.B.: MOENCH/KIEN-HÜMBERT, Kommentar zum ErbStG, § 12 Anm. 5 ff., Loseblatt: Oktober 1992; KLEIN, DStZ 1994, 162, 163; EBENROTH, Erbrecht - mit Abschnitt "Deutsches Erbschaftsteuerrecht", 1992, 962 f.; TROLL, Kommentar zum ErbStG, § 12 Rn. 109, Loseblatt: Juli 1993; WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT beim BMF, Gutachten, Die Einheitsbewertung in der Bundesrepublik Deutschland - Mängel und Alternativen, Schriftenreihe BMF Heft 41/1989; UNTERNEHMENSTEUERREFORM-KOMMISSION, Gutachten zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze, Schriftenreihe des BMF Heft 46/1991, 26 f, 71 ff.; MEYDING, DStR 1991, 1270 (der Autor war Mitglied der Unternehmensteuerreform-Kommission; er verteidigt die Thesen des Reformgutachtens); SCHELLE/SCHEMMEL, Stellungnahme des Karl-Bräuer-lnstituts des Bundes der Steuerzahler, Die Einheitsbewertung des Grundbesitzes, Heft 76/1993; JAKOB, Möglichkeiten einer Vereinfachung der Bewertung des Grundbesitzes sowie Untersuchung einer befristeten Anwendung von differenzierten Zuschlägen zu den Einheitswerten, BMF-Schriftenreihe Heft 48/1993; TIPKE/LANG, Steuerrecht, 14. Auflage 1994, 468 ff., 492 f.
Nur vereinzelt werden gegenläufige Stimmen laut (etwa LORITZ, DStR 1995, Heft 8, Beihefter, 3).
I. 3.
Gesetzliche Grundlagen des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts, deren Zusammenwirken und Entstehungsgeschichte sowie fehlende Gesetzesinitiativen zur Erneuerung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsordnung
I. 3. a)
Gesetzliche Grundlagen und deren Zusammenwirken
Zum Zeitpunkt der Schenkung im Streitfall (1989) waren die Absätze 1 bis 4 und 6 des § 12 ErbStG wie folgt gefaßt (BGBl. 1974 I, 933; BGBl. 1985 I, 2436, 2457):
- 1.
Die Bewertung richtet sich, soweit nicht in den Absätzen 2 bis 6 etwas anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).
- 2.
Grundbesitz (§ 20 des Bewertungsgesetzes) und Mineralgewinnungsrechte (§ 100 des Bewertungsgesetzes) sind mit dem Einheitswert anzusetzen, der nach dem Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den Zeitpunkt festgestellt ist, der der Entstehung der Steuer vorangegangen ist oder mit ihr zusammenfällt.
- 3.
Gehört zum Erwerb nur ein Teil einer der in Absatz 2 bezeichneten wirtschaftlichen Einheiten, so ist der darauf entfallende Teilbetrag des Einheitswertes maßgebend. Der Teilbetrag ist nach den Grundsätzen des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes und der dazu ergangenen Vorschriften zu ermitteln und erforderlichenfalls gesondert festzustellen (§§ 179 bis 183 der Abgabenordnung).
- 4.
Wenn für eine wirtschaftliche Einheit der in Absatz 2 bezeichneten Art oder einen Teil davon ein Einheitswert nicht festgestellt ist oder bis zur Entstehung der Steuer die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung erfüllt sind, ist der Wert im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer maßgebend. Dieser ist für Zwecke der Erbschaftsteuer nach den Grundsätzen des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes und der dazu ergangenen Vorschriften zu ermitteln und gesondert festzustellen (§§ 179 bis 183 der Abgabenordnung). Das gilt auch für die Grundstücke im Zustand der Bebauung; § 91 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes gilt entsprechend.
- 5.
...
- 6.
Ausländischer Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen werden nach § 31 des Bewertungsgesetzes bewertet.
Zu beachten sind auch zwei Vorschriften aus dem Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts (ErbStRG) vom 17.4.1974 (BGBl. I, 933) sowie aus dem Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes (BewÄndG) vom 13.8.1965 (BGBl. I, 851):
Sondervorschriften für die Anwendung der Einheitswerte 1964:
Während der Geltungsdauer der auf den Wertverhältnissen am 1. Januar 1964 beruhenden Einheitswerte des Grundbesitzes sind Grundstücke (§ 70 Bewertungsgesetz) und Betriebsgrundstücke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes für die Erbschaft- und Schenkungsteuer mit 140 vom Hundert des Einheitswerts anzusetzen. Das gilt entsprechend für die nach § 12 Abs. 3 und 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes maßgebenden werte.
Art. 10 § 3 ErbStRG
Außerkrafttreten:
Artikel 1 §§ 12, 16, 17 und 19 gelten für die Kalenderjahre, in denen Grundstücke (§ 70 des Bewertungsgesetzes) und Betriebsgrundstücke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes für die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer mit 140 vom Hundert der auf den Wertverhältnissen am 1. Januar 1964 beruhenden Einheitswerte anzusetzen sind.
Der Zeitpunkt der auf die Hauptfeststellung 1964 folgenden nächsten Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes wird abweichend von § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes durch besonderes Gesetz bestimmt.
Die Regelung des § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG, wonach der Grundbesitzwert einheitlich für viele Steuerarten in Zeitabständen von sechs Jahren festzustellen ist, ist durch Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG, wonach abweichend von § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG die nächste Grundbesitz-Hauptfeststellung nach 1964 gesondert gesetzlich zu bestimmen ist, zu einer bloßen gesetzgeberischen Absichtserklärung umgewandelt worden.
Nach § 12 Abs. 1 ErbStG wird die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung der zum Erwerb gehörenden Gegenstände nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes (BewG) durchgeführt. Der Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) richtet sich nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG). Danach wird der gemeine wert (§ 9 BewG - auch Verkaufs- oder Verkehrswert genannt) z.B. bei Erwerben von Todes wegen zum Todeszeitpunkt des Erblassers (§§ 11, 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) oder bei Schenkungen unter Lebenden zum Zeltpunkt der Ausführung der Schenkung (§§ 11, 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) der Besteuerung zugrunde gelegt. Nach § 9 Abs. 2 BewG wird der Verkehrswert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei werden Umstände, die den Preis beeinflussen, nicht aber ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse berücksichtigt.
Abweichend davon ist nach § 12 Abs. 2 ErbStG im Inland belegener Grundbesitz (= Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Privat- und Betriebsgrundstücke, § 19 Abs. 1 Nr. 1 BewG) für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke mit dem Einheitswert anzusetzen, der nach dem Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den Zeitpunkt festgestellt ist, der der Entstehung der Steuer vorangegangen ist oder mit ihr zusammenfällt. Die Einheitswerte der Privat- und Betriebsgrundstücke werden u.a. für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke mit einem Zuschlag von 40 v.H. versehen (Art. 2 ErbStRG; vgl. auch § 121 a BewG; § 12 Abs. 3 und 4 ErbStG ergänzen § 12 Abs. 2 ErbStG). Im Ausland belegener Grundbesitz wird wiederum - entsprechend dem Grundsatz der steuerlichen Bewertung - mit dem Verkehrswert angesetzt (§ 12 Abs. 6 ErbStG in Verbindung mit §§ 31, 9 BewG).
Auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 2 BewG verfügten Anwendung der §§ 19 bis 109 und § 122 BewG für die Erbschaftsteuer kommt dem § 12 ErbStG eigenständige rechtliche Bedeutung zu. Denn § 12 ErbStG besitzt als spezialgesetzliche Regelung, die die maßgebende Anordnung zur Anwendung der in bezuggenommenen bewertungsrechtlichen Vorschriften enthält, eigenes materiell-rechtliches Gewicht (vgl. BFH vom 18.12.1972 II R 87-89/70, BStBl. II 1973, 329, 350; a.A. wohl BverfG vom 14.12.1993 1 BvL 25/88, BStBl. II 1994, 133, 136). Weitere erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungsgrundsätze, die - trotz aller Bezugnahmen auf das Bewertungsgesetz - die Eigenständigkeit des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts betonen, enthalten etwa die §§ 7 Abs. 5, 6; 10 Abs. 2; 23 Abs. 1 Satz 1; 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG (dazu die Zusammenstellung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsvorschriften einschließlich der - im Streitfall noch nicht relevanten - Sondervorschriften für die neuen Bundesländer bei MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 12 Anm. 6).
Art. 10 § 3 ErbStRG, wonach die §§ 12 (Bewertung), 16 (Freibeträge), 17 (Besonderer Versorgungsfreibetrag) und 19 (Steuersätze) nur für die Kalenderjahre - gelten, in denen Grundstücke (§ 70 BewG) und Betriebsgrundstücke (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG) mit 140 v.H. der auf den Wertverhältnissen am 1.1.1964 beruhenden Einheitswerten anzusetzen sind, enthält eine programmatische Aussage über den verfall (das Außerkrafttreten): Die in dieser Verfallklausel genannten Vorschriften treten außer Kraft, sobald andere werte als die bis heute maßgebenden Einheitswerte für Grundvermögen und Betriebsgrundstücke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zugrunde gelegt werden (zum Begriff "Verfallklausel" vgl. KAPP/EBELING, Kommentar zum ErbStG, § 12 Rz. 283, Loseblatt: Juni 1994). Die z.B. von der Bundessteuerberaterkammer vertretene Auffassung, Art. 10 § 3 ErbStRG sei eine Neutralitätsklausel mit der Folge, daß die Einführung neuer (höherer) werte für das Grundvermögen (und für Betriebsgrundstücke) mit einer Anpassung der Freibeträge und Steuersätze für alle Vermögenserwerber einhergehen müsse, so daß insgesamt durch die Erhöhung der anzusetzenden Grundbesitzwerte eine Erhöhung des Erbschaftsteueraufkommens nicht eintreten dürfe (DStR 1982, 151 f.; in diesem Sinne auch KAPP/EBELING, a.a.O., § 12 Rz. 283), kann sich auf Anhaltspunkte in den Gesetzes-Materialien stützen (dazu Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 7. Wahlperiode, 69. Sitzung, 4107, 4127 vom 6.12.1973, BREMER, HUBER; Bundesrats-Drucksache 759/2/73 vom 19.12.1973, 6).
I. 3. b)
Geschichtliche Entwicklung des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts
Die nachfolgend wiedergegebene Geschichte der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung belegt, daß der historische Gesetzgeber vor der Einführung der Grundbesitz-Einheitsbewertung im Jahre 1925 und auch danach durch die stufenweise vorgenommene Verkoppelung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts mit der Grundbesitz-Einheitsbewertung kein deutliches Auseinanderfallen, erst recht nicht ein so weites Auseinanderklaffen (wie eingangs dargestellt) von Grundbesitz-Steuerwerten und wirklichen werten (verkehrswerten) beabsichtigte. Der jüngere Gesetzgeber Ließ gleichsam durch Unterlassen das oben beschriebene erbschaft- und schenkungsteuerliche sowie bewertungsrechtliche Normengeflecht in die Verfassungswidrigkeit hineinwachsen. Zur Entstehungsgeschichte im einzelnen:
I. 3. b) aa)
Vor der Einführung der Grundbesitz-Einheitsbewertung im Jahre 1925
Nach §§ 12 bzw. 14 der preußischen Erbschaftsteuergesetze (Gesetz-Sammlung 1873, 329; 1891, 72, 78; 1895, 412) war die Ermittlung des Betrages der Masse, ohne Rücksicht auf die für andere Zwecke vorgeschriebenen Abschätzungsgrundsätze, auf den gemeinen wert zur Zeit des Anfalls zu richten. Alle die Gleichmäßigkeit der Besteuerung in Frage stellenden Verordnungen wurden damit beseitigt (dazu Denkschrift zum Entwurf des preußischen ErbStG 1873, Haus der Abgeordneten, 11. Legislaturperiode, III. Session 1872-1873, Aktenstück Nr. 12, 60).
Zunächst befanden sich die für die Erbschaftsteuer maßgeblichen Bewertungsvorschriften allein im Erbschaftsteuergesetz. Es wurde nicht - wie derzeit überwiegend - auf ein Bewertungs"grund"gesetz verwiesen. Im ersten reichseinheitlichen Erbschaftsteuergesetz von 1906 (RGBl. 1906, 654) wurde zur Ermittlung des Betrags der Masse der (Verkehrs-)Wert zur Zeit des Unfalls zugrunde gelegt (§ 16). Der Grundbesitz wurde danach bewertungsmäßig wie alle anderen Vermögensgegenstände behandelt. Lediglich für das Land- und forstwirtschaftliche vermögen galt in Abweichung zu den preußischen Erbschaftsteuergesetzen von 1873/1891/1895 eine Ausnahme.
Bei diesem vermögen wurde schließlich, obwohl zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens dies nicht vorgesehen war (vgl. Entwurf eines ErbStG vom 28.11.1905, Reichstags-Drucksache Nr. 10, 1905/1906, 939, 1046) und sich sodann gewichtiger Widerspruch erhob (vgl. Bericht der VI. Kommission, Reichstags-Drucksache Nr. 360, 1905/1906, 3971, 3981 ff., 3997, 4009), in Anlehnung an § 2049 BGB der Ertragswert zur maßgeblichen Besteuerungsgrundlage erklärt. Nach § 16 Abs. 2 ErbStG 1906 (RGBl. 1906, 654) galt als Ertragswert das Fünfundzwanzigfache des Reinertrags, den die Grundstücke nach ihrer bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren können (derzeit gilt das Achtzehnfache als Ertragswert, § 36 Abs. 2 BewG). Darüber hinaus wurde das land- und forstwirtschaftliche Vermögen noch dadurch begünstigt, daß ein Viertel des auf diesen Teil des Erwerbes entfallenden Steuerbetrages nicht erhoben wurde (§ 15 Abs. 1 ErbStG 1906). Eine weitere Begünstigung ergab sich noch aus § 15 Abs. 2 ErbStG 1906.
Die Schonung des Land- und forstwirtschaftlichen Vermögens stieß auf Kritik aus dem Bereich Industrie und Handel; u.a. wurde vorgetragen: wer eine Fabrik oder ein kaufmännisches Geschäft erbt und andere Erben auszahlen muß, befinde sich in genau derselben schwierigen Lage wie der Erbe Land- und forstwirtschaftlich betriebenen Grundbesitzes. Dagegen erbat der westfälische Bauernverein sogar, daß jedenfalls die westfälischen Anerbengüter von der Erbschaftsteuer ganz befreit bleiben (dazu die unter dem bezeichnenden Leitsatz "whoever hopes a faultless tax to see, hopes what ne'er was, is not and ne'er shall be" aufgeführten Petitionen zum ErbStG-Entwurf, Reichtstags-Drucksache Nr. 360, 1905/1906, 4023 f.). Im Vergleich zu Erwerbern anderer Vermögensgegenstände erfuhren die Erwerber des Grundbesitzes insgesamt noch. Erleichterungen aufgrund der Vorschriften über Stundung und Zwangsvollstreckung (§§ 47 f. ErbStG 1906).
Nach § 44 eines Entwurfs des ErbStG 1919 (Vorlage eines ErbStG-Entwurfs an die verfassungsgebende deutsche Nationalversammlung, Nr. 376 der Drucksachen der Nationalversammlung 1919, Band 335) sollte eine generelle Verkehrswert-Besteuerung (also auch für den Land- und forstwirtschaftlichen Bereich, allerdings mit einer Wertansatzermäßigung von 25 v.H.) durchgeführt werden. Dieser Plan wurde damit begründet, daß die Begünstigung, die in der Berechnung nach dem Ertragswert liege, unter den damaligen Verhältnissen nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Sie führe wegen der Schwierigkeiten der Schätzung zu Willkürlichkeiten und Ungleichmäßigkeiten, die bei der künftigen Steuerbelastung aller Art im Verhältnis zu den anderen Berufsständen als nicht mehr angängig zu erachten seien. Dagegen seien die besonderen Verhältnisse, die für die Bewertung dieses Besitzes insofern in Betracht kämen, als der Verkehrswert bei Landwirtschaftlichen Grundstücken im Verhältnis zum Ertragswert in der Regel erheblich höher sei als bei städtischem oder industriellem Besitz und die Erhaltung jenes Besitzes sonst in der Tat gefährdet werden würde, dadurch angemessen berücksichtigt, daß bei Grundstücken, die dauernd land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt seien, der Wertansatz für die Berechnung der Steuer um ein Viertel ermäßigt werde (dazu Nr. 376 der Drucksachen der Nationalversammlung 1919, Band 335, 26).
Tatsächlich jedoch wurde 1919 die Erbschaftsbesteuerung des Grundbesitzes nach Ertragswerten ausgeweitet. So wurde nach § 47 Abs. 2 ErbStG 1919 (RGBl, 1919, 1543) der Ertragswert bei Grundstücken, die dauernd land- und forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken, sowie bei bebauten Grundstücken, die Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt waren, und bei denen die Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entsprach, zugrunde gelegt, wurde allerdings der nach dem Ertragswert veranlagte Grundbesitz innerhalb von zehn Jahren zu einem Preise veräußert, der um ein Viertel höher lag als der veranlagte wert, so erfolgte eine Neuveranlagung zum Verkehrswert (§ 47 Abs. 6 ErbStG 1919).
Mit dem Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 20.7.1922 (RBGl. I 1922, 610, hier § 47; vgl. auch das ErbStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des ErbStG vom 20.7.1922, RGBl. I 1922, 695, hier § 32) wurden für die Bewertung von Vermögen die Vorschriften der Reichsabgabenordnung vom 13.12.1919 (RGBl. 1919, 1993) für anwendbar erklärt. Ergänzende Bestimmungen befanden sich weiterhin im Erbschaftsteuergesetz. Nach § 152 Abs. 1 RAO war bei der Bewertung von Grundstücken grundsätzlich der gemeine wert zugrunde zu legen. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift wurde aber u.a. für die Erbschaftsteuer wie bei den in § 47 Abs. 2 ErbStG 1919 (RGBl. 1919, 1543) genannten Grundstücken der Ertragswert herangezogen.
Für eine kurze Übergangszeit (vom 1.7.1923 bis zum 31.12.1924) gab es allgemein eine Anknüpfung an die Vermögensteuerwerte (dazu Art. III der Zweiten Steuernotverordnung vom 19.12.1923, RGBl. I 1923, 1205, 1218). Danach waren Grundstücke mit dem Wehrbeitragswert vom 31.12.1913 (dazu § 15 Abs. 1 des Wehrbeitragsgesetzes vom 3.7.1913, RGBl. 1913, 505) anzusetzen, zu dessen Berichtigung Bestimmungen erlassen wurden (ggf. Zu- oder Abschläge), um eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen zu erreichen (dazu Art. II § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 7 der Zweiten Steuernotverordnung vom 19.12.1923, RGBl. I 1923, 1205, 1212 f.). Der ggf. berichtigte Wehrbeitragswert war noch über den 1.1.1925 hinaus maßgebend für zwangsbewirtschaftete Grundstücke (dazu STÖLZLE, Kommentar zum ErbStG, 1. Auflage 1926, § 22 Anm. 68, S. 366 und DERS., 2. Auflage 1932, § 22 Anm. 208, S. 508).
I. 3. b) bb)
Anlehnung der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung an die 1925 neugeschaffene Grundbesitz-Einheitsbewertuno und die Zeit danach bis 1949
Die geplante Grundbesitz-Einheitsbewertung wurde im Gesetzgebungsverfahren unterschiedlich aufgenommen. Einerseits wurde betont die Bedeutung eines Bewertungsgesetzes für die Einheitlichkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände in Reich, Ländern und Gemeinden (vgl. die Ausführungen des Reichsfinanzministers VON SCHLIEBEN im Reichstag, 50. Sitzung III. Wahlperiode 1924/25, Stenographische Berichte, Band 385, 1468 f. und Stellungnahmen von Abgeordneten, z.B. 53. Sitzung, 1559 und 54. Sitzung, 1601), andererseits war die Rede von "Begünstigung des Besitzes", "Steuerreform des Großbesitzes", von "Kompliziertheit der Landwirtschaftlichen Bewertung", "kostenintensives Bewertungsverfahren", "Durchbrechung der Einheitlichkeit der Bewertung durch die Länder bei den Realsteuern" (52. Sitzung III. Wahlperiode 1924/25, Stenographische Berichte, Band 385, 1532, 1534, 1537, 1540) und "planmäßiger Besitzschonung" (53. Sitzung III. Wahlperiode 1924/25, Stenographische Berichte, Band 385, 1571).
Zu den "Einheitswertsteuern" der ersten Reichsbewertungsgesetze (vgl. § 1 Abs. 3 RBewG 1925, RGBl. I 1925, 214; § 20 Abs. 2 RBewG 1931, RGBl. I 1931, 222) gehörte die Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht. Nach § 22 Abs. 2 ErbStG 1925 (RGBl. I 1925, 320) war für Landwirtschaftliches, forstwirtschaftliches und gärtnerisches Vermögen sowie für Grundvermögen nach den Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes 1925, das die Grundbesitz-Bewertung überwiegend nach dem Ertrag fortführte (§ 13, 22, 24, 35 RBewG 1925, RGBl. I 1925, 214), der auf den dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld unmittelbar vorausgehenden FeststelluNgszeitpunkt ermittelte Einheitswert zugrunde zu legen. U.a. wurde in Satz 2 weiter bestimmt, daß, solange die allgemeine Feststellung der Einheitswerte gemäß § 5 Abs. 2 RBewG in Zeitabständen von je einem Jahr vorgenommen wird, Wertveränderungen, die auf allgemeiner Veränderung der Wirtschaftsverhältnisse beruhen, im Gegensatz zu tatsächlichen Veränderungen wie Substanzvermehrungen oder -verminderungen, nicht zu einer Neufeststellung führten. In der Begründung zum Gesetzentwurf vom 23.4.1925 (Reichstags-Drucksache Nr. 798 III. Wahlperiode 1924/25 Band 400, 13) wurde betont, für die Erbschaft- und Schenkungsteuer bliebe der Grundsatz aufrechterhalten, daß für die Ermittlung des wertes der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgebend ist. Dies stand - wie bereits erwähnt - im Einklang mit den Reichsbewertungsvorschriften 1925/1931. Bei den Vermögensgegenständen aber, die bei stabiler Währung erheblichen Wertschwankungen nicht zu unterliegen pflegen, nämlich bei Landwirtschaftlichem, forstwirtschaftlichem und gärtnerischem Vermögen sowie bei Grundvermögen sollten die nach den Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes für den betreffenden Feststellungszeitraum maßgebenden werte zugrunde gelegt werden. Weiter wurde ausgeführt:
"... In dem ... Beispiel würden also der Ermittlung des Nachlasses auf den 1. Juli 1926 etwaige Grundstückswerte vom 1. Januar 1926 zugrunde gelegt werden. Damit wird aber nicht etwa hinsichtlich dieser werte der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld verschoben, es wird vielmehr angenommen, daß die für den 1. Januar 1926 festgestellten werte auch diejenigen vom 1. Juli 1926 waren" (dazu auch ZIMMERMANN/LUDEWIG, Kommentar zum ErbStG 1925, Nachtrag 14 zu § 32 bzw. § 22, Anm. zu Abs. 2 des § 22, die auf den Gegensatz der Bewertung für "periodische Steuern" und für die Erbschaftsteuer als "einmalige Steuer" aufmerksam machen).
Die Einheitswert-Sperrklausel (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 2 ErbStG 1925, RGBl. I 1925, 320), die die erbschaftsteuerliche Anwendung bestehender Grundbesitz-Einheitswerte unter die Bedingung einer jährlichen Neubewertung des Grundbesitzes stellte, war allerdings im Gesetzentwurf noch nicht enthalten. Sie kam erst später in die endgültige Gesetzesfassung. Der diesbezügliche Antrag wurde wie folgt begründet: Solange die allgemeine Feststellung der Einheitswerte jährlich erfolge, könne die Vorschrift, daß Wertveränderungen, die auf allgemeiner Veränderung der Wirtschaftsverhältnisse beruhen, nicht in Betracht kommen, aus Zweckmäßigkeitsgründen in Kauf genommen werden, wenn man aber erst einmal auf einen dreijährigen Feststellungszeitraum abkäme, könnten sich doch Härten ergeben; denn beispielsweise könnten, wenn der Einheitswert nach dem Stande vom 1.1.1930 für die Jahre 1930 bis, 1932 festgestellt worden sei und der Erbfall am 1.7.1932 eintrete, doch in der Zeit vom 1.1.1930 bis zum 1.7.1932 sehr große Wertveränderungen eingetreten sein, die für die Erbschaftsteuer nicht außer Betracht bleiben dürften (dazu Bericht des 6. Ausschusses, Steuerfragen, Reichstags-Drucksache Nr. 1236 III. Wahlperiode 1924/25, Band 403, S. 15, 40 f.).
Die jährliche Einheitsbewertung für den Grundbesitz fand dann nie statt (vgl. § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die erste Feststellung der Einheitswerte und zum Vermögensteuergesetz für die Veranlagung 1925 und 1926, RGBl. I 1926, 227). Man wählte zeitlich weiter auseinanderliegende Feststellungszeitpunkte, so zum 1.1.1928 (dazu § 1 der Verordnung über die Einheitsbewertung und Vermögensteuerveranlagung 1928, RGBl. I 1928, 165; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die zweite Feststellung der Einheitswerte und zum Vermögensteuergesetz für die Veranlagung 1928, RGBl. I 1928, 174), zum 1.1.1931 (dazu § 71 RBewG 1931, RGBl. I 1931, 222; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz und zum Vermögensteuergesetz für die Einheitsbewertung und Vermögensteuerveranlagung nach dem Stande vom 1.1.1931, RGBl. I 1931, 252) und zum 1.1.1935 (dazu § 79 RBewG 1934, RGBl. I 1934, 1035; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die Bewertung des Vermögens nach dem Stand vom 1.1.1935, RGBl. I 1935, 81; zur praktischen Durchführung der Einheitsbewertung für die Hauptfeststellungszeiträume von 1925/1927, 1928/1930 und 1931 ff. vgl. PFENDER, Die Einheitswerte bei der Besteuerung des städtischen Grundeigentums, Kölner Dissertation 1933, 43 ff.). Im Jahre 1934 wurde offiziell ein kürzerer Bewertungsrhythmus erwogen, dann aber mit dem Hinweis auf die zu befürchtende untragbare Geschäftsbelastung der Finanzämter verworfen (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer an die seit dem 1.1.1931 eingetretenen Wertrückgänge, RStBl. 1934, 50).
Im einzelnen wurde nach § 5 ErbStDB 1925 (RGBl. I 1926, 361) für Erwerbe von Landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und gärtnerischen vermögen, bei denen die Steuerschuld zwischen dem 1.1.1925 und dem 31.12.1926 entstand, der vorliegende Einheitswert als fiktiver Stichtagswert angesetzt. Falls der Einheitswert nicht bestand (§ 7 ErbStDB 1925) oder Wertveränderungen, die nicht nur auf Veränderungen des tatsächlichen Zustandes beruhten und bestimmte Grenzen überstiegen (§ 6 ErbStDB 1925, RGBl. I 1926, 361), eingetreten waren, war, wie beim sonstigen Grundbesitz (vgl. § 13 ErbStDB 1925), von Amts wegen bzw. auf Antrag (vgl. § 23 f. ErbStDB 1925) nach den Verhältnissen am Stichtag (= Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld, vgl. § 4 ErbStDB 1925) unter entsprechender Anwendung der Grundsätze des Reichsbewertungsgesetzes 1925 (RGBl. I 1925, 214) ein erbschaftsteuerlicher Stichtagswert (also kein Einheitswert) festzustellen (vgl. §§ 9, 23 f. ErbStDB 1925).
Nach den skizzierten Vorschriften wurde oft noch der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld auch für die Grundbesitz-Bewertung zugrunde gelegt. Damit war die zeitnahe erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung grundsätzlich noch gewährleistet. Dieser Grundsatz wurde dann noch bis einschließlich 1930 fortgeführt (vgl. ErbStDB 1927, RGBl. I 1927, 127; ErbStDB 1928, RGBl. I 1928, 186; ErbStG 1929, RGBl. I 1929, 246; ErbStDB 1930, RGBl. I 1930, 656).
1930/31 dann entfiel, die Grundbesitz-Einheitswert-Sperrklausel für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (vgl. Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1.12.1930, RGBl. I 1930, 517, 579; Bekanntmachung der neuen Fassung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 c und des § 22 ErbStG vom 25.6.1931, RGBl. I 1931, 346; dazu auch die angepaßten ErbStDB 1931, RGBl. I 1931, 347). Von nun an führten Wertveränderungen des Grundbesitzes, die auf allgemeiner Veränderung der Wirtschaftsverhältnisse beruhten, in keinem Fall mehr zu einer aktualisierenden Wertfeststellung; Lediglich Substanzvermehrungen oder -verminderungen führten weiterhin, zu Neufeststellungen. Eine offizielle Begründung für diesen Vorgang ist - soweit ersichtlich - nicht gegeben worden; das nicht mehr funktionierende parlamentarische System der sich auflösenden Weimarer Republik mag dafür verantwortlich sein (dazu Deutscher Bundestag, Hrsg., Fragen an die deutsche Geschichte, 294 ff.). Die Aussagen der Erbschaftsteuer-Kommentatoren aus dieser Zeit geben auch keinen Aufschluß (vgl. etwa FINGER, Kommentar zum ErbStG, 4. Auflage 1932, Einleitung, 12, § 22, 328, 332 f.; STÖLZLE, Kommentar zum ErbStG, 2. Auflage 1932, § 22 Anm. 15 f., S. 441 f. und Anm. 33 ff., S. 446 ff.; MEGOW, Kommentar zum ErbStG 1937, § 22, 203 ff., 216 ff.).
In den Jahren 1932 bis 1934 wurde allerdings wegen der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse (dazu Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer an die seit dem 1.1.1931 eingetretenen Wertrückgänge, RStBl. 1934, 50) u.a. bei der Erbschaftsteuer ein Wertabschlag von 20 v.H. für den Grundbesitz vorgenommen (vgl. § 3 der Verordnung des Reichspräsidenten über die Anpassung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer an die seit dem 1.1.1931 eingetretenen Wertrückgänge vom 12.5.1932, RGBl. I 1932, 192, mit zeitlicher Ausdehnung auf 1933, RGBl. I 1933, 109, 116, und auf 1934, RGBl. I 1934, 25).
Nach § 22 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 16.10.1934 (RGBl. I 1934, 1056) wurde für den Regelfall weiterhin die Grundbesitz-Bewertung nach dem Reichsbewertungsgesetz übernommen. Danach galt im sogenannten Dritten Reich grundsätzlich der Grundbesitz-Einheitswert nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1935. Lediglich Übergangsweise wurde bei Erbfällen, die die "eingegliederten" Gebiete betrafen, auf den Verkehrswert zurückgegriffen (vgl. etwa § 5 Abs. 3 der Verordnung zur Einführung von Reichssteuerrecht im Memelland vom 29.4.1939, RGBl. I 1939, 870; § 8 Abs. 3 der Dritten Verordnung zur Einführung steuerrechtlicher Vorschriften in den Gebieten von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 2.8.1940, RGBl. I 1940, 1185; § 5 Abs. 4 der vierten Verordnung über steuerrechtliche Vorschriften in Lothringen vom 9.4.1941, RGBl. I 1941, 356; § 5 Abs. 3 der Dritten Verordnung über steuerrechtliche Vorschriften im Elsaß vom 16,1.1941, RGBl. I 1941, 182).
Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs war die Übernahme des Einheitswerts bei der Erbschaftsteuer schon damals durchweg günstig für den Erwerber; diese Abweichung vom erbschaft- und schenkungsteuerlichen Grundsatz der Erfassung aktueller Verkehrswerte wurde aus sogenannten Zweckmäßigkeitsgründen (Vereinfachung des Bewertungsverfahrens) in Kauf genommen (dazu RFH I-II e 7/39 vom 20.12.1939, RStBl. 1940, 338, 339; dazu auch BRECHT, Kommentar zum ErbStG, 1942, § 21, 217).
An sich wäre nach § 21 BewG 1934 zum 1.1.1941 die nächste Hauptfeststellung fällig - gewesen; wegen des Krieges ist sie jedoch bis auf weiteres verschoben worden. Die Ergebnisse der Hauptfeststellung zum 1.1.1935 galten dann für die alten Bundesländer bis 31.12.1973 weiter; für die neuen Bundesländer gelten sie zum Teil heute noch (dazu § 133 BewG).
In der Nachkriegszeit wurde das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht zwar durch den Kontrollrat geändert, die Anknupfung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitsbewertung blieb jedoch unberührt (dazu Gesetz Nr. 17, Nr. 4 des Amtsblatts des Kontrollrats in Deutschland vom 28.2.1946, 94 f. und Gesetz Nr. 64 zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 22.6.1948, StZBl. 1948, 123, 130 f.).
I. 3. b) cc)
Erbschaft- und schenkungsteuerliche Anknüpfung an die Grundbesitz-Einheitswerte in der Bundesrepublik Deutschland
Mit dem Erbschaftsteueränderungsgesetz vom 30.6.1951 (BGBl. I 1951, 759, 764) wurde der Wertansatz des Grundbesitzes sachlich nicht geändert (dazu die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des ErbStG vom 7.11.1950, Bundestags-Drucksache 1. Wahlperiode 1949 Nr. 1575, 19). Auch die folgenden Änderungen des Erbschaftsteuergesetzes tasteten bis heute die Koppelung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitsbewertung nicht an. Warum es erst 1964 zur ersten Hauptfeststellung der Grundbesitz-Einheitswerte in der Bundesrepublik Deutschland kam und warum die festgestellten werte erst 1974 erstmals angewandt wurden, läßt sich den Gründen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10.2.1976 entnehmen (1 BVL 8/73, BStBl. II 1976, 311, 316 f; vgl. auch BFH vom 5.11.1964 IV 11/64 S, BStBl. III 1964, 602, 606).
Auf die bedenklichen Seiten der Grundbesitz-Einheitsbewertung mit seinen Auswirkungen auch auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist man besonders aufmerksam geworden in den Jahren 1952/53 bei Probebewertungen, die der Bundesminister der Finanzen durchführen ließ. Die für den damaligen Zeitpunkt auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens ermittelten werte betrugen im Durchschnitt 161 v.H. des Einheitswerts vom 1.1.1935 (vgl. Hinweise des BverfG in seinen Beschlüssen vom 7.5.1968, 1 BvR 420/64, BStBl. II 1968, 549, 552, und vom 10.2.1976, 1 BvL 8/73, BStBl. II 1976, 311, 315). In den folgenden Jahren wurde der Unterschied zwischen Grundbesitz-Einheitswert und Verkehrswert immer größer: TROLL schätzte im Jahre 1971, daß die "alten" Einheitswerte zu den damaligen Verkehrswerten des Grundbesitzes in einem Verhältnis 1:10 standen (BB 1971, 1145). Der Bundesfinanzhof sprach 1972 davon, daß es 1966 schon nicht allzu selten war, daß der gemeine wert etwa das Zehnfache des Steuerwerts betrug, in den Ballungsräumen der Großstädte sogar ein Vielfaches des Zehnfachen (Vorlagebeschluß vom 18.12.1972 II R 87-89/70, BStBl. II 1973, 329, 342).
Die "neuen" Grundbesitz-Einheitswerte, die nach den Wertverhältnissen zum 1.1.1964 festgestellt wurden, waren schon bei ihrer erstmaligen Anwendung wieder weitgehend veraltet und wurden deshalb überwiegend mit einem Zuschlag von 40 v.H. versehen (§ 121 a BewG; Art. 2 ErbStRG 1974), der die Wertsteigerungen von 1964 bis 1970 abdecken sollte (dazu Bundestags-Drucksache VI/3418, 106 zu § 121 a BewG).
In der Einleitung der Begründung zum Regierungsentwurf vom 4.5.1972 (Bundestags-Drucksache VI/3418, 44) wird betont, daß die Bundesregierung bei ihrem Bemühen um mehr Steuergerechtigkeit manche Vorschläge deshalb nicht verwirklichen konnte, weil diese zu einer starken Komplizierung des Steuerrechts geführt hätten. Dadurch wäre die Steuerverwaltung überfordert worden. Als Beispiel wird die Einführung einer Besteuerung nach Verkehrswerten bei den einheitswertabhängigen Steuern angeführt. Dieses Argument, daß eine Einzelbewertung des Grundbesitzes nach dem aktuellen Verkehrswertniveau, aus verwaltungstechnischen Gründen ausscheide, kehrt im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder (vgl. Zweiten Bericht des Finanzausschusses vom 3.12.1973, Bundestags-Drucksache 7/1333, 2; Stenographischen Bericht der 69. Sitzung vom 6.12.1973 des 7. Deutschen Bundestages, 4114, HUONKER).
Aus den Gesetzesmaterialien zum geltenden Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz ist allerdings das Bemühen am Gesetzgebungsverfahren Beteiligter erkennbar, möglichst die Inhaber bzw. die Erwerber der verschiedenen Vermögensgegenstände gleich zu behandeln. So wird in der Begründung zum Regierungsentwurf speziell zu § 12 Abs. 2 ErbStG bemerkt (vgl. Bundestags-Drucksache VI/3418, 66 f.), daß die Einheitswerte trotz gewisser Bedenken, die sich aus dem Wesen der Erbschaftsteuer als Bereicherungssteuer ergäben, als Besteuerungsgrundlagen beibehalten werden, weiter wird ausgeführt, die Bundesregierung sei sich bewußt, daß sich die Einheitswerte nur dann auf Dauer als Besteuerungsgrundlage beibehalten ließen, wenn es gelange, das Einheitswertverfahren so zu vervollkommnen, daß die Einheitswerte stets in etwa den verkehrswerten entsprächen (diese Hoffnung hatte bereits der Reichsfinanzhof in seinem Gutachten vom 21.5.1931, I D 1/30, RFHE 29, 137, 155, geäußert). Bei wesentlich hinter den Verkehrswerten zurückbleibenden Einheitswerten würde die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung insgesamt, wie der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit in einer Reihe von Beschlüssen dargelegt habe, ernsthaften Zweifeln hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit begegnen.
Der versuch, wenigstens unbebaute, baureife Grundstücke zeitnah und realistisch zu bewerten, scheiterte (dazu Entwurf eines Teilhauptfeststellungsgesetzes 1983, Bundestags-Drucksache 9/1648, 9/1673).
I. 3. c)
Fehlende Gesetzesinitiativen zur Erneuerung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsordnung
Zwar faßt der Gesetzgeber selbst eine bestimmte Gewinnermittlung nach Maßgabe der Grundbesitz-Einheitswerte (§ 13 a EStG) als nicht wirklichkeitsnah auf (vgl. § 21 Abs. 1 a BAFöG). Die Bundesregierung ist sich inzwischen auch des "bewertungsrechtlichen Spannungsverhältnisses zwischen den Wertansätzen des Grundbesitzes und den Wertansätzen des übrigen Vermögens bewußt" geworden und wollte zur Entspannung eine "differenzierte Zuschlagsregelung" einführen (dazu Bundestags-Drucksache 12/4438 vom 1.3.1993). Gleichwohl ist bisher über einen Termin für eine neue Hauptfeststellung der Grundbesitz-Einheitswerte, der nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG 1965 gesetzlich zu bestimmen ist, nichts bekannt geworden. Von dem Einheitswert-Zuschlags-Plan, der im Ergebnis Lediglich eine Anhebung von 1/10 auf 4/10 des wirklichen Werts zum Ziele hatte (vgl. WOLF, DStR 1993, 541, 546), ist von Seiten der Bundesregierung auch nicht mehr die Rede.
Schon vor Jahren beschloß die Finanzverwaltung, in absehbarer Zeit keine Neubewertung durchzuführen, da das dafür erforderliche Personal fehle (Bundestags-Drucksache 10/1938, 3). Nachdem sich die Bundesregierung - nach eigener Aussage - bereits seit Jahren mit dem Problem der Neubewertung befaßt, sucht sie derzeit nach neuen wegen "für ein grundlegend vereinfachtes Bewertungsverfahren. ... Dazu sollen der Konferenz der Finanzminister und -senatoren der Länder in der zweiten Jahreshälfte 1994 Vorschläge unterbreitet werden. ... Denn angesichts der angespannten Personalsituation hielten die Finanzminister und -senatoren der Länder in der Vergangenheit eine Neubewertung nicht für durchführbar ..." (Bundestags-Drucksache 12/6692 vom 28.1.1994, 16). Im selben Kontext verweigert die Bundesregierung eine mögliche Gesetzesinitiative: Es sei zur Zeit "wenig sinnvoll, vor einer zu erwartenden grundsätzlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Einheitsbewertung des Grundbesitzes Beschlüsse über das 'Ob' und 'wie' einer künftigen Besteuerung des Grundbesitzes zu fassen" (Bundestags-Drucksache 12/6692 vom 28.1.1994, 16).
Festzuhalten bleibt: Gesetzgeber und Bundesregierung nehmen die Bewertungs- und Belastungs-Ungerechtigkeiten wahr und handeln dennoch nicht (Hinweis auf Art. 1 Abs. 3 GG).
I. 4.
Rechtsanwendungs-Schwierigkeiten der höchstrichterlichen Rechtsprechung
Durch die Anknüpfung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitsbewertung kam und kommt die Rechtsprechung wegen Art. 3 Abs. 1 GG (und Art. 6 Abs. 5 GG - speziell dazu BACHER, BB 1992, 2333) immer wieder in Rechtsanwendungs-Schwierigkeiten:
So war es nach dem Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 9.12.1969 (II B 40-41/69, BStBl. II 1970, 121) ernstlich zweifelhaft, ob es mit der Gleichheit vor dem Gesetz zu vereinbaren ist, den Empfänger einer baren Abfindung (Pflichtteil, Abfindungs-Untervermächtnis) mit deren Nennwert zur Erbschaftsteuer heranzuziehen, wenn für den Unfall der Gegenstände, auf deren wert die Teilabfindung bezogen ist (Erbschaft, Vermächtnis), Einheitswerte anzusetzen sind. Ernstlich zweifelhaft sei weiterhin, unterschiedslos nominale Geldwerte und gemeine werte gegen die niedrigen Grundbesitz-Einheitswerte zu verrechnen. Infolge einer solchen Verrechnung könne ein sowohl hinsichtlich der Substanz als auch hinsichtlich seiner Erträge sehr hohes Vermögen bewertungsrechtlich sogar als überschuldet erscheinen, während wesentlich kleinere Vermögen anderer Struktur mit ihrem vollen Nennbetrag oder gemeinen wert unter die Steuer fielen (BStBl. II 1970, 121, 123). Weitere höchstrichterliche Entscheidungen, die sich mit den erbschaft- und schenkungsteuerlichen Auswirkungen der Grundbesitz-Einheitswerte beschäftigten, ergingen in dem aufgezeigten Sinne, also mit erheblichen Bedenken gegen die weitere Anknüpfung der Erbschaftsteuer an die Grundbesitz-Einheitswerte (etwa BFH vom 27.10.1970 II S 2-4/70, BStBl. II 1971, 269; vom 24.2.1971 II B 48/70, BStBl. II 1971, 394; vom 22.9.1971 II S 1/71, BStBl. II 1972, 16; vom 19.7.1972 II B 11/72, BStBl. II 1972, 767; vgl. auch die Aussage des BFH im sogenannten VOL-Urteil vom 5.11.1964 IV 11/64 S, BStBl. III 1964, 602, 607: "Die schematische Anknüpfung an Einheitswerte, die nicht regelmäßig den sich stets ändernden tatsächlichen Verhältnissen angepaßt wurden, führt zu zufälligen steuerlichen Ergebnissen, die nur als willkürlich bezeichnet werden können.").
Der Bundesfinanzhof Legte mit seinem Beschluß vom 18.12.1972 (II R 87-89/70, BStBl. II 1973, 329) die Frage nach der Vereinbarkeit der unterschiedlichen erbschaftsteuerlichen Nachlaßbewertung mit dem Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vor. In den Gründen des Vorlagebeschlusses wurden die sich aus der Unterbewertung des Grundbesitzes bei voller Berücksichtigung der wirtschaftlich mit diesem vermögen zusammenhängenden Schulden ergebenden Probleme geschildert. Eine Begünstigung des Grundbesitz-Erwerbers durch den Ansatz des Ertragswerts wurde zwar nicht schlechthin als unzulässig angesehen, eine allgemeine Geltung eines solchen, Verfahrens wegen der dargelegten Ungereimtheiten aber auch nicht befürwortet. Jedenfalls die Zubilligung von werten, welche auf den 1.1.1935 zurückbezogen waren, wären in diesem Ausmaß durch keinen denkmöglichen Grund gedeckt gewesen, zumal bei unterschiedlicher Grundstückspreisentwicklung in den einzelnen Teilen des Bundesgebietes das Ausmaß des dem einzelnen Erwerber zukommenden Vorteils rein zufällig gewesen wäre. Der Bundesfinanzhof kam noch zu dem Ergebnis, daß bei der Erbschaftsbesteuerung mit aller Vorsicht frei ermittelte werte in jedem Fall dem näher gelegen hätten, was mit § 23 Abs. 2 bis 4 ErbStG 1959 (BGBl. I 1959, 187) ursprünglich gewollt war. Daher sei das Argument abwegig, der Ansatz der genaueren Einheitswerte (vom 1.1.1935) habe noch im Jahr 1966 der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und damit der Steuergerechtigkeit gedient.
Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10.2.1976 (1 BvL 8/73, BStBl. II 1976, 311) war es jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, bis 1973 Zuwendungen von Grundbesitz nur mit den nach den Wertverhältnissen von 1935 ermittelten Einheitswerten zur Erbschaftsteuer heranzuziehen, während für Kapitalvermögen zeitnahe werte anzusetzen waren. Mit seinem Beschluß vom 4.6.1976 (1 BvR 360/74, BStBl. II 1976, 637) allerdings verwarnte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber verfassungsrechtlich; die Anwendung der Einheitswerte nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 sei zur Zeit (1976) noch nicht verfassungswidrig. Da der Besteuerung grundsätzlich zeitnahe Einheitswerte zugrunde zu legen seien, dürfte es erforderlich sein, in angemessener Zeit eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes durchzuführen. Mit der Entscheidung vom 11.10.1983 (1 BvL 73/78, BStBl. II 1984, 20, 23) stellte das Bundesverfassungsgericht eine "intensive Störung des Verhältnisses von Einheits- und Verkehrswerten" fest.
Der Bundesfinanzhof beschrieb dann in der Folgezeit - wegen der anhaltenden Untätigkeit des Gesetzgebers - mehrfach die "verfassungswidrige Privilegierung des Grundbesitzes" und die insoweit "eindeutige Verfassungslage" (etwa BFH vom 11.6.1986 II B 49/83, BStBl. II 1986, 782, 784; vom 3.8.1988 II R 39/86, BStBl. II 1988, 1025).
Am 21.10.1986 ließ der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts über die Einheitsbewertung des Grundbesitzes öffentlich debattieren (dazu Bericht in FR 1986, 631). In der Entscheidung vom 10.2.1987 (1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl. II 1987, 240) ging das Gericht indes nicht auf die Frage der Verfassungswidrigkeit der Grundbesitz-Einheitsbewertung ein (dem folgend Kammerbeschluß des BVerfG vom 15.11.1989, 1 BvR 171/89, BStBl. II 1990, 103). Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts hielt sich damals allerdings dann zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Grundbesitz-Einheitsbewertung aufgrund von Verfassungsbeschwerden oder Richtervorlagen für berufen, "bei denen es im Ausgangsverfahren konkret um die Bewertung von Betriebsvermögen oder sonstigem Vermögen geht" (BStBl. II 1987, 240, 245); hiernach waren alle nicht begünstigten Vermögensinhaber bzw. -erwerber (etwa Eigner von Spar- und Wertpapiervermögen) aufgerufen, nach Erschöpfung des Rechtswegs Verfassungsbeschwerde einzulegen. Im übrigen wurden Finanzrichter - wie die aus Hamburg (FG Hamburg, Vorlagebeschluß vom 30.6.1988 II 331/85, EFG 1988, 586) und Rheinland-Pfalz (FG Rheinland-Pfalz, Vorlagebeschluß vom 4.11.1991 5 K 2464/9, EFG 1992, 165) - ermuntert, geeignete Fälle vorzulegen.
Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts untersagte mit seiner Entscheidung vom 26.4.1988 (2 BvL 13, 14/86, BVerfGE 78, 132, 153, zu einem anderen Rechtsgebiet) die Bezugnahme auf die nicht zeitnahen Grundbesitz-Einheitswerte bei der zivilrechtlichen Bewertung von bestimmten Pflichtteilsansprüchen; das Bürgerliche Gesetzbuch - so der 2. Senat - strebe "bei der Berechnung erbrechtlicher Ausgleichsansprüche die Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit an".
Der 2. Senat des Finanzgerichts Hamburg faßte am 30.6.1988 wegen der grob uneinheitlichen Bewertungsgrundsätze innerhalb des Erbschaftsteuerrechts einen Vorlagebeschluß (II 331/85, EFG 1988, 586). Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts erklärte diese Vorlage für unzulässig, insbesondere weil sich das Finanzgericht zu "undifferenziert" auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG berufen habe (1 BvL 25/88, BStBl. II 1994, 133, 136; kritische Bemerkungen zur Entscheidung des 1. Senats des BverfG: BALKE, StJ 1994, 5).
Neben dem verfassungsrechtlichen Problemdruck lösen die von den verkehrswerten erheblich nach unten abweichenden Einheitswerte für die Rechtsprechung erhebliche Abgrenzungsprobleme aus. Erst durch die unterschiedliche Bewertung wird die Frage nach dem genauen Erb- oder Schenkungsgegenstand - wie im Vorlagefall - akut (dazu auch die eingangs aufgeführten Beispiele). Nachdem der Bundesfinanzhof mit seinen verschiedenen verfassungsrechtlichen vorstoßen zur Vereinheitlichung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung und Besteuerung beim Bundesverfassungsgericht keinen Erfolg hatte, ging und geht er den weg einer möglichst weitgehenden Anwendung der niedrigen Grundbesitz-Einheitswerte. U.a. werden so unter bestimmten Voraussetzungen Geldschenkungen als mittelbare Grundstücksschenkungen behandelt (ausführlich zur Entstehung und Entwicklung der BFH-Rechtsgrundsätze sowie zur BFH-Motivationslage der mittelbaren Grundstücksschenkung: TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 755 ff., 757 f., 761). Aufschlußreich ist die Aussage der maßgeblich an der Rechtsprechung zur mittelbaren Grundstücksschrakung beteiligten BFH-Richterin HOFMANN (in: Raupach, Hrsg., werte und Wertermittlung im Steuerrecht, DStJG Band 7, 1984, 385): "Die aus dem Unbehagen an den Wertdiskrepanzen geborenen 'Reparaturversuche' der Rechtsprechung dienen jedenfalls nicht einer allgemeinen erbschaftsteuerlichen Gerechtigkeit, weil sie nur gewisse Symptome im Ansatz betreffen".
Wie die "Reparaturversuche" der Rechtsprechung zum hier im Vorlagefall besonders interessierenden Thema "Geld- oder mittelbare Grundstücksschenkung" in die Steuerrechtspraxis hineinwirken, beschreibt MOENCH, ein Ministerialbeamter im Finanzministerium des Saarlandes und Kommentator des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts, in plastischer und kritischer Form (DStR 1990, 335; vgl. auch den koordinierten Ländererlaß vom 2.11.1989, BStBl. I 1989, 443).
TIPKE kommentiert im Anschluß an MOENCH (a.a.O.), daß so die Steuerlast nicht mehr von der wirklichen Bereicherung abhänge, sondern von der Kenntnis der Rechtsprechung sowie von der Gestaltungs- und Formulierungskunst; in diesem Sinne ungeschickte Steuerbürger würden steuerlich höher belastet (Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 758 ff., 761).
Die Möglichkeit, sich durch entsprechende Vertragsgestaltung zum Quasi-Grundstückserwerber und damit zum steuerlich weniger belasteten Bereicherten zu machen, hilft denjenigen nicht, die von vornherein auf den Erb- oder Schenkungsgegenstand keinen Einfluß nehmen können (vgl. etwa den eingangs erwähnten Starfigunterfall). Im übrigen war es ein erklärtes Ziel der mit dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz 1974 umgesetzten Reform, Möglichkeiten der Steuervermeidung oder -verminderung aufgrund besonderer Rechtsgestaltungen abzubauen (vgl. Bundestags-Drucksache 7/1333, 2).
Die Abgrenzungs-Rechtsprechung zur mittelbaren Grundstücksschenkung ist nicht auf das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht beschränkt. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 8.6.1994 (X R 51/91, BStBl. II 1994, 779; dazu umfassend BOLZ, AktStR 1995, 53) gelten die Rechtsgrundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung auch im Rahmen des § 10 e EStG - hier allerdings mit umgekehrter Wirkung: Mit der Anerkennung einer mittelbaren Grundstücksschenkung geht in der Regel die Steuerbegünstigung nach § 10 e EStG verloren (daß dies wiederum nicht ausnahmslos gilt, legt der Beitrag von JACHMANN, DStR 1995, 515, dar).
II.
Sachverhalt des Vorlagefalls
Streitig ist im Vorlagefall, ob eine gerade noch gelungene oder eine mißglückte mittelbare Grundstücksschenkung mit drastisch voneinander abweichenden schenkungsteuerlichen Bewertungs- und Belastungsfolgen vorliegt.
Mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag vom 5.5.1989 versprach der Vater der Klägerin, ihr - der Klägerin - 1.000.000 DM unter Anrechnung auf ihren Erbteil zu schenken. Lautvertrag erfolgte die Zahlung "sofort" auf das Konto der Klägerin "mit der Auflage, den geschenkten Betrag von 1.000.000 DM nur zum Erwerb des Anwesens ... straße 1 in ..., hilfsweise anderen Grundbesitzes" zu verwenden (Seite 2 des Vertrages). Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 11.5.1989 erwarb die Klägerin das Geschäftsgrundstück ... straße 1 in ... für insgesamt 4.600.000 DM. laut Finanzamtsbescheid vom 25.1.1990 über die Zurechnungsfortschreibung, gerichtet an die Klägerin, beträgt der Einheitswert des erworbenen Grundstücks "wie bisher" 390.500 DM. Das beklagte Finanzamt setzte mit Bescheid vom 16.1.1990 die Schenkungsteuer auf 91.000 DM fest; dabei wurde der Schenkungsteuerberechnung nicht ein Teil des Grundbesitz-Einheitswerts, sondern der Geldbetrag in Höhe von 1.000.000 DM zugrunde gelegt.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage und trägt folgendes vor: Schenkungsgegenstand sei nicht der überwiesene Geldbetrag, sondern ein Teil des später erworbenen Grundstücks. Die am Schenkungsvertrag vom 5.5.1989 Beteiligten hätten die Absicht gehabt, das im Vertrag näher bezeichnete Grundstück u.a. mit dem ebenfalls im Vertrag genannten Geldbetrag zu erwerben. Dieser Wille der Vertragsbeteiligten sei nicht nur durch den zeitnahen Erwerb des Grundstücks, sondern daneben durch entsprechende Vorverhandlungen bezüglich des Kaufs und dessen Finanzierung dokumentiert. Zwar hätten die Vertragsbeteiligten kurz vor der Beurkundung des Schenkungsvertrags vom 5.5.1989 den Vertragstext (im Hinblick auf ein mögliches Scheitern des geplanten Kaufs des benannten Grundstücks) um die Worte "hilfsweise anderen Grundbesitzes" erweitern lassen. Die Klägerin und ihr Vater seien sich jedoch darüber einig gewesen, daß eine anderweitige Verwendung des Geldbetrages von 1.000.000 DM die Zustimmung des Vaters der Klägerin vorausgesetzt hätte und diese nur für einen Grundstückserwerb gegeben worden wäre. Zudem hätte das beklagte Finanzamt das Vorliegen einer mittelbaren Grundstücksschenkung wohl dann nicht in Zweifel ziehen können, wenn der Schenkungsvorgang nicht notariell beurkundet worden wäre; der zeitliche Zusammenhang von Zuwendung des Geldes und Grundstückserwerb ließe allein die Feststellung einer mittelbaren Grundstücksschenkung zu.
Ausgehend vom Vorliegen einer mittelbaren Grundstückanteils-Schenkung berechnet die Klägerin die zu zahlende Schenkungsteuer wie folgt: Der um 40 v.H. zu erhöhende Einheitswert des Grundstücks betrage 546.700 DM. Entsprechend dem Anteil des schenkweise versprochenen Betrages von 1.000.000 DM am Gesamtkaufpreis des Grundstücks in Höhe von 4.600.000 DM (= 21,7 v.H.) umfasse der wert der Schenkung 118.633 DM (= 21,7 v.H. von 546.700 DM). Nach Abzug des Freibetrages von 90.000 DM ergebe sich ein steuerpflichtiger Erwerb von 28.633 DM und eine Steuerbelastung von 858 DM.
Die Klägerin beantragt,
die Schenkungsteuer unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17.4.1990 und Änderung des Bescheids vom 16.1.1990 von 91.000 DM auf 858 DM herabzusetzen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Ansicht, daß in der hier streitigen Hingabe eines Geldbetrages zum Erwerb eines Grundstücks eine Geldschenkung unter einer Auflage zu sehen sei, da der Schenker der beschenkten Klägerin gegenüber Lediglich zum Ausdruck gebracht habe, daß sie für den zugewendeten Geldbetrag im eigenen Namen und für eigene Rechnung ein Grundstück erwerben solle, ohne daß dabei schon genau festgestanden habe, um welches Grundstück es sich handelte. Da zudem die Auflage der Klägerin selbst zugute gekommen sei, sei diese nicht abzugsfähig (Hinweis auf § 10 Abs. 9 ErbStG). Der notariell beurkundete Schenkungsvertrag sowie der Vortrag der Klägerin belege, daß von dem zugewendeten Geldbetrag nicht nur das im Vertrag bezeichnete Grundstück, sondern "hilfsweise" auch anderer Grundbesitz hätte erworben werden dürfen. Dementsprechend habe eine genaue Festlegung auf ein bestimmtes Grundstück zum Zeitpunkt der Schenkung nicht vorgelegen. Im übrigen komme es nicht darauf an, ob bei einer anderen Vertragsgestaltung (statt Notarvertrag: mündlicher Vertrag) ein anderes Besteuerungsergebnis hätte erzielt werden können oder ob die Zuwendung des Geldbetrages unter Anrechnung auf das spätere Erbteil erfolgt sei.
III. Aussetzung des Verfahrens
Der Senat setzt das verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG aus und legt die Rechtssache dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Entscheidung vor. Denn der vorlegende Senat hält die Bewertungs- und Besteuerungsanordnungen eines erbschaft- und schenkungsteuerlichen sowie bewertungsrechtlichen Normengeflechts (§ 12 Abs. 1 bis 4, 6 ErbStG in Verbindung mit den dort in bezug genommenen Allgemeinen und Besonderen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes, insbesondere §§ 9, 12, 19 ff., 33 ff., 68 ff., 99, 121 a BewG) und §§ 16, 19 ErbStG sowie in Verbindung mit Art. 2 ErbStRG 1974 und in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG 1965) insofern mit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) für unvereinbar, als danach einerseits Grundbesitz-Erwerber mit unzutreffend niedrigen Steuerwerten (sogenannten Einheitswerten) kaum oder nicht besteuert, dagegen andererseits Erwerber von Geldvermögen mit tatsächlichen werten VOLL besteuert werden.
IV.
Entscheidungserheblichkeit mit Beschwer
a)
Die Frage der Verfassungsmäßigkeit oder -widrigkeit der angeführten Vorschriften ist für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich.
Der Schenkungsbesteuerung der Klägerin durch das beklagte Finanzamt Liegt die Bewertung der Bereicherung mit dem Nennbetrag von 1.000.000 DM (entsprechend § 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 BewG) zugrunde, während bei Annahme einer dieselbe Bereicherung umfassenden mittelbaren Schenkung eines inländischen Grundstücksteils nur ein Teil des wesentlich niedrigeren Grundbesitz-Einheitswerts (entsprechend § 12 Abs. 2, 3 ErbStG in Verbindung mit Art. 2, 10 § 3 ErbStRG 1974, Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG 1965, §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 68 ff., 76 ff. BewG) anzusetzen wäre, die statt einer Steuerbelastung - wie hier - von 91.000 DM, Lediglich eine solche von 858 DM auslösen würde.
Denn für den Fall, daß die unterschiedlichen Bewertungs- und Besteuerungsanordnungen des § 12 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 ErbStG in Verbindung mit den oben genannten ergänzenden Vorschriften des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts verfassungsgemäß wären, hätte die Klägerin mit ihrer Klage keinen Erfolg. Der vorlegende Senat folgt nämlich - auf einfachrechtlicher Ebene - im Ergebnis der Rechtsauffassung des beklagten Finanzamts, wonach die Klägerin durch eine Geldzuwendung, die - nach den noch geltenden Regelungen - mit dem Nennwert anzusetzen ist, bereichert ist (vgl. §§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4, 9 Abs. 1 Nr. 2, 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 BewG).
Nach Auffassung des Senats liegt eine Bereicherung der Klägerin durch die Zuwendung eines Grundstücks oder Grundstücksteils nicht vor.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist zur Anerkennung einer mittelbaren Grundstücksschenkung wesentliche daß in der Schenkungsabrede ein bestimmtes Grundstück oder ein bestimmter Grundstücksteil als Zuwendungsgegenstand gekennzeichnet wird (BFH vom 11.10.1978 II R 142/72, BStBl. II 1979, 533, 534; BFH vom 5.2.1986 II R 188/83, BStBl. II 1986, 460). Danach muß die Dispositionsfähigkeit über das für einen Grundstückserwerb zugewandte Geld so stärkt eingeschränkt sein, daß der Beschenkte nur durch ein hinreichend individualisiertes Grundstück bereichert werden SOLL; eine mehr allgemein gehaltene Auflage, mit dem Geld Grundbesitz zu erwerben, ist danach unzureichend (zur Analyse der derzeitigen BFH-Rechtsprechung zur mittelbaren Grundstücksschenkung vgl. MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 7 Anm. 19 ff.). Der Annahme einer Geldschenkung soll z.B. nicht entgegenstehen, wenn die Zuwendung lediglich mit Empfehlungen oder wünschen für ihre Verwendung verbunden war oder unter der Auflage im Sinne des § 525 BGB erfolgte, aus dem wert des Zugewandten "ein" Grundstück zu erwerben (vgl. BFH vom 28.11.1984 II R 133/83, BStBl II 1985, 159, 160).
Zwar wird im Vorlagefall der übereinstimmende Wille der am Schenkungsvorgang Beteiligten, der Klägerin Letztlich Grundbesitz (oder einen Teil davon) zu verschaffen, dokumentiert durch den notariell, beurkundeten Schenkungsvertrag, durch den kurze Zeit später abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag und durch das zwischen den Beteiligten unstreitige Klagevorbringen, daß ein möglicher "hilfsweiser" Erwerb eines anderen Grundstücks von der Zustimmung des Schenkers abhängig gewesen sein soll. Gleichwohl führt die hier tatsächlich vorgenommene Gestaltung des Schenkungsvorgangs noch nicht einmal dazu, daß die Klägerin ausschließlich auf die Anschaffung eines inländischen Grundstücks (oder eines Teils davon) mit dessen steuergünstigen sogenannten Einheitswert (bzw. eines Teils davon) festgelegt war.
Wegen dieser fehlenden Festlegung auf ein genau bestimmtes (mit dem zugewandten Geldbetrag) zu erwerbendes Grundstück, ist die Annahme einer mittelbaren Grundstücksschenkung entsprechend den vom Bundesfinanzhof entwickelten Rechtsgrundsätzen ausgeschlossen. Denn trotz der - die Dispositionsfreiheit der Klägerin über den ihr zugewandten Geldbetrag einschränkenden - Schenkungsabrede, blieb zunächst mit der Zuwendung des Geldbetrages offen, welches Grundstück oder welchen Grundstücksteil im In- oder Ausland die Klägerin mit den ihr zugewandten 1.000.000 DM erwerben würde. Einerseits sollte die Klägerin mit den ihr schenkweise vermachten 1.000.000 DM den Erwerb eines genau bezeichneten Grundstücks in ... teilweise finanzieren, andererseits sollte bei einem - immerhin als denkbar angesehenen - Scheitern des zum Zeitpunkt der Geldzuwendung angebahnten und dann später vollzogenen Grundstücksgeschäfts die Geldzuwendung nicht rückgängig gemacht, sondern für den Erwerb "anderen Grundbesitzes" verwandt werden. Ein "freier Widerruf (vgl. BFH vom 26.11.1984 II R 133/83, BStBl. II 1985, 159, 160) der Zuwendung, der gegen eine Geldschenkung sprechen könnte, wurde in der notariellen Schenkungsabrede nicht vorbehalten, vielmehr war der Geldbetrag sofort auf das Konto der Klägerin zu überweisen. Ein vorbehält (freier Widerruf der Zuwendung) kann auch nicht aus der Vereinbarung, der mögliche "hilfsweise" Erwerb eines anderen Grundstücks sei von der Zustimmung des Schenkers abhängig gewesen, hergeleitet werden. Denn mit der Zuwendung des Geldbetrages war nach dem willen der am Schenkungsvorgang Beteiligten die Bereicherung bei der Klägerin und die Entreicherung beim Schenker endgültig eingetreten; offen war zu diesem Zeitpunkt lediglich - wie bereits ausgeführt -, welches Grundstück (oder Teil-Grundstück) im In- oder Ausland (vgl. § 12 Abs. 6 ErbStG) die Klägerin mit dem Geld erwerben würde.
b)
Auch eine Erweiterung des Rechtsprechungsinstituts der mittelbaren Grundstücksschenkung durch verfassungskonforme Auslegung kommt nicht in Betracht. Denn einmal wird durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (etwa Urteil vom 3.8.1988 II R 39/86, BStBl. II 1988, 1025) die praktische Abgrenzbarkeit zwischen Geld- und Grundstücksschenkung durch Aufweichung der Grenzziehung immer weiter verkompliziert. Zum zweiten wird die durch die uneinheitliche, damit auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs "verfassungswidrige", erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung ausgelöste Steuerungerechtigkeit gegenüber Nicht-Grundbesitzerwerbern (etwa Pflichtteilsberechtigten oder Starfighter-Geschädigten; vgl. die eingangs geschilderten Beispiele) durch die erweiternde Annahme einer mittelbaren Grundstücksschenkung noch vergrößert. Es ist im übrigen rechtsdogmatisch nicht leicht verständlich, warum der Bundesfinanzhof den Kreis der (mittelbaren) Grundbesitz-Erwerber ausdehnt, obwohl er in demselben Urteil vom 3.8.1988 (a.a.O.) deren Steuerbegünstigung durch die niedrigen Grundbesitz-Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt. Statt dessen ist eine verfassungskonforme Interpretation des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geboten, die zu einer Einschränkung des Rechtsprechungsinstituts der mittelbaren Grundstücksschenkung führt (in diesem Sinne auch CREZELIUS, NWB vom 9.1.1989, FACH 10, 613, 614). Daneben drängt sich der weg zum Bundesverfassungsgericht über die Richtervorlage (Art. 100 Abs. 1 GG) - gerade im Hinblick auf Art. 10 § 3 ErbStRG 1974 - immer wieder auf (vgl. dazu BFH vom 3.8.1988 II R 39/86, BStBl. II 1988, 1025, 1026 f.; BFH vom 26.9.1990 II R 50/88, BStBl. II 1991, 32; BFH vom 9.11.1994 II R 87/92, BStBl. II 1995, 83). Da schon zum jetzigen Zeitpunkt das Rechtsprechungsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung weit vom Gesetz (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 ErbStG) gelöst und deshalb wohl zu Recht kritisch betrachtet wird (vgl. die oben unter I.4. am Ende wiedergegebenen Fachliteraturstimmen) und weil der Senat einer möglichen weiteren (indes nur auf Quasi-Grundbesitz-Erwerber begrenzten) Ausdehnung einer "verfassungswidrigen Begünstigung aus Gründen der Steuergerechtigkeit nicht folgen mag, hält er den vom Bundesfinanzhof beschnittenen weg der nur begrenzt wirkenden "Reparaturversuche" (vgl. dazu BFH-Richterin HOFMANN, in: Raupach, Hrsg., Werte und Wertermittlung im Steuerrecht, DStJG Band 7, 1984, 385) für unzulässig. Vielmehr bedarf es einer grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die eine verfassungskonforme Regelung des Gesetzgebers in Gang bringt, damit das Verfassungsgebot einer gleichmäßigen Belastung aller Mitglieder der Gemeinschaft der Steuerzahler verwirklicht wird.
Dabei verkennt der vorlegende Senat nicht, daß der Bundesfinanzhof bei der ausdehnenden Anwendung des Rechtsprechungsinstituts der mittelbaren Grundstücksschenkung stets um Einzelfallgerechtigkeit für die Steuerbürger bemüht gewesen ist.
c) aa) Die Vorlage ist auch nicht deshalb unzulässig, weil auszuschließen wäre, daß der Gesetzgeber bei Verfassungswidrigkeit der im Tenor des Vorlagebeschlusses genannten Vorschriften eine Regelung schaffen könnte, die eine Änderung der Besteuerungsvorschriften von Geldvermögenserwerbern zur Folge hätte. Für die Entscheidungserheblichkeit genügt es, daß eine Beanstandung der zur Prüfung gestellten Normen der Klägerin die Chance offen hält, eine für sie günstigere Regelung zu erreichen (vgl. BverfG vom 10.2.1987 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl. II 1987, 240, 244).
Ist - wovon der vorlegende Senat ausgeht - die uneinheitliche Erbschaft- und Schenkungsbewertung mit den drastisch voneinander abweichenden Besteuerungsfolgen verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar, ist die Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung bei Geldvermögenserwerbern - bis zu einer allgemeinen Reform des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts - zumindest nach einem deutlich niedrigeren, dem Einheitswertniveau sich annäherenden Maßstab (etwa durch Bewertungsabschläge oder Ungleichung der Freibeträge und Steuersätze, §§ 16, 17, 19 ErbStG) durchzuführen. Die Klägerin hätte danach auf jeden Fall erheblich weniger Schenkungsteuer als die bisher festgesetzten 91.000 DM zu zahlen; der Klage wäre mindestens in beträchtlichem Umfang, möglicherweise voll stattzugeben.
Der "Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, daß die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden" (so BverfG vom 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BStBl. II 1991, 654, 664). Mit diesen Worten hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgericht ein steuerrechtliches Privilegienverbot nicht nur für die tatsächliche Steuererhebung, sondern auch für den normativen Steuerbereich ausgesprochen und damit die Erkenntnis gefördert, daß die Privilegierung der einen Gruppe von Steuerbürgern zugleich die Diskriminierung (und damit auch die verfahrensrechtliche Beschwer) der anderen Gruppe, der steuerlichen Vollzahler, bedeutet (in diesem Sinne auch das schweizerische Bundesgericht vom 13.4.1983, Stuw 1984, 375, 376 - danach sollen "Leute mit gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ... gleich viel Steuern zahlen"; in diesem Sinne auch BFH vom 9.9.1965 IV 294/63 U, BStBl. III 1965, 686, 689: "Die Gewährung von Vergünstigungen ist gegenüber anderen Steuerpflichtigen stets ein Eingriff in die Gleichmäßigkeit der Besteuerung" - und BFH vom 21.10.1994 VI R 15/94, BStBl. II 1995, 142, 150, Vorlagebeschluß zum "gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluß" nach § 3 Nr. 12 EStG). Mit der Entscheidung vom 10.2.1987 hielt sich auch der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts in Fällen zur Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der uneinheitlichen steuerlichen Bewertung aufgrund von Verfassungsbeschwerden oder Richtervorlagen für berufen, "bei denen es im Ausgangsverfahren konkret um die Bewertung von Betriebsvermögen oder sonstigem vermögen geht" (1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl. II 1987, 240, 245).
Zwar erscheint für die Zukunft der generelle Verkehrswertansatz aller übertragenen Vermögensgegenstände im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (bei gleichzeitiger Anpassung der Freibeträge und Steuersätze für alle Steuerbürger) möglich. Indes ist es denkbar, daß - um die Verfassungsforderung des Art. 3 Abs. 1 GG in der Gegenwart zu erfüllen - entweder durch den Gesetzgeber das erbschaft- und schenkungsteuergünstige Einheitswertniveau pauschal (durch Bewertungsabschläge) auf alle noch nicht endgültig entschiedenen Erbschaft- und Schenkungsteuerfälle ausgedehnt wird oder die noch offenen Besteuerungsfolgen für die bisher nicht begünstigten Vermögenserwerber durch Erhöhung der Steuerfreibeträge (§§ 16, 17 ErbStG) und Herabsetzung der Steuersätze (§ 19 ErbStG) an die derzeit noch gegebenen geringen Steuerbelastungen der Grundbesitzerwerber angeglichen werden. Denn da den in der Gegenwart und Vergangenheit begünstigten Grundbesitz-Erben und Beschenkten ihre Steuerersparnis nachträglich nicht mehr zu nehmen ist (dagegen steht u.a. die Bestandskraft entsprechender Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide), können die Steuerbürger - im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG - nur noch durch die genannten Maßnahmen gleichbehandelt werden. Dies hat mit einer unzulässigen "Gleichheit im Unrecht" nichts zu tun, denn die niedrige Grundbesitzbewertung ist das Ergebnis noch geltender gesetzlicher Regelungen. Aufzulösendes Unrecht ist die unterschiedliche, die uneinheitliche Bewertung und Besteuerung gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der Steuerbürger (dazu auch TIPKE, Stbg. 1994, 162, 169).
Der Senat wird in seiner Sichtweise durch den Umstand gestärkt, daß das Bundesverfassungsgericht 1990 angeordnet hat, die einkommensteuerrechtlichen Kinderfreibeträge für 1983 bis 1985 zu erhöhen und damit vielen Steuerbürgern nachträglich Steuerentlastungen zukommen ließ (BVerfG vom 12.6.1990 1 BvL 72/86, BStBl. II 1990, 664). Daß - nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts - hingegen die jeden Einkommensteuerpflichtigen betreffenden Grundfreibeträge nur für die Zukunft zu erhöhen sind, liegt allein an den befürchteten Auswirkungen für den Staatshaushalt (BVerfG vom 25.9.1992 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BStBl. II 1993, 413, 421). Dagegen fallen die finanziellen Auswirkungen bei einer - auf offene Fälle beschränkten - nachträglichen Senkung des gesamten erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsniveaus bei einem Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommen von rund 3 Milliarden DM pro Jahr und einem Gesamtsteueraufkommen von rund 750 Milliarden DM pro Jahr (Zahlen betreffen das Jahr 1992, vgl. TIPKE/LANG, Steuerrecht, 14. Auflage 1994, 183 f.) nicht wesentlich ins Gewicht.
Auch sollten Finanzhaushaltsgründe nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen geeignet sein, einen Verfassungsverstoß für die Vergangenheit zu rechtfertigen (vgl. BverfG vom 29.5.1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BStBl. II 1990, 653, 659; in diesem Sinne auch die Aussage des IX. Senats des Niedersächsischen FG vom 15.1.1991 IX 427/90 und IX 437/90, BB 1991, 258, 261).
Im übrigen war auch die Bundesregierung bemüht, durch Abwertungen bestimmter Vermögensarten "das Spannungsverhältnis zwischen den Wertansätzen des Grundbesitzes und den Wertansätzen des übrigen Vermögens abzubauen, wie der Entwurf zum Zinsabschlaggesetz (vorgeschlagener, nicht verwirklichter Freibetrag von 100.000 DM für das sonstige Vermögen) und das StandOG (Freibetrag für das Betriebsvermögen von 500.000 DM bei der ErbSt.) zeigen" (vgl. Bundestags-Drucksache 12/6692 vom 28.1.1994, 16; zur Übernahme der Betriebsvermögensabwertungen - Steuerbilanzwerte. Freibetrag von 500.000 DM - in das erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungsrecht, vgl. MOENCH/KIEN-HÜMBERT, Kommentar zum ErbStG, Einführung Rz. 28 d, Loseblatt: Januar 1994; MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 13 Anm. 59; speziell zum Betriebsvermögen-Freibetrag vgl. FELIX, BB 19.94, 477, MOENCH, ZEV 1995, 50).
c) bb) Zudem ist, wie bereits oben (I.3.a) ausgeführt, die Verfallklausel des Art. 10 § 3 ErbStRG von besonderer Bedeutung: Nach MEINCKE (Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, § 12 Anm. 6) wird durch diese Vorschrift hervorgehoben, daß die Bewertungsvorschriften des § 12 ErbStG mit den Regelungen über die persönlichen Freibeträge und über die Steuersätze ein zusammenhängendes Sinngefüge bilden. Geht entsprechend mit der verfassungsrechtlich notwendigen Aufgabe der Unterbewertung des Grundbesitzes eine allgemeine Erhöhung der Freibeträge und/oder eine Herabsetzung der Steuersätze einher, erfahren die Geldvermögenserwerber zwar unmittelbar keine Veränderungen der Bewertungen ihrer Vermögensgegenstände, sie werden jedoch durch die erforderlichen Korrekturen der sonstigen Besteuerungsgrundlagen weniger Erbschaft- und Schenkungsteuern zu zahlen haben (in diesem Sinne schon BFH vom 3.8.1988 II R 39/86, BStBl. II 1988, 1025, 1026 f., der damals die "Beschwer" der Erwerber sonstigen Vermögens in der verfassungwidrig zu hohen Erbschaft- und Schenkungsteuerbelastung erkannte).
V.
verfassungsrechtliche Beurteilung
Das Normengeflecht der §§ 12 Abs. 1 bis 4, 6 ErbStG in Verbindung mit den dort in bezug genommenen Allgemeinen und Besonderen Bewertungsvorschriften (insbesondere §§ 9, 12, 19 ff., 33 ff., 68 ff., 99, 121 a BewG) und §§ 16, 19 ErbStG sowie in Verbindung mit Art. 2 ErbStRG 1974 und in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG 1965 ist nach Auffassung des Senats mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Die Verletzung des Gleichheitssatzes sieht der vorlegende Senat im Kern darin, daß der Gesetzgeber sein Konzept, eine möglichst gleichmäßige erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastung aller Bürger durch die Anknüpfung an Werte, die wenigstens im Grundsatz den wirklichen werten nahekommen, aufgegeben hat. Daß das ehemalige gesetzgeberische Konzept im Streitjahr (1989) und auch schon davor nicht mehr bestand, hat der vorlegende Senat bereits ausgeführt (vgl. insbesondere Abschnitt 1.2., 1.3.). Der Gesetzgeber ließ gleichsam durch Unterlassen das beschriebene erbschaft- und schenkungsteuerliche sowie bewertungsrechtliche Normengeflecht in die Verfassungswidrigkeit hineinwachsen; er ignorierte insoweit auch die einschlägige Verwarnung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.6.1976 (1 BvR 360/74, BStBl. II 1976, 637, 638), wonach ein (wie eingangs dargestellt unter I.2., I.3.) so weites Auseinanderklaffen von Grundbesitz-Steuerwerten und wirklichen werten (= verkehrswerten) verfassungsrechtlich nicht mehr hinzunehmen ist.
Die beschriebene erhebliche Ungleichheit im Belastungserfolg, je nachdem ob Grundbesitz oder Geldvermögen übergeht, ist nach der Überzeugung des Senats nicht durch hinreichend gewichtige (auch nicht mehr durch allgemeine sozialpolitische) Gründe gerechtfertigt.
V. 1.
Auslegung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) durch das Bundesverfassungsgericht und Prüfungsmaßstab des vorlegenden Senats
Allgemein formuliert ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ("Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.") das Gebot der Steuergerechtigkeit (BverfG vom 3.11.1982 BvR 620/78 u.a., BStBl. II 1982, 717, 725) mit dem Postulat, daß die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist (BverfG vom 22.2.1984 1 BvL 10/80, BStBl. II 1984, 357, 359). Dieser oberste Besteuerungsgrundsatz war schon in Art. 134 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 enthalten und wurde dort wie folgt beschrieben: "Alle Bürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangt der Gleichheitssatz für das Steuerrecht, daß die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, so kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen und die Steuerpflichtigen in ihrem Grundrecht auf Besteuerungsgleichheit verletzen, weder der Zweck der Besteuerung, den staatlichen Haushalt mit Finanzmitteln auszustatten, noch die Verwendung des Steueraufkommens geben der Steuerbelastung Anknüpfungspunkte oder ziehen ihr Grenzen. Die Besteuerungsgleichheit gewinnt erst aus der Eigenart der Steuer deutliche Konturen: Die Steuer ist eine Gemeinlast, die alle Inländer trifft; sie werden zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen. Der Staat greift dabei - ohne individuelle Gegenleistung - auf das vermögen des Einzelnen zu, indem er ihm die Pflicht auferlegt, von dem Seinigen etwas abzugeben. Der darin liegende Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Steuerpflichtigen gewinnt seine Rechtfertigung daher auch und gerade aus der Gleichheit der Lastenzuteilung. Dadurch unterscheiden sich Gemeinlasten von anderen staatlichen Eingriffen. Im Steuerrecht müssen von Verfassungs wegen sowohl die steuerbegründenden Vorschriften als auch die Regelungen ihrer Anwendung dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung der Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen (BVerfG vom 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BStBl. II 1991, 654, 664).
Anhand zahlreicher Entscheidungen Läßt sich nachweisen, daß das Bundesverfassungsgericht in den Letzten Jahren abweichend von der bloßen Willkürformel (z.B. BverfG vom 23.10.1951 2 BvG 1/51, BverfGE 1, 14, 52; vom 10.5.1972 1 BvR 286/65 u.a., BverfGE 33, 171, 189, dazu die Kritik von BIRK, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 156 f.; TIPKE, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, 1981, 54) zum Teil eine neue Formel verwendet: Danach ist der Gleichheitssatz vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten gegenüber anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. z.B. BverfG vom 14.1.1987 1 BvR 1052/79, BverfGE 74, 129, 149 mit weiteren Nachweisen; umfassend dazu Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 325). Zudem hat der vorlegende Senat die abgestufte Dichte bei der verfassungsrechtlichen Prüfung, eine Art Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG, zu beachten. Danach ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen; die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen (BverfG vom 8.6.1993 1 BvL 20/85, BverfGE 89, 15, 22).
Trotz neuer Formel und abgestufter Prüfdichte können - wie das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) selbst ausführt - verfassungsrechtliche Überprüfungen in bloßen Willkürprüfungen (= evidente Sachwidrigkeit) bzw. in der Suche nach irgendeinem sachlichen Grund enden (dazu auch TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 325). Deshalb Läßt der vorlegende Senat offen, ob die zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Normen letztlich nur nicht gegen das Willkürverbot verstoßen dürfen, oder ob die oben beschriebenen strengeren Regeln als Prüfungsmaßstab Anwendung finden müssen. Denn nach Ansicht des vorlegenden Senats ist bereits das Willkürverbot verletzt. Eine Prüfung der in Rechtsprechung und Fachliteratur vertretenen Argumente ergibt, daß diese die ungleiche Besteuerung nicht zu rechtfertigen vermögen. Es folgen die Einzelheiten.
V. 2.
Keine hinreichend gewichtigen Gründe für die Ungleichheit im Belastungserfolg, die durch das Normengeflecht der uneinheitlichen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung ausgelöst wird
V. 2. a)
Verfassungsrichterliche Überlegungen zu einer ertragswertorientierten Grundbesitz-Bewertung und Substanzsteuer-Andeutungen im Zusammenhang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts halt es für Erwägenswert, daß Grundstücke verschieden behandelt werden konnten, je nachdem, ob sie ihrem Eigentümer verhältnismäßig hohe oder niedrige Erträgnisse brächten. Außerdem sei es durchaus nicht ausgeschlossen, daß auch bei den von einem Einheitswert abhängigen Steuern besondere Grundsätze gälten, wenn die daraus resultierenden Steuern nicht mehr aus dem Ertrag, sondern "aus der Substanz" gezahlt werden müßten (BverfG vom 14.12.1993 1 BvL 25/88, BStBl. II 1994, 133, 136 - zu § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG; vgl. auch hier unter I.1.).
Diese Differenzierungs-Überlegungen überzeugen nicht: Obwohl der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts lediglich zur Problematik der erbschaftsteuerlichen Bewertung angerufen worden war und die Erbschaft- und Schenkungsteuer - wie die Darstellung der Entstehungsgeschichte und Entwicklung der erbschaft- und Schenkungsteuerlichen Bewertung (vgl. oben I.3.b) zeigt - getrennt von anderen einheitswertabhängigen Steuern zu beurteilen ist, argumentieren die Verfassungsrichter des 1. Senats aus einer pauschalen Gesamtschau der Grundbesitz-Einheitsbewertung mit den sich daran anknüpfenden Steuerarten. Indes haben die eventuell später einmal anfallenden Vermögen-, Grund-, Gewerbekapitalsteuern mit dem hier aufgegebenen Thema der Erbschaft- und Schenkungsteuer-Belastungsgleichheit nichts zu tun, zumal ein Grundvermögens-Erwerber das Grundstück in Sparvermögen und ein Sparvermögens-Erwerber das Ererbte oder Geschenkte in Grundbesitz umwandeln kann.
aa)
Zudem erscheinen die verfassungsrichterlichen Andeutungen zur unterschiedlichen Behandlung von Grundstücken aufgrund unterschiedlicher Ertragslagen wenig sachgerecht und praktisch nicht umsetzbar. Denn die Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung der Liegenschafts-Bedachten kann - je nach weiterer Grundbesitzverwendung - nicht unterschiedlich hoch ausfallen (etwa bei kurzfristiger Veräußerung volle Besteuerung, bei Vermietung halbe Besteuerung und bei bloßem Liegenlassen Steuerschuld 0 DM). Auch ein Sparvermögens-Erwerb wird nicht unterschiedlich besteuert, je nachdem ob das Kapital hoch, durchschnittlich oder niedrig verzinslich angelegt ist. Im übrigen wird einkommensteuerlich die Grundstücks-Einnahme im Rahmen des § 8 Abs. 2 EStG auch mit dem "üblichen Endpreis am Abgabeort" (= Verkehrswert) und nicht mit einem verwendungsbezogenen sogenannten Ertragswert bewertet. Es erscheint schwer verständlich, die regelmäßig sogenannten mühevollen einkommensteuerlichen Bezüge, die nicht in Geld bestehen, weiterhin mit dem Verkehrswert (§ 8 Abs. 2 EStG) zu besteuern, wenn gleichzeitig die sogenannten mühelosen Bereicherungen durch Erbschaft oder Schenkung beim Grundbesitz eine ertragswertorientierte Teil-Steuerfreiheit erfahren.
Die etwa beim Land- und forstwirtschaftlichen Vermögen im Vergleich zu anderem Grundbesitz geringere Ertragsfähigkeit spiegelt sich im Verkehrswert wider und würde so auch ohne einen Bewertungsabschlag berücksichtigt. Erhält der Erbe oder Beschenkte wertvolles Bauland und will er darauf - etwa aus Gründen der Liebhaberei - einen Bauernhof betreiben, so kann diese Entscheidung des Bereicherten nicht zu einer ertragswertorientierten Begünstigung führen, während der Erwerber von Sparbuchguthaben der vollen Besteuerung unterliegt. Ob der Steuerbürger den erhaltenen Vermögensgegenstand behält, irgendwann einmal veräußert, verschenkt oder vernichtet, ist für die bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer im Vordergrund stehende Frage nach der Bereicherung zu einem bestimmten Zeitpunkt (§ 9 ErbStG) unmaßgeblich. Der Verkehrswert des erworbenen Objektes und damit die (erbschaft- und schenkungsteuerwürdige) Bereicherung werden dadurch nicht beeinflußt.
Wenn der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts "die niedrigen Einheitswerte als mildernde Umstände für die Besteuerung ertraglosen Vermögens in Betracht" (so formuliert LANG, StuW 1994, 2, Geleitwort) zieht und damit die "allgemein anerkannte" (so FG Rheinland-Pfalz vom 3.8.1993 5 K 1670/92, EFG 1993, 807) Verletzung des Gleichheitssatzes durch die Grundbesitz-Einheitswerte ernsthaft bezweifeln will, so stellt sich die Frage, warum für andere sogenannte ertraglose Vermögensgegenstände wie Goldbarren, Schmuckgegenstände und Bargeld statt niedriger Steuerwerte die vollen Verkehrswerte angesetzt werden dürfen. Bei dieser Sichtweise des Bundesverfassungsgerichts hat etwa ein Pflichtteilsberechtigter im Vergleich zum Erben von wertvollem, aber mietzinslosen Grundbesitz erheblich mehr Erbschaftsteuer zu zahlen, obwohl er weniger als der Grundbesitzerbe bekommt.
Offenbar Läßt sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.1993 (a.a.O.) - über die Grenzen des Erbschaftsteuerrechts hinaus - von der Vorstellung leiten, daß ein Grundstück zeitgleich mehrere Werte haben könne, wobei es die ertragswertorientierte Grundbesitz-Bewertung favorisiert.
Dagegen ist nach einer anderen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der fundamentale Begriff des Bewertungsgesetzes der gemeine Wert (= Verkehrswert), wobei der durchgängige Ansatz des Verkehrswerts vom Gleichheitssatz gefordert wird; wörtlich heißt es (BverfG vom 7.5.1968 BvR 420/64, BverfGE 23, 242, 256): "Das Bewertungsgesetz enthält als Grundsatz die Bewertung mit dem gemeinen wert. Dieser Maßstab erscheint im Bewertungsrecht auch von der geregelten Materie her vorgegeben. Als der in einem Geldnennbetrag ausgedrückte Preis eines Wirtschaftsgutes deckt er sich grundsätzlich mit dem Maßstab, nach welchem auch das Geldvermögen zur Vermögensteuer herangezogen wird (Nennbetrag). An einem solchen einmal gewählten und der Natur der Sache entsprechenden Grundsatz für die Bewertung geldwerten Vermögens muß der Gesetzgeber, will er nicht gegen den Gleichheitssatz verstoßen, folgerichtig festhalten. Hierfür spricht auch die Erwägung, daß kein anderer Bewertungsmaßstab ersichtlich ist, der die ihm zukommende Funktion, eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung zu gewährleisten, erfüllen könnte. In Erkenntnis dieses Systemzusammenhangs hat der Gesetzgeber auch im Bewertungsgesetz 1965 an dem Prinzip gleicher Wertmaßstäbe grundsätzlich festgehalten."
Die anderen Wertbegriffe des Bewertungsgesetzes - Teilwert (§ 10 BewG), Kurswert (§ 11 Abs. 1 BewG), Rücknahmepreis (§ 11 Abs. 4 BewG), Nennwert (§ 12 Abs. 1 BewG), Rückkaufswert (§ 12 Abs. 4 BewG), Kapitalwert (§§ 13 ff. BewG), Ertragswert (§§ 36, 76 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 78 ff. BewG) und Sachwert (§ 76 Abs. 2, 3 BewG) - gelten weithin als besondere Verkörperungen (als Unterarten) des gemeinen Werts.
Allerdings ist der gesetzliche Ertragswert durchweg niedriger als der Verkehrswert. Das Liegt daran, daß lediglich ein Ausschnitt des Nutzens (= Laufender Ertrag) eines Vermögensgegenstands erfaßt wird. Wertsteigerungen durch z.B. ständig wachsende Baukosten und Wertbeständigkeit durch Unabhängigkeit von der Inflation bleiben als wertbildende Faktoren oft außer Betracht.
Gewichtige Stimmen (vgl. u.a. VOGEL, DStZ/A 79, 28; dazu auch TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände 1993, 850, der die Diskussion "zwischen Verkehrswert und Ertragswert" umfassend darstellt) betonen als allgemeines Bewertungsziel für die sogenannten Soll-Ertragsteuern (etwa Vermögen-, Grund-, Gewerbekapitalsteuern) die Ermittlung eines Ertragswerts, der vom Verkehrswert (nach unten) abweicht. Es sei nicht einzusehen, warum bei Steuern, die aus dem Ertrag zu zahlen seien, der Verkehrswert Steuerbemessungsgrundlage sein solle. Soll-Ertragsteuern seien nach Ertragswerten zu berechnen.
Nach anderer Auffassung (BALKE, StJ 1994, 13, 22 f.) überzeugt das hier skizzierte weitverbreitete Besteuerungsverständnis nach dem Ertragswert nicht. Denn zum Ertrag einer Sache zählten nicht nur die Laufenden Erträge (etwa Mieten oder Dividenden), sondern vielmehr jeglicher Nutzen, den der Vermögensgegenstand einem jeden Eigentümer vermitteln könne. Mithin decke sich der richtig verstandene Ertragswert immer mit dem Verkehrswert. Auch ARISTOTELES sei bereits von der Identität von Tausch- (= Verkehrswert) und Gebrauchswert (= Ertragswert) ausgegangen; er habe nicht von verschiedenen werten, sondern Lediglich von unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten eines jeden Besitzstücks gesprochen (vgl. ARISTOTELES/Politik - eingeleitet, übersetzt und kommentiert von GIGON, I 9, 78 ff., 355 ff.; ARISTOTELES/Politik - nach der Übersetzung von SUSEMIHL, I 9, 23 ff.). Im übrigen Leuchte schon der Denkansatz, ein Gegenstand sei mit mehreren, allgemein gültigen Werten ausgestattet, nicht ein. Da Geld anerkanntermaßen ein Tauschmittel sei, werde beim Bewerten, also beim "Ausdrücken eines Gegenstandes in Geld" gedanklich ein Verkehrsakt, ein Tausch unterstellt. Anders gewendet bedeute "bewerten" immer: Sich einen Tausch vorstellen und die Höhe des Tauschmittels (des Geldbetrags) bestimmen. Somit gebe es neben dem Verkehrswert keinen weiteren allgemein gültigen wert. Lediglich (unbrauchbare) Wertfiktionen. Der Umstand, daß bei einer konsequenten ertragswertabhängigen Besteuerung unverzinsliches Geldvermögen sowie Goldbarren mit Ertragswerten von 0 DM steuerlich anzusetzen seien, verdeutliche die Sachungerechtigkeit einer Ertragsausschnitts-Bewertung (auf die Problematik eines "verengten Ertragswertverständnisses" mache auch JAKOB, Möglichkeiten einer Vereinfachung der Bewertung des Grundbesitzes sowie Untersuchung einer befristeten Anwendung von differenzierten Zuschlägen zu den Einheitswerten, BMF-Schriftenreihe Heft 48, Bonn 1993, 56 f., 59, aufmerksam). Auch TIPKE, (Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 796), rechtfertige eine grundsätzliche Besteuerbarkeit von Vermögensgegenständen, obwohl sie keine "laufenden Erträge" abwerfen, da "ohnehin i.d.R. mit Wertsteigerungen und Ertragsrealisierung im Falle der Veräußerung" gerechnet werde.
Die Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft beschäftigte sich auf ihrer Jahrestagung 1983 in Salzburg drei Tage Lang mit dem Thema "werte und Wertermittlung im Steuerrecht". Der 1984 erschienene Jahresband umfaßt knapp 500 Druckseiten und enthält Stellungnahmen von 20 Referenten (aus den Steuerwissenschaften und der Steuerpraxis) ausschließlich zu steuerrechtlichen Bewertungsproblemen (Raupach, Hrsg., Werte und Wertermittlung im Steuerrecht, DStJG, Band 7, 1984). Dies belegt den Problemdruck, wenn innerhalb des derzeitigen gesetzlich vergebenen Rahmens zu bewerten ist. Grundlage für eine neu zu konzipierende Grundbesitz-Bewertungsordnung sollte die Einsicht sein, daß einem Wirtschaftsgut nur ein wirklicher wert (= Verkehrswert) zuzuordnen ist. Die Ermittlung des Verkehrswerts ist zuvörderst als tatsächlicher Vorgang zu begreifen.
Der vorlegende Senat kann letztlich offenlassen, ob Grundbesitz generell (für alle Steuerarten) mit dem Verkehrswert oder mit einem davon nach unten abweichenden Ertragsausschnittswert anzusetzen ist. Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als Bereicherungssteuer ist jedenfalls der durchgängige Ansatz mit dem wirklichen wert (dem Verkehrswert) geboten (dazu Entstehungsgeschichte und aktuelle Gesetzesmaterialien, vgl. oben Abschnitt I. 3. b).
bb)
Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts deutet zu Unrecht einen Substanzsteuercharakter der Erbschaft- und Schenkungsteuer an (BverfG vom 14.12.1993 1 BvL 25/88, BStBl. II 1994, 133, 136). Denn die deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuer ist keine Nachlaßsteuer ("Tote-Hand-Steuer"), keine letzte Vermögensteuer für den Schenker, sondern eine Anfall-, eine Bereicherungssteuer, die den Erben oder (jedenfalls in der Regel) den Beschenkten trifft (dazu näher MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, Einführung Anm. 2 und § 1 Anm. 2; MOENCH/KIEN-HÜMBERT, Kommentar zum ErbStG, Einführung Anm. 9, Loseblatt: Januar 1994; KAPP/EBELING, Kommentar zum ErbStG, Einleitung Rz. 4, Loseblatt: Februar 1992, und § 12 Rz. 2, 7, Loseblatt: Januar 1993).
Das, was beim Bedachten anfällt, ist insgesamt (müheloser) Ertrag, gleichgültig ob der Erbanfall oder die Schenkung in einem Geldbetrag oder in einem Grundstück besteht. In Anbetracht von Erbschaft- und Schenkungsteuer-Höchstsätzen von 35 v.H. in Steuerklasse I und 70 v.H. in Steuerklasse IV (§ 19 Abs. 1 ErbStG) kann allenfalls von einer Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung in die "Substanz" eines ohne Mühe erworbenen Ertrags gesprochen werden (ähnlich bei der Einkommensteuer mit einem Höchststeuersatz von 53 v.H.). Von der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Substanzsteuer kann mithin nur die Rede sein, wenn das Steuerobjekt (vermögen) völlig Losgelöst vom Steuersubjekt (Erben/Beschenkten) betrachtet wird (TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände 1993, 525 ff., beschreibt die "Formallehre vom Steuertatbestand und ihre Unergiebigkeit für die Steuerrechtfertigung"). Eine solche, rein auf das Steuerobjekt bezogene Betrachtung hat allerdings keinen eigenständigen wert; sie widerspricht dem grundsätzlichen Gebot der Steuergerechtigkeit, wonach die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts (des Steuerbürgers) auszurichten ist (vgl. BverfG vom 22.2.1984 1 BvL 10/80, BStBl. II 1984, 357, 359).
Der Ausgangspunkt der höchstrichterlichen Argumentation, nämlich einer (angeblichen) Besteuerung "aus der Substanz", führt nicht zum Ziel. Denn die Erbschaft- und Schenkungsteuer hat zuvörderst eine Ergänzungsfunktion zur Einkommensteuer (TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 1019, 745 ff., bezeichnet die Erbschaft- und Schenkungsteuer als "Annexsteuer" zur Einkommensteuer). Daneben dient die Erbschaft- und Schenkungsteuer der (mittelbaren) Umverteilung (dazu LANG, Entwurf eines Steuergesetzbuches, BMF-Schriftenreihe Heft 49/1993, 27, 120; MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, Einführung Anm. 1). Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Einkommensteuer liegen auf derselben Ebene (dazu MEINCKE, Kommentar zum ErbStG, 10. Auflage 1994, Einführung Anm. 3, der mit Recht auf § 35 EStG als Milderungsregelung zur Doppelbelastung durch ErbSt/ESt, hinweist; umfassend zur Problematik JESSE, Liegen die Einkommensteuer und Erbschaft- und Schenkungsteuer auf "verschiedenen Ebenen"?, 1992).
V. 2. b)
verfassungsrichterliche Hinweise zum allgemein uneinheitlichen Steuerrecht als Rechtfertigung für das uneinheitliche erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungs- und Besteuerungsrecht
Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts führt aus, die Vorstellung, daß alle Vermögensgegenstände oder - im Fall der Einkommensbesteuerung - alle Arten von Einkünften ausnahmslos nach den gleichen tariflichen Bestimmungen besteuert werden müßten, finde schon im geltenden Steuerrecht keine ausreichende Grundlage. Diese Vorstellung werde durch die Anordnung niedrigerer Steuertarife, durch Absetzungsmöglichkeiten, Freigrenzen, Freibeträge und ähnliche Sondervorschriften weitgehend in Frage gestellt. Wörtlich heißt es: "Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese gesetzgeberische Praxis sind, soweit ersichtlich, bisher nicht vorgebracht worden" (dazu BverfG vom 14.12.1993 1 BvL 25/88, BStBl. II 1994, 133, 136; vgl. auch hier unter I.1.).
Nach Auffassung des vorlegenden Senats ist dieser verfassungsrichterliche Befund zum Steuerrecht so nicht zutreffend. Denn immer wieder bringen Steuerrechtswissenschaftler, Steueranwälte, Steuerberater und Steuerrichter "grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken" gegen die vom 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts skizzierte gesetzgeberische Praxis vor (dazu BALKE, StJ 1993, 13, 25 ff. mit weiteren Nachweisen). So wird etwa die unterschiedliche Behandlung von Einkünften verschiedener Berufsgruppen und das damit zusammenhängende separierende Denken in bestimmten Einkunftsarten kritisiert (vgl. TIPKE, Stuw 1990, 246, 250 f.). Der Dualismus der Einkünfteermittlung, die Unvereinbarkeit eines progressiven Steuertarifs mit der Gewährung von Steuervergünstigungen (wie z.B. §§ 10 e und 10 h EStG), die vielfachen Steuerbefreiungen, die Inkonsequenzen bei der Realisierung des objektiven und des subjektiven Nettoprinzips sowie die aktuellen Systembrüche des Steuergesetzgebers (etwa die Spaltungen der bislang einheitlichen Einkommensteuer- und Vermögensteuertarife) rufen weitere Zweifel hervor (statt vieler SCHMIDT, Kommentar zum EStG, 13. Auflage 1994, Vorwort; TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, Vorwort; TIPKE/LANG, Steuerrecht, 14. Auflage 1994, Vorwort).
Zwar ist in den letzten Jahren schon in wichtigen Bereichen (Gleichstellung von Lohnsteuerzahlern und Einkommensteuer-Vorauszahlern, Erhöhung der Kinder- und Grundfreibeträge, in Teilen kontrollierte Zinsbesteuerung) "grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken" mit ethisch fundierten und richtungsweisenden Entscheidungen der Finanzgerichte, des Bundesfinanzhofs und auch des Bundesverfassungsgerichts entsprochen worden. Bei der Erhöhung der Kinderfreibeträge sowie der Gleichstellung von Lohnsteuerzahlern mit Einkommensteuer-Vorauszahlern war z.B. der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts beteiligt (vgl. BverfG vom 29.5.1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BStBl. II 1990, 653; vom 12.6.1990 1 BvL 72/86, BStBl. II 1990, 664; vom 8.10.1991 1 BvL 50/86, HFR 1992, 75).
Wegen weiteren Vorbringens "grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedenken" gegen die gesetzgeberische Praxis setzen jedoch die Finanzämter die Einkommensteuern der Steuerbürger in vielen Punkten nur vorläufig fest (vgl. BMF-Schreiben vom 10.7.1992, BStBl. I 1992, 402 und vom 10.1.1994, BStBl. I 1994, 2). Danach sind die Steuerfestsetzungen hinsichtlich folgender Punkte vorläufig vorzunehmen: Solidaritätszuschlag, Arbeitnehmer-Pauschbetrag, beschränkte Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen, Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen, Besteuerung von Versorgungsbezügen, Höhe der Kinderfreibeträge, Höhe des Haushaltsfreibetrages, Hohe des allgemeinen Tariffreibetrags für Veranlagungzeiträume 1978 bis 1980, Progressionsvorbehalt bei Lohnersatzleistungen, Höhe der zumutbaren Belastung bei den außergewöhnlichen Belastungen, Höhe des Ausbildungsfreibetrages, Höchstbetrag der außergewöhnlichen Belastungen bei Haushaltshilfen bzw. Heimunterbringungen und bei Unterhaltsaufwendungen, Höhe des Abzugs von Kinderbetreuungskosten.
Wie gezeigt, werden verstärkt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen Steuergesetze vorgetragen (vgl. auch SCHMIDT, Kommentar zum EStG, 13. Auflage 1994, Vorwort; TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände 1993, Vorwort; TIPKE/LANG, Steuerrecht, 14. Auflage 1994, Vorwort; LANG, Stbg. 1994, 10; DER SPIEGEL, 20/1993 vom 17.5.1993, 134 - vgl. auch Nachdruck in KÖSDI 1993, 9413; HELSPER, BB 1995, 17). Der zuvor genannte verfassungsrichterliche Hinweis ist deshalb nicht geeignet, eine uneinheitliche erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungs- und Besteuerungsordnung zu rechtfertigen.
Im übrigen können aus etwaigen verfassungsgemäßen Anordnungen in einem anderen Teilbereich des Steuerrechts keine Schlüsse für die hier maßgebliche Frage nach einer Verfassungswidrigkeit der Bewertungsanordnungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht hergeleitet werden.
V. 2. c)
Grundsteuer als Grund für Erbschaft- und Schenkungsteuer-Entlastung
RID (DStR 1994, 1, 2, 3) verteidigt eine erbschaft- und schenkungsteüerliche Unterbewertung u.a. mit dem Hinweis auf die die Grundbesitzer zusätzlich treffende Grundsteuer. Dem kann nicht gefolgt werden.
Denn zum einen sind Gesamtsteuerbelastungsberechnungen als Beleg für die Nichtprivilegierung des Grundbesitz-Erwerbers wenig aussagekräftig, da sie u.a. die Befreiungsmöglichkeit von der Grundsteuer und insbesondere den Umstand nicht berücksichtigen, daß mit Schulden belasteter Grundbesitz nach steuerlichen Bewertungsregeln oft überschuldet ist und somit nicht nur der Grundbesitz selbst, sondern darüber hinaus noch weitere Vermögensgegenstände der Erbschaftsteuer nicht unterliegen (vgl. Beispiel in Abschnitt I.2.). Überdies erscheint es fraglich, ob die Ungleichheiten im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht durch andere Ungleichheiten, und zwar mit entgegengesetzter Wirkung, aber in einem ganz anderen Bereich des Steuerrechts, kompensiert werden können. So kann z.B. eine effektive Erbschaftsteuerersparnis für Grundstücks-Erwerber in Höhe von 3.360.000 DM (vgl. hier Abschnitt I.2.) schon der Höhe nach nicht über die Grundsteuer ausgeglichen werden. Zudem kann ein Ausgleich über die Grundsteuer dem Grunde nach nicht stattfinden, wenn der aus Grundbesitz bestehende Nachlaß (oder der geschenkte Grundbesitz) umgehend veräußert wird.
Im übrigen wird auch die Auffassung vertreten, daß die Vorteile, die der Grundbesitzer im Gegensatz zu anderen Vermögensbesitzern genießt (z.B. Unabhängigkeit von der Geldentwertung), als Ausdruck besonderer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit angesehen und sonderbelastet werden können (dazu die Nachweise bei TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 812 ff., 820, 870, 885, 1019 ff., der allerdings im Ergebnis die Sonderbelastung durch die Grundsteuer als ungerechtfertigt ansieht; vgl. auch TIPKE/LANG, Steuerrecht, 14. Auflage 1994, 192, 498).
V. 2. d)
Mögliche Steuerzahlungsschwierigkeiten einzelner Grundbesitz-Erwerber als Grund für allgemeine Unterbewertung des Grundbesitzes
Es wird sinngemäß vorgetragen, daß der Grundbesitz gegenüber anderen Vermögensgegenständen unterzubewerten sei, weil Immobilien sich schlechter als z.B. Sparvermögen verwerten Ließen, um z.B. die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer zahlen zu können (so etwa LORITZ, DStR 1995, Heft 8, Beihefter 6 f.; vgl. auch die aufgrund dieses Aspekts früher gegebenen Zahlungserleichterungen, Abschnitt I.3.b).
Möglicherweise muß die Erbschaft- oder Schenkungsteuer aus dem vererbten oder geschenkten vermögen bezahlt werden, weil anderes vermögen nicht vorhanden ist. Dann kann, wenn lediglich Immobilien vorhanden sind und eine Beleihung nicht in Betracht kommt, die Entrichtung der Steuer problematisch sein. Für diese Härtefälle ist allerdings - auch ohne generelle Unterbewertung des Grundbesitzes - schon hinreichend Vorsorge getroffen worden: Zum einen sind zu nennen die einschlägigen Billigkeitsvorschriften der Abgabenordnung (Stundung: § 222 AO; Erlaß: § 227 AO). Darüber hinaus ist nach § 28 ErbStG dem Erwerber von Betriebsgrundstücken und/oder land- und forstwirtschaftlichem vermögen die darauf entfallende Steuer auf Antrag bis zu sieben Jahren insoweit zu stunden, als dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist.
V. 2. e)
Unterschiedliche Steuerhinterziehungsmöglichkeiten als Rechtfertigung einer uneinheitlichen Bewertung
Im Hinblick auf die Begünstigung der Grundbesitz-Erwerber wird vorgebracht, daß sich mit Mobilien eher Erbschaft- und Schenkungsteuer hinterziehen ließe, als mit Immobilien. So weist MOENCH (StbJb. 1982/83, 375, 377 f.) mit Blick auf Erbschaft- und Schenkungsteuererklärungen darauf hin, daß die Steuerbürger "denkbar arm an Kunst- oder Edelmetall-Besitz" seien. Auch schon bei den Vorbereitungen zum preußischen Erbschaftsteuergesetz 1891 wurde festgestellt, daß beim mobilen Kapital eine Hinterziehung der Erbschaftsteuer leicht zu bewirken, beim Grundbesitz hingegen völlig ausgeschlossen sei (vgl. Bericht der X. Kommission, Abgeordnetenhaus 1890/91, Anlagen 1-2, Nr. 156, 1615).
Zwar sind bei beweglichen Vermögensgegenständen Steuerhinterziehungsmöglichkeiten eher als bei Grundstücken gegeben. Die Rechtfertigung für eine (ausgleichende) Grundbesitz-Unterbewertung läßt sich daraus jedoch nicht herleiten. Denn denkt man den angeführten Einwand zu Ende, so wäre der Erwerber beweglichen Vermögens aufgefordert, Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu hinterziehen, um die Gleichbehandlung mit dem steuerbegünstigten Grundbesitz zu gewährleisten.
V. 2. f)
Verkehrssteuercharakter der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Grund für Belastungsunterschiede
Vereinzelt wird aus der Einordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Verkehrssteuer geschlossen, der Gesetzgeber dürfe für unterschiedliche Erwerbe schon deshalb unterschiedliche Maßstäbe ansetzen, weil es ihm freistehe, welchen Rechtsverkehr mit einzelnen Gegenständen er besteuern wolle (vgl. Hinweise des BFH vom 18.12.1972 II R 87-89/70, BStBl. II 1973, 329, 349 sowie von LEISNER, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, 32 f.).
Auch die Einordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Verkehrssteuer kann die Belastungsunterschiede nicht rechtfertigen. Denn Gegenstand der Besteuerung ist nicht ein Rechtsverkehrsakt, sondern die dadurch ausgelöste Bereicherung einer Person (vgl. näheres in Abschnitt V.2.a, bb). Der Bundesfinanzhof hat zu Recht mit seiner Entscheidung vom 18.12.1972 (a.a.O.) die Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht als Verkehrsteuer, sondern als Bereicherungssteuer gekennzeichnet und dies mit dem Standpunkt des Grundgesetzes belegt.
V. 2. g)
Zur Frage eines Junktims zwischen Erbschaft- und Schenkungssteuer und Grundbesitz-Einheitsbewertung
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer kann ohne die Grundbesitz-Einheitsbewertung bestehen. Die Geschichte und die praktische Durchführung des früheren erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsrechts mit wirklichen werten verdeutlichen dies; auch die Auflösung der Verkoppelung zwischen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sowie der Grundbesitz-Einheitsbewertung widerspricht nicht der Grundidee der Einheitsbewertung von 1925 (vgl. hier Abschnitt I.3.).
Zusammengefaßt wird - nochmals - auf folgendes hingewiesen: Zunächst befanden sich die für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgeblichen Bewertungs-Detailvorschriften im Erbschaftsteuergesetz selbst. Es wurde nicht auf ein vor-die-Klammergezogenes Bewertungsgesetz verwiesen. Im ersten reichseinheitlichen Erbschaftsteuergesetz von 1906 wurde zur Ermittlung des Betrages der Masse der (Verkehrs-)wert zur Zeit des Anfalls zugrunde gelegt. Der Grundbesitzerwerb wurde danach bewertungsmäßig wie alle anderen Vermögenserwerbe behandelt. Lediglich für das Land- und forstwirtschaftliche vermögen galt in Abweichung zu den preußischen Erbschaftsteuergesetzen von 1873/1891/1895 eine Ausnahme. Bei der Einführung der Grundbesitz-Einheitsbewertung im Jahre 1925 und noch Jahre danach gehörte die Erbschaftsteuer nicht zu den sogenannten Einheitswertsteuern der ersten Reichsbewertungsgesetze. Eine Sperrklausel im Erbschaftsteuergesetz 1925 für Grundbesitz-Einheitswerte, die abweichend von der Grundidee der Grundbesitz-Einheitsbewertung älter als ein Jahr waren - also nach dem damaligen Rechtsverständnis nicht mehr zeitnah waren -, sollte dafür sorgen, daß veränderte Wertverhältnisse bei der Erbschaftsteuer berücksichtigt wurden.
V. 2. h)
Zur Ermittlung der Grundbesitzwerte
vereinzelte Stimmen in der Fachliteratur meinen, daß sich der tatsächliche Grundbesitzwert kaum oder überhaupt nicht feststellen Ließe und demgemäß eine Gleichheitssatz-Diskussion fehl am Platze sei. RID (DStR 1994, 1, 2, 3) geht - nach einem Blick in die Wertermittlungsverordnung zu § 199 BauGB davon aus, daß "die Feststellung von verkehrswerten keinesfalls einfacher ist als die von steuerrechtlichen Einheitswerten"; im übrigen sei der Ansatz des tatsächlichen Grundbesitzwerts bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer "nicht sachgerecht". Nach LORITZ (Beihefter DStR 1995, Heft 8, 3) sei die Annahme eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz schnell ausgesprochen, und in der allgemeinen, insbesondere auch in der politischen Diskussion werde nicht selten vorschnell die Anpassung der Einheitswerte des Grundbesitzes an die höheren Verkehrswerte gefordert. Dabei werde bereits übersehen, daß es bei einer Immobilie "den Verkehrswert nicht gebe. Loritz gelangt zu der Aussage: "wer vorschnell auf ein vermeintliches Gebot, die bestehenden Einheitswerte auf die Verkehrswerte anzuheben oder diesen zumindest nahezukommen, verengen will und sich dabei auch noch auf die Verfassung beruft, argumentiert schlichtweg verfassungsdogmatisch unsolide" (LORITZ, a.a.O., 3 f.).
Gegen RID und LORITZ spricht, daß ein funktionierender Grundstücksmarkt existiert. Die Frage nach dem Grundstückswert wird, wie der von Grundstückskäufern und -verkäufern, Immobilienmaklern, Banken und Brandversicherern gewährleistete Grundstücksmarkt belegt, in der Praxis beantwortet.
Die Stimmen, die von unüberwindlichen Schwierigkeiten einer Verkehrswertermittlung für den Grundbesitz im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ausgehen, übersehen, daß diese Ermittlung in der Vergangenheit praktiziert wurde (vgl. hier Abschnitt 1.3.) und daß heute bereits in zahlreichen Fällen für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer der Verkehrswert eines Grundstücks heranzuziehen ist: etwa bei der Ermittlung des steuerbaren Vorgangs nach § 7 ErbStG, bei Bewertungen im Zusammenhang mit Erbersatzanspruchs- und Pflichtteilsberechnung, bei zum Nachlaß gehörenden ausländischen Grundstücken sowie bei der gemischten Schenkung. Auch in anderen Teilbereichen des Steuerrechts werden Grundbesitz-Verkehrswerte festgestellt, vgl. etwa die häufige Ermittlung von verkehrswerten für den Grundbesitz gemeinnütziger Wohnungsunternehmen in der Anfangsbilanz nach § 13 KStG (dazu u.a. BMF-Schreiben vom 30.3.1990, FR 1990, 344; FinMin NRw, Erlaß vom 20.1.1994, DB 1994, 555).
TIPKE (Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände 1993, 762) weist darauf hin, daß im Ausland die Verkehrswerte für Erbschaftsteuerzwecke weithin geschätzt werden; er führt dazu aus: "Auch Schätzungen sind mit Unsicherheiten verbunden. Soweit wie die jetzigen Einheitswerte würden sie indessen wohl schlechterdings nicht von den wirklichen verkehrswerten abweichen. Zumal wenn der Nachlaß aus einem gemischten vermögen besteht und mehrere Erben vorhanden sind, sind diese selbst daran interessiert, daß Grundstücke im Rahmen des Gesamtnachlasses möglichst zutreffend und nicht mit Einheitswerten bewertet werden" (vgl. dazu auch die Bewertungsübersicht des unbeweglichen Vermögens im Ausland von SCHELLE/SCHEMMEL, Stellungnahme des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler, Die Einheitsbewertung des Grundbesitzes, Heft 76/1993, 148 ff.; TIPKE/LANG, Steuerrecht, 14. Auflage 1994, 472 f., machen Vorschläge für die Praxis, wie die Masse der Grundbesitzbewertungsfälle für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke bewältigt werden kann).
Dieser Beschluß ist unanfechtbar. (vgl. BFH vom 27.1.1981 VII B 56/80, BStBl. II 1981 324, 325; vgl. auch GRÄBER/RUBAN, Kommentar zur FGO, 3. Auflage 1993, § 128 Anm. 9 am Ende; TIPKE/KRUSE, Kommentar zur AO und FGO, 15. Auflage, § 128 FGO Tz. 17, Loseblatt Stand: Oktober 1993).