Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.04.1995, Az.: VI 545/89

Streit über die hälftige Hinzurechnung von Mietzinsen und Pachtzinsen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Nutzung öffentlicher Schlachthöfe; Hinzurechnung bei Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses; Erfordernis eines zivilrechtlichen Mietvertrags oder Pachtvertrags

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
25.04.1995
Aktenzeichen
VI 545/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 18051
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1995:0425.VI545.89.0A

Fundstelle

  • EFG 1996, 187-190 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Gewerbesteuerliche Behandlung von Schlachthöfen

Tatbestand

1

Sachverhalt:

2

Die Kl. handelt überregional mit Vieh und Fleisch. Sie nutzt in erheblichem Umfang die Kapazitäten von Schlachthöfen. Diese werden teils von Kommunen, teils von Zweckverbänden, deren Mitglied Kl. ist, betrieben. Streitig war, ob die von Kl. gezahlten "Nutzungsgebühren" für die Nutzung der Schlachthofeinrichtungen der Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 7 GewStG unterliegen. Dabei nutzte sie den Schlachthof in G. aufgrund der üblichen Benutzungssatzung. Der Schlachthof in V. wurde ebenfalls aufgrund der allgemeinen Satzung in Anspruch genommen, zusätzlich bestand eine Vereinbarung mit dem Träger des Schlachthofes, nach der die Kl. sich verpflichtete, die Kapazitäten des Schlachthofes auszunutzen. Hinsichtlich des Schlachthofes E. war mit dem Träger ein Nutzungsvertrag vereinbart, durch den der Schlachthof E. der Kl. zur Nutzung überlassen wurde ausgenommen der Einrichtungen, die hoheitlichen Aufgaben dienen. Die Kl. hatte anderen die Nutzung des Schlachthofes ebenfalls zu gestatten, wobei die dann erhobenen Gebühren an den Träger unter Abzug von der eigenen Nutzungsgebühr weitergeleitet wurden. Hinsichtlich des Schlachthofes Z. war ein Betriebsführungsvertrag geschlossen worden, in dem Kl. die Betriebsführung des Schlachthofes übernahm. Das FA hatte in allen vier Fällen die von Kl. gezahlten Gebühren der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterworfen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg.

Entscheidungsgründe

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Nach § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der Kl. die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht im Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzuzurechnen. Die Ausnahme nach § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG, daß die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind, scheidet im Streitfall von vornherein aus, da es sich unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung in den einzelnen Fällen bei den Schlachthöfen um öffentliche Einrichtungen handelt, mit denen deren Träger - Stadt oder Zweckverband - mangels Gewinnerzielungsabsicht keinen Gewerbebetrieb unterhalten (BFH-Urteil vom 23. April 1969 I R 159/66, BStBl II 1969, 439) bzw. weil die öffentlichen Rechtsträger sich darauf beschränken, Gegenstände ihres Vermögens zu vermieten oder zu verpachten. Dies führt zu einer Vermögensverwaltung auch dann, wenn es sich um die Verpachtung eines Gewerbebetriebes handelt (BFH-Urteil vom 26. November 1964 IV 349/62 U, BStBl III 1965, 293).

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Die Hinzurechnung kommt nur hinsichtlich Miet- oder Pachtzinsen in Betracht. Solche sind Zahlungen, die eine Person als Gegenleistung für die Nutzung eines überlassenen Gegenstandes an eine andere Person leistet. Dabei muß das Rechtsverhältnis zwischen Überlassenden und Nutzendem im wesentlichen dem entsprechen, was ein Miet- bzw. Pachtverhältnis nach bürgerlichem Recht kennzeichnet (vgl. BFH-Urteile vom 23. Juli 1957 I 50/55 U, BStBl III 1957, 306; vom 15. Juni 1983 I R 113/79, BStBl II 1984, 17; vom 28. November 1991 X R 40/88, BStBl II 1992, 741). Wesentlich ist demnach, daß sich einerseits der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren, und sich der Mieter andererseits verpflichtet, dem Vermieter den hierfür vereinbarten Mietzins zu entrichten (§ 535 BGB), bzw. ob bei einer Pacht der Pächter auch zur Fruchtziehung befugt ist (§ 581 BGB). Durch die Hinzurechnung sollen Gewerbebetriebe mit gemietetem oder gepachtetem Betriebsvermögen - außer Grundbesitz - Betrieben mit eigenem Betriebsvermögen gleichgestellt werden, um so die objektive Ertragskraft dem Gewerbeertrag zugrundezulegen (Meyer-Scharenberg, GewStG-Kommentar § 8 Nr. 7 Anm. 4; Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 7 Rnr. 1; Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 7 Rnr. 6).

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Die Hinzurechnung findet ihre Rechtfertigung in der Überlegung, daß es keinen Unterschied macht, ob der Unternehmer die in seinem Betrieb benutzten Gegenstände im Eigentum hält oder ob er sie von einem anderen mietet bzw. pachtet.

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Entgegen der Auffassung der Kl. schließen Verträge zwischen einem öffentlich-rechtlichen Hoheitsträger und einem Subjekt des Privatrechts nicht notwendig die Hinzurechnung aus. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn die Rechtsbeziehung einseitig und hoheitlich durch Verwaltungsakt begründet und gestaltet wird, weil dann kein Vertragsverhältnis vorliegt, so daß es sich bei Zahlungen des Bürgers für die Nutzung von Gegenständen um Gebühren und nicht um Miet- oder Pachtzinsen handelt.

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Dies hat der BFH (Urteil vom 5. März 1969 I R 11/67, BStBl II 1969, 417) für eine gebührenpflichtige, über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung eines Gewässers entschieden. Der erkennende Senat folgt dieser Auffassung. Ein durch Verwaltungsakt begründetes, gebührenpflichtiges Nutzungsverhältnis an einer öffentlichen Sache wird durch die Dominanz des öffentlichen Interesses und der fortdauernden Sachherrschaft des Hoheitsträgers charakterisiert. Bei Miet- und Pachtverhältnissen stehen hingegen die Nutzungsinteressen des Mieters bzw. Pächters im Vordergrund. Im Zweifel wird er die Sachherrschaft über den Gegenstand ausüben. Im Hinblick auf § 8 Nr. 7 GewStG kommt es darauf an, daß der Mieter/Pächter den Gegenstand wie einen eigenen in seinen Gewerbebetrieb einsetzen kann. Dies ist bei durch Verwaltungsakt begründeten Nutzungsverhältnissen in der Regel nicht der Fall.

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Daraus folgt, daß § 8 Nr. 7 GewStG ein Vertragsverhältnis voraussetzt. Dieses braucht jedoch nicht notwendig ein zivilrechtliches zu sein. Auch öffentlich-rechtliche Verträge kommen in Betracht, wenn sie in ihrem wesentlichen Inhalt einen Miet- oder Pachtvertrag entsprechen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die Verträge zwischen der Kl. und den Zweckverbänden öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Natur sind. Dies folgt daraus, daß die Abgrenzung zwischen diesen beiden Vertragsarten danach erfolgt, auf welchen Gegenstand sie sich beziehen (gemäß Senat der Obersten Gerichtshöfe, BVerwGE 74, 370). Daher kann es auch zu einem (öffentlich-rechtlichen) "Mietvertrag" kommen, wenn die "Mietsache" eine öffentliche Sache ist.

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Dies hat der BFH zwar bisher noch nicht ausdrücklich entschieden, er hat aber bei Verträgen mit öffentlich-rechtlichem Bezug über den Gebrauch von öffentlichen Sachen eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG nicht ausgeschlossen, solange die Vereinbarung im wesentlichen einem Miet- oder Pachtvertrag entspricht. Er hat bei Rechtsbeziehungen im öffentlich-rechtlichen Bereich den Vertrag jeweils auf das Vorliegen miet- oder pachtvertraglicher Elemente untersucht und je nach dem Inhalt eine Hinzurechnung vorgenommen oder nicht. So hat er bei einem Benutzungsvertrag über Kaianlagen wegen eines bloßen Mitbenutzungsrechts mangels "Gewährung" der Nutzung keinen Mietvertrag angenommen (BFH-Urteil vom 9. November 1983 I R 188/79, BStBl II 1984, 149), einen solchen aber bei einem ausschließlichen Nutzungsrecht bejaht (BFH-Urteil vom 31. Juli 1985 VIII R 261/81, BStBl II 1986, 304). Mietvertragliche Elemente sieht der BFH auch in einem Vertrag über die Benutzung von Kühlzellen in einem Schlachthof durch einen Metzger (BFH-Urteil vom 23. April 1969 I R 159/66, BStBl II 1969, 439). Auch einen Vertrag des Inhalts, im öffentlichen Straßenraum Werbetafeln aufstellen zu dürfen, untersucht der BFH nur auf das Vorliegen mietvertraglicher Elemente (Urteil vom 31. Juli 1962 I 283/61 U, BStBl III 1962, 476).

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In all diesen Fällen hat er offenbar dem Umstand, daß es sich - möglicherweise - um öffentlich-rechtliche Verträge handelte, keine Bedeutung beigemessen. Auch in dem Urteil vom 5. März 1963 (I R 11/67, a.a.O.) ist nicht die öffentlich-rechtliche Natur für den BFH ausschlaggebend, sondern das Fehlen von mietvertraglichen Elementen.

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In der Literatur wird die Frage, ob bei einem öffentlich-rechtlichen Vertrag ein Miet- oder Pachtvertrag im Sinne von § 8 Nr. 7 GewStG ausscheidet, nicht eindeutig beantwortet. Nach Lenski/Steinberg (GewStG § 8 Nr. 7 Rnr. 80) "dürfte es ... (ohne Bedeutung) sein, ob die Pachtentgelte privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Charakter tragen" (ebenso Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 7 Rnr. 3, S. 597). Nach gegenteiliger Ansicht sollen Rechtsverhältnisse, deren wesentlicher Inhalt durch öffentliches Recht geregelt wird, als Miet- oder Pachtverträge im Sinne dieser Vorschriften ausscheiden (Blümich/Hofmeister, GewStG, § 8 Rnr. 163). Das BFH-Urteil (vom 9. November 1983 I R 188/79, BStBl II 1984, 149), aus dem sich dies ergeben soll, läßt jedoch ausdrücklich offen, ob das fragliche Vertragsverhältnis öffentlich- oder zivilrechtlicher Natur sei, und verweist lediglich auf eine Sondernutzung einer öffentlichen Sache. Zum Teil sind die Stellungnahmen unklar (Meyer-Scharenberg, GewStG, § 8 Nr. 7 Rnr. 17).

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Gemäß § 8 Nr. 7 GewStG kommt es darauf an, ob der Unternehmer einen fremden Gegenstand wie einen eigenen in seinem Betrieb nutzen kann. Angesichts der Vielgestaltigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge ist es durchaus möglich, daß einem Unternehmer aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisses Gegenstände zur Verfügung gestellt werden. Es wäre mit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zu vereinbaren, in derartigen Fällen auf die gewerbesteuerliche Hinzurechnung zu verzichten, obgleich die Verhältnisse sich nicht aus Sicht des Unternehmers bei einem Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des BGB anders darstellen würden.

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Der Hinweis der Kl., wegen der öffentlich-rechtlichen Natur von Schlachthöfen sei es nicht möglich, daß jemand einen Schlachtbetrieb mit eigenem Betriebsvermögen führe, verkennt, daß ganz generell eine dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer widersprechende unterschiedliche Ertragsermittlung eintritt, wenn Betriebe mit eigenen und fremden Betriebsgegenständen nicht gleichbehandelt werden (BFH-Urteile vom 8. September 1971 I R 175/68, BStBl II 1972, 27; 29. November 1957 I R 178/70, BStBl II 1973, 148). Es soll der volle Reinertrag aus Anlagevermögen erfaßt werden, ohne daß es auf die bürgerlich-rechtliche Zugehörigkeit der einzelnen Teile des Betriebsvermögens ankommt. Vergleichsmaßstab sind daher nicht andere Schlachtereibetriebe, sondern alle anderen Gewerbebetriebe. Unterblieben bei ersteren die Hinzurechnungen, weil sie insoweit kein eigenes Betriebsvermögen haben können, so wären Schlachtereibetriebe prinzipiell günstiger gestellt als andere Arten von Gewerbebetrieben.

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Die der Kl. zur Nutzung überlassenen Gegenstände waren die Betriebsvorrichtungen der Schlachthöfe. Auch wenn der jeweilige Schlachthof selbst eine öffentliche Einrichtung ist, so sind somit Mietverträge über die Betriebsvorrichtungen nicht ausgeschlossen. Somit ist § 8 Nr. 7 GewStG grundsätzlich anwendbar.

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Weitere Voraussetzungen sind, daß es sich um Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens handelt, daß sie im Eigentum eines anderen stehen, daß sie im Betriebe genutzt werden und daß es sich nicht um Grundbesitz handelt. Es ist nicht zweifelhaft, daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sein können.

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Bei den der Kl. überlassenen Betriebsvorrichtungen der Schlachthöfe handelt es sich um Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die einzelnen Gegenstände sollen dem Betrieb der Kl. für längere Zeit dienen. Mit ihnen führt sie ihre Schlachtungen durch, die zu den Aufgaben der Kl. gehören. Stünden die Betriebsvorrichtungen in ihrem Eigentum, so wären sie ihr Anlagevermögen.

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Die Betriebsvorrichtungen stehen auch im Eigentum eines anderen. Vor allem ist die Kl. nicht wirtschaftliche Eigentümerin (vgl. Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 7 Rnr. 12) gewesen. Zwar sind die Verträge über zunächst 20 Jahre mit Verlängerungsmöglichkeit abgeschlossen. Dies dürfte die Nutzungsdauer der meisten Betriebseinrichtungen überschreiten. Wie noch dazu legen ist, wurde dadurch die Kl. aber nicht wirtschaftliche Eigentümerin.

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Der Senat vermag sich nicht, der von der Kl. vertretenen Ansicht von einer teleologischen Reduktion von § 8 Nr. 7 GewStG für die Fälle anzuschließen, in denen der Vermieter die Miete auf Eigenkostenbasis ermittelt und keinen Gewinn durch die Vermietung erzielt, bzw. erzielen will.

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Aufgrund des Kostendeckungsprinzips und der jeweiligen Satzungen geht der Senat davon aus, daß die Betreiber der Schlachthöfe keine Gewinne erzielten.

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Weder Wortlaut, noch systematische Stellung der Vorschrift bieten einen Anhalt für die Annahme einer derartigen Voraussetzung. Dies wäre auch nicht mit Sinn und Zweck der Norm vereinbar. Die Hinzurechnung erfolgt nur in Höhe der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen, weil nach Ansicht des Gesetzgebers die Nutzung eigener Wirtschaftsgüter den Gewinn nur in dieser Höhe erhöhen würde, da die andere Hälfte für Kosten aufgewendet werden müßte (vgl. Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 7 Rnr. 6).

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Der Senat verkennt nicht, daß dann, wenn der Vermieter den Miet- oder Pachtzins nach seinen Kosten berechnet, beim Mieter oder Pächter sich kein Unterschied daraus ergibt, ob er mit eigenem oder fremden Betriebsvermögen arbeitet. Der Mietzins entspricht dann dem, was er auch für eigenes Betriebsvermögen an Kosten zu tragen hätte. Gleichwohl hält der Senat es für eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung des Gesetzes, auch in derartigen Fällen die Hinzurechnung anzuordnen.

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Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für die Nutzung der einzelnen Schlachthöfe folgendes:

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- Schlachthof G:

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Die Kl. nutzt den Schlachthof aufgrund der allgemeinen Benutzungssatzung und entrichtet die in der allgemeinen Gebührenordnung vorgeschriebenen Gebühren. Damit ist das Nutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich durch einseitigen Zulassungsakt geregelt. Die Zulassung und die Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses erfolgen durch Verwaltungsakt (vgl. Kopp, VwVfG § 35 Rz. 23 m.w.N.). Somit liegen weder ein Miet-, noch ein Pachtvertrag im Sinne des BGB vor. Eine Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 7 GewStG kann daher mangels eines Vertragsverhältnisses nicht erfolgen.

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Dagegen spricht nicht, daß die Kl. mit einem Drittel am Zweckverband beteiligt ist. Der Zweckverband ist ein eigenes Rechtssubjekt des öffentlichen Rechts, welches in unabhängige Beziehungen zu seinen Mitgliedern treten kann. Dafür, daß irgendwelche besonderen, nur aus der Tatsache der Mitgliedschaft zu erklärenden Regelungen bestanden, ist nichts vorgetragen.

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Unzweifelhaft hat die Kl. im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Nutzung auch Betriebsgegenstände im Eigentum des Zweckverbandes genutzt. Aber nicht jede Nutzung fremder Gegenstände zu eigenen betrieblichen Zwecken löst die Hinzurechnung aus, sondern nur eine solche aufgrund eines einem zivilrechtlichen Miet- oder Pachtvertrag entsprechenden Vertrages mit entsprechenden Verfügungsrechten des Mieters. Davon kann der im Rahmen einer durch Hoheitsakt geregelten Zulassung keine Rede sein.

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Auch das Maß der Nutzung ist unbeachtlich. Die Kl. als größtes Unternehmen im norddeutschen Raum wird naturgemäß die Kapazitäten von Schlachthöfen in größerem Maße als kleinere Schlachter in Anspruch nehmen. Es wäre auch nicht möglich, eine Grenze festzulegen, ab der die Nutzung einer anderen rechtlichen Beurteilung unterliegen würde. Somit sind die Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag und zum Gewerbekapital insoweit ohne Rechtsgrundlage.

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- Schlachthof V:

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Der Vertrag mit der Stadt V weist zwei Komponenten auf. Einerseits wird das Nutzungsverhältnis durch Hinweise auf die Satzungen der Stadt geregelt. Insoweit handelt es sich vom Gegenstand her um einen öffentlich rechtlichen Vertrag, da Inhalt die Bestätigung eines öffentlich-rechtlich geregelten Rechtsverhältnisses ist. Andererseits verpflichtet sich die Kl. zur Ausnutzung der Kapazitäten des Schlachthofes mit der Verpflichtung zur Zahlung von finanziellem Ausgleich für den Fall der nicht hinreichenden Erfüllung dieser Verpflichtung. Hierin kann ein privatrechtlicher Vertrag mit Vereinbarung einer Vertragsstrafe gesehen werden. Doch dieser Vertrag ist nicht miet- oder pachtrechtlicher Natur. Zudem sind nicht solche Ausgleichszahlungen streitig, sondern die allgemeinen Gebühren.

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- Schlachthof E:

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Zwischen dem Zweckverband und der Kl. ist ein Nutzungsvertrag geschlossen, in dem die Nutzungsüberlassung der Einrichtungen des Schlachthofes geregelt wird. Damit hat der Zweckverband darauf verzichtet, das Verhältnis zur Kl. einseitig hoheitlich zu regeln. Der äußeren Form und Bezeichnung nach werden privatrechtliche Instrumente verwendet. Soweit hoheitliche Belange betroffen sind, werden sie ausdrücklich vom Vertrag ausgenommen. Gegenstand des Vertrages sind die Modalitäten der Nutzung einschließlich der Erneuerung der Betriebsgegenstände. Dies ist typisch für einen Mietvertrag.

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Die Dauer des Nutzungsvertrages von 20 Jahren führt dazu, daß die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der meisten Betriebsgegenstände kürzer sein dürfte als die Vertragsdauer. Dennoch ist die Kl. nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Schlachthofeinrichtung. Denn nicht jede lange Vertragsdauer führt zu wirtschaftlichem Eigentum. Vielmehr kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände (BFH-Urteil vom 8. November 1989 I R 46/86, BStBl II 1990, 388/390) an, bei der der Übergang von Besitz, Nutzung, Gefahrtragung und Lasten entscheidet (BFH-Urteile vom 28. April 1977 IV R 163/75, BStBl II 1977, 553, 554; vom 3. August 1988 I R 157/87, BStBl II 1989, 21; vom 2. September 1988 III R 53/84, BStBl II 1988, 1009).

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Entscheidend ist, ob der bürgerlich-rechtliche Eigentümer von der Einwirkung auf den gemieteten Gegenstand während dessen gewöhnlicher Nutzungsdauer ausgeschlossen ist.

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Ein Schlachthof besteht aus Gebäuden, Einrichtungen für das Schlachten bis hin zu Kühlhäusern, Büroräumen, Laboren für den Veterinärdienst usw.. Der Betrieb des Schlachthofs ist eine durch das Schlachtgesetz festgelegte öffentliche Aufgabe, die der Zweckverband zu erfüllen hat. Dieser kann er sich nicht durch Übertragung an einen Privaten entledigen. Er kann zwar die Betriebsführung übertragen, verantwortlich bleibt der Zweckverband. Dies zeigt sich auch daran, daß neben der Kl. andere Personen zur Nutzung berechtigt waren. Ohne daß dies im Vertrag ausdrücklich geregelt ist, obliegt dem Zweckverband die sich aus § 536 BGB ergebende Pflicht eines Vermieters, die Mietsache während der Mietzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht. Diese ist durch § 6 Nutzungsvertrag auf die Kl. insoweit übertragen, als sie die betriebsbedingten Kosten zu tragen hat. Dies bedeutet, daß der Zweckverband die Einrichtung zur Verfügung stellt, die Kl. aber die Reparaturen und sonstigen Kosten der Instandhaltung zu tragen hat. Dementsprechend wird das Nutzungsentgelt auch nur auf der Basis der Abschreibungen und der Finanzierungskosten berechnet. Wenn § 9 des Nutzungsvertrages wertverbessernde Investitionen der Kl. ab DM 10.000 an die Zustimmung des Zweckverbandes knüpft und diesen nach Vertragsende zur Ausgleichszahlung unter Berücksichtigung der Abschreibungen verpflichtet, so sind damit nicht die regulären Instandhaltungen gemeint. Es würde wirtschaftlich unsinnig sein, wenn die Kl. Betriebseinrichtungen auf eigene Kosten auswechselt und zugleich ein entsprechendes Nutzungsentgelt an den Zweckverband entrichtet.

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Daraus folgt, daß die Parteien es so geregelt haben, daß der Zweckverband die Betriebseinrichtung vollständig anschafft und der Kl. zur Nutzung überläßt, die Kl. die gewöhnliche Instandhaltung auf ihre Kosten durchführt und daß sie Neuanschaffungen über DM 10.000 mit dem Restwert bei Vertragsende dem Zweckverband in Rechnung stellt. Dies bedeutet aber auch, daß die Erneuerung von Gegenständen, die abgeschrieben sind, vom Zweckverband vorgenommen wird. Damit steht das Vertragsverhältnis einem langfristigen Mietvertrag näher als einem finanzierten Kauf mit der Verpflichtung der Kl., ausgetauschte Gegenstände zu kaufen. Die Position des Zweckverbands ist weder von seiner Interessenlage, noch von der vertraglichen Gestaltung her so, daß der Verkauf der Betriebseinrichtung an die Kl. im Vordergrund stünde. Vielmehr stelle er einen funktionsfähigen Schlachthof zur Verfügung, wünscht, daß dieser seinen eigenen Verpflichtungen entsprechend funktionsfähig erhalten wird, und erhält nach Vertragsende einen funktionsfähigen Schlachthof zurück. Mag auch hinsichtlich der einzelnen Betriebsgegenstände die Vertragsdauer länger als deren gewöhnliche Nutzungsdauer sein, so gilt dies aber nicht für den im Mittelpunkt stehenden Schlachthof als Gesamtheit. Die Regelungen dienen dazu, diesen während und über die Vertragsdauer hinaus insgesamt zu erhalten. Die einzelnen Gegenstände müssen im Gesamtzusammenhang des Schlachthofes gesehen werden, denn die Kl. ist nicht am Erwerb der einzelnen Gegenstände, sondern an der dauernden Nutzung der Sachgesamtheit interessiert. Diese ist aber aufgrund der regelmäßigen Erneuerungen von praktisch unbegrenzter Dauer, so daß die Kl. nicht wirtschaftliche Eigentümerin des Schlachthofes ist.

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Es spricht nicht gegen das Vorliegen eines Mietvertrages, daß die Kl. nicht zur ausschließlichen Benutzung der Betriebseinrichtungen des Schlachthofes befugt war. Zwar hat der BFH bei nicht ausschließlicher Nutzung einer Kaianlage keinen Mietvertrag angenommen (BFH-Urteil vom 9. November 1983 I R 188/79, a.a.O.).

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Maßgebend war aber in dieser Entscheidung, daß keine Übergabepflicht hinsichtlich der Mietsache bestand, sondern lediglich eine Gestattung der Benutzung erfolgte. Im Fall eines Schlachthofes kann sich der Betreiber desselben nicht der durch den Benutzungszwang sich ergebende Verpflichtung zur allgemeinen Nutzung durch Erteilung einer ausschließlichen Nutzungserlaubnis an einen Nutzer entziehen. Insofern überlagert öffentliches Recht den Mietvertrag. Da das Nutzungsentgelt, welches die Kl. zu zahlen hat, auf der Basis der gesamten Kosten des Zweckverbandes berechnet wird, ist es sachgerecht, die durch die Benutzung seitens fremder Schlachter anfallenden Gebühren vom Nutzungsentgelt abzusetzen. Dies nimmt aber nicht dem Vertrag der Kl. den Charakter eines Mietvertrages.

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- Schlachthof W:

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Mit dem Zweckverband Schlachthof W hat die Kl. einen "Betriebsführungsvertrag" abgeschlossen. Dieser ist seinem wesentlichen Inhalt nach jedoch ein Mietvertrag.

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Entgegen der Bezeichnung regelt der Vertrag im wesentlichen die Nutzung des Schlachthofes durch die Kl.. Die Vertragselemente, die die Betriebsführung betreffen sollen, sind auffallend wenig ausgeformt und entsprechen nicht dem, was Inhalt eines Betriebsführungsvertrages sein müßte. So wären die Pflichten der Kl. genau zu umschreiben gewesen. Auch hätte die Kl. Anspruch auf eine Vergütung, wenn sie wesentliche Aufgaben des Zweckverbandes übernommen hätte. Zwar könnte daran zu denken sein, daß sie als Mitglied des Zweckverbandes diesem Vorteile durch eine unentgeltliche Betriebsführung zuwenden wollte. Doch dafür sind weder Anhaltspunkte erkennbar, noch hat die Kl. derartiges vorgetragen.