Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 22.07.2020, Az.: 6 A 1054/19

35 %; 35-Prozent-Grenze; Altersvorsorge; Ausschlussfrist; Betriebsvermögen; Dürre 2018; Dürrebeihilfe; Dürrehilfsprogramm 2018; Ehegattenvermögen; Gesellschaftervermögen; gewerbliche nichtlandwirtschaftliche Einkünfte; gewerbliches Einkommen; Kommanditgesellschaft; Privatvermögen; Privatvermögen des Ehegatten; Privatvermögen des Gesellschafters; Rahmenrichtlinie Schäden in der Land- und Forstwirtschaft; Verwaltungsvereinbarung Dürre 2018; Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
22.07.2020
Aktenzeichen
6 A 1054/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 39608
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2020:0722.6A1054.19.00

Amtlicher Leitsatz

Privatvermögen des Ehegatten eines KG-Komplementärs ist auch dann heranzuziehen, wenn der Ehegatte gleichzeitig Kommanditist der KG ist. Zum Ausschluss neuen Vorbringens nach Ablauf der Antragsfrist, Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte die KG als Personengesellschaft, nicht als juristische Person, im Sinn der Verwaltungsvereinbarung behandelt hat, weil das in allen Fällen so gehandhabt wurde.

Tatbestand:

[Tatbestand]

Die Beteiligten streiten über Leistungen aus dem Dürrehilfeprogramm 2018.

Die Klägerin betreibt einen Hof in H. mit einer bewirtschafteten Fläche (Erntejahr 2018) von 122,81 ha. Gesellschafter waren nach dem Jahresabschluss ("Entwicklung der Gesellschafterkonten") 2014/2015 I. und J., nach dem Jahresabschluss 2015/2016 ("Entwicklung der Gesellschafterkonten") K. und L. und nach dem Jahresabschluss 2016/2017 J. und L.. Herr M. ist Komplementär, Frau L. Kommanditistin. Welche Stellung I. hatte, ist unbekannt. Als Gewinnanteile sind aus den Abschlüssen 2014/2015 für I. 66,67 Prozent und für J. 33,33 Prozent, 2015/2016 für I. 33,34 Prozent, für J. 64,16 Prozent und für L. 2,50 Prozent sowie 2016/2017 für J. 95 Prozent und für L. 5 Prozent bei einem Kommandit-Kapital von 5 000 Euro ersichtlich.

Am 26. November 2018 beantragte die Klägerin schriftlich eine Billigkeitsleistung im Rahmen des Dürrehilfeprogramms 2018. Den Schaden gab sie dabei mit 52 553,58 Euro an, das kurzfristig verwertbare Vermögen mit insgesamt 20 757 Euro, und zwar 19 560 Euro private Konten und Barvermögen, 1 197 Euro private Sparanlagen sowie 68 287 Euro private Sparbriefe und sonstige Wertpapiere. Warum die 68 287 Euro nicht mit aufaddiert wurden, ist im Antrag damit erklärt worden, dass das Vermögen von L. als Betriebsvermögen gewertet werde. Dem Antrag waren Bankbestätigungen beigefügt. Danach bestanden zum 30. Juni 2018 Guthaben, und zwar für Herrn N. bei der Volksbank O. 10 684,26 Euro und bei der Sparkasse 7 853,56 Euro auf einem Girokonto und 1 197,54 Euro auf einem Sparkonto, für Frau N. bei der Volksbank P. 1 113,03 Euro auf einem Privatgirokonto, 68 287,36 Euro auf Sparkonten und 600 Euro "Mitgliedschaft", also Genossenschaftsanteile. In einem gesonderten Schreiben bestätigt die Volksbank O. der Frau N., dass Konten mit einer ausschließlich privaten Nutzung und einem verfügbaren Bankguthaben für sie dort zum Stichtag 30. Juni 2018 nicht geführt worden seien.

Am 9. Juli 2019 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Schaden nach den Nummern 5.1 und 5.2 der Bund-Länder-Vereinbarung sei um das zumutbar verwertbare Privatvermögen zu kürzen. Dabei seien auch private Vermögenswerte heranzuziehen, die aus Sicht des Antragstellers nicht einbezogen werden sollen. Die Klägerin habe private Vermögenswerte angegeben, die den Schaden überstiegen. Daher sei es nicht möglich, eine Billigkeitsleistung zu berechnen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin brachte mit einem Schreiben vom 17. Juli 2019 Einwendungen vor: Frau N. sei nur Kommanditistin mit einem Haftkapital von 5 000 Euro und einem Gewinnanteil von 5 Prozent. Die 68 287 Euro ständen allein der Frau N. zu. Es handele sich um Rücklagen für die Altersvorsorge beziehungsweise den späteren Bau eines Wohnhauses. Sie sei nicht verpflichtet, aus ihrem Privatvermögen Gelder in den Betrieb nachzuschießen.

Die Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit einer Email vom 18. Juli 2019 mit, dass sie die Sach- und Rechtslage geprüft habe und dass sie das Verfahren nicht wieder aufnehme. Wenn die Klägerin ihre Einwendungen aufrechterhalten wolle, müsse sie Klage erheben.

Die Klägerin hat am 1. August 2019 Klage erhoben:

Frau N. habe im ersten Halbjahr 2019 eine Einlage von 50 000 Euro geleistet. Damit sei eine Photovoltaikanlage für 30 523,50 Euro angeschafft worden. Diese Anlage solle der gemeinsamen Altersversorgung der Eheleute dienen.

Sie macht auch für die Klage geltend, dass Frau N. Kommanditistin der Klägerin sei. Sie sei mit einem Haftkapital von 5 000 Euro und mit einem Gewinnanteil von 5 Prozent beteiligt. Das sei so gestaltet worden, weil eine Haftungsbeschränkung und eine Trennung von landwirtschaftlichem Unternehmen und privater Lebenshaltung gewünscht waren. Bis zur Geburt des ersten Kindes sei sie außerhalb der Landwirtschaft erwerbstätig gewesen. Seither sei sie in erster Linie in der Versorgung des Haushalts und des gemeinsamen Kindes tätig. Die Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb sei von untergeordneter Bedeutung. Die Eheleute lebten im gesetzlichen Güterstand. Daher habe die Ehefrau nicht für die Verbindlichkeiten des Ehemanns einzustehen und zu haften.

Der Nettoschaden betrage 52 553,58 Euro. Als Vermögen seien zum 30. Juni 2018 nur 20 757 Euro anzurechnen gewesen. Unter Berücksichtigung des Freibetrags sei das Vermögen sogar negativ. Die 68 287 Euro, die in Spalte 7 des Vermögensnachweises angegeben seien, hätten allein der Frau N. auf deren privatem Bankkonto zugestanden. Es handele sich dabei um Rücklagen aus ihrer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit. Diese sollten zur Altersvorsorge beziehungsweise später zum Bau eines eigenen Wohnhauses abseits der Hofstelle dienen. Die Verwendung zum Ausgleich des Dürreschadens sei unzumutbar. Denn Frau N. sei als Kommanditistin nicht verpflichtet, aus ihrem Privatvermögen Gelder in den Betrieb nachzuschießen.

Es sei einer Maßnahme der Wirtschaftsförderung wesensfremd, eine Obliegenheit aufzustellen, dass Privatvermögen von Angehörigen zu verwerten sei, die nicht am Unternehmen beteiligt seien oder nur mit einer ausdrücklichen Haftungsbeschränkung beteiligt seien.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 9. Juli 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Billigkeitsleistung im Rahmen des Dürrehilfsprogramms 2018 von 20 980,72 Euro zu bewilligen, nebst 6 Prozent Zinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrem Bescheid fest und erwidert:

Bei der Billigkeitsleistung handele es sich um eine freiwillige Leistung. Ein Rechtsanspruch auf diese Billigkeitsleistung bestehe nicht.

Die Klägerin habe einen Nettoschaden von 52 553,58 Euro geltend gemacht. Das Privatvermögen der Frau N. zum 30. Juni 2018 sei mit 68 287 Euro angegeben worden. Dieses Vermögen sei nach Nummer 5.4, zweiter Satz VV zu berücksichtigen, weil es sich um Vermögen der Ehefrau des Komplementärs handele. Denn es sei das zumutbar verwertbare Privatvermögen zu berücksichtigen, und zwar das der haftenden natürlichen Person und ihres Ehegatten. Deshalb treffe das Argument nicht zu, dass das private Vermögen der Frau N. nicht zu berücksichtigen sei, weil sie Kommanditistin sei. Das kurzfristig zur Verfügung stehende private Vermögen der Frau N. sei nicht als Kommanditistin zu berücksichtigen, da betriebliche Vermögen ausdrücklich ausgenommen seien. Das betriebliche Vermögen werde zur Weiterbewirtschaftung des Unternehmens benötigt. Jedoch sei Frau N. die Ehefrau des antragstellenden Unternehmers und als diese sei auch ihr kurzfristig verfügbares Privatvermögen bei der Berechnung der Schadenshöhe einzubeziehen. Außerdem sei dem Jahresabschluss 2018/2019 zu entnehmen, dass Frau N. sonstige Einlagen von 50 000 Euro vorgenommen habe. Mit dieser Einlage habe sie nachgewiesen, dass sie über kurzfristig verfügbares Privatvermögen verfügte und es letztlich für private Zwecke verwendet habe, nämlich den Aufbau einer Altersversorgung. Dieses Vermögen sei aber vorrangig zur Abwendung einer Existenzgefährdung einzusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten mit den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten, der Beiakte BA001, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 9. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nicht zu.

Die Dürrebeihilfe 2018 ist nicht gesetzlich geregelt, sondern erfolgt auf der Grundlage der Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 26. August 2015 (BAnz AT 31.08.2015 B4). Diese Richtlinie ist der Europäischen Kommission als Beihilferegelung notifiziert worden. Auf dieser Rahmenrichtlinie beruhen die Verwaltungsvereinbarungen des Bundes und der Länder vom 8. Oktober 2018 und vom 18. April 2019. In diesen Verwaltungsvereinbarungen heißt es, dass die deutsche Rahmenrichtlinie auf die "vorliegende" Vereinbarung jeweils "vollumfänglich" Anwendung finde, es sei denn, dass die Vereinbarung strengere Bestimmungen enthalte. Für die Höhe der Dürrebeihilfe ist Nummer 6 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 als strengere Vorschrift gegenüber der Rahmenrichtlinie maßgeblich. Nach Nummer 6.2 der Rahmenrichtlinie beträgt die Höhe der Zuwendungen bei widrigen Witterungsverhältnissen, wie hier, höchstens 80 Prozent des Gesamtschadens, in aus naturbedingten Gründen benachteiligten Gebieten im Sinn von Artikel 31 und 32 der VO Nr. 1305/2013 höchstens 90 Prozent. Nach Nummer 6.1 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 beträgt die "Bruttobeihilfeintensität der gewährten Billigkeitsleistung" dagegen nur bis zu 50 Prozent des maßgeblichen Schadensbetrags.

Die Klägerin hat in ihrem Antrag den Schaden mit 52 553,58 Euro angegeben. Ein - gebundener - Anspruch auf eine Dürrebeihilfe für diesen Schaden steht der Klägerin nicht zu. Die Dürrebeihilfe ist eine freiwillige Leistung, über die die Beklagte nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen entscheidet. Das beschreibt Nummer 1.2 der Rahmenrichtlinienie. Danach besteht ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendungen nicht. Die jeweilige Bewilligungsstelle entscheidet nach Antragstellung aufgrund pflichtgemäßen Ermessens und nach Maßgabe der Rahmenrichtlinie. Die Gewährung der Zuwendung steht unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit entsprechender Haushaltsmittel.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihr Ermessen nur durch eine Bewilligung wie beantragt zutreffend ausüben könnte. Die Voraussetzungen für eine solche Reduzierung des Ermessens der Beklagten "auf Null" hat die Klägerin nicht dargelegt.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine erneute Ermessensentscheidung über ihren Antrag nach der Rahmenrichtlinie und der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019, bei der die Beklagte die Rechtsauffassung des Gerichts beachtet. Die Ermessensausübung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat ihr Ermessen willkürfrei auszuüben. Das Ermessen der Beklagten ist dabei durch die Rahmenrichtlinie gebunden, außerdem durch die Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019, soweit diese strengere Bestimmungen enthält.

Nach Nummer 4.1 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 (VV) können in der Existenz gefährdete Unternehmen gefördert werden, die im Sinne des Anhanges I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 "der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union" Kleinstunternehmen, kleine Unternehmen oder mittlere Unternehmen sind und deren Geschäftstätigkeit die Primär-produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse einschließlich Imkerei und Wanderschäferei umfasst. Eine Existenzgefährdung in diesem Sinn liegt nach Nummer 4.2 VV vor, wenn nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet ist. Das Unternehmen muss die Existenzgefährdung anhand geeigneter Unterlagen nachweisen. Eine Existenzgefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn bei juristischen Personen, Einzelunternehmen oder Personengesellschaften die Summe der Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen mehr als 35 Prozent der gesamten Einkünfte aus dem Jahr 2018 betragen. Sind die Einkünfte für 2018 vorläufig nicht feststellbar, können die Einkünfte aus dem Jahr, aus dem die Informationen zuletzt verfügbar sind, zugrunde gelegt werden.

Nach Nummer 5.4 VV ist der Beihilfebetrag um das, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbare Privatvermögen zu kürzen. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der haftenden natürlichen Personen und ihrer Ehegatten berücksichtigt, die über 50 Prozent des errechneten Beihilfebetrags liegt. Bei juristischen Personen wird entsprechend die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der Gesellschafter, die natürliche Personen sind und über einen Gesellschaftsanteil von 10 Prozent oder mehr verfügen und ihrer Ehegatten, berücksichtigt. Diese Bestimmung ist anzuwenden, weil sie strenger ist als die Anrechnungsvorschriften in Nummer 6.2 bis 6.5 der Rahmenrichtlinie.

Die Beklagte verlangt - nach ihrem Merkblatt und ihren Angaben: In ständiger Praxis -, dass die Antragsteller die Antragsunterlagen verwenden, die sie im Internet bereitstellte. Das sind: Ein Antragsformular und als Anlagen dazu die Berechnung der Existenzgefährdung, die Berechnung der Schadenshöhe, der Vermögensnachweis, die Übersicht der Gesellschafter mit Unterschrift bei Personengesellschaften und juristischen Personen und Vollmachtserteilung, Nachweise über Versicherungsleistungen und Leistungen Dritter, die Berechnung Cashflow III, 1. Stufe und die Berechnung Cashflow III, 2. Stufe, die Buchabschlüsse für die Jahre 2014/2015, 2015/2016 und 2016/2017 und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014, 2015 und 2016. Diese Praxis ist sachgerecht, um eine gleichmäßige und zügige Bearbeitung zu gewährleisten.

Die Beklagte hat ihr Ermessen zwar in einem Punkt fehlerfrei ausgeübt. Nach Nummer 5.4 VV ist der Schaden im Sinn der Nummern 5.1 und 5.2 um das zumutbar verwertbare Privatvermögen zu kürzen, insbesondere das kurzfristig verwertbare. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird nach Nummer 5.4 dasjenige Privatvermögen der haftenden natürlichen Personen und ihrer Ehegatten berücksichtigt, das 50 Prozent des Schadens übersteigt; bei juristischen Personen wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der Gesellschafter, die natürliche Personen sind und über einen Gesellschaftsanteil von 10 Prozent oder mehr verfügen, und ihrer Ehegatten, die über 50 Prozent des errechneten Betrags liegt, berücksichtigt. Nach dem Erlass vom 29. Mai 2019 sind auch Vermögenswerte heranzuziehen, die nach Ansicht der Antragsteller nicht einbezogen werden sollen, z.B. Rücklagen für anstehende Investitionen oder für weichende Erben.

Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, das Vermögen der Ehefrau des Komplementärs zu berücksichtigen (VG Stade, Urteil vom 19. Februar 2020 - 6 A 980/19, vom 13. Mai 2020 - 6 A 928/19). Die Berücksichtigung dem Grunde nach entspricht den Vorgaben in Nummer 5.4 Satz 1 und 2 VV. Danach ist der Schaden im Sinne der Nummern 5.1 und 5.2 um das zumutbar verwertbare Privatvermögen zu kürzen, insbesondere das kurzfristig verwertbare. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird dasjenige Privatvermögen der haftenden natürlichen Personen und ihrer Ehegatten berücksichtigt, das 50 Prozent des gemäß Nummer 5.1 und 5.2 errechneten Schadens übersteigt. Diese Berücksichtigung des Vermögens des Ehegatten ist grundsätzlich nicht sachwidrig oder willkürlich. Die Beklagte ist bei der Wahl ihrer Kriterien für freiwillige Beihilfen nur an das Willkürverbot und das Gleichbehandlungsverbot gebunden und dürfte deshalb auch keine sachfremden Erwägungen vorschreiben. Mit der Berücksichtigung des Vermögens von Ehegatten folgt die Beklagte der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Eheleute einander in existenziellen Notlagen beistehen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Anrechnung wird für den Ehegatten dadurch gewährleistet, dass er nur für die Hälfte des Schadens mit herangezogen wird, indem nämlich nur dasjenige Vermögen berücksichtigt wird, das größer als die Hälfte des Schadens ist. Überdies wird nur das zumutbar verwertbare Vermögen berücksichtigt, so dass Besonderheiten des Einzelfalls stets Rechnung getragen werden kann (VG Stade, Urteil vom 19. Februar 2020 - 6 A 980/19).

Die Beklagte hat erklärt, dass sie die Kommanditgesellschaft in ständiger Praxis als Personengesellschaft ("Ehegatte des haftenden Gesellschafters") und nicht als juristische Person behandelt hat. Es kann daher dahinstehen, dass die Vorgabe in Nummer 5.4 der Verwaltungsvereinbarung widersprüchlich ist, nach der bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften anders zu verfahren ist als bei juristischen Personen. Die Beklagte hat diesen Widerspruch sachgerecht und willkürfrei aufgelöst, indem sie die Kommanditgesellschaft stets als Personengesellschaft behandelt hat. Zudem kann sich für die Klägerin eine Rechtsverletzung nicht ergeben. Denn für die Klägerin wäre die Rechtsfolge - Berücksichtigung des Vermögens der Frau N. - dieselbe, wenn die Beklagte sie als juristische Person im Sinn der Verwaltungsvorschrift behandelt hätte. Bei der juristischen Person wird nach Nummer 5.4 VV die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens berücksichtigt, die über 50 Prozent des Schadens nach den Nummern 5.1 und 5.2 liegt, und zwar des Vermögens der Gesellschafter, die natürliche Personen sind und über einen Gesellschaftsanteil von 10 Prozent oder mehr verfügen, und des Vermögens von deren Ehegatten oder Lebenspartnern. Frau N. ist die Ehegattin des Komplementärs. Dieser hat einen Gesellschaftsanteil von 95 Prozent.

Der Berücksichtigung als Ehegattenvermögen steht nicht entgegen, dass Frau N. nicht nur Ehefrau des Komplementärs, sondern außerdem auch selbst Kommanditistin der Klägerin ist. Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass hier gesellschaftspolitische Erwägungen zu berücksichtigen seien. Auch die Haftungsregeln, auf die die Klägerin hinweist, hat die Beklagte ohne Ermessensfehler unberücksichtigt gelassen und die Vorgaben der Verwaltungsvereinbarung zugrunde gelegt.

Allerdings waren die Erwägungen der Beklagten hierzu zunächst widersprüchlich. Denn in der Klageerwiderung führte die Beklagte aus, dass das Vermögen der Frau N. als Gesellschafterin nicht zu berücksichtigen sei - es handele sich um Betriebsvermögen. Gleichzeitig sollte dasselbe Vermögen aber zu berücksichtigen sein, weil es gleichzeitig das Privatvermögen der Ehefrau des haftenden Gesellschafters sei. Das ist denkgesetzlich nicht möglich. Vor allem wäre es aber ermessensfehlerhaft, weil zweckwidrig, dem Betrieb Betriebsvermögen zu entziehen (das wäre das Privatvermögen der Ehefrau dann ja gleichzeitig), um dadurch die Dürrebeihilfe kürzen zu können. Die Beklagte hat diesen Widerspruch durch ihre Erklärungen in der mündlichen Verhandlung aber ausgeräumt. Danach ist das Vermögen der Frau Q. als Privatvermögen angesehen worden. Dass es sich nicht um Betriebsvermögen handele, ergebe sich aus der Erklärung der Volksbank R.. Diese Erklärung hat das Gericht nach § 114 Satz 2 VwGO zu berücksichtigen. Danach kann die Behörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Das Vermögen von 68 287 Euro der Frau N. war zum 30. Juni 2018 nicht Betriebsvermögen. Das ergibt sich aus der Bescheinigung der Volksbank P., bei der die Konten der Frau N. geführt werden.

Mit der Einlassung, bei den 68 287 Euro handele es sich um Privatvermögen zur Altersvorsorge, ist die Klägerin nicht mehr zu hören, weil sie diese Angaben erst nach dem 30. November 2018 gemacht hat.

Nach Nummer 8.1 des Durchführungserlasses vom 1. November 2018 waren die Anträge bis zum 30. November 2018 einzureichen. Änderungsanträge sind nicht zulässig.

Die Beklagte hatte aufgrund der Antragsunterlagen über die Anträge zu entscheiden. Dass sie die Antragsfrist als Ausschlussfrist handhabt, ist nicht zu beanstanden, weil es sonst sowohl zu einer ungerechten Bevorzugung von Antragstellern käme, die ihre Unterlagen erst nach Ablauf der Frist vollständig oder richtig einreichen, als auch zu einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Aktualisierung der Unterlagen und Entscheidungen.

Das Gericht ist zwar der Auffassung, dass das Ende der Antragsfrist am 30. November 2018 der Berücksichtigung von Angaben nicht entgegensteht, wenn es sich nur um Erläuterungen zu den Angaben handelt, die bereits im Antrag enthalten waren (VG Stade, Urteil vom 24. Mai 2020 - 6 A 1098/19). Bei den Angaben zur privaten Altersvorsorge handelt es sich jedoch nicht um eine Erläuterung bisherigen Vorbringens, sondern um das Gegenteil davon. Denn zum Antrag hatte die Klägerin in einem handschriftlichen Zusatz auf Seite 3 des Antragsformulars erläutert, das Vermögen der Frau N. werde als Betriebsvermögen gewertet.

Zwar ist nach Nummer 10.1 VV das Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 1 Absatz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes zu beachten. Das eröffnet aber keinen Wiedereinsetzungsanspruch nach § 32 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), weil § 32 Absatz 1 VwVfG nur für gesetzliche Fristen gilt und es sich bei der Antragsfrist nicht um eine solche gesetzliche Frist handelt. Ob die Beklagte in besonderen Fällen Nachsicht gewähren könnte, muss nicht problematisiert werden, weil hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass besondere Umstände vorliegen. Die Klägerin hatte im Antragsverfahren schlicht das Gegenteil von dem angegeben, was sie jetzt geltend macht.

Selbst wenn die Klägerin mit dem Vorbringen zum Privatvermögen zur Altersvorsorge noch gehört würde, könnte, selbständig tragend, allein der Umstand, dass es sich bei dem Vermögen um eine private Altersvorsorge handelt, eine Berücksichtigung als einzusetzendes Vermögen nicht ermessensfehlerhaft machen. Fehlerhaft könnte eine Berücksichtigung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles werden, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen würden als eine einfache Härte und über die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte hinausgehen (VG Stade, Urteil vom 13. Mai 2020 - 6 A 928/19, mit Bezug auf: BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 35/08 R - zur Auslegung des Begriffs "besondere Härte" im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - SGB 2 -). Solche Umstände sind nicht ersichtlich oder dargetan. Insbesondere waren die 68 287 Euro nicht langfristig festgelegt oder in einer Form angelegt, die nur für die Altersvorsorge geschaffen ist (wie bei einem "Riestervertrag", so VG Stade, Urteil vom 13. Mai 2020 - 6 A 928/19). Besonderheiten für die kurzfristige Verwertbarkeit ergeben sich daher nicht. Die Beklagte übt nach dem Erlass vom 29. Mai 2020 ihr Ermessen dahingehend aus, dass sie auch Vermögenswerte einbezieht, die nach Ansicht der Antragsteller nicht einbezogen werden sollten, zum Beispiel Rücklagen für anstehende Investitionen oder für weichende Erben, hier eine Rücklage für die Altersversorgung.

Das Gericht hält diesen strengen Maßstab nicht für ermessensfehlerhaft. Er ist sachgerecht, weil die Dürrebeihilfe die Existenz des landwirtschaftlichen Unternehmens sichern soll. Es ist nicht willkürlich, sie nur dann zu leisten, wenn der Betroffene den Schaden nicht selbst - zum Beispiel durch den Einsatz von Vermögen - abwenden kann. Zudem erfolgt bereits ein Billigkeitsausgleich, indem vom Vermögen ein Anteil von 50 Prozent des Schadens als Freibetrag abgezogen wird. Besondere Umstände des Einzelfalles sind bei der Altersvorsorge beispielsweise (VG Stade, Urteil vom 13. Mai 2020 - 6 A 928/19; BSG a.a.O.) eine Kumulation von Belastungen (Versorgungslücke, Behinderung, Lebensalter, Berufsausbildung) oder ein Einsatz der Altersvorsorge kurz vor dem Rentenalter, obwohl die Rentenversicherung Lücken aufweist. Es kommt nicht allein darauf an, dass die Ehefrau des Komplementärs ihre Altersvorsorge infolge der Berücksichtigung verliert, und auch nicht darauf, wann das der Fall wäre. Es muss vielmehr noch eine Versorgungslücke hinzukommen. Weiter kommt es darauf an, inwieweit die Ehefrau des Komplementärs noch in der Lage ist, durch Erwerbstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt das seinerzeit erreichte Niveau der Altersvorsorge zu erhalten oder zu verbessern. Weitere Umstände des Einzelfalls, wie etwa die beruflichen Einsatzmöglichkeiten der Ehefrau des Komplementärs unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung und ihrer bisherigen Erwerbsbiografie sowie ihrer gesundheitlichen Leistungsfähigkeit, wären ebenso zu berücksichtigen wie die Frage, ob der Ehefrau des Komplementärs im Falle der Berücksichtigung der Altersvorsorge noch eine angemessene Lebensführung im Alter möglich ist. Zu diesen Umständen hat die Klägerin sich nicht geäußert. Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass die Erwägungen des Bundessozialgerichts dazu, wann eine besondere Härte anzunehmen ist, für die Wirtschaftsförderung nicht einschlägig seien. Das Gegenteil ist der Fall: Erwägungen, die sogar für die Verwertung privater Altersvorsorge Selbständiger bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende anzustellen sind (BSG a.a.O.), sind nach Auffassung des Gerichts erst recht in Fällen der Wirtschaftsförderung Selbständiger zu berücksichtigen.

Dass inzwischen rund 32 000 Euro aus dem Vermögen der Frau N. in die Klägerin eingebracht wurden und für eine Photovoltaikanlage verwendet wurden, die der Altersvorsorge dienen soll, begründet Zweifel an der Ermessensausübung nicht. Diese Photovoltaikanlage dient gerade der Altersversorgung der Eheleute. Deshalb führt es nicht zu einer Versorgungslücke, dass diese Summe aus dem Privatvermögen abgeflossen ist.

Es kommt nicht darauf an, dass die Beteiligten unterschiedliche Schadensbeträge angenommen haben. Denn das einzusetzende Privatvermögen liegt über beiden Schadensbeträgen. Die Beklagte legt zugrunde, dass der Schaden nur 50 462,75 Euro beträgt. Die Klägerin hatte einen Schaden von 52 553,58 Euro angegeben. Aus den Anmerkungen zur Schadensberechnung bei Marktfrüchten und bei selbstverbrauchtem Grundfutter ist erkennbar, dass die Beklagte von Brutto- auf Nettowerte umgerechnet hat. Die Beklagte hat in allen Verfahren, in denen die Frage sich stellte, erklärt, dass das der ständigen Praxis entspreche, die sie übe, weil sie die Vorsteuerabzugsberechtigung (pauschal 10,7 Prozent) berücksichtigen wolle. Das Gericht sieht dies als eine sachgerechte Erwägung an.

Das einzusetzende Privatvermögen liegt über beiden Schadensbeträgen, weil als Privatvermögen 20 757 Euro + 68 287 Euro = 89 044 angegeben worden sind. Damit ergibt sich ein einzusetzendes Vermögen von 89 044 - [50 462,75: 2] = 63 812,62 Euro oder nach dem Schaden, den die Klägerin eingesetzt hat, 89 044 - [52 553,58: 2] = 62 767,21 Euro. Das ist nach beiden Betrachtungen mehr einzusetzendes Vermögen als Schaden.

Da der Klägerin ein Anspruch auf die Dürrebeihilfe nicht zusteht, steht ihr auch ein Zinsanspruch nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nummer 11 und § 711 ZPO.

Die Berufung wird nach § 124 Absatz 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.