Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.01.2016, Az.: 7 W 64/15 (L)

Zulässigkeit eines Hoferbenfeststellungsverfahrens lange Zeit nach dem Erbfall und der Betriebseinstellung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.01.2016
Aktenzeichen
7 W 64/15 (L)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 13680
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2016:0118.7W64.15L.0A

Fundstellen

  • ErbR 2016, 352
  • FamRZ 2016, 1613
  • ZEV 2016, 226-227

Amtlicher Leitsatz

Haben die gesetzlichen Erben unmittelbar nach dem 1987 eingetretenen Erbfall nach fehlerhafter Löschung des Hofvermerks von Amts wegen auch für den als Nebenerwerbsbetrieb geführten Grundbesitz einen gemeinschaftlichen Erbschein erwirkt und 1990 unter Aufgabe der Bewirtschaftung die Betriebseinheit endgültig aufgelöst, stellt es eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn nunmehr - fast 30 Jahre nach dem Erbfall und 25 Jahre nach der Betriebseinstellung - einzelne Erben (nach auch erst jetzt erfolgter Durchführung eines Hofesfeststellungsverfahrens) für sich ein Hoferbenfeststellungsverfahren betreiben (analog BGH, Beschl. v. 23.11.2012 - BLw 12/11).

Tenor:

1. Auf den übereinstimmenden Antrag der Beteiligten zu 1 - 3 wird festgestellt, dass es dabei bleibt, dass die am ... 1987 verstorbene M. B. nach allgemeinem Erbrecht beerbt worden ist auch bezüglich des in den Grundbüchern von R. Blatt ... und ... eingetragenen Grundbesitzes nach Maßgabe des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Nienburg vom 14. März 1988.

2. Die Gerichtskosten für das Verfahren erster Instanz vor dem Landwirtschaftsgericht werden den Beteiligten zu 1 und 2 jeweils zur Hälfte auferlegt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 25 Abs. 1 GNotKG).

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in beiden Instanzen nicht statt.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 152.564,00 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten haben über die Hofnachfolge nach der am ... 1987 ohne vorherige Testamentserrichtung verstorbenen Landwirtin M. B. gestritten.

Die Erblasserin war Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Grundbesitzes, eingetragen beim Amtsgericht Nienburg, Grundbuch von R., Bl. ... und Bl. ... zur Größe von insgesamt 15,6078 ha. Sie bewirtschaftete zuzüglich von Pachtland eine Gesamtfläche von ca. 20 ha.

Für den Betrieb war ursprünglich ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen, der im Jahre 1988 wegen vermeintlichen Absinkens des Wirtschaftswertes unter 10.000,00 DM von Amts wegen gelöscht wurde. Auf Antrag des Sohnes W. B., also des hiesigen Antragstellers und Beteiligten zu 2, ist durch rechtskräftig gewordenen Beschluss des AG Nienburg vom 11. November 2014 (14 Lw 16/14) festgestellt worden, dass der im Grundbuch von R. Bl. ... eingetragene Grundbesitz zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin am ... 1987 Hof im Sinne der Höfeordnung war.

Nachdem der Erbfall am ... 1987 eingetreten war, hatten die Beteiligten angenommen, dass es sich bei dem Grundbesitz nicht um einen Hof i. S. d. Höfeordnung handele. Es wurde seinerzeit ein gemeinschaftlicher Erbschein beantragt und erteilt. Danach sind der Witwer H. B., also der Ehemann der Erblasserin, sowie deren Kinder W. und H. als Erben angesehen und auch in das Grundbuch eingetragen worden.

Im vorliegenden Verfahren ist dies angegriffen und sowohl vom Ehemann/Vater als auch vom Sohn die Hofnachfolge nach Höferecht geltend gemacht worden. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Nienburg hat dem Antrag des Ehemannes/Vaters (Bet. zu 1) stattgegeben und diesen als Hofnachfolger festgestellt.

Demgegenüber hat die Enkelin F. B., also die Beteiligte zu 3 und Beschwerdeführerin, zunächst geltend gemacht, ihr Vater W., also der Sohn der Erblasserin, hilfsweise sie selbst, sei Hofnachfolger geworden.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Senat haben die Beteiligten zu 1 - 3 sodann in Abänderung der bisherigen Anträge übereinstimmend den Feststellungsantrag gestellt wie erkannt.

Unabhängig hiervon hat der Beteiligte zu 2 Beschwerde gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung eingelegt. Es entspreche nicht der Billigkeit, ihn mit Gerichtskoten zu belasten, weil er keinen aussichtslosen Antrag gestellt, keine unwahren Angaben gemacht und auch seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt habe.

II.

1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann sich die Geltendmachung der Ansprüche als Hoferbe, auch wenn objektiv Höferecht anzuwenden wäre, als eine nach § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn die Besitzung im Zeitpunkt des Erbfalls von allen Beteiligten einvernehmlich nicht als ein Hof i. S. d. Höfeordnung behandelt worden ist, dies über einen längeren Zeitraum so gelebt wurde und die Hofeseigenschaft jedenfalls später weggefallen ist. Für die Geltendmachung der Rechte als Hoferbe fehle ein schutzwürdiges Eigeninteresse, wenn es nicht mehr um den Erhalt eines landwirtschaftlichen Betriebes, sondern nur noch um die Erlangung eines den Zwecken des Sondererbrechts nicht entsprechenden Vorteils bei der Auseinandersetzung des Nachlasses gehe (BGH, Beschluss vom 23. November 2012 - BLw 12/11 -, juris).

Vor diesem Hintergrund ist die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden, die daraufhin in Abkehr von ihrer bisherigen Auffassung den Wunsch äußerten, alles weiter so zu belassen wie bisher. Die Beteiligten zu 1 - 3 haben daraufhin übereinstimmend einen dementsprechenden Feststellungsantrag gestellt, dem der Landwirtschaftssenat stattgegeben hat. Insoweit wird von einer weiteren Begründung der Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 69 Abs. 3 i. V. m. § 38 Abs. 4 Nr. 2 FamFG abgesehen.

2. Kostenentscheidung

Der Beteiligte zu 2, dem vom Landwirtschaftsgericht die Gerichtskosten auferlegt worden sind, hat dagegen Beschwerde erhoben und geltend gemacht, diese Kostenentscheidung entspreche nicht der Billigkeit, weil er keinen aussichtslosen Antrag gestellt, keine unwahren Angaben gemacht und auch seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt habe. Indes sind nach billigem Ermessen gemäß § 44 Abs. 1 LwVG sowohl der Beteiligte zu 1 wie auch der Beteiligte zu 2 jeweils hälftig mit den Kosten zu belasten. Denn beide sind in erster Instanz Antragsteller gewesen und beide Anträge sind letztlich erfolglos geblieben.

Das Beschwerdeverfahren ist nach Maßgabe des geänderten Antrags auf Feststellung in der Hauptsache erfolgreich gewesen, sodass (mangels abweichender Entscheidung des Senats, für die kein Anlass besteht) nach § 25 Abs. 1 GNotKG Gerichtsgebühren nicht zu erheben sind.

Die Beteiligten haben ihre außergerichtlichen Auslagen grundsätzlich selbst zu tragen. Ein Anlass, abweichend von diesem Grundsatz nach § 45 Abs. 1 LwVG die Erstattung außergerichtlicher Auslagen anzuordnen, ist nicht gegeben.

Der Senat hat den Beschwerdewert in entsprechender Anwendung von § 48 GNotKG auf das Vierfache des Einheitswerts festgesetzt.

Gründe, die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG zuzulassen, liegen nicht vor.