Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 14.03.2017, Az.: 7 B 1386/17
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 14.03.2017
- Aktenzeichen
- 7 B 1386/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 54181
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 31a StVZO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Bestätigung und Fortführung der Rechtsprechung Fahrtenbuchauflage gegenüber Geschäftsbetrieb.
Gründe
I.
Mit dem von der Antragstellerin gehaltenen Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen VEC-...wurde am 17. Juli 2016 ein Verkehrsverstoß begangen, der bei erfolgreicher Ahndung u. a. zur Eintragung von einem Punkt in das Fahreignungsregister geführt hätte. Der Fahrer wurde nicht ermittelt.
Unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin das Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von zehn Monaten (Bescheid vom 4. Januar 2017).
Dagegen richtet sich der gerichtliche Eilantrag der Antragstellerin, dem der Antragsgegner entgegentritt.
II.
Der nach § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO zu beurteilende Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der am 20. Januar 2017 erhobenen Klage - Az.: 7 A 398/17 -, über den nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 13. März 2017 der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, ist unbegründet.
….
Nach § 31a StVZO kann die Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. jeweils mit weiteren Nachweisen u.a. z.B. Kammerbeschlüsse vom 23. Dezember 2008 - 7 B 3216/08 -, vom 9. März 2009 - 7 B 682/09 - und vom 26. November 2009 - 7 B 3014/09 -).
…
Zur Begründung wird weitgehend auf die übrigen Gründe des angegriffenen Bescheides des Antragsgegners verwiesen und zusätzlich diejenigen der inhaltlich voraussichtlich überwiegend richtigen Antragserwiderung des Antragsgegners vom 14. März 2017, denen das Gericht überwiegend folgt (Feststellung entsprechend § 117 Absatz 5 VwGO). Diese sind in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht höchstwahrscheinlich und überwiegend zutreffend. Ihnen gegenüber greift das Vorbringen der Antragstellerin insgesamt nicht durch.
Zu Lasten der Antragstellerin geht maßgeblich, dass der Landkreis Harburg sie rechtzeitig zunächst als Zeugin im Bußgeldverfahren angehört hat und die Antragstellerin gleichwohl ihren dortigen Mitwirkungsverpflichtungen nicht ansatzweise nachgekommen ist. Sie kann sich nicht darauf berufen, das Schreiben nicht erhalten zu haben, denn ein etwaiger Rückläufer ist nicht ersichtlich. Ihre entgegenstehende Bekundung überzeugt das Gericht nicht und muss als Schutzbehauptung betrachtet werden. Es hätte hier bei der Antragstellerin als Zeugin gelegen, innerhalb des Laufs der Verfolgungsverjährung den Fahrzeugführer zu benennen und dadurch an der Aufklärung mitzuwirken. Dies hat sie unterlassen, was nun auf sie zurückfällt. Daran ändert die spätere Benennung von Frau ..., einer Mitarbeiterin der Antragstellerin, nichts.
Das Gericht verweist die Antragstellerin ausdrücklich auf die folgenden Ausführungen im Kammerbeschluss vom 30. März 2009 - 7 B 1004/09 - (vgl. dazu OVG, Beschl. v. 7. Mai 2009 - 12 ME 65/09 -) und macht sich diese für das vorliegende Verfahren erneut zu Eigen, weil es sich auch hier um ein Firmenfahrzeug handelt:
"…
Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es in einem Geschäftsbetrieb, bei dem ein Firmenfahrzeug - wie hier - mehreren Betriebsangehörigen zur Verfügung steht, Sache der Leitung dieses Betriebes ist, die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Fahrzeug benutzt hat, oder jedenfalls der ermittelnden Behörde den Firmenangehörigen oder gegebenenfalls auch mehrere Firmenangehörige zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug betriebsintern zugeordnet ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 1999 - 10 S 114/99 -, veröfftl. z.B. in VRS 97, 389-392). Während es bei Privatfahrzeugen dem Halter unmittelbar noch erinnerlich sein dürfte, wer zur Tatzeit das Fahrzeug genutzt hat, ist bei geschäftlich genutzten Fahrzeugen regelmäßig davon auszugehen, dass die Frage, wer zu welchem Zeitpunkt das entsprechende Fahrzeug genutzt hat, nicht auf Grund persönlicher Erinnerungen, sondern auf Grund von betrieblichen Absprachen beantwortet werden kann. Der Halter eines von mehreren Berechtigten zu nutzenden Betriebsfahrzeugs - wie hier - kann seiner für Kraftfahrzeuge kraft Gesetzes bestehenden Kennzeichnungspflicht nur dadurch genügen, dass er geeignete organisatorische Vorkehrungen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der konkreten Fahrzeugnutzung trifft. Unterlässt er dies oder macht er interne Aufzeichnungen der ermittelnden Behörde nicht zugänglich, kommt dies einer die Anordnung eines Fahrtenbuches rechtfertigenden Weigerung gleich, an der (rechtzeitigen) Ermittlung des Fahrzeugführers mitzuwirken - Vereitelungswirkung -. Es gibt kein doppeltes Recht, einerseits als Halter gleichsam von vornherein durch das Unterlassen der Durchführung innerbetrieblicher Dokumentation nicht an der Aufklärung von Verkehrsverstößen, die mit dem Fahrzeug begangen werden, mitzuwirken, und andererseits von der Anordnung eines Fahrtenbuches verschont zu bleiben. Die Anordnung des Fahrtenbuches soll gerade dafür Sorge tragen, dass für Verkehrsverstöße verantwortliche Fahrer ermittelt werden können (vgl. VG Hannover, Urteil vom 21. September 2007 - 9 A 1986/07 -). Ungeachtet handels- und steuerrechtlicher Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten entspricht es zudem sachgerechtem kaufmännischem Verhalten, dass ein kaufmännischer Wirtschaftsbetrieb - wie hier - grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage ist, Geschäftsfahrten anhand schriftlicher Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Weigert sich ein Unternehmen, dieser Obliegenheit nachzukommen, besteht grundsätzlich hinreichender Anlass, sogar für alle in Betracht kommenden Fahrzeuge eine Fahrtenbuchanordnung zu verhängen, um das Unternehmen auf diese Weise zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes anzuhalten(vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 30. Juni 2006 - 6 A 493/03 -)."
So liegt der Fall hier, insbesondere soweit es die Anforderungen an den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin anbelangt. ….
Diese Rechtsprechung hat auch Bestand und erlebt ihre Fortführung innerhalb der Kammer, vgl. z.B. VG Oldenburg (Oldenburg), Beschlüsse vom 12. April 2012 – 7 B 3093/12 – und 8. Juni 2015 – 7 B 2129/15 –, jeweils juris. Aktuell heißt es insoweit im Beschluss vom 2. März 2017 (7 B 1045/17, Vnb) unter Hinweis auf die dementsprechende obergerichtliche Rechtsprechung wörtlich:
„... In der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 6. Oktober 2016 - 12 ME 167/16 -; Beschluss vom 24. Januar 2013 - 12 ME 272/13 - juris, Rn. 5) und der Kammer (vgl. etwa Beschluss vom 25. November 2013 - 7 B 6607/13 - juris, Rn. 23 ff.) ist - worauf der Antragsgegner in dem angegriffenen Bescheid hingewiesen und im Schriftsatz vom 22. Februar 2017 umfassend und zutreffend dargelegt hat - geklärt, dass es bei einem Firmenfahrzeug, welches von mehreren Personen genutzt wird, einem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb entspricht, zu dokumentieren, wer mit dem Fahrzeug zu welcher Zeit gefahren ist. Es entspricht aus haftungs-, straf- und -ordnungswidrigkeitsrechtlichen Gründen sachgerechtem kaufmännischen Verhalten, dass ein Unternehmen unabhängig von anderen Aufklärungsmöglichkeiten eine gewisse Zeit lang feststellen kann, wer zu welcher Zeit mit einem solchen Fahrzeug gefahren ist. ...“
Damit aber hat es hier sein Bewenden und kommt es auf die Umstände der weiteren Ermittlungstätigkeiten, insbesondere eines Hausbesuchs an einem Freitag zur Mittagszeit, nicht an.