Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.01.1996, Az.: 2 UH 1/96
Wirksamkeit einer vorformulierten Mietvertragsbestimmung über die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 30.01.1996
- Aktenzeichen
- 2 UH 1/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 11441
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1996:0130.2UH1.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - AZ: 6 S 197/95
- AG Lüneburg - AZ: 11 C 202/95
Fundstelle
- WuM 1996, 202-205 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Schadensersatzes infolge Nichtvornahme von Schönheitsreparaturen
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
in seiner Sitzung
am 30. Januar 1996
auf Vorlage der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
beschlossen:
Tenor:
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.
Gründe
I.
Die Kläger begehren als Eigentümer des Mehrfamilienwohnhauses ... Straße 2 in ... von der Beklagten als Mieterin Schadensersatz, insbesondere wegen der nicht ordnungsgemäßen Durchführung von Schönheitsreparaturen.
Die Beklagte mietete unter ihrem damaligen Familiennamen ... ... mit schriftlichem Vertrag vom 24. April 1989 die im 7. Obergeschoß Mitte links des Mehrfamilienhauses gelegene Wohnung an und unterzeichnete am 28. April 1989 ein Wohnungsübergabeprotokoll, in dem sie u. a. bestätigte, die Wohnung "wie besichtigt" übernommen zu haben.
Die Mietvertragsparteien verwendeten das Formular "Hamburger Mietvertrag für Wohnraum". Die formularmäßige Bestimmung des § 15 (Instandhaltung der Mieträume) lautet auszugsweise wie folgt:
"...
3.
Der Mieter verpflichtet sich, während der Mietzeit die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung durchzuführen. Zu den Schönheitsreparaturen gehören: Das Tapezieren, Anstreichen der Wände und der Decken, das Pflegen der Fußböden, das Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen sowie das Streichen der Heizkörper und Versorgungsleitungen innerhalb der Wohnung.Üblicherweise werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen erforderlich sein:
In Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre, in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre. 4.
Bei Auszug sind die Mieträume in vertragsgemäßem Zustand zurückzugeben; vertragsgemäß ist der Zustand, der bestehen würde, wenn der Mieter die ihm nach Absatz 3 obliegenden Schönheitsreparaturen durchgeführt hätte ... Die Arbeiten sind handwerksgerecht auszuführen. Bei nicht vertragsgemäßem Zustand der Räume kann der Vermieter die Durchführung der Schönheitsreparaturen zum Ende des Mietverhältnisses fordern...7.
Kommt der Mieter den von ihm vorstehend übernommenen Verpflichten trotz schriftlicher Mahnung und Fristsetzung nicht unverzüglich nach, kann der Vermieter, ohne daß es einer Ablehnungsandrohung bedarf, die erforderlichen Arbeiten auf Kosten des Mieters durchführen lassen oder Schadensersatz in Geld verlangen..."
Bestandteil des Mietvertrages vom 24. April 1989 war die Anlage I, die unter Ziffer 10 u. a. folgende Regelung enthält:
"Fristenplan:
Während der Mietzeit hat der Mieter Schönheitsreparaturen (§ 14 Ziffer 3 des Mietvertrages) jeweils spätestens nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen:
spätestens alle 2 Jahre: Wohnküchen spätestens alle 3 Jahre: Koch-/Eßküchen, Kochnischen, Bäder und Duschanlagen, spätestens alle 5 Jahre: Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen und Toiletten, spätestens alle 7 Jahre: Nebenräume. Abweichend vom Vorstehenden sind die Innenanstriche der Fenster sowie die Anstriche der Türen, Heizkörper, Versorgungsleitungen und Einbaumöbel in Wohn/Koch/Eßküchen, Bädern und Räumen mit Duschanlagen spätestens alle 4 Jahre durchzuführen.
Bei Aufgabe der Wohnung hat der Mieter nachzuweisen, wann zuletzt die beanstandeten Räume bzw. Einrichtungen renoviert wurden..."
Das Mietverhältnis wurde aufgrund einer Kündigung der Beklagten zum 31.12.1994 beendet. Am 30.12.1994 und 16.01.1995 fanden Wohnungsbesichtigungen statt. Die Beklagte hatte in Eigenarbeit Schönheitsreparaturen durchgeführt, mit denen die Kläger nicht einverstanden waren.
Mit Schreiben vom 24.01.1995 beanstandete die von den Klägern mit der Wohnungsverwaltung beauftragte ... KG, bei der Besichtigung der Wohnung am 16.01.1995 sei festgestellt worden, daß die von der Beklagten durchgeführten Arbeiten nicht fachgerecht ausgeführt worden seien. Zugleich enthält das Schreiben die Aufforderung an die Beklagte, eine ordnungsgemäße komplette Renovierung der Wohnung bis zum 31.01.1995 vorzunehmen. Nach fruchtlosem Fristablauf beauftragten die Kläger einen Malermeister mit der Vornahme der Schönheitsreparaturen, der am 15.03.1995 für Arbeiten am Balkon, den Lackanstrich der Türen, Heizkörper und Fensterinnenseiten sowie für das Tapezieren und Streichen der Wände und Decken 4.280,29 DM in Rechnung stellte.
Die Kläger verlangten von der Beklagten den Ersatz des vorbezeichneten Rechnungsbetrages, einen Mietausfallschaden für Januar 1995 in Höhe der Miete für Garage und Wohnung in Höhe von 597,90 DM und 300,00 DM Schadensersatz wegen eines verschmutzten Herdes.
Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, daß die vereinbarte Schönheitsreparaturklausel unwirksam sei. Sie habe die Wohnung in unrenoviertem Zustand übernommen, während der Mietzeit Tapezierarbeiten vorgenommen und bei Mietende alle Wände und Decken mit weißer Binderfarbe überstreichen sowie die Türen lackieren lassen.
Das Amtsgericht hat die Beklagte nach Durchführung einer Beweisaufnahme über den Anfangs- und Endzustand der Wohnung unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 4.151,19 DM (3.553,29 DM Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und 597,90 DM Mietausfallschaden) nebst Zinsen verurteilt.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und behauptet, daß zumindest die von dem Kläger in Rechnung gestellte Erneuerung der Tapeten nicht erforderlich gewesen sei. Mit Rücksicht auf die von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Ansprüche auf Rückzahlung der Kaution nebst Zinsen sowie auf Ausgleich einer Nebenkostenguthabenforderung haben die Kläger auf ihre Rechte aus dem angefochtenen Urteil in Höhe eines Betrages von 807,59 DM (731,92 DM Kaution nebst Zinsen; 75,67 DM Gutschrift aus der Nebenkostenabrechnung) verzichtet.
II.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Januar 1996 die Sache dem Senat zur Beantwortung der folgenden Rechtsfrage vorgelegt:
Ist die vorformulierte Mietvertragsbestimmung, nach der der Mieter sich verpflichtet, die Schönheitsreparaturen je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung durchzuführen, wobei die Schönheitsreparaturen üblicherweise als erforderlich anzusehen sind, wenn die in einem Fristenplan festgelegten Zeiträume verstrichen sind, wirksam, wenn die gemietete Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses unrenoviert und der Vermieter zu einer Renovierung auch nicht verpflichtet war?
Das Landgericht hält die in der Vorlagefrage zitierte Formularklausel für wirksam, sieht sich aber an einer entsprechenden Entscheidung durch den Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17.02.1989 (NJW-RR 1989, 520) gehindert. Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge von der Beantwortung der Vorlagefrage ab. Der Anspruch auf Ersatz der Schönheitsreparaturen richte sich nach § 326 BGB i.V.m. § 15 Ziff. 3 und 4 des Mietvertrages. Die Beklagte habe sich bei Beendigung des Mietvertrages ohne eine Mahnung mit der Erfüllung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in Verzug befunden. Da die Beklagte durch ihr Verhalten deutlich gemacht habe, daß sie jede weitere Nachbesserung ablehne, komme es nicht darauf an, ob das Schreiben der Kläger vom 24.01.1995 eine ausreichende Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung enthalte. Im Hinblick auf die Schadenshöhe sei eine Beweisaufnahme dazu erforderlich, ob auch die Erneuerung der Tapeten erforderlich gewesen sei. Die Notwendigkeit dieser Beweisaufnahme hänge jedoch davon ab, ob die Überwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 15 des Mietvertrages als wirksam anzusehen sei. Auf der Grundlage des o.a. Rechtsentscheides des OLG Stuttgart sei die formularmäßige Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter nach Maßgabe des Fristenplanes unwirksam, wenn die Klausel eine Bedarfsregelung enthalte, die gemietete Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses jedoch unrenoviert und der Vermieter zur Renovierung nicht verpflichtet gewesen sei. § 15 Ziff. 3 des Mietvertrages stelle eine derartige Bedarfsregelung auch ohne die ausdrückliche Formulierung dar, daß die Schönheitsreparaturen nach "Bedarf" durchzuführen seien. Es sei nämlich bestimmt, daß die Pflicht zu Schönheitsreparaturen "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" bestehe. Damit könnten Schönheitsreparaturen noch vor Ablauf der festgelegten Fristen bei einem entsprechenden Bedarf durchzuführen sein. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme habe zur Überzeugung der Kammer auch ergeben, daß die Wohnung beim Einzug der Beklagten unrenoviert gewesen sei. Das OLG Stuttgart vertrete die Auffassung, daß die Wirksamkeit von Überwälzungsklauseln davon abhängig sei, daß die Renovierungspflicht des Mieters erst nach Ablauf der üblichen Renovierungsfristen während der Mietzeit einsetze. Sogenannte Bedarfsklauseln seien unwirksam, weil die Formulierung "Bedarf" nur so aufgefaßt werden könne, daß bereits bei der Übergabe der unrenovierten, aber renovierungsbedürftigen Wohnung eine Anfangsrenovierung vom Mieter geschuldet wäre. Darin läge jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne von § 9 AGBG, weil von dem Mieter eine zusätzliche Gegenleistung verlangt werde, der eine Leistung des Vermieters nicht gegenüberstehe.
Demgegenüber sei das Landgericht der Ansicht, daß sogenannte Bedarfsklauseln auch bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung stünden. In Übereinstimmung mit den Beschlüssen des OLG Frankfurt vom 30.06.1992 (WuM 1992, 419) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 13.09.1991 (WuM 1991, 525) lege die Kammer § 15 Ziff. 3 des Mietvertrages bzw. die Formulierung "je nach Grad der Abnutzung und Beschädigung" dahin aus, daß allein für den Fall einer übermäßigen Abnutzung der Wohnung durch den Mieter vorgesorgt werden solle, daß jedoch grundsätzlich der Fristenplan gelte, und zwar erst mit dem Beginn des Mietverhältnisses. Bei der Auslegung des § 15 sei nämlich zu berücksichtigen, daß die Klausel auch einen Fristenplan und die Formulierung "während der Mietzeit" enthalte, so daß ein durchschnittlicher Empfänger nicht davon ausgehe, daß auch ein vorvertraglicher Abnutzungszeitraum mit einbezogen sei. Wenn ein Vermieter auch den durch den Vormieter verursachten Renovierungsbedarf auf den Mieter abwälzen wolle, bedürfe dies einer ausdrücklichen und unmißverständlichen Regelung.
Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
III.
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht, weil die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 541 ZPO nicht vorliegen.
1.
Zwar ist Gegenstand des Vorlagebeschlusses eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt. Dem steht der Umstand nicht entgegen, daß es bei der Vorlagefrage um die Auslegung einer Formularklausel geht. Als Rechtsfrage im Sinne von § 541 ZPO ist nämlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1982, 2186) auch die Auslegung typischer, häufig wiederkehrender Formularklauseln anzusehen, weil die auf die Rechtsvereinheitlichung gerichtete Zweckbestimmung des Rechtsentscheidsverfahrens es erfordert, für die Auslegung typischer Mietvertragsbestimmungen verbindliche Auslegungsregeln zu entwickeln.
2.
Die vorgelegte Rechtsfrage ist auch im Ergebnis nach der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Streitstoffs durch das Landgericht, die nachvollziehbar dargelegt und deshalb für den Senat bindend ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich. Ist die in der Vorlagefrage näher bezeichnete vorformulierte Mietvertragsbestimmung unwirksam, wäre die auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen gerichtete Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils ohne weiteres abzuweisen. Hält die Klausel dagegen einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz stand, wäre eine Beweisaufnahme zur Schadenshöhe erforderlich. Die Beklagte ist mit der Erfüllung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen im Hinblick auf § 15 Ziff. 7 des Mietvertrages zwar nicht ohne Mahnung in Verzug geraten. Indessen erfüllt das Schreiben der Klägerin vom 24.01.1995 die Anforderungen an eine Mahnung.
Die Erheblichkeit der Vorlagefrage für die Entscheidung des Rechtsstreits wird im Ergebnis auch nicht davon berührt, daß sie die vertraglichen Abreden der Parteien zur Fälligkeit der Schönheitsreparaturen nicht vollständig wiedergibt. Abweichend von der formularmäßigen Bestimmung in § 15 Ziff. 3 Satz 3 Mietvertrag, derzufolge Schönheitsreparaturen in den Mieträumen üblicherweise in bestimmen Zeitabständen erforderlich sind, haben die Parteien nämlich in Ziff. 10 der Anlage I zum Mietvertrag nicht nur einen teilweise abweichenden Fristenplan festgelegt, sondern vereinbart, daß der Mieter während der Mietzeit Schönheitsreparaturen jeweils spätestens nach Ablauf näher bezeichneter Zeiträume auszuführen habe. Der Vorlagebeschluß enthält zwar weder Erwägungen zu dem Verhältnis der beiden vorgenannten Regelungen noch Feststellungen dazu, ob es sich bei den Vertragsbestimmungen der Anlage I zum Mietvertrag um Individualabreden oder, wofür das Erscheinungsbild und der Umfang der Einzelregelungen sprechen, um allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Es erscheint jedoch vertretbar, daß das Landgericht sich mit diesen Fragen nicht auseinandergesetzt hat. Die Kammer hat nämlich in dem Vorlagebeschluß allein die vorformulierte Vertragsbestimmung in § 15 Nr. 3 Satz 1 Mietvertrag ausgelegt, nach der der Mieter sich verpflichtet, während der Mietzeit die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung "je nach Grad der Abnutzung und der Beschädigung" durchzuführen. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht zwar die Vereinbarung eines Fristenplanes für die Auslegung mit herangezogen, jedoch nicht auf die gegenüber der Regelung in Anlage I Ziff. 10 für den Mieter günstigere Formulierung in § 15 Ziff. 3 Satz 3 Mietvertrag abgestellt.
3.
Der Erlaß eines Rechtsentscheides ist gleichwohl unzulässig, weil das Landgericht mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung nicht von dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17.02.1989 (NJW-RR 1989, 520) abweicht. Die Auslegung, welche das Landgericht im Anschluß an einen Rechtsentscheid des Hanseatischen Oberlandesgerichts (WuM 1991, 253 [OLG Saarbrücken 06.03.1991 - 5 RE Miet 1/90]) der streitbefangenen Klausel gibt, steht nicht im Widerspruch zu den Gründen des Rechtsentscheids des OLG Stuttgart vom 17.02.1989.
Eine Divergenz fehlt zwar nicht schon deshalb, weil die Vorlagefrage nicht wörtlich mit der Beschlußformel des Oberlandesgerichts Stuttgart übereinstimmt (vgl. BGH NJW 1996, 515). Auch ist eine Divergenz schon dann gegeben, wenn von den tragenden Gründen eines Rechtsentscheides abgewichen werden soll (BGH WuM 1995, 428 [BGH 05.04.1995 - VIII ARZ 4/94]). Der Vorlagebeschluß des Landgerichts ist jedoch deshalb unzulässig, weil die geltend gemachte Divergenz nicht dieselbe Rechtsfrage im Sinne von § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO betrifft. Diese Voraussetzung ist nur dann gegeben, wenn die Rechtsfrage mit der bereits entschiedenen im wesentlichen deckungsgleich ist (vgl. BGH WuM 1984, 4).
Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, bei der im Vorlagebeschluß aufgeworfenen Rechtsfrage um die Auslegung einer Formularklausel, kommt eine Abweichung der Rechtsansicht des vorliegenden Gerichts von einem bereits erlassenen Rechtsentscheid nur dann in Betracht, wenn der Rechtsentscheid über die Auslegung gerade derjenigen Klausel entscheidet, deren Anwendbarkeit in dem Verfahren vor dem vorliegenden Gericht entscheidungserheblich ist. Diese Voraussetzung mag auch noch erfüllt sein, wenn der Vorlagebeschluß eine vorformulierte Vertragsbestimmung betrifft, in der abweichend von der im Rechtsentscheid erörterten Klausel einzelne Wörter durch solche mit eindeutig gleicher Wortbedeutung ersetzt worden sind. Die innere Rechtfertigung für die Überprüfung verbreiteter Formularklauseln im Rechtsentscheidverfahren liegt nämlich in ihrer einer Rechtsnorm ähnlichen Qualität. Im Bereich von Rechtsnormen ist aber von derselben Rechtsform im Sinne von § 541 ZPO auch nur dann auszugehen, wenn das vorlegende Gericht und der Rechtsentscheid auf die gleiche Rechtsnorm oder zumindest auf im wesentliche gleiche Tatbestandsvoraussetzungen abstellen (vgl. für das Verhältnis von § 556 Abs. 3 und 1 BGB: BGH Beschluß vom 22.11.1995 a.a.O.).
Die von dem Landgericht zu beurteilende Klausel in § 15 Ziffer 3 des Mietvertrages weicht jedoch hinsichtlich der vom Landgericht für maßgeblich gehaltenen Formulierung, daß Schönheitsreparaturen "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" durchzuführen seien, von der formularmäßigen Bestimmung ab, deren Wirksamkeit in dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17.02.1989 (a.a.O.) verneint worden ist. Der Rechtsentscheid betrifft eine Klausel, in der sich der Mieter verpflichtete, während der Dauer der Mietzeit "bei Bedarf" die Schönheitsreparaturen ausführen zu lassen, und in der zugleich ein Bedarf mindestens dann als gegeben angesehen wurde, wenn die Fristen nach dem Fristenplan verstrichen waren. Die in den beiden Klauseln verwendeten Formulierungen unterscheiden sich wesentlich. Die Worte "bei Bedarf" und "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" können nicht synonym verwendet werden. Die Formulierung "bei Bedarf" enthält gerade auch eine zeitliche Komponente, die der Festlegung des Zeitpunktes der Vornahme der Schönheitsreparaturen während der Mietzeit dient. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß nach der Klausel ein Bedarf zumindest dann als gegeben gilt, wenn die in einem Fristenplan festgelegten Zeiträume verstrichen sind. Eine derartige unmittelbare Verknüpfung der Regelungen über den Fristenplan mit der Formulierung "je nach Grad der Benutzung oder Beschädigung" ist in der vorformulierten Klausel gemäß § 15 Ziffer 3 des Mietvertrages nicht enthalten. Die vorbezeichnete Formulierung knüpft hinsichtlich der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen an eine Zustandsveränderung der Mietsache an und legt damit den Umfang der Verpflichtung fest. Sie ist anders als die Formulierung "bei Bedarf" oder die dem Vorlagebeschluß des OLG Frankfurt vom 30.06.1992 (WuM 1992, 419) zugrundeliegende Formulierung "wenn erforderlich" nicht eindeutig im Sinne einer zeitlichen Festlegung zu verstehen. Dafür spricht auch, daß im folgenden Satz der Klausel die im Rahmen der Schönheitsreparaturen in Betracht kommenden Arbeiten aufgeführt sind und daß der Fristenplan eigenständig geregelt worden ist.
Das Landgericht versteht die Klausel ebenfalls in dem vorbezeichneten Sinne. Denn es hat angenommen, daß für die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nach Maßgabe von § 15 Ziff. 3 Mietvertrag grundsätzlich der Fristenplan geltend solle, und zwar erst mit dem Beginn des Mietverhältnisses. Die Formulierung "je nach Grad der Abnutzung und Beschädigung" habe lediglich der Vorsorge für den Fall einer übermäßigen Abnutzung der Wohnung durch den Mieter gedient.
Allein die von dem Landgericht theoretisch für möglich gehaltene anderweitige Auslegung der Klausel dahin, daß Schönheitsreparaturen noch vor Ablauf der festgelegten Fristen bei einem entsprechenden Bedarf durchzuführen seien, rechtfertigt nicht die Feststellung einer Abweichung von dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit dem Rechtsentscheid vom 17.02.1989 seine Rechtsauffassung bekräftigt, daß die formularvertragliche Abwälzung der Pflicht, Schönheitsreparaturen vorzunehmen oder deren Kosten zu tragen, den Mieter einer nicht renovierten Wohnung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, wenn sie einen über die Mietzeit hinausgehenden Abnutzungszeitraum abdecken soll, und daß entsprechende Bestimmungen deshalb nach § 9 AGBG unwirksam sind. Damit hat es zu einer Rechtsfrage Stellung genommen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung offen geblieben ist (vgl. BGH WuM 1987, 306, 309 [BGH 01.07.1987 - VIII ARZ 9/86]; BGHZ 105, 71). Das Landgericht hat in seinem Vorlagebeschluß gerade nicht geltend gemacht, daß es abweichend von den tragenden Gründen des Rechtsentscheides des OLG Stuttgart der Auffassung sei, daß auch Formularklauseln wirksam seien, die hinsichtlich der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen einen über die Mietzeit hinausgehenden Abnutzungszeitraum abdecken soll. Zwar hat das Landgericht ausgeführt, daß entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart "sog. Bedarfsklauseln" auch bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH stünden, also keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG darstellten. Das Landgericht hat jedoch die streitbefangene Klausel in § 15 Ziffer 3 des Mietvertrages gerade dahin ausgelegt, daß für die Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ein vorvertraglicher Abnutzungszeitraum nicht einzubeziehen sei. Daraus wird aber deutlich, daß das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart davon ausgeht, daß die Renovierungspflicht nicht Zeiträume abdecken soll, in denen dem Mieter die Nutzung der Wohnung nicht zusteht.
Im übrigen berücksichtigt der Vorlagebeschluß nicht hinreichend, daß das OLG Stuttgart in seinem Rechtsentscheid nicht allgemein "sog. Bedarfsklauseln" für unwirksam erklärt hat. Vielmehr wird in dem Rechtsentscheid für den Fall einer bei Beginn des Mietverhältnisses nicht renovierten Wohnung und dem gleichzeitigen Fehlen einer Renovierungsverpflichtung des Vermieters eine Formularklausel als unwirksam angesehen, derzufolge der Mieter sich verpflichtet, bei Bedarf die Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durch Fachhandwerker ausführen zu lassen, wobei ein Bedarf mindestens dann als gegeben gilt, wenn die in einem Fristenplan festgelegten Zeiträume verstrichen sind. Den tragenden Gründen des Rechtsentscheides ist ebenfalls nicht zu entnehmen, daß das OLG Stuttgart seiner Entscheidung über die im Beschlußtenor konkret genannte Klausel hinaus grundsätzliche Bedeutung beimessen wollte. Vielmehr hat das OLG Stuttgart ausdrücklich geltend gemacht, daß die seiner Entscheidung zugrundeliegende Klausel eine "verschärfte Bedarfsregelung" darstelle. Bei Bedarf sei nach dieser Klausel immer zu renovieren und bei Ablauf der Fristen werde der Bedarf unabhängig vom tatsächlichen Zustand fingiert. Eine solche Bestimmung soll nach der Ansicht des OLG Stuttgart nicht dahin verstanden werden können, daß eigentlich nur eine ab Mietbeginn laufende Fristenregelung gewollt sei. Danach könne der Mieter möglicherweise schon bei Beginn des Mietverhältnisses zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet sein, weil nach dieser Klausel die Fristen auch dann mit Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen zu laufen begännen, wenn diese vor Beginn des laufenden Mietverhältnisses durchgeführt worden seien.
Hingegen ist der Begründung des Rechtsentscheides des OLG Stuttgart vom 07.02.1989 nicht zu entnehmen, daß eine Klausel mit dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Inhalt ebenfalls als eine unzulässige, lediglich an den Renovierungsbedarf anknüpfende Regelung anzusehen sein soll.
Dieses Verständnis der Bindungswirkung des Rechtsentscheides des OLG Stuttgart liegt offensichtlich auch dem Rechtsentscheid des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (WuM 1991, 523) zugrunde. Das OLG Hamburg hatte dabei über die Wirksamkeit zweier im selben Mietvertrag enthaltener, jedoch inhaltlich als voneinander unabhängig beurteilter Renovierungsklauseln zu entscheiden. Die Regelung über die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Renovierungsarbeiten innerhalb von drei Monaten nach Vertragsbeginn hat es u. a. mit dem Hinweis auf den Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17.02.1989 für unwirksam angesehen, weil mit dieser Renovierungspflicht ein über die Mietzeit hinausgehender Abnutzungszeitraum abgedeckt wird. Hinsichtlich der in dem Vertrag weiter enthaltenen Regelung, derzufolge Schönheitsreparaturen in den üblichen Zeitabständen je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung durchzuführen sind, ist das OLG Hamburg indes von der Wirksamkeit der entsprechenden Regelung ausgegangen, ohne insoweit eine Abweichung von der Rechtsauffassung des OLG Stuttgart geltend zu machen. Zur Begründung hat es darauf hingewiesen, daß mit der vorbezeichneten Klausel keine Bedarfsregelung gemeint sei. Mit der Formulierung werde auf einen Bedarf nur in der Weise abgestellt, daß die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in üblichen Zeitabständen ihrem Umfang nach dahingehend bestimmt werde, daß die nach dem Fristablauf notwendige Renovierung nach dem Grad der Abnutzung und Beschädigung zu erfolgen habe. Damit stehe nicht eine Renovierungspflicht nach Bedarf im Vordergrund, sondern eine solche nach Fristablauf, wobei die an sich nach dem Ablauf der üblichen Frist fällige Renovierung nur dann erforderlich sei, wenn der Grad der Abnutzung oder Beschädigung dies erfordere.
Das Landgericht macht ausdrücklich geltend, daß seine Auslegung der Klausel in § 15 Ziff. 3 Mietvertrag mit der in dem Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgericht vom 13.09.1991 vertretenen Ansicht übereinstimme.
Nach alledem weicht die von dem Landgericht beabsichtigte Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen nicht von dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17.02.1989 ab, weil das Landgericht über die dem Rechtsentscheid zugrundeliegende Formularklausel nicht zu befinden hatte und weil die Auslegung der streitbefangenen Klausel durch das Landgericht zu einem Ergebnis geführt hat, das auch unter Zugrundelegung der tragenden Erwägungen in dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart nicht zur Unwirksamkeit der vorformulierten Vertragsbestimmung führt.
4.
Es braucht nicht entschieden zu werden, ob eine Umdeutung der Divergenzvorlage in eine Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung möglich ist. Im vorliegenden Fall fehlt es nämlich an einer grundsätzlichen Bedeutung der Vorlagefrage. Zwar genügt es im allgemeinen, daß zu der Frage unterschiedliche Meinungen zu erwarten sind, so daß es ausreicht, wenn das vorlegende Landgericht von einer einhelligen Literaturmeinung abweichen will und obergerichtliche Rechtsprechung fehlt. Ist die Rechtsfrage jedoch bereits durch den Rechtsentscheid eines Oberlandesgerichts beantwortet, fehlt es an der grundsätzlichen Bedeutung. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat in seinem Rechtsentscheid vom 13.09.1991 (WuM 1991, 525) über die Auslegung der o. a. im wesentlichen deckungsgleichen Klausel entschieden, in der auch die Formulierung "je nach Grad der Abnutzung und Beschädigung" enthalten ist und auf die das vorlegende Landgericht ausdrücklich Bezug nimmt. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob dem OLG Hamburg auch darin zu folgen ist, daß die Kombination der vorbezeichneten Klausel mit einer (unwirksamen) formularmäßigen Verpflichtung zur Anfangsrenovierung unbedenklich sei, weil es sich insoweit um selbständige Regelungen handele. Im vorliegenden Fall ist eine derartige Klauselkombination nicht verwendet worden, so daß die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts nur unter dem Gesichtspunkt von Bedeutung ist, ob bereits eine obergerichtliche Entscheidung zur Auslegung der streitbefangenen Formularklausel vorliegt.