Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 07.03.1995, Az.: 5 U 182/94

Wandlung eines Gebrauchtwagenkaufs; Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses ; Garantievertrag im Gebrauchtwagenhandel

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
07.03.1995
Aktenzeichen
5 U 182/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 16518
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:0307.5U182.94.0A

Fundstellen

  • BB 1995, 897-898 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1995, 2994-2995 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zur Schlüssigkeit einer mündlichen Garantiezusage im Gebrauchtwarenhandel

  2. 2.

    Kein Wiederaufleben eines Wandlungsanspruchs bei einer Garantieversicherung

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Wandlung eines Gebrauchtwagenkaufs.

2

Gemäß "verbindlicher Bestellung eines gebrauchten KFZ mit Gebrauchtwagengarantie" vom 23.10.1993 erwarb der Kläger von dem beklagten Autohaus einen gebrauchten Passat GL zum Preise von 18.900,00 DM. Eingangs des Vertrags ist in Fettdruck hervorgehoben, daß der Käufer hiermit bestellt"zu den nachfolgenden und umseitigen Geschäftsbedingungen folgendes gebrauchte Fahrzeug mit Gebrauchtwagengarantie gemäß den beigefügten Garantiebedingungen. Imübrigen wird das Fahrzeug unter Ausschluß jeder Gewährleistung verkauft."

3

In den rückseitig abgedruckten AGB heißt es unter VII. Gewährleistung:

"Der Kaufgegenstand wird unter Ausschluß jeder Gewährleistung verkauft. Bei Fehlen zugesicherter Eigenschaften bleibt ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung unberührt."

4

Zusätzlich schlossen die Parteien eine über die Car Garantiever- sicherungs AG (CG) abgesicherte Gebrauchtwagengarantieversicherung ab. In den beigefügten AGB für Gebrauchtwagengarantie ist unter§·5 Nr. 5 aufgeführt:

"Die Garantie begründet nicht Ansprüche auf Wandlung (Rückgängigmachung des Kaufvertrages) oder Minderung (Herabsetzung des Kaufpreises)."

5

Die in § 6 dieser AGB aufgeführte Abwicklung der Garantie beinhaltet die nähere Ausgestaltung der Reparatur eines Garantieschadens. In § 6 der CG Garantiebedingungen ist die Schadensregulierung/Eintrittspflicht geregelt:

"1.
Die CG übernimmt für den Verkäufer/Garantiegeber im Garantiefall die Schadensregulierung. Der CG ist eine Reparaturrechnung, aus der die ausgeführten Arbeiten, die Ersatzteilpreise und die Lohnkosten mit Arbeitszeit- richtwerten im einzelnen ersichtlich sein müssen, einzureichen.

2.
Ansprüche aus der geleisteten Garantie sind vom Käufer/Grantienehmer ausschließlich und unmittelbar gegenüber der CG geltend zu machen."

6

Die kurz nach Fahrzeugübergabe Ende Oktober 1993 aufgetretenen Probleme im Zusammenhang mit der Beschleunigung des Fahrzeugs konnten trotz mehrfacher Überprüfungen bzw. Reparaturversuche in einer Bosch-Werkstatt und einer VW-Vertragswerkstatt bis April 1994 nicht endgültig behoben werden. Darauf verlangten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers Rückzahlung des Kaufpreises unter Anrechnung von 500,00 DM für 5.000 zwischenzeitig gefahrene Kilometer gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

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Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihm zugesichert, der Wagen befände sich in einem technisch einwandfreien Zustand. Ein weiteres Festhalten an dem KFZ sei ihm angesichts der zahlreichen erfolglosen bisherigen Reparaturversuche und der immer noch unbekannten Ursache des technischen Mangels nicht mehr zuzumuten. Der Gewährleistungsausschluß könne wegen der gegebenen Garantie nicht durchgreifen.

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Sie hat auf den vertraglichen Rückabwicklungsausschluß verwiesen und darauf, daß es sich bei der Garantie um eine Reparaturgarantie handele, die mit ihr nichts zu tun habe. Im übrigen hat sie sich auf Verjährung berufen.

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Das Landgericht hat die Klage wegen des in zulässiger Weise vereinbarten Gewährleistungsausschlusses abgewiesen.

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Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren insgesamt weiter.

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Unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen bekräftigt er, daß zwischen den Parteien ein Garantievertrag zustande gekommen sei und zwar zunächst mündlich vereinbart über den Geschäftsführer der Beklagten anläßlich der Verkaufsverhandlungen und später schriftlich, wie es sich bereits aus dem Garantiepaß der CG auf dem Deckblatt und Seite 1 ergebe, wonach der Verkäufer eine Garantie abgegeben habe. § 6 der CG AGB sei widersprüchlich und überraschend und daher insgesamt unwirksam. Die Beklagte habe dem Kläger gegenüber nie bestritten, Garantiegeberin zu sein; sie habe den Kläger vielmehr wiederholt aufgefordert, den Wagen in eine Werkstatt zu geben und später die Reparaturrechnungen auch stets von ihm angenommen. Nach wie vor arbeite die Motoreinspritzanlage nicht richtig. Da ihm weitere Reparaturen nicht zuzumuten seien und eine wirkliche Schadensbehebung auch nicht möglich sei, müßten die nicht verjährten Mängelgewährleistungsrechte wieder aufleben; jedenfalls wäre ein Berufen auf Verjährung treuwidrig.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

13

Dem Kläger steht wegen des wirksam vereinbarten Ausschlusses kein Wandlungsrecht wegen technischer Mängel am Fahrzeug zu. Aus der gewährten Gebrauchtwagengarantie ist ein Rückabwicklungsanspruch oder ein Wiederaufleben an sich ausgeschlossener Gewährleistungsrechte nicht herzuleiten.

14

Die Berufung greift die vom Kläger erstinstanzlich behauptete Zusicherung über den technisch einwandfreien Zustand des Fahrzeuges als selbständigen Wandlungsgrund gemäß § 463 BGB trotz des Gewährleistungsausschlusses nicht wieder auf, nachdem das Landgericht diesem Vorbringen unter zutreffendem Hinweis auf den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Erklärungswert solcher Zusicherungen mangels Erheblichkeit nicht weiter nachgegangen ist (BGH NJW 1978, 2241: Betriebsbereitschaft, Betriebssicherheit).

15

Ein Gewährleistungsausschluß ist im Gebrauchtwagenhandel üblich; seine Wirksamkeit wird an sich auch von der Berufung nicht in Fra- ge gestellt. Der Versuch, über einen zwischen den Parteien geschlossenen Garantievertrag zu einer Rückabwicklung des Vertrages wegen bislang nicht behobener bzw. auch nicht behebbarer technischer Mängel zu kommen, scheitert jedoch.

16

Der Begriff "Garantie" allein hat keinen genauer festgelegten Er- klärungsinhalt. Im Gebrauchtwagenhandel hat er zwar mittlerweile einen festen Platz; er wird aber zutreffend als"schillernd" be- zeichnet (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 5. Aufl., Rdn. 1690). So haben sich heute beim Gebrauchtwagenkauf vom KFZ-Händler vor allem drei Garantiegruppen herausgebildet: die "individuelle Händlergarantie" (Verkäufergarantie) und die sogenannten Systemgarantien "produktbezogene Garantie auf Additivbasis" sowie die "Garantieversicherung" (Gebrauchtwagengarantie auf der Basis einer Reparaturkostenversicherung) (vgl. Reinking/Eggert a. a. O., Rdn. 1691). Diese Garantiearten haben einen ganz unterschiedlichen Inhalt, wobei insbesondere die Frage, was unter einer Verkäufergarantie zu verstehen ist und wie die Rechte des Käufers daraus in das Gewährleistungsrecht einzuordnen sind, nur nach den Umständen des Einzelfalles zu beantworten ist, wobei den Parteivereinbarungen und Händlererklärungen besondere Bedeutung zukommen.

17

Der in der Berufungsinstanz erstmalig geltend gemachte Abschluß eines mündlichen Garantievertrages bzw. einer mündlichen Garantiezusage ist ohne weitere Angaben, welcher Art diese Garantie und wie sie inhaltlich ausgestaltet sein sollte, nicht schlüssig dargetan. Die bloße Erklärung des Verhandlungsführers auf der Verkäuferseite, er gebe auf das Fahrzeug eine einjährige Garantie wegen des technisch einwandfreien Zustandes, belegt nicht substantiiert eine Zusage bzw. Abrede, aus der sich hinreichend bestimmbar ein Garantieinhalt ableiten ließe, sondern kündigt bloß an, daß im Falle eines Vertragsschlusses insoweit eine Absicherung des Erwerbers in bestimmter Weise erfolgen soll. Etwaige andere Vorstellungen des Klägers und seine fehlende Kenntnis von den ver- schiedenen Garantieabsicherungsmöglichkeiten sind demgegenüber unerheblich. Im übrigen ist völlig offen und wird auch vom Kläger nicht näher erläutert, wie sich eine mündlich abgegebene 1jahres Garantie neben einer schriftlichen 2jahres Garantie verhalten soll. Von einer mündlich verabredeten Händlergarantie, nach der ein sich daraus gegebener Anspruch auf kostenlose Nachbesserung im Fall der Erfolglosigkeit in einen Wandlungsanspruch umschlägt (vgl. Reinking/Eggert a. a. O., Rdn. 1698 am Ende), kann daher nicht ausgegangen werden.

18

Mit seiner Unterschrift hat der Kläger anschließend den Ausschluß von Mängelgewährleistungen und die Gültigkeit einer Gebraucht- wagengarantie mit bestimmten Garantiebedingungen anerkannt. Gewährleistungsausschluß und die Gebrauchtwagengarantie sind rechtswirksam Bestandteil des Kaufvertrages geworden. Diese inhaltliche Ausgestaltung bedingt die Ansprüche des Klägers.

19

Danach besteht für ihn eine Garantieversicherung, die die Beklagte zu seinen Gunsten abgeschlossen hat. Bei dieser Garantie, die derzeit im Gebrauchtwagenhandel das Feld beherrscht (Reinking/Eggert a. a. O., Rdn. 1605; siehe dazu auch Finke/Spieß, NJW, 1995, 242) ist der Händler insoweit Garantiegeber und der Käufer der Garan- tienehmer. Nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen wird für den Erwerber hier ein Anspruch auf Schadensregulierung "ausschließlich und unmittelbar" durch den Versicherer begründet (§ 6 CG AGB). Das ist entgegen der Berufung zunächst durchaus in Einklang zu bringen mit dem Deckblatt und der Seite 1 des Garantiepasses. Dort heißt es, daß der Käufer vom Verkäufer eine Garantie nach Maßgabe der folgenden Garantiebedingungen erhält. Für diese dem Käufer geschuldete Garantie hat die Beklagte gesorgt durch den Abschluß der Versicherung. Wenn der Kläger sich eine andere Art von Garantiezusage vorgestellt haben sollte, so hätte es an ihm gelegen, sich vor Abschluß des Vertrages über den Inhalt und den Umfang bzw. die Ausgestaltung der Garantie im einzelnen zu informieren bzw. Nachfrage bei seinem Vertragspartner zu halten. Daher ist auch die Regelung in § 6 der Bedingungen nicht widersprüchlich oder überraschend. Die Regelung enthält eine Festlegung, welche Garantieleistung der Garantienehmer im Garantiefall von wem verlangen kann. Das Konzept einer Garantieleistung durch Übernahme von Reparaturkosten und ggf. durch eine direkte Regulierung gegenüber einer Werkstatt mit einem darauf gerichteten Direktanspruch gegen den Versicherer ist eine mögliche Art der Ausgestaltung von Garantieabreden, die auch seit langem Einzug in den Gebrauchtwagenhan- del gehalten hat. Weder nach der schriftlichen Ausgestaltung der Vereinbarungen noch nach den vom Kläger behaupteten Verkäufererklärungen ist ihm eine andere Ausgestaltung der Garantie in Aussicht gestellt worden. Es hätte an ihm gelegen, sich darüber zu vergewissern, daß die Garantie so ausfällt, wie er sie sich vorgestellt haben will.

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Damit ist die Beklagte den von ihr übernommenen Garantieverpflichtungen nachgekommen. Ihr gegenüber können Mängelgewährleistungsansprüche auch nicht wieder aufleben. Diese sind insgesamt und einschränkungslos ausgeschlossen worden und nicht nur - wie die Berufung annehmen möchte - teilweise für den Fall erfolgreicher Reparatur. Welche Reparaturkostenübernahme in dieser Fallgestaltung der Kläger vom Versicherer noch verlangen kann, steht nicht zur Entscheidung durch den Senat, da dies - wie ausgeführt - nicht Gegenstand der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien ist. Die Frage nach einer Verjährung von Ansprüchen stellt sich danach ebenfalls nicht.