Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 28.09.2001, Az.: 3 U 50/01
Schadenersatz wegen Organisationsverschuldens bei schriftlich erklärtem Verzicht des Anspruchstellers auf die Dokumentation der Überwachung eines Vertriebswegs
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 28.09.2001
- Aktenzeichen
- 3 U 50/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 30704
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2001:0928.3U50.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 25.04.2001 - AZ: 12 O 2211/99
Fundstelle
- TranspR 2002, 154-155
In dem Rechtsstreit
...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2001
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...,
des Richters am Oberlandesgericht ... und
des Richters am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.04.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer übersteigt 60.000 DM nicht.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet.
Der Klägerin steht kein über die geleisteten 1000 DM hinausgehender Schadensersatz zu, weil die Haftung der Beklagten in zulässiger Weise auf diesen Betrag begrenzt worden ist.
Nach Auffassung des Senats trifft die Beklagte nicht der Vorwurf eines Organisationsverschuldens. Zwar ist die Beklagte grundsätzlich verpflichtet, den Transportweg durch Ein- und Ausgangskontrollen an den sog. Schnittstellen zu überwachen. Solche Kontrollen können aber dann nicht erwartet werden, wenn ein Vertragspartner der Beklagten - vorliegend die Fa. G. GmbH - hierauf ausdrücklich verzichtet hat.
Es steht außer Streit, dass die Beklagte mit der ursprünglichen Inhaberin des Schadensersatzanspruchs, der Fa. G., vereinbart hatte, dass eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen nicht durchgeführt wird. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen selbst dann nicht, wenn es sich bei der zugrunde liegenden Klausel um eine dem AGBG unterliegende Bestimmung handelt. Der Wortlaut der verwendeten Klausel ist nach Auffassung des Senats nicht mißverständlich und bringt eindeutig zum Ausdruck, daß auf eine schriftliche Dokumentation von Kontrollen verzichtet wird. Mit dem vereinbarten Dokumentationsverzicht hat die Fa. G. zugleich auf die Durchführung der Ein- und Ausgangskontrollen selbst verzichtet. Denn die getroffene Vereinbarung hat nicht nur den Ausschluß einer Dokumentation durchgeführter Kontrollen zur Folge (so OLG Frankfurt, Urteil vom 03.05.2000, 21 U 180/99), sondern auch den Verzicht auf die Kontrollen selbst. Kontrollmaßnahmen sind nur dann sinnvoll, wenn sie im Hinblick auf die Vermeidung bzw. Aufklärung von Verlusten eine nachträgliche Rückverfolgung des Transports einer Sendung ermöglichen, was jedoch ohne schriftliche Dokumentation der jeweiligen Erfassungsvorgänge gar nicht durchführbar ist und deshalb billigerweise auch nicht verlangt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.1998, 18 U 135/97).
Auch in anderer Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit einer derartigen AGB-Bestimmung; insbesondere handelt es sich nicht um eine einseitige Begünstigung der Beklagten. Es liegt auf der Hand, daß die Beklagte den massenhaft betriebenen und dadurch preisgünstigen Vertrieb von Paketsendungen nur nach Maßgabe streng rationalisierter Betriebsabläufe wirtschaftlich betreiben kann. Dazu gehören auch Erleichterungen im Hinblick auf die Dokumentation des Vertriebsweges. Einem Kunden der Beklagten steht es frei, eine besser dokumentierte, aber kostenaufwendigere Art der Versendung zu wählen.
Die Beklagte hat auch nicht zugestanden, ohne Kontrolle oder Aufsicht Dritten, insbesondere von ihr beauftragten Subunternehmern, den Zutritt zu ihren Lagern gestattet zu haben. Sie hat vielmehr nur geltend gemacht, daß sie "inzwischen dazu übergegangen" sei, die Beförderung zum Teil durch Subunternehmer durchführen zu lassen.
Das Vorbringen der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12.9.2001 nebst Beweisantritt, wonach die Beklagte in verschiedenen Hauptumschlagslagern keine Aufsicht oder Kontrolle durchgeführt habe, gibt keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der Verhandlung.
Für eine Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Rechtssache nach Auffassung des Senats keine grundsätzliche Bedeutung hat. Im übrigern ist in der von der Klägerin zitierten Sache 21 U 180/99 OLG Frankfurt Revision eingelegt worden, so daß eine Klärung der Frage durch den BGH ohnehin zu erwarten ist.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 1 ZPO.