Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 11.10.2001, Az.: 8 U 112/01
Anspruch eines Transportversicherers auf Schadensersatz wegen des Verlustes von Transportgut; Übergang des Schadensersatzanspruchs auf den Transportversicherer nach erfolgtem Ersatz des Schadens gegenüber dem Geschädigten; Anforderungen an die Bestimmtheit einer in englischer Sprache abgefassten Abtretungserklärung; Voraussetzungen für die konkludente Annahme einer Abtretungserklärung; Erledigung rechtlicher Angelegenheiten durch einen Transportversicherer für dessen Kunden; Beweispflichtigkeit eines Frachtführers für die Ablieferung des Frachtgutes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 11.10.2001
- Aktenzeichen
- 8 U 112/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 30732
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2001:1011.8U112.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 28.02.2001 - AZ: 4 HO 220/97
Rechtsgrundlagen
- § 134 BGB
- Art. 3 CMR
- Art. 17 Abs. 1 CMR
- Art. 23 CMR
- Art. 29 CMR
- Art. 1 § 1 RBerG
- Art. 1 § 5 RBerG
- § 67 VVG
Fundstelle
- TranspR 2003, 76-80 (Volltext mit red. LS)
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Streithelferin der Beklagten gegen das am 28.2.2001 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Osnabrück wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Streithelferin der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Streithelferin der Beklagten kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 460.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,- DM.
Tatbestand
Die Klägerin macht als Transportversicherer aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatz wegen des Verlustes von Transportgut geltend.
Die Klägerin ist Transportversicherer der Firma B... KG in K.... Diese Firma beauftragte die Beklagte am 29.4.1996 mit der Beförderung von Elektrogeräten mit einem Gesamtgewicht von 8.665,22 KG von M... - A... nach M.... Sowohl in den Transportaufträgen als auch in dem CMR - Frachtbrief sind als Empfänger des Transportgutes "C... T.... A..., Z.... G... S... R..." und folgende "Besondere Weisung" bzw. "Anweisung des Absenders" aufgeführt. "Ansprechpartner und Anlieferadresse bitte im B... Bü(ue)ro M... erfragen Tel. ... (5 lines) ... N... oder ... K...".
Die Beklagte führte den Transport nicht selbst aus, sondern beauftrage damit die Firma ... L... GmbH, die ihrerseits die Streithelferin der Beklagten mit der Durchführung des Transportes beauftragte. Die Streithelferin der Beklagten bediente sich ihrerseits einer Unterfrachtführerin. Diese setzte für die Beförderung des am 29.4.1996 übernommenen Transportgutes einen in W... zugelassenen Lkw nebst Anhänger ein, der auf der Strecke von M... nach M... von dem Zeugen B... gefahren wurde. Dieser kam 5.5.1996 mit dem Transportfahrzeug in M... an. Der weitere Verbleib der Ladung ist zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin, die unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes der Firma B... für den Verlust des Transportgutes einen Betrag von 143.839,- DM gezahlt hat, hat in Höhe dieses Betrages aus eigenem Recht und im Übrigen wegen eines weiteren Betrages von 289.839,12 DM aus abgetretenem Recht der Firma B... die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Dazu hat sie vorgetragen, dass das Transportgut in M... verschwunden sei. Dies habe der Fahrer des Lkw in Folge grober Fahrlässigkeit, die die Beklagte zu vertreten habe, verursacht. Er habe in einer schriftlichen Erklärung vom 3.6.1996 gegenüber der Streithelferin der Beklagten angegeben, dass er bei Eintreffen in M... das Büro der Firma B... angerufen und von dort die Weisung erhalten habe, zu warten. Sodann habe er im Büro der Beklagten in M... angerufen und mitgeteilt, dass er in M... sei und sich mit dem Kunden in Verbindung gesetzt habe. Später seien zwei Leute gekommen, die sich als Frachtempfänger vorgestellt und auch Frachtpapiere vorgewiesen hätten. Danach sei man zu einer Zollstation gefahren, die er nicht näher habe benennen können. Später seien die unbekannten Personen mit einem Zöllner herausgekommen. Im Anschluss daran habe er noch einen Tag warten müssen. Danach sei er zu einem Kunden zum Entladen der Fracht gefahren. Die Adresse könne er nicht mehr angeben. Schon aus diesen Angaben ergebe sich, dass der Fahrer des Lkw alle von ihm zu verlangenden Vorsichtsmaßnahmen zur Verhinderung der Ablieferung der Fracht an einen unberechtigten Empfänger gröblichst missachtet habe. Außerdem seien die Angaben des Fahrers falsch. Er habe nicht bei nicht im Büro der Firma B... in M... angerufen. Die Frachtpapiere, auf die sich der Fahrer berufe, seien manipuliert gewesen. Der Fahrer habe nicht den im aufgegebenen Zollterminal angefahren. Die auf dem Frachtbrief angegebene Zollamtsnummer sei nicht korrekt.
Ausweislich der an die Empfängerin der Ware gerichteten Handelsrechnung betrage der Wert der verschwundenen Ware 433.678,12 DM.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 433.678,12 DM nebst 5% Zinsen seit dem 6. Juni 1996 zu zahlen.
Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie haben mit der Begründung, dass die Abtretung der Firma B... an die Klägerin unwirksam sei, die Aktivlegitimation der Klägerin sowie die Schadenshöhe bestritten. Im Übrigen haben sie behauptet, dass die Warensendung ordnungsgemäß an den von der Firma B... benannten Empfänger abgeliefert worden sei. Der Fahrer des Lkw habe bei seiner Ankunft in M... am 5. Mai 1996 die in den Frachtbriefen angegebene Empfängeradresse angefahren habe. Von dort aus habe er die ebenfalls in den Frachtbriefen angegebene Telefonnummer angerufen, um die genaue Lieferanschrift zu erfahren. Dabei habe sich der in den Frachtbriefen bezeichnete Herr N... gemeldet und den Fahrer angewiesen, auf ihn an dem Standort zu warten. Tatsächlich seien dann auch zwei Personen erschienen, von denen sich eine als Herr N... vorgestellt habe. Der Fahrer haben den Pass des Herrn N... überprüft, der als zusätzliche Legitimation auch noch eine Abschrift des CMR-Frachtbriefes vorgelegt habe. Der Beauftragte der Firma B... habe den Fahrer dann angewiesen, mit ihm zu dem Customs Terminal "Yug", ..., in M... zu fahren, was der Anweisung in den Frachtaufträgen entsprochen habe. Dort sei der Beauftragte der Firma B... in das Zollgebäude gegangen und sodann mit einem Zollbeamten erschienen, der von dem Fahrer die Frachtbriefe übernommen und die Plombe an dem Fahrzeug überprüft habe. Der Fahrer habe entsprechend der Anweisung des Zolls bis zur Zollabfertigung am nächsten Morgen gewartet. Dazu sei auch der Beauftragte der Firma B... wieder erschienen. Der Zollbeamte habe vor dem Zollgebäude eine eingehende Warenkontrolle vorgenommen und dem Fahrer anschließend die vom Zoll ausgefertigten Frachtpapiere wieder ausgehändigt. Der Beauftragte der Firma B... habe den Fahrer dann angewiesen, mit ihm die Warensendung zu der Ablieferadresse in der Straße ... zu transportieren. Dort sei die Warensendung entladen und die Ablieferung auf dem Frachtbrief ordnungsgemäß quittiert worden.
Hilfsweise haben sich die Beklagte und ihrer Streithelferin auf die Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Abs. 3 CMR berufen und dazu vorgetragen, dass diese Haftungsbeschränkung nicht wegen eines grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten bzw. ihres Frachtführers entfalle.
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen B... mit dem am 28.2.2001 verkündeten Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird, der Klage im vollem Umfang stattgegeben.
Dagegen richtet sich die form - und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Streithelferin der Beklagten, mit der sie ihr bisheriges Begehren auf Klageabweisung weiter verfolgt.
Unter Wiederholung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens bestreitet die Streithelferin der Beklagten die Aktivlegitimation der Klägerin, soweit Schadensersatzansprüche von der Firma B... an die Klägerin abgetreten worden sind, und behauptet, dass die Sendung angesichts der auf dem Carnet - TIR und dem CMR - Frachtbrief befindlichen Stempel bei dem in dem CMR - Frachtbrief angegebenen Zollamt verzollt und bei dem wirklichen Empfänger, der Firma N... - Ö... A... K... M... GmbH, abgeliefert worden sei, der den Empfang der Sendung quittiert habe. Im Übrigen beruft sie sich weiterhin auf die Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Abs. 3 CMR und bestreitet die Schadenshöhe.
Die Streithelferin der Beklagten beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den von ihnen vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Streithelferin der Beklagten ist unbegründet. Denn der Klägerin steht aus eigenem und aus abgetretenem Recht ein Schadensersatzanspruch aus Art. 17 Abs. 1, 23, 29, 3 CMR in der geltend gemachten Höhe wegen des Verlustes des Transportgutes ihrer Versicherungsnehmerin zu.
I)
Die Klägerin ist hinsichtlich der Geltendmachung des gesamten Verlustschadens aktivlegitimiert.
1)
Soweit die Klägerin ihrer Versicherungsnehmerin den Verlustschaden in Höhe von 143.839,- DM ersetzt hat, ist der Schadensersatzanspruch gemäß § 67 VVG auf sie übergegangen. Dass dieser gesetzliche Forderungsübergang im vorliegenden Fall im Verhältnis der Klägerin zu ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma B..., auf Grund des zwischen ihnen abgeschlossenen Versicherungsvertrages Geltung hat, wird von der Streithelferin der Beklagten im Berufungsrechtszug nicht mehr bestritten.
2)
Die Klägerin ist im Übrigen auf Grund der Abtretung des Schadensersatzanspruches durch die Firma B... berechtigt, den Schadensersatzanspruch in Höhe von weiteren 289.839,12 DM geltend zu machen.
Die Firma B... hat bereits mit Abtretungserklärung vom 10.12.1996 ihre Ansprüche aus dem Schadensfall an die Klägerin abgetreten.
a)
Diese Abtretungserklärung ist nicht mangels Bestimmtheit unwirksam.
In der in englischer Sprache abgefassten Abtretungserklärung heißt es zwar, dass die Ansprüche an die Klägerin sowie "respectively", d.h. beziehungsweise, an die Firma W..., die vorprozessual von der Klägerin mit der Schadensbearbeitung beauftragt worden war, abgetreten werden. Selbst wenn dadurch offen geblieben wäre, an wen die Ansprüche abgetreten worden sind, hat die Firma B... durch Erklärung vom 31.8.1999 klargestellt, dass sie am 10.12.1996 die Schadensersatzansprüche allein an die Klägerin abgetreten hat.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Klägerin die Abtretung dadurch konkludent angenommen, dass sie den Schadensersatzanspruch in Höhe des nicht auf sie übergegangenen Anteils unter Verwendung der Abtretungserklärung gerichtlich geltend macht.
Unter diesen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vom 31.8.1999 Schadensersatzansprüche der Firma Braun - wie die Streithelferin der Beklagten behauptet hat - verjährt gewesen wären.
b)
Die Abtretung der Schadensersatzansprüche an die Klägerin ist nicht nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 des Rechtsberatungsgesetzes nichtig.
Es ist dabei schon fraglich, ob die Abtretung der Schadensersatzansprüche der Firma B... aus dem Schadensfall von dem Erlaubniszwang nach Art. 1 § 1 Abs. 1 des Rechtsbratungsgesetzes erfasst wird. Denn unter den Begriff "Einziehung einer Forderung" im Sinne dieser Vorschrift fällt nur die geschäftsmäßige Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, nicht aber das Sichabtretenlassen einer Forderung (vgl. BayObLG Jur Büro 1990, 642 f.; Rennen/Caliebe, RBerG, 2. Aufl., Rz. 33 zu Art. 1 § 1 RBerG). Es ist aber nicht ersichtlich und nicht von der Streithelferin der Beklagten im Einzelnen dargelegt worden, dass die Klägerin die Einziehung von abgetretenen Schadensersatzansprüchen ihrer Versicherungsnehmer, die nicht bereits nach § 67 VVG auf sie übergegangen sind, geschäftsmäßig vornimmt. Die Streithelferin der Beklagten vermutet dies nur, ohne dies im Einzelnen darzulegen. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Beweisantritt behauptet hat, dass die Klägerin für die Firma B... regelmäßig auch deren Selbstbehalt im Regresswege klageweise geltend macht, ist diese nach § 132 Abs. 1 ZPO verspätet.
Selbst wenn die Klägerin aber die Einziehung von abgetretenen Schadensersatzansprüche gewerbsmäßig durchführen würde, stände dies - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - gemäß Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG nicht unter dem Erlaubniszwang nach Art. 1 § 1 RBerG.
Die Klägerin kann nach dieser Vorschrift als gewerbliches Unternehmen für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebes in unmittelbaren Zusammenhang stehen. Dies trifft auf die Einziehung von Schadenersatzansprüchen, die Versicherungsnehmer an die Klägerin zur Einziehung abgetreten haben, zu. Denn zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Transportversicherer und der im Rahmen der Einziehung von Schadensersatzansprüchen ihrer Versicherungsnehmer erfolgenden Rechtsberatung besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Diese Rechtsbesorgung ist von der versicherungswirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin, die die Schadensregulierung umfasst, nicht zu trennen.
Zwar kann die Klägerin ihre Haupttätigkeit als Transportversicherer bei objektiver Betrachtung auch ohne die Rechtsbesorgung im Rahmen der Einziehung von abgetretenen Schadensersatzansprüchen vornehmen. Dies schließt aber die Anwendung von Art. 1 § 5 RBerG nicht aus. Denn auch die subjektive Erwartung des Kunden, dass der Unternehmer das rechtliche Hilfs - oder Nebengeschäft miterledigt kann, muss Berücksichtigung finden (vgl. Rennen/Caliebe, a.a.O., Rz. 8 zu Art. 1 § 5 RBerG). Dies trifft hier zu. Denn die Firma B... konnte erwarten, dass die Klägerin im Rahmen der Schadensregulierung auch die Schadensersatzansprüche, die nicht bereits auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs auf sie übergegangen sind, auf Grund einer Abtretung im Rahmen einer einheitlichen Schadensregulierung geltend macht.
Im Übrigen muss es sich bei der nach Art. 1 § 5 RBerG erlaubten Rechtsbesorgung um eine bloße Hilfst - oder Nebentätigkeit handeln. Sie darf nicht im Vordergrund stehen. Das Berufsbild darf in seinem Kernbereich nicht rechtsberatender oder rechtsbesorgender Art sein (vgl. BGH VersR 1979, 714/715). Auch dies trifft auf die Rechtsbesorgung im Rahmen der Einziehung von abgetretenen Schadenersatzansprüchen von Versicherungsnehmern zu. Denn diese Rechtsbesorgungstätigkeit steht nicht im Vordergrund der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin als Transportversicherer. Sie hat nach der Ausgestaltung des gesamten Transportversicherungsgeschäftes nur die Bedeutung einer untergeordneten Hilfstätigkeit, um eine sachgerechte und beschleunigte Abwicklung des Versicherungsgeschäftes und der Regulierung eingetretener Schäden zu ermöglichen. Das Berufsbild der Klägerin als Transportversicherer wird durch diese Rechtsbesorgung in seinem Kernbereich nicht rechtsberatender oder rechtsbesorgender Art.
II)
Die Beklagte haftet nach der Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 CMR, die auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen Frachtvertrag nach Art. 1 CMR anwendbar ist, für den Verlust des unstreitig von der Streithelferin der Beklagten übernommenen Frachtgutes. Sie hat dabei nach Art. 3 CMR für das Verhalten ihrer Streithelferin, die sie mit der Ausführung des Transportes beauftragt hat, und des von der Streithelferin mit dem Transport betrauten Fahrers einzustehen.
1)
Der Verlust des Frachtgutes ist gegeben. Er liegt unter anderem bei Untergang oder Unauffindbarkeit des Gutes vor (vgl. OLG Hamm TranspR 1992, 179 ff., 181). Die Klägerin hat vorgetragen, dass der Verbleib des Transportgutes ihr unbekannt sei und nicht habe aufgeklärt werden können. Dem haben die Beklagte und ihre Streithelferin nicht substantiiert widersprochen. Soweit die Streithelferin der Beklagten nunmehr behauptet, dass die Sendung an die Firma N...-Ö... A... K... M... GmbH ausgeliefert worden sei und diese Firma die von der Firma B... bestimmte Empfängerin der Sendung gewesen sei, ist dies unerheblich. Denn weder nach dem Transportauftrag noch nach dem CMR - Brief war als Empfängerin der Sendung die von der Beklagten genannte Firma aufgeführt worden. Insofern stellt auch die Auslieferung an einen Nichtbererchtigten den Verlust des Transportgutes dar, sofern das Gut nicht alsbald zurückerlangt wird (vgl. BGH TranspR 2000.409 ff., 411). Selbst wenn daher der auf Feld 24 des CMR - Briefes unter der Rubrik "Gut empfangen" befindliche und zum größten Teil unleserliche Stempel von der Firma N...-Ö... A... K... M... GmbH stammen würde, stände damit nicht fest, dass das Transportgut von der Firma B... alsbald zurückerlangt werden konnte.
2)
Die Beklagte ist als Frachtführerin für die Ablieferung des Frachtgutes beweispflichtig (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O., S. 180; OLG Hamburg TranspR 1996, 280 ff., 282; Koller Transportrecht, 4. Aufl., Rz. 12 zu § 17 CMR m.w.N.). Diesen Beweis hat die Beklagte nicht geführt.
a)
Grundsätzlich muss das Transportgut an denjenigen abgeliefert werden, der nach dem Frachtvertrag als Empfänger des Gutes bestimmt ist. Es genügt demnach nicht, dass das Gut an den wirtschaftlichen Endempfänger abgeliefert oder einem Dritten Besitz an dem Gut verschafft wird (vgl. BGH TranspR 2000, 409 ff., 411; Koller, a.a.O., Rz. 7 zu Art. 17 CMR m.w.N.). Dies bedeutet, dass das Transportgut im vorliegenden Fall bei dem Zollager "A..." in S... abgeliefert werden musste. Denn dieses Zollager ist in dem Transportauftrag und in dem CMR - Brief als Empfänger des Transportgutes bestimmt.
aa)
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte auf Grund der Aussage des von ihr benannten Zeugen B..., der den Lkw mit dem Transportgut von M... nach M... gefahren hat, nicht bewiesen hat, dass das Transportgut bei diesem Zollager abgeliefert worden ist.
Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, dass er den Namen des Zollamtes, zu dem er nach Erreichen eines Parkplatzes nach einer Fahrstrecke von 40 bis 50 km gefahren sei, nicht kenne. Es habe sich aber um das in dem Transportauftrag genannte Zollamt gehandelt. Schon nach dieser Aussage ist zweifelhaft, ob er das Transportgut tatsächlich zu dem in dem Transportauftrag genannte Zollamt "A..." gebracht hat. Denn die Klägerin hat anhand eines Stadtplanes von M... hinreichend deutlich dargelegt, dass zwischen dem Parkplatz, zu dem der Zeuge nach seiner Aussage zunächst gefahren ist, und dem Zollamt "A...", das sich in einem einen östlichen Vorort von M... befindet, eine Entfernung von mehr als 50 km gegeben ist.
Die Aussage des Zeuge stimmt zudem nicht mit in seiner ersten schriftlichen Erklärung über die Durchführung des Transportes vom 3.6.1996 überein. Denn in dieser Erklärung hat er angegeben, dass er zum Zoll im R... S... gefahren sei. Den Straßennamen kenne er nicht. Nach den Darlegungen der Beklagten in ihrer Klageerwiderung soll es sich dabei um das Zollamt Customs Terminal "Yug" in der ... in M... handeln. Dieses Zollamt ist aber - wie sich aus der Anschrift und aus dem von der Klägerin vorgelegten Stadtplan ergibt - nicht mit dem Zollamt "A..." in S... identisch, an das das Transportgut nach dem Transportauftrag abgeliefert werden sollte.
bb)
Auch aus den auf dem CMR- Brief und auf dem "CARNET TIR" befindlichen Stempeln ergibt sich nicht, dass das Transportgut bei dem in dem Transportauftrag und dem CMR - Brief als Empfänger genannte Zollager abgeliefert worden ist.
Auf der bisher nur vorgelegten Ablichtung des CMR - Brief befindet sich zwar auf dem Feld. ... ausweislich der von der Streithelferin der Beklagten vorgelegten Übersetzung ein Stempel mit der Inschrift "M... A...-Güter-Zoll Nr. ... Ware eingegangen Inspektor". Dabei ist aber einmal nicht ersichtlich, ob es sich bei dieser Zollstelle um das in dem Transportauftrag und dem CMR - Brief als Empfänger genannte Zollager "A..." in S... handelt. Zum anderen hat die Beklagte in einem an die Firma B... adressierten Schreiben vom 28.5.1996 selbst mitgeteilt, dass die auf dem Stempel mit Handschrift eingetragene Zollamtsnummer ... nicht korrekt sei. Abgesehen davon, dass die Streithelferin der Beklagten bisher trotz des bereist im ersten Rechtszug erfolgten Bestreitens der Klägerin für die Echtheit des Zollamtsstempels keinen Beweis angetreten und das Original des Frachtbriefes nicht vorgelegt hat, steht somit auf Grund dieses Stempels nicht fest, dass das Transportgut bei dem nach dem Transportauftrag genannten Empfänger abgeliefert worden ist.
Gleiches gilt für den Stempel auf der vorgelegten Ablichtung des "CARNET TIR". Nach Stempeln der Zollämter an der D... -P..., P... - W... und W... - R... Grenze befindet sich dort ein Stempel, der dem auf dem Feld ... des CMR - Briefes befindlichen Stempel ähnelt. Daraus ist aber nicht ersichtlich, dass dieser Stempel von dem Zollamt "A..." in S... stammt.
Im Übrigen befindet sich unter diesem Stempel das Datum vom 7.5.1996. Dieses Datum stimmt aber nicht mit den zeitlichen Angaben der Beklagten und des Zeugen B... zu dem Ablauf des Transportes überein. Danach soll der Zeuge am 5.5.1996 in M... angekommen sein. Selbst wenn die Zollabfertigung, wie der Zeuge in seiner Erklärung vom 3.9.1996 angeben hat, einen Tag nach der Ankunft durchgeführt worden wäre, hätte sie daher am 6.5.1996 und nicht, wie auf dem Stempel ersichtlich, am 7.5.1996 bescheinigt werden müssen.
b)
Im Übrigen kann ausnahmsweise das Transportgut auch an nicht in dem Transportauftrag genannte Dritte abgeliefert werden. Die Dritte müssen dazu aber von dem verfügungsberechtigten Empfänger wirksam bevollmächtigt oder ermächtigt sein (vgl. BGH TranspR 2000, 409 ff., 411; Koller, a.a.O., Rz. 7 zu Art. 17 CMR). Auf Grund der Aussage des Zeugen B... steht aber nicht fest, dass die Firma , bei der er nach seiner Aussage das Transport abgeladen hat, von den in dem Transportauftrag besonders bezeichneten Kontaktpersonen der Firma B... in M... mit dem Empfang des Transportgutes bevollmächtigt worden war.
Der Zeuge B... hat zwar ausgesagt, dass er zunächst nach dem Erreichen eines Parkplatzes in M... bei der in dem Frachtbrief genannten Telefonnummer angerufen habe und bei dem Telefongespräch sowohl nach dem Namen des Gesprächspartners als auch nach einem Erkennungszeichen gefragt habe. Anschließend sei eine Person zu dem geparkten Lkw gekommen, die sich mit einem Ausweis und einem Erkennungszeichen, bei dem es sich um einen unregelmäßig zerschnittenen halben Geldschein gehandelt haben soll, ausgewiesen habe. Den Weisungen dieser Person folgend sei er zunächst zu dem Zollamt und später zu einer Abladestelle gefahren. Auf Grund dieser Aussage steht aber nicht fest, dass die Person, die nach der Aussage des Zeugen die Anweisungen zur Verzollung und Abladung der Ware gegeben hat, mit der nach dem Transportauftrag und nach dem CMR - Brief ausdrücklich von der Firma B... genannten Kontaktperson "... N..." identisch ist. Denn - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - ergeben sich zwischen der Aussage des Zeugen und seiner schriftlichen Erklärung vom 3.6.1996 zahlreiche Widersprüche. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden.
Die Aussage des Zeugen stimmt auch nicht mit seiner weiteren schriftlichen Erklärung vom 16.5.1999 überein, die zunächst von seiner Arbeitgeberin auf Grund der Ladung des Zeugen zu den Gerichtsakten übersandt worden ist. Denn auch in dieser schriftlichen Erklärung hat der Zeuge nichts davon erwähnt, dass sich die Kontaktperson zusätzlich zu den Ausweispapieren mit einem Erkennungszeichen ausgewiesen hat. Zudem hat der Zeuge in der schriftlichen Erklärung vom 16.5.1999 angegeben, dass die Warensendung gleich am Zollterminal übergeben worden sei. Dies widerspricht sowohl den Angaben in seiner schriftlichen Erklärung vom 3.6.1996 als auch seiner Aussage vor dem Landgericht. Denn danach soll die Ablieferung nach der Abfertigung in dem Zollamt in einem anderen Stadtteil erfolgt sein.
Die Klägerin hat schließlich anhand des Stadtplanes von M... hinreichend deutlich dargelegt, dass die Angaben des Zeugen zu den von ihn angefahrenen Stellen in M... mit den tatsächlich vorhandenen örtlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmen.
III)
Die Beklagte und ihre Streithelferin können sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Abs. 3 CMR (8,33 Rechnungseinheiten, die gemäß Art. 23 Abs. 7 CMR in die Landeswährung umgerechnet werden, pro fehlendes Kilogramm des Rohgewichtes) berufen. Denn im vorliegenden Fall fällt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - diese Haftungsbeschränkung gemäß Art. 29 CMR weg, weil der Zeuge B..., dessen sich die Streithelferin der Beklagten zur Ausführung des Transportgutes bedient hat, den Verlust des Frachtgutes durch ein dem Vorsatz nach deutschem Recht gleichstehendes Verhalten i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR verursacht hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 88, 157 ff., 162 [BGH 14.07.1983 - I ZR 128/81]; VersR 1984, 551 f., 552; VersR 1985, 1060 ff., 1061; TranspR 1999, 19 ff., 21) und einhelliger Auffassung der Literatur (vgl. Koller, a.a.O., Rz. 3 zu Art. 29 CMR; Thume, VersR 1993, 930 ff., 931 [OLG Nürnberg 22.05.1992 - 8 U 2539/91]/932) ist für Frachtverträge, die wie hier vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Neuregelung des Fracht - , Speditions - und Lagerrechts (BGBl. I 1998, 1588) am 1.7.1998 abgeschlossen worden sind, die grobe Fahrlässigkeit als ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR anzusehen. Grobe Fahrlässigkeit liegt dabei dann vor, wenn objektiv und auch subjektiv ein besonders schwerer Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorliegt. Diese Sorgfalt muss in einem ungewöhnlich hohen Maß verletzt sein (vgl. zum CMR - Frachtrecht: BGH VersR 1984, 551 f., 552 ; VersR 1985, 1060 ff., 1061). Bei der Beurteilung, ob in diesem Sinn ein grob fahrlässiges Fehlverhalten anzunehmen ist, richtet sich das Maß der gebotenen Sorgfalt nach den Anforderungen, die auf dem risikoreichsten Streckenabschnitt an die Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Transportgutes zu stellen sind. Ist danach von grober Fahrlässigkeit auszugehen, die ihrer Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es dem Beklagten im Prozess solche Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen die Kausalität eines Sorgfaltspflichtverstoßes sprechen (vgl. BGH VersR 1999, 254 ff., 256) [BGH 16.07.1998 - I ZR 44/96].
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall, davon auszugehen, dass der Zeuge B... den Verlust des Transportgutes infolge grober Fahrlässigkeit verursacht hat. Denn - wie vorstehend ausgeführt worden ist - es steht auf Grund der Frachtbriefe nicht fest, dass das Frachtgut bei dem in dem Transportauftrag als Empfänger bezeichneten Zollager angeliefert worden ist. Es liegen daher Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges Fehlverhalten des Lkw - Fahrers vor. Denn grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Frachtführer entgegen dem Transportauftrag die Waren an einen Nichtberechtigten ausliefert (vgl. OLG Karlsruhe TranspR 1992, 67 ff, 69/70; Thume, a.a.O. s. 934 für die Haftung des Fixkostenspediteurs). Dies gilt insbesondere bezüglich des hier vorliegenden Transportauftrages. Denn gerade Lkw-Transporte nach R... sind ersichtlich erhöhten Diebstahlsgefahren ausgesetzt.
Die Beklagte und ihre Streithelferin haben daher darzulegen und zu beweisen, dass der Zeuge B... entgegen der Bezeichnung des Empfängers in dem Transportauftrag auf Grund von Weisungen der in dem Transportauftrag genannten Kontaktpersonen das Transportgut an einen Dritten ausliefern konnte. Dieser Beweis ist ihnen, wie vorstehend ausgeführt worden ist, nicht gelungen.
IV)
Soweit die Streithelferin der Beklagten weiterhin die Höhe des Schadens mit Nichtwissen bestreitet, kann dem nicht gefolgt werden.
Die Klägerin hat die Handelsrechnungen über den Inhalt der Ladung vorgelegt, die einen Handelswert der Ware in Höhe von insgesamt 433.678,12 DM ausweisen. Das Gesamtgewicht der auf den Rechnungen aufgeführten Elektrogeräte stimmt mit dem in dem Transportauftrag genannten Gesamtgewicht überein. Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast für die Höhe des Verlustschadens erfüllt (vgl. OLG Köln TranspR 1992, 225 ff., 226; LG Düsseldorf TranspR 1993, 140).
Die Streithelferin der Beklagten hat dagegen keine ausreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die in den Handelsrechnungen aufgeführten Elektrogeräte nicht in dem in den Rechnungen bezeichneten Umfang verladen worden sind. Soweit sie auf die auf dem CMR - Brief unter dem Feld ... ausgeführten Angaben des Fahrers des Lkw verweist, wonach er bei der Beladung eine Nachzählung der Ware nicht durchgeführt habe und zur Beladung nicht zugelassen worden sei, folgt daraus nicht zwingend , dass die in den Rechnungen aufgeführten Waren nicht vollständig verladen worden sind. Vielmehr ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich bei der Firma B... um eine große und weltweit handelnde Firma auf dem Gebiet von Elektrogeräten handelt, dass sie es sich nicht leisten kann, weniger Ware zu verladen, als in den Handelsrechnungen aufgeführt worden sind,
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713, 546 Abs. 2 ZPO.