Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 18.09.2001, Az.: 5 U 81/97
Arzthaftung; Aufklärungspflicht; Entbindungsalternative; Geburtsablauf; Geburtsalternative; Gehirnschaden; Hinweispflicht; Hirnschaden; Kaiserschnittentbindung; Körperverletzung; normale Entbindungssituation; Rechtswidrigkeit; Sectio; vaginale Entbindung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 18.09.2001
- Aktenzeichen
- 5 U 81/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40438
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG - 18.07.1997 - AZ: 5 O 137/95
- nachfolgend
- BGH - 14.05.2002 - AZ: VI ZR 362/01
Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs 1 BGB
- § 847 Abs 1 BGB
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Juli 1997 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Aurich wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,00 DM.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten materiellen und immateriellen Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung für weitere materielle und zukünftige materielle und immaterielle Schäden mit der Behauptung, bei ihrer Geburt im Kreiskrankenhaus N... seien ihr durch Behandlungsversäumnisse und Organisationsmängel gesundheitliche Schäden zugefügt worden.
Die 169 cm große und 138,5 kg schwere Mutter der Klägerin wurde am 17.01.1992, zwei Tage vor dem berechneten Geburtstermin, wegen einer "EPH-Gestose" im Kreiskrankenhaus N..., dessen Träger der Beklagte zu 1. ist, stationär aufgenommen. Nachdem Wehen zunächst ausblieben, erhielt die Mutter der Klägerin am 21.01.1992 um 0.00 Uhr erstmalig eine Tablette, um die Wehentätigkeit anzuregen. Nachdem an den Vortagen in unregelmäßigen Abständen CTG-Aufzeichnungen vorgenommen worden waren - jeweils drei am 17. und 18.01.1992, ein CTG am 19.01.1992 und zwei CTG's am 20.01.1992 -, fanden diese am 21.01.1992 zunächst in der Zeit von 6.50 Uhr bis 7.40 Uhr sowie von 12.40 Uhr bis 13.24 Uhr statt. Die Wehen setzten am Nachmittag des 21.01.1992 ein. Als die Hebamme gegen 17.09 Uhr ein weiteres CTG anlegte, konnte sie die Herztöne der Klägerin nicht finden und rief den Beklagten zu 3. - der kurz vor der Anerkennung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe stand - als den behandelnden Arzt herbei. Dieser versuchte ab 17.15 Uhr, eine Kopfschwartenelektrode anzulegen. Dieses mißlang ebenso wie der Versuch, im Ultraschall Herzaktionen festzustellen. Daraufhin wurde um 17.30 Uhr der Beklagte zu 2. als damaliger Chefarzt herbeigerufen. Er traf um 17.35 Uhr ein, stellte nach Anlegen einer Kopfschwartenelektrode eine extrem verlangsamte Herzfrequenz bei der Klägerin fest und ordnete um 17.43 Uhr einen Kaiserschnitt an. Die Klägerin wurde um 18.00 Uhr geboren. Gegen 21.25 Uhr wurde sie in die Kinderklinik O... aufgenommen, nachdem um 18.20 Uhr der neonatalogische Pflegedienst dieser Klinik angefordert worden war. Die Klägerin hat eine Hirnschädigung und dadurch bedingte schwere Bewegungsstörungen in den Beinen, die nicht ausheilen werden.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe durch Fehler der Beklagten eine hypoxisch-ischämische Hirnschädigung erlitten. Die CTG-Überwachung vor der Geburt sei unzureichend gewesen. Dies gelte insbesondere für die Tatsache, daß zwischen 13.24 Uhr und 17.09 Uhr keine CTG-Aufzeichnungen vorgenommen worden seien. Nach dem Erkennen der Notsituation um 17.09 Uhr sei die Geburt zu spät vorgenommen worden. Die unzureichende Überwachung und die auf einen Organisationsmangel zurückzuführende Verzögerung der Geburt hätten infolge der Sauerstoffunterversorgung der Klägerin zu der Hirnschädigung geführt. Die Klägerin hat sich insoweit auf von ihr eingeholte Gutachten von Prof. Dr. S... vom 05.09.1994, von Prof. Dr. T... vom 17.07.1994 und von Prof. Dr. Z... vom 21.09.1994 berufen.
Die Klägerin hat einen personellen Mehraufwand in Höhe von 122.438,80 DM und einen sachlichen Mehraufwand in Höhe von 8.840,00 DM geltend gemacht und von diesem Betrag ein Pflegegeld in Höhe von insgesamt 4.000,00 DM für den geltend gemachten Zeitraum abgesetzt. Als Schmerzensgeld seien mindestens 100.000,00 DM angemessen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie für die Zeit vom 05.02.1992 bis zum 30.11.1994 133.278,80 DM nebst 4 % Zinsen aus 104.247,00 DM seit dem 07.04.1994 und aus 90.968,20 DM seit Klagzustellung zu zahlen;
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 07.01.1994 zu zahlen;
3. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen weiteren ab dem 01.12.1994 aufgrund der Behandlungsfehler anläßlich ihrer Geburt entstandenen und noch entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, abzüglich etwaiger sachlich und zeitlich kongruenter Leistungen Dritter.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, weder bei der ärztlichen Behandlung noch bei der Organisation seien Fehler unterlaufen.
Das Landgericht Aurich hat ein Gutachten und ein Ergänzungsgutachten von Prof. Dr. H... (Band II, Bl. 1 ff., 66 ff.) sowie eine Stellungnahme von Prof. Dr. v... d... H... (Band I, Bl. 201 ff.) eingeholt und die Klage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie weiterhin geltend, ihre Geburt sei ärztlicherseits nicht ausreichend überwacht und speziell mittels CTG kontrolliert worden. Das geburtshilfliche Management ab 17.09 Uhr am 21.01.1992 sei suboptimal und insgesamt fehlerhaft. Zügig und zeitnah hätte eine Entscheidung zur Sectio getroffen werden müssen. Darüber hätte ihre Mutter auch aufgeklärt werden müssen, weil zumindest eine relative Indikation zur Sectio bestanden habe. Schließlich sei den Beklagten zu 2. und 3. vorzuwerfen, daß nicht nachgeburtlich sofort ein neonatalogisches Kinderärzteteam anwesend gewesen sei und das Neugeborene suffizient versorgt habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Aurich vom 18.07.1997
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 127.278,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 07.04.1994 zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 07.04.1994 zu zahlen,
3. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen ab dem 01.12.1994 weiteren immateriellen Schaden und bereits entstandenen und noch entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, der hier aufgrund der Behandlungsfehler anläßlich ihrer Geburt entstanden ist und noch entstehen wird, abzüglich etwa sachlich und zeitlich kongruenter Leistungen Dritter.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sind der Auffassung, die CTG-Überwachung sei in Ordnung und die Betreuung der Klägerin nach dem Auftreten der ersten klinischen Symptome um 17.00 Uhr einwandfrei gewesen.
Der Senat hat ein Gutachten und ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R... vom Klinikum L.../D... eingeholt und den Sachverständigen mündlich angehört. Auf den Inhalt der Gutachten (Band III, Bl. 216 ff. und 276 ff.) sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 28.08.2001 (Band III, Bl. 294 ff.) wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Schadenersatzansprüche aus vertraglichen oder deliktischen Gesichtspunkten. Im einzelnen:
Es besteht kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Befunderhebung, weil die CTG-Aufzeichnungen in zu großem Abstand vorgenommen wurden, insbesondere am 21.01.1992 nach 13.30 Uhr bis 17.09 Uhr keine CTG-Kontrolle stattfand. Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. H... in seinem Gutachten vom 06.08.1996 bemerkt, die CTG-Überwachung am 21.01.1992 sei nicht optimal gewesen. Als sich die Mutter der Klägerin gegen 16.00 Uhr mit regelmäßigen Wehen meldete, wäre ein CTG erforderlich gewesen. Ebenso führt Prof. Dr. T... in seinem Gutachten vom 17.07.1994 aus, die Überwachung der Kreißenden am Entbindungstag sei zumindest als lückenhaft zu bezeichnen. Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. Dr. R... nachvollziehbar erläutert, daß nach seiner Auffassung aufgrund des vorherigen unauffälligen CTG's auch nach Beginn der regelmäßigen Wehentätigkeit um 16.00 Uhr kein zwingender Anlaß bestand, ein erneutes CTG zu schreiben und selbst ein Zeitraum von vier Stunden ohne CTG-Kontrolle in der konkreten Situation kein Fehler war. Der Senat teilt die Auffassung dieses Sachverständigen, der sich im einzelnen mit dem Inhalt der Vorgutachten auseinandergesetzt hat. Danach war aufgrund der vorherigen normalen und zudem gut lesbaren CTG's und aufgrund der nur geringgradigen gesundheitlichen Einschränkungen der Kindesmutter ein etwas "liberaleres Gesundheitsmanagement" gerechtfertigt.
Im übrigen wäre eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin hinsichtlich (etwaiger) Fehler bei der Befunderhebung bei der festgestellten Sachlage ohnehin nicht vorzunehmen. Ärztliche Versäumnisse bei der Befunderhebung können Beweiserleichterungen zugunsten des Patienten bis hin zur Beweislastumkehr nur dann begründen, wenn dadurch die Aufklärung eines immerhin wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen ärztlichem Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden erschwert oder vereitelt wird (vgl. BGH NJW 1994, 2419, 2421 [BGH 10.05.1994 - VI ZR 192/93]; NJW 1999, 860 ff. [BGH 06.10.1998 - VI ZR 239/97]). Von einem wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang sprechen die Gutachter jedoch nicht. Denn keine CTG-Aufzeichnung - vor dem Geschehen am 21.01.1992 ab 17.09 Uhr - enthält einen Hinweis auf eine Gefährdung des Kindes. Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. R... im Rahmen seiner Anhörung insbesondere für das letzte CTG von 12.40 Uhr nochmals ausdrücklich bestätigt.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich ebenfalls nicht für die Behandlung und Organisation "unter der Geburt", beginnend am 21.01.1992 um 17.09 Uhr. Zwar geht der Senat mit dem Sachverständigen Prof. Dr. R... davon aus, daß das geburtshilfliche Management ab 17.09 Uhr behandlungsfehlerhaft war. Dies hat der Sachverständige sowohl in seinem ergänzenden Fachgutachten vom 04.04.2001 als auch im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat am 28.08.2001 nochmals bekräftigt und nachvollziehbar begründet. Der Zeitpunkt der Entschlußfassung zur Not-Sectio (17.43 Uhr) sei zu spät gewesen, weil zuvor die Diagnostik der Hebamme und des Beklagten zu 3. zu lange gedauert habe. Es ist jedoch nicht bewiesen, daß dieser Fehler für die eingetretene Hirnschädigung ursächlich ist; nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, worauf die Schädigung konkret beruht. Keiner der Sachverständigen konnte diese Frage verläßlich beantworten.
Eine Umkehr der Beweislast scheidet aus. Denn daß den Beklagten ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen ist, hat kein Sachverständiger angenommen. Während der Sachverständige Prof. Dr. H... einen Fehler gänzlich verneint und die Auffassung vertritt, die extreme Adipositas der Mutter der Klägerin bedinge bei sämtlichen Vorgängen eine gewisse zeitliche Verzögerung, vertritt Prof. Dr. T... die Auffassung, zwar sei der durchaus mögliche und vernünftigerweise zu fordernde Standard aufgrund der - um 20 Minuten verzögerten - Geburt nicht eingehalten, allerdings liege kein Fehlverhalten vor, welches schlechterdings unverständlich sei und einem durchschnittlich erfahrenen Arzt oder einer entsprechend ausgebildeten Hebamme nicht unterlaufen dürfe. Dies entspricht im Ergebnis der Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. R..., der zwar - wie ausgeführt - einen Fehler bejaht, die Handlungsweise allerdings nicht als "völlig unverständlich" einstuft.
Eine Umkehr der Beweislast kommt auch nicht wegen eines Organisationsverschuldens der Beklagten in Betracht (vgl. dazu BGH NJW 1998, 2736, 2737, 2738 [BGH 03.02.1998 - VI ZR 356/96]; NJW 1994, 3008 ff. [BGH 12.07.1994 - VI ZR 299/93] und NJW 1993, 2989 ff. [BGH 15.06.1993 - VI ZR 175/92]). Denn der Beklagte zu 3. wies den für die Wahrnehmung des Dienstes üblicherweise zu fordernden Kenntnisstand auf. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten - das vom Beklagten zu 2. im letzten Senatstermin bestätigt wurde - verfügte der Beklagte zu 3. im Januar 1992 über eine erhebliche Kreißsaalerfahrung; er stand überdies kurz vor der Anerkennung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Weder mußten danach die Beklagten zu 1. und 2. Bedenken gegen die Einteilung des Beklagten zu 3. noch der Beklagte zu 3. Bedenken gegen die Übernahme der Verantwortung für die Behandlung der Mutter der Klägerin haben, zumal der Beklagte zu 2. als Chefarzt im Krankenhaus jederzeit erreichbar war. Zwar hat der Beklagte zu 3. - behandlungsfehlerhaft - den Beklagten zu 2. zu spät informiert. Dabei handelt es sich jedoch - wie der Sachverständige Prof. Dr. R... im Rahmen seiner Anhörung nachvollziehbar erläutert hat - um ein individuelles Fehlverhalten und nicht um einen generellen Organisationsmangel, weil eine Anweisung des Chefarztes für jede denkbare Komplikation während einer Geburt nicht gefordert werden kann. Dieses Fehlverhalten war - wie der Sachverständige im einzelnen nachvollziehbar ausführt - nicht "völlig unverständlich", so daß mangels Kausalitätsnachweises eine Haftung der Beklagten für das "suboptimale" geburtshilfliche Management ab 17.09 Uhr ausscheidet.
Eine Haftung der Beklagten folgt auch nicht aus dem Gesichtspunkt, daß der neonatologische Notdienst der Kinderklinik O... zu spät informiert wurde. Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. S... in seinem Gutachten für die Klägerin angegeben, um 17.35 Uhr sei spätestens der Zeitpunkt erreicht gewesen, an dem der pädiatrische Notdienst hätte benachrichtigt werden müssen. Auch Prof. Dr. H... geht davon aus, daß die Information bereits bei der Indizierung der Sectio erforderlich war. Diese zu späte Information ist aber für die Schädigung der Klägerin nicht kausal. Prof. Dr. S... räumt selbst ein, daß die postnatale Versorgung des Kindes optimal gewesen zu sein scheine und sicher im Rahmen des möglichen erfolgt sei. Ebenso führt der Sachverständige Prof. Dr. von der H... in seiner Stellungnahme für das Landgericht aus, daß das späte Eintreffen des neonatologischen Transportdienstes, basierend auf den Beschreibungen in der Gerichtsakte, keinen weiteren ursächlich-schädigenden Einfluß auf das Kind gehabt habe. Die unmittelbare postpartale Reanimation sei kompetent gewesen. Diese Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. von der H... überzeugen unter Berücksichtigung der Tatsache, daß bei Ankunft des Intensivpflege-Transportdienstes der Kinderklinik im Krankenhaus des Beklagten zu 1. die Klägerin rosig war und problemlos in die Kinderklinik O... verlegt werden konnte. Soweit es demgegenüber der Sachverständige Prof. Dr. S... - wenig konkret - für denkbar hält, daß eine zügigere Verlegung des Kindes nach O... möglicherweise ein in einigen Details günstigeres Ergebnis hätte erreichbar werden lassen, ohne daß dies beweisbar wäre, überzeugt dies nicht. Bereits aus der Wortwahl läßt sich erkennen, daß irgendwelche tatsächlichen Anhaltspunkte nicht bestehen. Selbst wenn man insoweit dem Sachverständigen Prof. Dr. S... dahingehend folgen würde, daß die Schädigung der Klägerin auf einer zu späten Benachrichtigung der Kinderklinik O... beruhen könnte, kann die Klägerin die Ursächlichkeit nicht beweisen. Eine Beweislastumkehr ist nicht vorzunehmen, weil ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. H... und Prof. Dr. S... und der Tatsache, daß es zunächst galt, möglichst schnell die Entbindung vorzunehmen, ersichtlich ausscheidet.
Auch die von der Klägerin nunmehr erhobene Aufklärungsrüge führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Sachverständige Prof. Dr. R... hat in seiner ergänzenden Stellungnahme eindeutig ausgeführt, die Entscheidung, keinen Kaiserschnitt durchzuführen, sei richtig und medizinisch vertretbar gewesen. Es hätten zwar erkennbare Risikofaktoren vorgelegen, nicht jedoch eine ernstzunehmende Gefahr für das Kind. Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige seine Ausführungen auf Befragen dahin präzisiert, daß die Erkrankung der Kindesmutter nicht so ausgeprägt gewesen sei, daß man eine Sectio hätte ernsthaft in Erwägung ziehen müssen; es habe sich nicht um eine deutlich erkennbare Risikokonstellation gehandelt. Mithin bedurfte es einer Aufklärung der Mutter der Klägerin schon deshalb nicht, weil keine relative Indikation zur Sectio bestand und es sich im übrigen auch nicht um eine gegenüber der vaginalen Geburt gleichwertige Alternative handelte.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 1 und 2 ZPO.