Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.02.1994, Az.: 11 U 79/93

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.02.1994
Aktenzeichen
11 U 79/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 25355
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1994:0223.11U79.93.0A

Fundstelle

  • VersR 1994, 856 (Volltext mit red. LS)

Tenor:

  1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10. Februar 1993 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert.

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Beschwer des Klägers: 5.000,00 DM.

Gründe

1

Die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts ist begründet. Der Kläger kann die Zahlung einer Provision für den Abschluß einer Lebensversicherung (für sich und/oder seinen Sohn) von dem Beklagten, der diese Versicherungen vermittelt hat, nicht verlangen. Es läßt sich nicht zur Überzeugung des Senats feststellen, daß die Parteien eine Vereinbarung geschlossen haben, durch die sich der Beklagte verpflichtet hat, für den Abschluß einer Lebensversicherung seitens des Klägers eine Provision zu zahlen.

2

Eine solche Vereinbarung wäre nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Nach Ziff. I der Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 08.03.1934 (Reichsanzeiger 1934 Nr. 58, S. 3) in der Auslegung gemäß dem Rundschreiben R 1/73 des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (abgedruckt bei Prölss-Schmidt-Frey, Kommentar zum VAG, 10. Aufl. 1989, Rdz. 119 zu § 81) sind unmittelbare und mittelbare Sondervergütungen an Versicherungsnehmer oder versicherte Personen verboten. Dieses gilt nicht nur für die Versicherer selbst, sondern auch für Versicherungsvermittler (BGHZ 93, 177). Bei der Anordnung handelt es sich um eine Rechtsverordnung (BGH a. a. O.) und damit um ein gesetzliches Verbot im Sinne der §§ 134 BGB 2 EGBGB. Dieses Verbot richtet sich aber nicht gegen den Kläger. Verträge, bei denen das Verbot nur eine Partei betrifft, sind in der Regel wirksam (BGH NJW 1992, 2021 [BGH 30.04.1992 - III ZR 151/91]). Nichtig ist ein solcher Vertrag nur dann, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen. Das ist hier nicht der Fall. Sinn und Zweck des Verbotes ist es, die Bevorzugung einzelner Versicherter auf Kosten der Gesamtheit der Versicherten zu verhindern (BGHZ 93, 181; so auch das OLG Köln in VersR 1991, 1374, das Nichtigkeit annimmt; Prölss-Schmidt-Frey, § 81 Rdz. 106). Eine solche Bevorzugung auf Kosten der anderen Versicherungsnehmer liegt aber dann nicht vor, wenn der Vermittler einen Teil seiner Provision weitergibt, ohne von der Versicherung dafür einen Ausgleich zu erhalten. Die anderen Versicherten werden in diesem Fall nicht belastet. Es ist nicht zu erkennen, daß mit der Anordnung von 1934 in jedem Falle die privatrechtliche Wirksamkeit solcher Vereinbarungen verhindert werden sollte. Auch in dem Rundschreiben 1/73 ist nicht generell von Zuwendungen die Rede, sondern nur von zumindest mittelbaren Zuwendungen des Versicherers (für die Wirksamkeit ebenfalls: Bruck-Möller, Kommentar zum VVG, 8. Aufl. 1961, Anm. 310 vor §§ 43-48 und Fromm-Goldberg, Kommentar zum VAG 1966, Anm. 9 II zu § 81). Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in ZIP 1993, 1898 [EuGH 17.11.1993 - C 2/91] steht dem nicht entgegen, da diese nur besagt, daß das Provisionsverbot nicht dem EG-Recht widerspricht.

3

Der Kläger hat aber eine solche Vereinbarung mit dem Beklagten nicht beweisen können. Zwar hat die von ihm benannte und vom Senat nochmals vernommene Zeugin . die Provisionsvereinbarung bestätigt. Diese Aussage allein reicht aber nicht aus, um den Senat vom Abschluß einer solchen Vereinbarung zu überzeugen. Die Zeugin hat allerdings eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß der Kläger eine Provision für den Abschluß seiner und/oder der Lebensversicherung seines Sohnes verlangt habe.

4

Der Beklagte habe daraufhin beim nächsten Gespräch selbst den Betrag von 5.000,00 DM genannt. Daran habe der Kläger dann bei der Verabschiedung des Beklagten nochmals erinnert und dieses per Handschlag besiegelt. Die Zeugin wirkte bei ihrer Vernehmung durchaus sicher und zuverlässig. Indessen bleibt es fragwürdig, auf einen derartigen persönlichen Eindruck, der in einer kurzen und gegenständlich beschränkten Befragung entsteht, gerichtliche Überzeugungen zu gründen, zumal wenn es sich um Aussagen von Zeugen handelt, die den Parteien nicht unbefangen gegenüberstehen. Bei der Würdigung dieser Zeugenaussage ist zu berücksichtigen, daß die Zeugin eine enge Mitarbeiterin des Klägers ist, die seine Praxis organisiert und den Abschluß von Geschäften einschließlich Geldanlagen vorbereitet. Sie ist damit beruflich an den Kläger gebunden und schon deshalb naturgemäß gehemmt, eine dem Kläger ungünstige Aussage abzugeben.

5

Hinzu kommt, daß bei den Gesprächen zwischen den Parteien auch davon die Rede war, der mit dem Kläger bekannte Eigentümer einer anderen NATO-Wohnung . habe ebenfalls Interesse am Abschluß einer Lebensversicherung zur Umfinanzierung. Es ist deshalb möglich, daß der Beklagte eine Provision nur für den Fall eines solchen weiteren Abschlusses versprochen und die Zeugin (und eventuell auch der Kläger) das falsch verstanden hat. So beinhaltet auch die von der Zeugin genannte Äußerung des Klägers bei der Verabschiedung des Beklagten ("Das ist wie bei den Pferdehändlern, denken Sie an die Provision.") nicht, daß damit eine Provision für den Abschluß durch den Kläger gemeint war. Vielmehr hätte der Kläger damit auch ein Provisionsversprechen des Beklagten für den Fall eines Vertragsabschlusses mit . bekräftigen können.

6

Weiterhin ist mit der von der Zeugin genannten Vereinbarung über eine Provision von 5.000,00 DM nicht vereinbar, daß der Beklagte vorprozessual mit Schreiben vom 25.09.1991 (Bl. 13 d. A.) zur Zahlung von 6.650,00 DM "aus Schuldanerkenntnis" aufgefordert wurde (in diesem Schreiben wird die Zeugin . als "Ansprechpartner" bezeichnet). Dieses Schreiben wurde mit der Klagebegründung als Mahnung zur Zahlung des Provisionsbetrages vorgelegt. Aus der Unterschiedlichkeit der genannten Beträge ergeben sich weitere Zweifel darüber, ob sich die Parteien tatsächlich auf die Zahlung von 5.000,00 DM geeinigt haben.

7

Solche Unsicherheiten, die der Kläger durch eine schriftliche Vereinbarung oder Barzahlung bei Abschluß hätte ausschließen können, gehen zu seinen Lasten. Die Aussage der Zeugin allein reicht jedenfalls nicht aus, um den Senat von der behaupteten Provisionsvereinbarung zu überzeugen. Aufgrund dieser verbleibenden Zweifel bleibt der Kläger mit seiner Behauptung zur Provisionsvereinbarung beweisfällig, so daß die Klage abzuweisen war.

8

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10 ZPO.