Landgericht Braunschweig
Urt. v. 10.04.2007, Az.: 6 S 313/06

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
10.04.2007
Aktenzeichen
6 S 313/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 60243
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2007:0410.6S313.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Braunschweig - AZ: 117 C 557/06

Fundstelle

  • ZMR 2007, 536 (Volltext mit amtl. LS)

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.06.2006 abgeändert.

    Der Beklagte wird verurteilt, die im Erdgeschoss im Hause ... in ... belegene Wohnung, bestehend aus 2 Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad mit WC und einem Keller zu räumen und geräumt herauszugeben.

    Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Beklagte.

    Der Antrag auf Bewilligung einer Räumungsfrist wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils.

2

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Räumungsbegehren wie in der 1. Instanz weiter. Sie stützt ihr Räumungsbegehren nunmehr in erster Linie auf eine unzumutbare Geruchsbelästigung, die durch den Beklagten verursacht würde.

3

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die im Erdgeschoss im Hause ... in ... belegene Wohnung, bestehend aus 2 Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad mit WC und einem Keller zu räumen und geräumt herauszugeben.

4

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

5

Er n Immt eine durch ihn verursachte Geruchsbelästigung in Abrede. Er bringe den Müll regelmäßig raus.

6

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme und Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 05.12.2006 (Bl. 100, 102 d.A.) und vom 20.03.2007 (Bl. 116 ff. d.A.) Bezug genommen.

7

II.

Die Klage ist zulässig und begründet.

8

Die Klägerin hat Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gemäß den §§ 546 Abs. 1, 543 Abs. 1 BGB, weil sie das Mietverhältnis zu Recht aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt hat.

9

Die Kammer sieht in der vom Beklagten verursachten intensiven und mittlerweile mindestens 2 Jahre andauernden Geruchsbelästigung, die von der Wohnung des Beklagten ausgeht, einen wichtigen Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB. Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass von der Wohnung des Beklagten bei jedem Öffnen der Wohnungstür eine Geruchsbelästigung ausgeht, die das Zumutbare für die Klägerin und die anderen Mietvertragsparteien im Haus deutlich überschreitet und es auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Beklagten unzumutbar erscheinen lässt, dass Mietverhältnis fortzusetzen. Die vernommenen Zeugen haben glaubhaft und überzeugend bekundet, dass die Geruchsbelästigung auch außerhalb der Wohnung bei und nach dem Öffnen der Wohnungstür so stark ist, dass sie einen Würgereiz auslöst. Die Kammer hat aufgrund der Aussagen auch keine Zweifel, dass der Beklagte seine Wohnungstür täglich zum Teil mehrfach öffnet und auch nach dem Schließen der belästigende Geruch jedes Mal im Flur noch für einige Zeit verbleibt. Die Überzeugung der Kammer wird nicht erschüttert durch die Feststellungen be Im Ortstermin bei dem gerade noch hinnehmbare Gerüche wahrgenommen worden sind. Die Zeugen haben insoweit glaubhaft bekundet, dass die unstreitigen, vor dem Termin durchgeführten umfangreichen Lüftungsmaßnahmen absolut einmalig waren.

10

Bei einer Gesamtwägung ist es der Klägerin auch nicht mehr zuzumuten, das Ende der regulären Kündigungsfrist abzuwarten. Besonders ins Gewicht fällt hierbei neben der andauernden intensiven Belästigung der Mitmieter, dass der Beklagte selbst unter dem unmittelbaren Eindruck des Räumungsrechtsstreites und einem ernsthaft drohenden Räumungsurteil sein Lüftungsverhalten nicht verändert und damit sein vertragwidriges Verhalten weiter fortgesetzt hat.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

12

Unter Abwägung aller Umstände war eine Räumungsfrist, gem. § 721 ZPO nicht zu bewilligen, weil die Interessen der Klägerin an einer schnellen Räumung überwiegen. Zu berücksichtigen war hierbei insbesondere die nachhaltige und fortgesetzte Verletzung der mietvertraglichen Pflichten durch die Geruchsbelästigung und die relativ entspannte Wohnungslage in Braunschweig für einen Einzelmieter.