Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 16.12.2014, Az.: 9 T 567/14

Festsetzung der Vergütung eines Rechtsanwalts i.R.v. Beratungshilfeleistungen für die Überprüfung der Kürzungsbescheide des Jobcenters

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
16.12.2014
Aktenzeichen
9 T 567/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 29385
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2014:1216.9T567.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osnabrück - 05.09.2014 - AZ: 63 II 309/14

Fundstelle

  • JurBüro 2015, 199-200

In dem Kostenfestsetzungsverfahren
betreffend die Beratungshilfesache
des
hier: Sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG
Beteiligte:
1. Rechtsanwalt
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
2. der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück, Neumarkt 2,
49074 Osnabrück,
- Gegner der sofortigen Beschwerde -
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Karrasch als Einzelrichter am 16.12.2014
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 05.09.2014, Az. 63 II 309/14, wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

Der Beschwerdeführer erbrachte Beratungshilfeleistungen für die Überprüfung dreier Kürzungsbescheide des Landkreises Osnabrück (Jobcenter) vom 12.03.2012, 19.06.2012 und 16.08.2012. Der Rechtssuchende beantragte nachträglich, vermittelt durch den Beschwerdeführer, hinsichtlich der Überprüfung eines jeden der drei Bescheide Beratungshilfe. Ihm wurde im vorliegenden Verfahren zum Az. 63 II 309/14 antragsgemäß mit Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Osnabrück auf den am 28.01.2014 eingegangenen Antrag am selben Tag "Beratungshilfe gewährt, und zwar für folgende Angelegenheit: Sozialrecht." Die Anträge auf Bewilligung von Beratungshilfe wurden hinsichtlich der beiden übrigen Kürzungsbescheide in den amtsgerichtlichen Verfahren 63 II 310/14 und 63 II 311/14 bestandskräftig mit der Begründung abgelehnt, es bedürfe keiner Erteilung weiterer Berechtigungsscheine, weil es sich vorliegend um eine einzige sozialgerichtliche Angelegenheit handele.

Mit Beschluss vom 10.07.2014 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütungsanträge des Beschwerdeführers vom 18.06.2014 in den Verfahren 63 II 310/14 und 63 II 311/14 mit dem Bemerken zurück, es handele sich um eine Angelegenheit, die mit den im Verfahren zum Az. 63 II 309/14 bereits ausgezahlten 121,38 € umfassend vergütet worden sei. Der dagegen gerichteten Erinnerung half der Urkundsbeamte nicht ab. Mit Beschluss vom 05.09.2014 wies der Amtsrichter des Amtsgerichts Osnabrück die Erinnerung des Rechtsanwalts # vom 20.08.2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 10.07.2014 zurück. Er stellte sich ebenfalls auf den Standpunkt, die drei Kürzungsbescheide seien als eine Angelegenheit anzusehen, sodass dem Erinnerungsführer deshalb nach dem Gebührenrecht auch nur einmal Beratungshilfegebühren zustünden.

Gegen den ihm am 10.09.2014 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 05.09.2014 hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 17.09.2014 am selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt. Er beantragt unter Aufhebung der Beschlüsse des Amtsgerichts Osnabrück vom 10.07.2014 und vom 05.09.2014 die dem Rechtsanwalt Andreas Kellner zu erstattenden Gebühren und Auslagen gemäß seiner Anträge vom 18.06.2014 für die Stellung eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X bezüglich des Sanktionsbescheides des Landkreises Osnabrück-Land (Jobcenter) vom 12.03.2012 - Az. 7505.5.0571 - auf 121,38 € und für die Stellung eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X bezüglich des Sanktionsbescheides des Landkreises Osnabrück-Land (Jobcenter) vom 19.06.2012, Az. 7505.5.0571, auf weitere 121,38 € festzusetzen.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer meint, ausschlaggebend für die Frage der Zahl der Angelegenheiten sei, dass drei getrennte Verwaltungsverfahren hinsichtlich der drei Sanktionsbescheide des Jobcenters geführt worden seien, die nach Zeit und Inhalt sich unterscheidende, dem Rechtssuchenden vorgeworfene Pflichtverletzungen sanktionierten. Alle drei Überprüfungsanträge seien durch das Jobcenter mit eigenen Verwaltungsakten beschieden worden. Die Auflegung der Sanktion vom 12.03.2012 sei abgelehnt worden. Die Sanktionen vom 19.06.2012 und 16.08.2012 seien jeweils eigenständig aufgehoben und die sich daraus ergebenden Nachzahlungen sind einzeln angewiesen worden.

Der Amtsrichter half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 14.10.2014 nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Osnabrück zur Entscheidung vor. Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück ist der Auffassung, der Rechtsmittelweg sei mit der Ablehnung weiterer Berechtigungsscheine (auch) hinsichtlich der Frage, wie viele Angelegenheiten gegeben seien, erschöpft. Diese Frage könne im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht erneut gestellt und womöglich anders beantwortet werden. Im Übrigen hält der Bezirksrevisor an seiner Auffassung fest, es handele sich um eine Angelegenheit, für die der Antragsteller und Beschwerdeführer nur einmal die Vergütung festgesetzt verlangen könne.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig, allerdings unbegründet.

Gemäß § 13 BerHG ist das Beratungshilfegesetz in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung anzuwenden, weil die Beratungshilfe vor dem 01.01.2014 gewährt worden ist.

Mit dem Beschwerdeführer ist die Kammer der Ansicht, dass es für die Beurteilung der Frage, ob gebührenrechtlich eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, nicht darauf ankommt, ob ein oder mehrere Berechtigungsscheine ausgegeben worden sind (vgl. Groß, Beratungskostenhilfe, 12. A., § 44 RVG Rn. 69 m.w.N.). Aus dem Beschluss des OLG Oldenburg vom 04.01.2010, Az. 12 W 190/09, (VersR 2010, 688) lässt sich für die hier zu beurteilende Konstellation nichts herleiten. Das OLG Oldenburg hat in einem komplett anders gelagerten Sachverhalt einen Vertrauensschutz eines Beratungshilfe leistenden Rechtsanwaltes aus dem Umstand abgeleitet, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle vor den anwaltlichen Beratungen insgesamt 16 Berechtigungsscheine ausgegeben hatte, obwohl er nach Erteilung eines Berechtigungsscheins die Erteilung sämtlicher weiterer Berechtigungsscheine hätte verweigern müssen. Allein dieser irrig geschaffene Vertrauenstatbestand habe für das sich anschließende Kostenfestsetzungsverfahren eine Bindungswirkung dahin erzeugt, dass die Zahl der Angelegenheiten der Anzahl der erteilten Berechtigungsscheine entspreche. Der Entscheidung des OLG Oldenburg lässt sich allerdings nicht entnehmen, es habe zugleich eine negative Bindungswirkung für den Fall bejahen wollen, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle einen Berechtigungsschein erteilt und die Erteilung weiterer Berechtigungsscheine ablehnt. Vielmehr führt es aus, die weiteren Anträge seien schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Eine solche Zurückweisung vermag, anders als der Bezirksrevisor meint, schon aus Rechtsgründen keine Bindungswirkung zu erzeugen. Zwar soll nach Ansicht des OLG Oldenburg das Kostenfestsetzungsverfahren in Beratungshilfesachen von Auseinandersetzungen über die Anzahl der Angelegenheiten entlastet werden. Jedoch ist dies auch nach seiner Ansicht nicht immer vermeidbar (VersR 2010, 688 [OLG Oldenburg 04.01.2010 - 12 W 190/09] [690]).

Für den Abgeltungsbereich der Gebühren ist auch bei der Beratungshilfe jeweils der Umfang der Angelegenheit von entscheidender Bedeutung. Insoweit ist auf §§ 15 ff RVG zurückzugreifen, weil es eine eigenständige Regelung im BerHG nicht gibt (vgl. Groß, a.a.O., § 44 RVG Rn. 64). Das Amtsgericht hat die Kriterien, nach denen von derselben oder mehreren Angelegenheiten gesprochen wird, nach Maßgabe der einhellig anerkannten Vorgaben geprüft. So ist dieselbe Angelegenheit anzunehmen, wenn ein einheitlicher Auftrag vorliegt, der Rechtsanwalt bei der Verfolgung der Ansprüche den gleichen Rahmen einhält und zwischen den einzelnen Ansprüchen ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. auch Groß, a.a.O., § 44 RVG Rn. 65). Die gleichzeitige Geltendmachung verschiedener Ansprüche gegen dieselbe Behörde ist nach herrschender Meinung, der die Kammer folgt, als eine Angelegenheit zu behandeln. (vgl. dazu: Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. A., Rn. 1027; Schneider|Volpert|Fölsch-Köpf, § 44 RVG Rn. 42). Ausschlaggebend ist, dass der Rechtsanwalt ausweislich seiner drei Anträge auf Festsetzung der Vergütung bei Beratungshilfe vom 18.06.2014, die beim Amtsgericht Osnabrück den Geschäftsnummern 63 II 309/14 bis 311/14 zugeordnet worden sind, für den Rechtsuchenden im selben Zeitraum vom 19.09.2013 bis zum 17.11.2013 bzw. 18.11.2013 tätig geworden ist und es stets darum ging, ob dem Rechtsuchenden die Sozialhilfe wegen nicht hinreichenden Mitwirkens zu Recht gekürzt worden war. Allein ausschlaggebend ist nicht, dass drei Bescheide mit unterschiedlichen Bewilligungszeiträumen zur Überprüfung gestellt (unklar: Köpf, a.a.O., zu Fn. 79 m.w.N.) und vom Landkreis Osnabrück (Jobcenter) durch drei selbständige Verwaltungsakte mit unterschiedlichen Ergebnissen beschieden worden sind.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 56 Abs. 2 und 3 RVG.

Die weitere sofortige Beschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG nicht vorliegen. Die zur Entscheidung stehende Frage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil es nicht auf das Verhältnis von Berechtigungsscheinen zu dem sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren ankommt, sondern allein entscheidungserheblich ist, ob eine oder mehrere Angelegenheiten anzunehmen sind.