Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 26.05.2003, Az.: 3 A 1391/02
Alimentation; Aufhebungsermessen; Beamter; Besoldung; Bestandskraft; Bezügenachzahlung; Nachzahlung; Widerspruchsführer
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 26.05.2003
- Aktenzeichen
- 3 A 1391/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48509
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 9 § 1 Abs 1 S 2 BBVAnpG 99
- § 48 VwVfG
- § 51 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Das Aufhebungsermessen i.S.d. § 48 VwVfG ist weder aus Gründen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht noch deswegen auf Null reduziert, weil das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Urteil vom 28. Juni 2001 - 2 C 48.00 - (NVwZ 2002, 97 = PersV 2002, 23 = ZBR 2002, 93) nach bestandskräftiger Ablehnung von Nachzahlungen des monatlichen Erhöhungsbetrages nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 den Begriff "Widerspruchsführer" in diesem Gesetz über den Wortlaut hinausgehend ausgelegt hat.
Das Urteil des BVerwG bedeutet auch keine Änderung der Rechtslage, die nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zum Wiederaufgreifen des Verfahrens führt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Nachzahlung weiterer kindergeldbezogener Besoldungsanteile (amtsangemessene Alimentation für Beamte mit drei und mehr Kindern).
Die Klägerin ist niedersächsische Beamtin (Studiendirektorin), verheiratet und hat vier Kinder, die im Oktober 1973, Dezember 1979, Juni 1983 und September 1985 geboren sind und für die sie Kindergeld bezog.
Am 21. Dezember 1990 "beantragte" sie "höheres Kindergeld und kinderbezogenen Ortszuschlag" Sie verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht die bis dahin geltenden Regelungen für verfassungswidrig erklärt hat, weil mit diesen der Anspruch auf die amtsangemessene Alimentation von Beamten mit drei und mehr Kindern verletzt werde. Mit der Aussetzung der Entscheidung ihres Antrages bis zur gesetzlichen Neuregelung erklärte die Klägerin sich einverstanden.
Nach Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vom 24. 11. 1998 - 2 BvL 26/91, 5 - 10/96 und 3 - 6/97 = BVerfGE 99, 300) durch das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern vom 19. 11. 1999 (BGBl. I S. 2198) - BBVAnpG 99 - erhielt die Klägerin ab 01. Januar 1999 den für das dritte und vierte Kind nach Art 9 § 2 BBVAnpG 99 nunmehr an die Stelle des (kindergeldbezogenen) Ortszuschlages getretenen und erhöhten Familienzuschlag. Ihren "weitergehenden Antrag" für den vor dem 01. Januar 1999 liegenden Zeitraum auf Nachzahlung des monatlichen Erhöhungsbetrages zum bisherigen (kindergeldbezogenen) Ortszuschlag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31. August 2000 ab, weil die Klägerin nicht zu dem in Art 9 § 1 BBVAnpG 99 abschließend aufgeführten Personenkreis der "Kläger und Widerspruchsführer" zähle. Die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides lautete auf "Widerspruch".
Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (vom 28. 06. 2001 - 2 C 48/00 - = NVwZ 2002, 97; PersV 2002, 23; ZBR 2002, 93), wonach Widerspruchsführer i. S. d. BBVAnpG 99 auch sei, wer in eindeutiger Weise den erhöhten Ortszuschlag verlangt habe, ohne dass das als Widerspruch zu bezeichnen und ein Ablehnungsverfahren vorzuschalten gewesen wäre, beantragte die Klägerin am 29. April 2002 "aufgrund des Widerspruchs" vom 21. Dezember 1990 ihr für den Zeitraum vom 01. Januar 1990 bis 31. Dezember 1998 den gesetzlichen Erhöhungsbetrag zum kindergeldbezogenen Ortszuschlag nach Art 9 § 1 Abs. 1 Satz 4 BBVAnpG 99 nachzuzahlen. Die Beklagte lehnte das mit Bescheid vom 15. Mai 2002 - ohne Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung - ab, weil sie den Antrag bereits mit Bescheid vom 31. August 2000 abgelehnt und die Klägerin Widerspruch oder Klage weder in der Monatsfrist noch in der Jahresfrist gegen die Ablehnung erhoben hatte. Gründe, die Bestandskraft der Ablehnung im Wege des "Aufhebungsermessens" zu beseitigen, seien nicht ersichtlich. Dem widersprach die Klägerin am 12. Juni 2002 und beantragte ausdrücklich, den Bescheid vom 31. August 2000 gemäß § 48 VwVfG zurückzunehmen und nunmehr die streitigen Erhöhungsbeträge aus- und nachzuzahlen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 24. Juni 2002, zugestellt am 02. Juli 2002, zurück. Nach der seinerzeit (am 31. August 2000) gängigen Auslegung des Begriffs des "Widerspruchsführers" habe nur ein Antrag der Klägerin (von 1990) vorgelegen, der durch Erstbescheid habe beschieden werden und konsequenterweise mit der Rechtsmittelbelehrung "Widerspruch" habe versehen werden müssen. Das habe der Verwaltungspraxis in allen Parallelverfahren entsprochen. Der Ablehnungsbescheid könne aus heutiger Sicht und in der Begrifflichkeit des Bundesverwaltungsgerichts der Form wie der Rechtsmittelbelehrung nach fehlerhaft gewesen sein, er sei deswegen aber nicht nichtig. Daher sei die Ablehnung vom August 2000 nach Ablauf von mehr als einem Jahr bis zur erneuten Antragstellung (April 2002) bestandskräftig und müsse es bleiben. Ein Fall der Reduzierung des Aufhebungsermessens nach § 48 VwVfG im Sinne einer "schlechthin unerträglichen" Aufrechthaltung der Ablehnung komme nicht in Betracht. Es sei auch anerkannt, dass in die Abwägung zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit (Bestandskraft) haushaltswirtschaftliche Gründe einfließen dürfen. Wenn die Bestandskraft beseitigt würde, müsste die Beklagte dieses aus Gründen der Gleichheit wiederum "in Tausenden" von Fällen tun und große Summen nachzahlen. Auch seien die Voraussetzungen des § 51 VwVfG für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht gegeben, denn seit August 2000 habe sich nicht die Rechtslage, sondern lediglich die Auslegung des Begriffs Widerspruchsführer geändert.
Mit der Klage vom 31. Juli 2002 wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1998 den Erhöhungsbetrag zum kindergeldbezogenen Ortszuschlag für das dritte und vierte Kind nach Maßgabe des Art 9 § 1 BBVAnpG 99 zu bewilligen und nachzuzahlen und die Bescheide vom 15. Mai und 24. Juni 2002 sowie den Bescheid vom 31. August 2000 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 31. August 2000 zurückzunehmen, ihr für die Zeit vom 01. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1998 den Erhöhungsbetrag zum kindergeldbezogenen Ortszuschlag für das dritte und vierte Kind nach Maßgabe des Art 9 § 1 BBVAnpG 99 zu bewilligen und nachzuzahlen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, das Antragsverfahren vom 21. Dezember 1990 nach § 51 VwVfG wiederaufzunehmen, der Klägerin für die Zeit vom 01. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1998 den Erhöhungsbetrag zum kindergeldbezogenen Ortszuschlag für das dritte und vierte Kind nach Maßgabe des Art 9 § 1 BBVAnpG 99 zu bewilligen und nachzuzahlen,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nach § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz erneut zu bescheiden sowie die Bescheide vom 31. August 2000 und vom 15. Mai bzw. 24. Juni 2002 aufzuheben soweit sie dem entgegenstehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
tritt dem entgegen und nimmt Bezug auf die Begründung ihres Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2002.
Für das weitere Vorbringen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber der Hauptantrag und die Hilfsanträge sind unbegründet.
Die Bescheide vom 15. Mai und 24. Juni 2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO (1), das im Hinblick auf den Bescheid vom 31. August 2000 ausgeübte und begründete Rücknahmeermessen i. S. d. § 48 VwVfG ist rechtlich nicht zu beanstanden, § 114 VwGO (2), und Gründe, das Antragsverfahren auf Nachzahlung der Erhöhungsbeträge wieder aufzugreifen, § 51 VwVfG, lagen nicht vor (3), sodass auch für den dritten Hilfsantrag auf Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, kein Raum bleibt (4).
1)
Die Klägerin hat keinen Anspruch aus Art 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 2 BBVAnpG 99, denn ihr Antrag vom 21. Dezember 1990 ist nach einvernehmlicher Aussetzung des Verfahrens mit bestandskräftigem Bescheid vom 31. August 2000 abgelehnt worden. Zum Zeitpunkt ihres erneuten Nachzahlungsverlangens, am 29. April 2002, war die der Rechtsbehelfsbelehrung entsprechende Widerspruchsfrist von einem Monat abgelaufen (§ 70 Abs. 1 VwGO). Das war auch die möglicherweise nach § 58 Abs. 2 VwGO in Lauf gesetzte Jahresfrist für eine Klage (§ 74 Abs. 1 VwGO), wenn man mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 28. 06. 2001, aaO) die Klägerin auf diese Zeit bezogen als "Widerspruchsführerin" ansähe, der (formale) Erstbescheid vom 31. August 2000 (inhaltlich) ein Widerspruchsbescheid hätte sein müssen und sich folglich die Rechtsbehelfsbelehrung als unrichtig i. S.d. § 58 Abs. 2 VwGO herausstellte, weil diese auf "Widerspruch" und nicht auf "Klage" lautete. Von daher konnte und durfte der erneute Antrag vom 29. April 2002 weder als zulässiger Widerspruch noch als zulässige Klage angesehen werden. Bei der Bestandskraft des Bescheides vom 31. August 2000 bleibt es selbst dann, wenn aus der von der zitierten Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Auslegung des Begriffs "Widerspruchsführer" i. S. d. Art 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 durch die Beklagte die Rechtswidrigkeit des Bescheides folgen sollte. Nichtigkeitsgründe nach § 44 VwVfG sind jedenfalls nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht. Der wirksame Verwaltungsakt (§ 43 Abs. 1 VwVfG) war der Bestandskraft zugänglich.
2)
Folgt man im ausgeführten Sinne weiter der Auslegung des Begriffs "Widerspruchsführer" durch das Bundesverwaltungsgericht (aaO), liegt zwar die tatbestandliche Voraussetzung - Rechtswidrigkeit des unanfechtbaren Verwaltungsaktes, hier vom 31. August 2000 - für die Rücknahme gem. § 1 NVwVG i. V. m. § 48 VwVfG vor. Allerdings folgt daraus kein gebundener Anspruch sondern lediglich ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung ( vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 7. Auflage 2000, § 48 Rdnr. 51). Das Ermessen hat die Beklagte nach Maßgabe des § 40 VwVfG im Bescheid vom 15. Mai 2002 im Ergebnis erkennbar ausgeübt und sodann mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2002 auch begründet (§§ 39 Abs. 1 Satz 2, 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG):
"... da eine Korrektur wiederum zur Folge hätte, dass in tausenden gleichgelagerten Fällen entsprechend zu entscheiden wäre. Nicht wegen des Einzelfalles, sondern wegen der enormen Folgewirkung gewinnt das öffentliche Interesse an einer sparsamen Bewirtschaftung der Haushaltsmittel an Bedeutung".
In diesem Zusammenhang hauswirtschaftliche Gründe in die Ermessensentscheidung einfließen zu lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. VG Oldenburg Urteil vom 22. 01. 2003, 6 A 2934/02 - rechtskräftig).
Auf eine Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null kann die Klägerin sich nicht berufen. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Festhalten an dem Verwaltungsakt nicht mehr zumutbar wäre, die Beklagte sich dahingehend gebunden hätte (durch Zusicherung oder durch Selbstbindung mit einer hiervon abweichenden Ermessenspraxis in gleichgelagerten Fällen) oder die Aufrechterhaltung des Bescheides aus anderen Gründen schlechthin unerträglich wäre oder gegen die guten Sitten verstieße (vgl. Bundesverwaltungsgericht, B. v. 22. 10. 1984 - 8 B 56/84 - = NVwZ 1985, 265). Nur dann wäre dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit (Bestandskraft), welches grundsätzlich gleichwertig ist, der Vorrang einzuräumen. Derlei ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dieses Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund nicht überraschend, dass die Rechtsordnung selbst Entscheidungen, die auf Grundlage verfassungswidriger Regelungen getroffen wurden, nicht die Wirksamkeit versagt, § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG und § 34 Abs. 2 Satz 2 StaatsGHG Nds (vgl. dazu ebenso VG Oldenburg aaO).
Die Fürsorgepflicht im Beamtenverhältnis ( § 78 NBG) führt nicht zur Reduzierung der Rücknahmeermessens auf Null. Beamtenrechtliche Regelungen schaffen kein Sonderrecht, welches den Dienstherrn aus Gründen der Fürsorge verpflichtet, gegen seine Beamten ergangene rechtswidrige und bestandskräftige Bescheide zurückzunehmen. Im konkreten Fall ist die Klägerin auch nicht von der Beklagten "getäuscht" worden, dass ihr ein Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 31. August 200 nicht zustehe (vgl. hierzu VG Braunschweig, Urteil vom 25. 02. 2001 - 7 A 115/01 -). Die mit dem Absehen von einem Widerspruch - entsprechend der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung - verbundenen Risiken liegen allein bei der Klägerin. Es kann sich schon deshalb um keine durch Fürsorge zu beseitigenden unerträglichen Folgen ihres Unterlassens handeln, weil das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 24. 11. 1998 (aaO S. 331) ausgeführt hat, dass ein allgemeiner und rückwirkender Ausgleich in allen Fallgruppen der unteralimentierten Beamten rechtlich nicht geboten sei, sondern nur für die Beschwerdeführer vor dem Verfassungsgericht und diejenigen, die mindestens Widerspruchsführer waren.
3)
Da aus den Ausführungen zu 1) und 2) die bestandskräftige Ablehnung des Nachzahlungsantrages der Klägerin vom 21. Dezember 1999 folgt, ist dem weiteren Hilfsantrag nachzugehen. Das Verlangen nach Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 VwVfG ist aber ebenfalls unbegründet.
Wiederaufgreifensanträge sind binnen 3 Monaten zu stellen, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG). Im Antrag vom 29. April 2002 nennt die Klägerin als Wiederaufgreifensgrund das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 und dessen Auslegung des Begriffs "Widerspruchsführer" - ohne mitzuteilen, wie und wann sie Kenntnis vom Urteil erhalten hat. Da durch "Fahrlässigkeit" verschuldete Unkenntnis der Kenntnis i. S. d. § 51 Abs. 3 nicht gleichsteht (vgl. Ramsauer aaO § 51 Rdnr. 47), braucht auf den Zeitpunkt der Meldung in der Allgemeinpresse nach Verkündung des Urteils nicht abgestellt werden. Die Veröffentlichung der ausführlichen Gründe in den Fachzeitschriften (vgl. obige Fundstellen) liegt frühestens am 15. Januar 2002 (so in NVwZ 2002. S 97). Ob die Dreimonatsfrist mit dem Antrag letztlich gewahrt werden konnte, darf indes offen bleiben. Es fehlt nämlich an den materiellen Voraussetzungen für einen Anspruch aus
§ 51 VwVfG . Nach ganz herrschender Meinung, der sich die Kammer anschließt, hat sich die Sach- und Rechtslage nicht nachträglich zu Gunsten der Klägerin im Sinne eines Wiederaufnahmegrundes nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG geändert (vgl. dazu mit Nachweisen Ramsauer, aaO, § 51 Rdnr. 30) Vielmehr bedeutet die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Rechtsänderung, sofern sie nicht Ausdruck neuer allgemeiner Rechtsauffassungen ist. In dem Falle besteht nur der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Prüfung und Bescheidung nach §§ 48 ff. VwVfG (siehe oben 2). Selbst dann wird keine Änderung der Rechtslage angenommen, wenn eine Rechtsnorm durch ein Bundes- oder Landesverfassungsgericht oder ein Oberverwaltungsgericht für nichtig erklärt wird. (h.M. vgl. Ramsauer aaO mit Nachweisen)
4)
§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG gibt dem Bürger einen Anspruch, wenn als Voraussetzung ein Wiederaufnahmegrund vorliegt. Das heißt, § 51 VwVfG ist insoweit keine Ermessensvorschrift. Von daher kann der (Hilfs-)Antrag, ein Bescheidungsurteil zu erlassen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), keinen Erfolg haben.