Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 03.02.2010, Az.: 3 U 194/09
Pflichten des Steuerberaters bei Veräußerung eines zwischenzeitlich in das Betriebsvermögen eingelegten, später aber wieder entnommenen Grundstück
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.02.2010
- Aktenzeichen
- 3 U 194/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 10499
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:0203.3U194.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 10.07.2009 - AZ: 4 O 362/08
Rechtsgrundlagen
- § 280 Abs. 1 BGB
- § 23 Abs. 1 EStG
- § 23 Abs. 3 EStG
Fundstellen
- DStR 2010, 1155-1156
- DStR 2010, 13
- DStRE 2010, 1028-1032
- StC 2010, 28
Amtlicher Leitsatz
1. Zur Pflicht des Steuerberaters auf Nachfrage seines Mandanten, der die Absicht hat, ein vor Ablauf von zehn Jahren erworbenes und zwischenzeitlich in das Betriebsvermögen eingelegtes, später aber wieder entnommenes Grundstück zu verkaufen, auf die ungefähre Größenordnung des dann anfallenden steuerpflichtigen Gewinns hinzuweisen.
2. Eine doppelte Besteuerung findet trotz der schon durch die Entnahme aufgedeckten stillen Reserven nicht statt.
3. Wird das Grundstück nach mehr als zehn Jahren seit der ursprünglichen Anschaffung aber weniger als zehn Jahre nach seiner Entnahme aus dem Betriebsvermögen veräußert, ergibt sich der zu versteuernde Veräußerungsgewinn aus der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Entnahmewert.
In dem Rechtsstreit
Steuerberater R. S., ...,
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...
gegen
C. Sch., ...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 6. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 10. Juli 2009 verkündete Grundurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten - ihren früheren Steuerberater - auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Ehemann der Klägerin, S. Sch., erwarb mit notariellem Vertrag vom 20. Mai 1997 (URNr. 290/1997 des Notars Sö. mit Amtssitz in H.) zwei in H. unter der Anschrift I.Straße 32, 33 gelegene Hausgrundstücke zum Kaufpreis von 400.000 €, wobei er das Grundstück I.Straße 33 bereits am 16. November 1998 weiter veräußerte und das Grundstück I.Straße 32 mit notariellem Übertragungsvertrag (URNr. 19/2000 des Notars P. B. mit Amtssitz in Hr.) im Wege ehebedingter Zuwendung die Gründe dafür sind streitig - am 29. März 2000 an die Klägerin übertrug. Von den beiden im Gebäude I.Straße 32 gelegenen Wohnungen nutzten die Klägerin und ihr Ehemann die im Erdgeschoss gelegene Wohnung selbst bzw. vermieteten sie. Die im Obergeschoss gelegene Wohnung vermietete die Klägerin in der Zeit zwischen dem 1. Mai 2003 und dem 30. November 2004 an die Sch. GmbH, deren alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin sie war. Danach wurde die Wohnung wieder fremd vermietet. Mit Teilungserklärung vom 12. August 2005 (URNr. 602/2005 des Notars O. Ho. mit Amtssitz in H.) teilte die Klägerin das Gebäude in zwei Eigentumswohnungen, von denen sie die im Erdgeschoss liegende Wohnung nachfolgend veräußerte. Der Käufer der Wohnung - Prof. Dr. S. H. - interessierte sich im Folgenden auch für den Erwerb der im Obergeschoss liegenden Wohnung. Die Klägerin und ihr Ehemann traten deswegen an den Beklagten, der seit 1996 ihre steuerlichen Angelegenheiten betreute, heran, der ihnen mit Schreiben vom 13. Juli 2006 (s. Anlagenhefter) mitteilte, es sei mit Blick auf die Veräußerung der Wohnung I.Straße 32 wegen des unterhalb des Buchwerts liegenden avisierten Veräußerungserlöses mit einem steuerlichen Verlust von 8.392 € zu rechnen, vorausgesetzt, das Finanzamt bestätige den Entnahmewert des Objekts. Die Klägerin verkaufte daraufhin die Wohnung am 3. November 2006 an Prof. Dr. S. H. (URNr. 755/2006 des Notars O. Ho.), zum Kaufpreis von 168.000 €. Der Kaufpreis wurde noch im Jahr 2006 gezahlt. Der Beklagte erstellte im Folgenden für die Klägerin die Steuererklärung für das Jahr 2006, wobei er mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 ankündigte, bei einer erklärungsgemäßen Veranlagung könne mit einer Steuererstattung in Höhe von insgesamt 9.632,78 € gerechnet werden.
Tatsächlich ermittelte das Finanzamt H. gemäß Steuerbescheid vom 4. September 2008 eine Steuernachforderung in Höhe von insgesamt 67.921,26 €, die es nach Einspruch der Klägerin mit Bescheid vom 16. Oktober 2008 auf 31.589,74 € (hiervon 39.312 € Einkommensteuer, abzüglich bereits geleisteter Zahlungen noch 27.910 € zzgl. Zinsen, Verspätungszuschlag sowie Solidaritätsbeitrag) herabsetzte. Darin enthalten waren - wie bereits in dem ersten angefochtenen Steuerbescheid - Einkünfte der Klägerin aus der Veräußerung der Eigentumswohnung, die das Finanzamt nach der dem Steuerbescheid vom 4. September 2008 beigefügten Tabelle (vgl. Anlagenhefter) mit 112.204,80 € bemessen hatte. Auch gegen diesen abgeänderten Steuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein, der vom Finanzamt H. abschlägig beschieden wurde. Über die beim Niedersächsischen Finanzgericht insoweit eingereichte Klage ist noch nicht entschieden. Mittlerweile hat das Finanzamt H. am 25. Juni 2009 einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 erlassen, dessen steuerliche Festsetzungen jedoch mit denen im Bescheid vom 16. Oktober 2008, insbesondere mit Blick auf die festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von 39.312 €, identisch sind (vgl. Bl. 147 ff. GA).
Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, sie über die steuerlichen Folgen des privaten Veräußerungsgeschäfts falsch beraten zu haben. An Stelle des von ihm vorhergesehenen Verlustes habe sich ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn ergeben. Die darauf entfallende Steuer hätte sich - wie die Klägerin gemeint hat - nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vermeiden lassen. Sie hat bestritten, bei Verkauf der Wohnung an Prof. Dr. H. unter Zeitdruck gestanden zu haben, weil sie Liquidität benötigt habe. Vielmehr hätte der Verkauf auch sechs Monate später und damit nach Ablauf der Zehnjahresfrist stattfinden können. Die Steuerberechnung des Finanzamts sei zutreffend. Dies ergebe sich aus der Anwendung der Grundsätze eines Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (nachfolgend BMF) vom 5. Oktober 2000 (Bl. 46 ff., 53 GA). Ihren Schaden hat sie mit 40.502,52 € beziffert. Ohne die Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf der Eigentumswohnung hätte die für das Jahr 2006 festzusetzende Einkommensteuer - unstreitig - nur 870 € betragen. Sie hat behauptet, sie habe auf den zu ihren Lasten ergangenen Steuerbescheid am 8. Oktober 2008 29.074 € Einkommensteuer zzgl. Zinsen, mithin insgesamt 32.597,76 € gezahlt. Als weiteren Schaden hat sie eine ihr entgangene Steuererstattung für das Jahr 2006 in Höhe von 11.402 € auf die Einkommensteuer und in Höhe von 526,78 € auf den Solidaritätszuschlag, die sie ohne die zusätzlichen zu versteuernden Einkünfte erhalten hätte, als Schadensersatz verlangt.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat eine Pflichtverletzung in Abrede genommen. Er hat insoweit die Auffassung vertreten, bereits durch die Einlage der Eigentumswohnung in das Betriebsvermögen der GmbH habe sich ein Veräußerungsgewinn realisiert, der im Jahr 2003 hätte versteuert werden müssen. Eine entsprechende Besteuerung habe das Finanzamt indes unterlassen, was - aufgrund der Bestandskraft der Bescheide - mittlerweile auch nicht mehr geändert werden könne. Die nunmehr mit Steuerbescheid für das Jahr 2006 vorgenommene Besteuerung des Veräußerungserlöses sei rechtswidrig, denn sie stelle eine unzulässige Doppelbesteuerung der stillen Reserven dar. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus dem Erlass der Oberfinanzdirektion (nachfolgend OFD) K. vom 21. Juni 2002 (Bl. 31 f. GA). Er hat weiter behauptet, die Klägerin habe sich im Zeitpunkt der Veräußerung der Eigentumswohnung an Prof. Dr. H. in einem finanziellen Engpass befunden, weil ihr Ehemann - ein Immobilienmakler - wegen anstehender Immobilienprojekte Liquidität benötigt habe. Die (teilweise) Begleichung der Steuerforderung durch die Klägerin hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten. Ferner hat er die Auffassung vertreten, der Zahlungsantrag der Klägerin laufe, soweit der Steuerbescheid nicht in Bestandskraft erwachsen sei, mangels Schadens ins Leere. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 30. Juni 2009 hat der Beklagte mit Blick auf die behaupteten Liquiditätsschwierigkeiten der Klägerin die Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung deswegen in Abrede genommen, weil wie er gemeint hat - eine Veräußerung ohnehin erst im Jahr 2014 steuerfrei gewesen wäre.
Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe seine Pflichten der Klägerin gegenüber aus dem zwischen ihnen bestehenden Steuerberatervertrag verletzt, weil er sie nicht zutreffend über den im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eigentumswohnung I.Straße 32 zu erwartenden Veräußerungsgewinn entsprechend der in dem BMFSchreiben vom 5. Oktober 2000 niedergelegten Grundsätze aufgeklärt habe. Dies hätte er auch dann tun müssen, wenn er die dort vertretene Auffassung für unrichtig gehalten hätte. Das Finanzamt habe sich zutreffend an die Vorgaben des BMFSchreibens gehalten, wohingegen die von dem Beklagten favorisierte Berechnung nicht einschlägig sei. Eine andere Bewertung ergäbe sich auch nicht unter Berücksichtigung des Erlasses der OFD K. vom 21. Juni 2002. Die Klägerin gehe indes ihrerseits unzutreffend davon aus, dass bei Veräußerung der Eigentumswohnung ein halbes Jahr später ein zu versteuernder Gewinn nicht erzielt worden wäre. Vielmehr hätte - entsprechend den Vorgaben des BMFSchreibens bzw. des Erlasses der OFD K. - der Veräußerungsgewinn aus der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Entnahmewert gebildet werden müssen, unter Umständen unter Hinzurechnung der in Anspruch genommenen Abschreibungen und unter Abzug von Werbungskosten. Der Betrag, um den die steuerliche Belastung der Klägerin dann im - darauffolgenden - Jahr 2007 höher gewesen wäre, sei indes unbekannt, weshalb die Höhe des Steuerschadens weiterer Aufklärung bedürfe. Dies gelte auch, soweit der Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 30. Juni 2009 darauf abgestellt habe, dass der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung einen Verkauf der Eigentumswohnung bei beratungsrichtigem Verhalten sogar erst nach Ablauf von 10 Jahren seit der Entnahme für möglich gehalten habe. In diesem Fall sei zwar nur auf die steuerliche Mehrbelastung für das Jahr 2006 abzustellen, nach dem Vortrag der Klägerin bleibe aber offen, ob die von ihr an das Finanzamt geleistete Teilzahlung in voller Höhe auf die Steuerschuld erfolgt sei. Die von ihr zuletzt vorgenommene Schadensberechnung (vgl. Bl. 101, 102 GA), wonach sich der Schaden aus der an das Finanzamt H. geleisteten Zahlung von 32.597,76 € sowie der fehlenden Erstattung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 11.402 € und 526,78 € zusammensetze, begegne schon deshalb Bedenken, weil nicht feststehe, ob die von der Klägerin an das Finanzamt geleistete Teilzahlung in voller Höhe auf diejenige Steuerschuld erfolgt sei, welche aus der Festsetzung eines Veräußerungsgewinns in Höhe von 112.204,80 € für das Objekt I.Straße 32 resultiere. Soweit der Steuerbescheid für 2006 vom 16. Oktober 2008 noch nicht bestandskräftig sei und damit die Höhe der Steuerschuld der Klägerin noch nicht endgültig feststehe, habe sie gleichwohl einen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten, dessen Interesse durch eine Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung evtl. Rückzahlungsansprüche gegen das Finanzamt gewahrt sei.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er weiterhin Klagabweisung erstrebt.
Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und nimmt nach wie vor seine Pflichtverletzung in Abrede, wobei er die Auffassung vertritt, diese Frage hänge davon ab, ob die von dem Beklagten vertretene Rechtsauffassung zu § 23 EStG zutreffe. Tatsächlich enthalte die Vorschrift für den in Rede stehenden Fall (des privaten Verkaufs eines privat erworbenen, zwischenzeitlich als Betriebsvermögen eingelegten, später wieder entnommenen und schließlich privat veräußerten Grundstücks) eine nicht analogiefähige Regelungslücke. Das BMFSchreiben aus dem Jahr 2000 schließe diese Gesetzeslücke (unzulässig) im fiskalischen Sinne, sei jedoch durch die Verfügung der OFD K. teilweise ersetzt worden.
Das Landgericht gehe ferner unzutreffend davon aus, dass die Frage der Kausalität auch im Betragsverfahren geklärt werden könne. Die von der Klägerin erhobene Leistungsklage hält er ohnehin für unzulässig.
Soweit diese auf den Steuerbescheid gezahlt habe, sei dies freiwillig und im "vorauseilenden Gehorsam" erfolgt. Insbesondere hätten es die Klägerin bzw. ihr neuer steuerlicher Berater unterlassen, einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen. Eine Klage auf Freistellung sei erst dann möglich, wenn der Anspruch des Geschädigten nach Grund und Höhe festgestellt sei. Einen Antrag auf Verurteilung Zug um Zug habe die Klägerin nicht gestellt.
Der Beklagte beantragt,
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils - insoweit auch wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge - Bezug genommen.
II. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
1. Das vom Landgericht erlassene Grundurteil ist zulässig. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner rechnerischen Höhe besteht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 VIII ZR 14/90, WM 1991, 695 ff., hier zitiert nach juris Rn. 18 m. w. N.). Es müssen daher Feststellungen nicht nur zur haftungsbegründenden, sondern auch zur haftungsausfüllenden Kausalität, mithin der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung, und dem geltend gemachten konkreten Schaden getroffen werden. Dies ist - auch wenn das Landgericht die Frage, ob die Klägerin bei zutreffender Aufklärung die in Rede stehende Eigentumswohnung im Jahr 2007 nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist oder aber erst im Jahr 2014, einem Zeitpunkt, zu dem auch mit Blick auf die zwischenzeitlich erfolgte Einlage der Eigentumswohnung als Sonderbetriebsvermögen in die von der Klägerin betriebene Gesellschaft Steuern nicht mehr angefallen wären, noch offen gelassen hat - vorliegend möglich (s. nachfolgend).
2. Der Klägerin steht der gegen den Beklagten geltend gemachte Anspruch aus Verletzung des zwischen ihnen geschlossenen Steuerberatervertrags gem. § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 611, 675 BGB dem Grunde nach zu.
a) Der Beklagte war unstreitig mit der laufenden Betreuung der steuerlichen Angelegenheiten der Klägerin beauftragt. Im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Veräußerung der Eigentumswohnung an Prof. Dr. H. haben die Klägerin bzw. ihr Ehemann ausdrücklich wegen der damit verbundenen steuerlichen Auswirkungen angefragt und der Beklagte hat darauf hin mit Schreiben vom 13. Juli 2006 eine steuerliche Auskunft erteilt.
Zweck der Steuerberatung ist es, dem Auftraggeber fehlende Sach und Rechtskunde auf diesem Gebiet zu ersetzen. Die pflichtgemäße Steuerberatung verlangt daher sachgerechte Hinweise über die Art, die Größe und die mögliche Höhe eines Steuerrisikos, um den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und sein Interesse zu wahren und Fehlentscheidungen zu vermeiden (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 34/04 und ständig). Aufgrund der ihm erteilten Hinweise muss der Mandant in der Lage sein, die bestehenden Risiken selbst abzuwägen. Bei zweifelhafter Rechtslage hat der Steuerberater seinem Mandanten den relativ sichersten Weg vorzuschlagen, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann (BGH, Urteil vom 29. März 2009 - IX ZR 214/07 m. w. N.).
Eine Pflichtverletzung des Beklagten hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht. Denn die Auskunft des Beklagten mit Schreiben vom 13. Juli 2006 war unzutreffend. Anstelle die Klägerin über die nachfolgend aufgezeigten Umstände und die damit einhergehende zusätzliche Besteuerung zu belehren, hat der Beklagte ihr den Eindruck vermittelt, es entstehe tatsächlich ein steuerlicher Verlust.
Bei der Veräußerung der im Obergeschoss des Hauses I.Straße 32 gelegenen Eigentumswohnung an Prof. Dr. H. handelte es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG, mithin ein Veräußerungsgeschäft über ein Grundstück, das den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegt, wobei hiernach solche Geschäfte steuerpflichtig sind, in denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Unter Veräußerung im Sinne von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 (aber auch im Sinne von S. 5 Nr. 1) EStG ist dabei die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten mit Lieferverpflichtung zu verstehen, wobei die Begrifflichkeiten insoweit vom Zivilrecht abweichen, als es entscheidend auf den Übergang des wirtschaftlichen (und nicht des "juristischen") Eigentums ankommt (vgl. WeberGrellet, in: Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 23 Rn. 50, 21). Diese zehn Jahre waren bezogen auf den ursprünglichen Anschaffungszeitpunkt des Grundstücks im Frühjahr/Sommer 1997 bei Verkauf der Wohnung an Prof. Dr. H. im November 2006 und Erhalt des Kaufpreises noch nicht abgelaufen. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der seit Anschaffung des Grundstücks durch ihren Ehemann erfolgte Eigentumsübergang auf sie im Wege der unentgeltlichen ehebedingten Zuwendung die Zehnjahresfrist nicht erneut in Lauf gesetzt hat, denn eine Schenkung ist als unentgeltlicher Erwerb keine Anschaffung und dem Einzelrechtsnachfolger ist die Anschaffung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG. vgl. auch WeberGrellet, a. a. O., Rn. 43), was bedeutet, dass auch für die Klägerin für den Lauf der Frist der ursprüngliche Anschaffungszeitpunkt durch ihren Ehemann maßgeblich war. Auf die Gründe, warum die Klägerin das Grundstück übertragen erhalten hat, etwa weil der Ehemann sein Vermögen dem Zugriff seiner Gläubiger entziehen wollte, kommt es nicht an. Auf die Anfrage der Klägerin und ihres Ehemannes hin hätte der Beklagte daher darauf hinweisen müssen, dass das Veräußerungsgeschäft noch innerhalb der Zehnjahresfrist lag und daher der Erlös zu versteuern sein würde.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Wohnung zwischenzeitlich an die von der Klägerin betriebene Gesellschaft vermietet war, was steuerlich zu einer Betriebsaufspaltung geführt hat, für die kennzeichnend ist, dass eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Betätigung - typischerweise einer natürlichen Person oder Personengesellschaft, nämlich das Vermieten (Verpachten) von Wirtschaftsgütern - in der Regel an eine Kapitalgesellschaft, durch eine sachliche und persönliche Verflechtung zwischen dem oder den Vermietern bzw. Pächtern (= Besitzunternehmen) und einer gewerblichen Betriebsgesellschaft (= Betriebsunternehmen) zum Gewerbebetrieb i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG wird (Wacker, in: Schmidt, a. a. O., § 15 Rn. 800). Das Grundstück - bzw. hier die Eigentumswohnung - stellt in diesem Fall Sonderbetriebsvermögen dar (vgl. Heinecke, in: Schmidt, a. a. O., § 4 Rn. 176). Dies führt dazu, dass die Entnahme der Wohnung aus dem Betriebsvermögen ihrerseits steuerbar ist.
Gem. § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG gilt als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 auch die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt. Die Besteuerung der zwischen Anschaffung und Einlage angesammelten stillen Reserven ist abhängig von einer späteren Veräußerung dieses Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen (Weber-Grellet, a. a. O., § 23 Rn. 52). Der Auffassung des Beklagten, dass deswegen die Versteuerung des privaten Veräußerungsgeschäfts bereits im Jahr 2003 (als die Wohnung an die Sch. GmbH vermietet wurde) hätte erfolgen müssen, vermag der Senat nicht zu folgen, denn nicht die Einlage in das Betriebsvermögen war steuerpflichtig, sondern erst das Veräußerungsgeschäft an einen Dritten. Auch die spätere Entnahme durch die Klägerin, für die gerade kein Veräußerungspreis gezahlt wurde, führte nicht zu einer entgeltlichen Übertragung auf einen Dritten mit Lieferverpflichtung, fiel somit nicht unter die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG, sondern der insoweit entstehende Entnahmegewinn war gem. § 4 Abs. 1 EStG zu versteuern (Heinecke, in: Schmidt, a. a. O., § 4 Rn. 53). Der Entnahmegewinn besteht aus dem Differenzbetrag zwischen dem Buchwert und den während der betrieblichen Nutzung angesammelten stillen Reserven.
Zutreffend hat die Klägerin daher darauf abgehoben, dass für die Bemessung der 10JahresFrist zunächst auf den ursprünglichen Erwerbszeitpunkt abzustellen ist. Wie der Verkauf eines in das Betriebsvermögen eingelegten und später wieder entnommenen Grundstücks steuerrechtlich zu behandeln ist, ergibt sich aus dem Schreiben des BMF vom 5. Oktober 2000 (BStBl. I 2000, 1383 ff. Tz. 35, Bl. 53 GA), wie schon das Landgericht zu Recht angenommen hat. Wird ein Grundstück, das in das Betriebsvermögen eingelegt war und wieder in das Privatvermögen überführt wurde, innerhalb von 10 Jahren nach der ursprünglichen Anschaffung veräußert, ist hiernach bei der Ermittlung des privaten Veräußerungsgewinns der erzielte Veräußerungserlös um die ursprünglichen Anschaffungskosten zu bereinigen. Ferner ist von dem so ermittelten Veräußerungsgewinn die Differenz zwischen dem Teilwert (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG: im Ergebnis die Einzelbewertung einzelner Teile eines Betriebs) Entnahme und dem Teilwert Einlage in Abzug zu bringen (vgl. das Berechnungsbeispiel bei Tz. 35, Bl. 54 GA I). An dieser Berechnung orientiert sich auch die vom Finanzamt H. gem. Anlage zum Einkommensteuerbescheid vorgenommene Ermittlung des Veräußerungserlöses aus dem Verkauf der Obergeschosswohnung Immengarten 32 (vgl. Anlagenhefter).
Der Einwand des Beklagten, das Finanzamt besteuere die stillen Reserven in unzulässiger Weise doppelt, ist mithin nicht zutreffend, denn der Entnahmegewinn wird bei dieser Berechnung gerade außer Betracht gelassen. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass das Veräußerungsgeschäft nicht in den Anwendungsbereich von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG fallen könnte, weshalb der Beklagte auch nicht damit durchdringen kann, es gäbe gar keine gesetzliche Grundlage für die Steuer. Träfe die Auffassung des Beklagten zu, ließe sich die Besteuerung des Veräußerungsgewinns gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ohne größere Schwierigkeiten umgehen, was - wie schon durch die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG zum Ausdruck kommt - vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Der von dem Beklagten zitierte Aufsatz von Hartmann/Meyer (in: Die steuerliche Betriebsprüfung 2000, 214 ff., 218, Bl. 81, 85 GA) steht dem nicht entgegen. Dort ist zwar von einer Regelungslücke die Rede, die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich jedoch auf die Besteuerung der aufgedeckten stillen Reserven (mithin den Entnahmegewinn), worum es vorliegend nicht geht.
Auch die von dem Beklagten in Bezug genommene Verfügung der OFD K. vom 21. Juni 2000 (S 2256 AST 32 2, abgedruckt in: DStR 2003, 1880 f., Bl. 31 GA) rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Diese befasst sich vielmehr mit der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG, wonach als "Anschaffung" auch die Überführung eines Grundstücks in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe gilt, was zur Konsequenz hat, dass die Veräußerung des entnommenen Grundstücks innerhalb von 10 Jahren nach der Entnahme ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne der Regelung darstellt, wobei gem. § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG in diesem Fall an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 16 Abs. 3 oder nach den §§ 20, 21 des Umwandlungssteuergesetzes angesetzte Wert tritt. Allein mit dieser Frage und den insoweit in Betracht kommenden Fallgestaltungen beschäftigt sich die Verfügung im Folgenden. Zutreffend hat das Landgericht insoweit angenommen, dass der gegebene Veräußerungsfall von dieser Fallgestaltung nicht unmittelbar erfasst ist, sondern sie erst nach Ablauf der "ersten" 10JahresFrist bedeutsam werden kann. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen der OFD K. gerade nicht dahin zu verstehen sind, dass die Veräußerung des Grundstücks nur deshalb hätte steuerfrei bleiben müssen, weil eine Besteuerung des Entnahmegewinns unterblieben ist, was der Beklagte zu vertreten scheint. Es ist mithin nicht ersichtlich, dass die Verfügung eine das BMF-Schreiben aus dem Jahr 2000 ablösende neuere oder andere Ansicht enthält.
b) Die vorstehend festgestellte Pflichtverletzung hat auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem - der Höhe nach noch nicht genau feststellbaren - konkreten kausalen Schaden der Klägerin geführt. Insbesondere ist anzunehmen, dass die Klägerin - zutreffend aufgeklärt - das Geschäft mit Prof. Dr. H. erst ca. ein halbes Jahr später nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist seit dem Erwerb des Grundstücks durch ihren Ehemann abgeschlossen hätte.
Die haftungsausfüllende Kausalität hat der Geschädigte - erleichtert gemäß § 287 ZPO - zu beweisen. Dazu gehört die Frage, wie der Mandant sich bei vertragsgerechter Beratung verhalten hätte. Um dies beurteilen zu können, müssen die Handlungsalternativen, die sich ihm stellten, geprüft, deren Rechtsfolgen müssen ermittelt und mit den Handlungszielen des Mandanten verglichen werden (BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - IX ZR 53/05, Juris Rn. 9 und ständig).
Zwar greift zugunsten der Klägerin die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens, wonach im Rahmen von Verträgen mit rechtlichen Beratern angenommen wird, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entscheidung des zutreffend informierten Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre (BGH, a. a. O., Rn. 11 und ständig), nicht ein. Denn die Beweiserleichterung gilt nicht generell, sondern setzt einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhalten des Mandaten typischerweise gegeben ist, beruht also auf Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGHZ 123, 311, 314 f., zitiert nach Juris Rn. 14). Vorliegend standen für die Klägerin aber mehrere steuergünstigere Varianten zur Wahl. Sie hätte die Wohnung Mitte 2007 nach Ablauf der Spekulationsfrist seit dem Erwerb des Grundstücks an Prof. Dr. H. unter Inkaufnahme der dann gleichwohl anfallenden, wenn auch niedrigeren Steuern, verkaufen, sie zehn Jahre nach der Entnahme aus dem Betriebsvermögen (d. h. Ende 2014) gänzlich steuerfrei (vgl. dazu nachfolgend) veräußern oder von dem Verkauf ganz Abstand nehmen können.
Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass - anders als die Klägerin zunächst gemeint hat - der Verkauf der Eigentumswohnung an Prof. Dr. H. im Sommer des Jahres 2007 nicht steuerfrei gewesen wäre. Denn bei Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen und einer späteren privaten Veräußerung ist der Veräußerungsgewinn zu versteuern, wenn es binnen einer Frist von nicht mehr als 10 Jahren nach der Überführung ins Privatvermögen veräußert wird, auch wenn der ursprüngliche Anschaffungszeitpunkt des Grundstücks schon mehr als 10 Jahre zurück liegt (vgl. o.). Nach dem BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 (dort Tz. 35, Bl. 54 GA) ist dann, wenn das Grundstück nach mehr als 10 Jahren seit der ursprünglichen Anschaffung, aber innerhalb von 10 Jahren nach der Überführung ins Privatvermögen (der Entnahme) veräußert wird, bei der Ermittlung des zu besteuernden privaten Veräußerungsgewinns der bei der Entnahme angesetzte Wert zugrunde zu legen. Das bedeutet, dass bei einer Veräußerung des Grundstücks innerhalb von zehn Jahren nach der Entnahme, hier mithin in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 2004 bis zum 30. November 2014, der Veräußerungsgewinn auf der Grundlage des bei der Entnahme angesetzten Werts zu besteuern ist und erst nach Ablauf dieses Zeitraums eine Steuer für die private Veräußerung nicht mehr angefallen wäre. Der zu versteuernde Veräußerungsgewinn ergibt sich dabei aus der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Entnahmewert (= Teilwert Entnahme).
Auch wenn hiernach der Verkauf der Wohnung ca. ein halbes Jahr später für die Klägerin nicht steuerfrei gewesen wäre, ist der Senat gleichwohl davon überzeugt, dass sie bei Hinweis auf die realistische Höhe der im Jahr 2006 anfallenden Spekulationssteuer diesen Weg gewählt hätte, denn im Vergleich zur tatsächlich erfolgten Besteuerung wäre diese Variante für sie wesentlich günstiger gewesen. Nach den nachfolgenden - auf den damals geltenden Spitzensteuersatz bezogenen Berechnungen - wäre bei einer Veräußerung Mitte 2007 überschlägig betrachtet maximal rd. ein Fünftel der tatsächlich gezahlten Steuern angefallen. Anhaltspunkte dafür, Prof. Dr. H. hätte an dem Geschäft rd. ein halbes Jahr später kein Interesse mehr gehabt, bestehen nicht. Dies ist schon deswegen nicht anzunehmen, weil er bereits eine in demselben Haus liegende Wohnung bewohnte und es für ihn bequemer war, eine weitere Wohnung hinzu zu erwerben, anstatt sich vollständig zu verändern. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass Prof. Dr. H. seinerseits unter einem besonderen Zeitdruck gestanden hätte. Dass die Klägerin demgegenüber bis zum Jahr 2014 mit dem Verkauf gewartet hätte und sich auf die damit zwangsläufig verbundenen Unsicherheiten eingelassen hätte, ist hingegen fernliegend. Insbesondere konnte sie sich nicht darauf verlassen, dass zu diesem Zeitpunkt - mehr als sieben Jahre später - Prof. Dr. H. noch als Käufer zu Verfügung gestanden hätte und er oder ein beliebiger Dritter bereit gewesen wäre, den im Jahr 2006 gebotenen Preis noch zu bezahlen, zumal die Wohnung durch weitere Abnutzung bis dahin an Wert verloren hätte. Dass die Klägerin demgegenüber von dem Verkauf gänzlich Abstand genommen hätte, ist angesichts des Kaufinteresses des Prof. Dr. H. und der grundsätzlichen Verkaufsbereitschaft der Klägerin nicht anzunehmen. Dafür spricht ebenfalls der von der Klägerin allerdings bestrittene Vortrag - des Beklagten, ihr Ehemann habe für bestimmte Immobilienprojekte Liquidität benötigt. Dass er indes aufgrund bestehender Verpflichtungen drohte, zahlungsunfähig zu werden und deshalb die Klägerin zusätzliche Steuern von über 30.000 € in Kauf genommen hätte, ist dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen. Etwas Substanzielles zu einer im November 2006 vorliegenden Notsituation hat er zudem nicht dargetan. Die Klägerin ihrerseits hat letztlich unbestritten - vorgetragen, sie habe damals nicht unter Zeitdruck gestanden, sondern hätte durchaus noch sechs Monate mit dem Verkauf zuwarten können. Der - ebenfalls unsubstantiierte - Vortrag des Beklagten aus dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenen nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Juni 2009, wonach der Ehemann der Klägerin an einer insolventen Gesellschaft beteiligt gewesen sein und aus diesem Grund seine Immobilien auf die Klägerin übertragen haben soll, steht dem nicht entgegen, denn konkrete Rückschlüsse für die Dringlichkeit des Liquiditätsbedarfs lassen sich daraus nicht ziehen. Überdies ist das Vorbringen des Beklagten gemäß § 296 a ZPO nicht mehr Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen und gibt - wie dargelegt mangels Substanz - dem Senat auch keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
3. Es lässt sich auch feststellen, dass der Klägerin zumindest ein Schaden in Höhe von 31.353,81 € entstanden ist, dessen Einzelheiten jedoch noch im Betragsverfahren zu klären.
Nach dem Bescheid des Finanzamts H. vom 16. Oktober 2008 hatte die Klägerin 39.312 € Einkommensteuer zu zahlen. Ohne den Verkauf hätte die Klägerin - wie sich aus dem genannten Steuerbescheid ergibt - ein negatives Einkommen gehabt, weshalb Steuern nicht angefallen wären.
Hätte sie die Wohnung erst im Jahr 2007 verkauft, hätte sich der zu versteuernde Veräußerungsgewinn aus dem Veräußerungserlös (168.000 €) abzüglich des Entnahmewerts (§ 23 Abs. 3 EStG) errechnet. Der Entnahmewert entspricht dem Teilwert Entnahme in Höhe von 167.696 € (vgl. Anlage des Finanzamts H. zum Steuerbescheid vom 4. September 2008 bzw. Aufstellung des Beklagten, Bl. 29 GA). Die Differenz beträgt 304 €, abzüglich der Werbungskosten von 308,50 €, wobei der Senat für das Jahr 2007 vergleichbare Werbungskosten wie für das Jahr 2006 annimmt (§ 287 Abs. 1 ZPO), verbleibt ein negatives Einkommen (4,50 €), auf das dann wiederum die in den Jahren 2004 bis 2007 erfolgten Abschreibungen für Aufwendungen hinzu zu addieren sind. Diese betragen bis einschließlich 2006 gemäß Anlage zum Einkommensteuerbescheid 2006 16.889,36 €. Hinzu kommt der für die Zeit bis Mitte 2007 für die anfallenden Abschreibungen anzusetzende Betrag, den der Senat aufgrund der in der genannten Tabelle ausgewiesenen Abschreibungen der Jahre 2005 und 2006 auf ca. 800 € schätzt (2.000 € + 1.066 € + 170 € = 3.236 € : 2 = 1.618 € x 49,48 % = 800,59 €). Dies ergibt - isoliert von dem übrigen Einkommen der Klägerin betrachtet - einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 17.684,86 €, der ganz erheblich unter dem vom Finanzamt für das Jahr 2006 ermittelten Veräußerungserlös von 112.204,80 € liegt. Selbst unter Berücksichtigung des damals geltenden Spitzensteuersatzes von 45 % hätte die zu Lasten der Klägerin anfallende zusätzliche Steuer (neben der auf ihre Einkünfte im Jahr 2007, ohnehin zu zahlenden Steuer, für die bis zum Abschluss der ersten Instanz nichts dargetan war) maximal 7.958,19 € betragen können. Im Vergleich zu der tatsächlich angefallenen Steuer in Höhe von 39.312 €, die, wie oben ausgeführt, letztlich nur auf der Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns beruhte, verbleibt mithin ein Schaden von mindestens 31.353,81 €.
Dass die Klägerin 32.597,76 € auf die Steuerschuld gezahlt hat, ein Schadensersatzanspruch in oben genannter Mindesthöhe mithin entstanden ist, ist den überreichten schriftlichen Belegen (Bl. 92 sowie Bl. 99 GA) ohne Weiteres zu entnehmen. Das Bestreiten des Beklagten geht daher ins Leere.
Soweit ein höherer Steuerschaden im Raum steht, hätte die Klägerin zwar keinen Anspruch auf Schadensersatz, sondern nur einen solchen auf Freistellung von der von ihr geschuldeten Verbindlichkeit. Dies ist indes Gegenstand des Betragsverfahrens.
4. Anders als der Beklagte meint, steht weder der Feststellung eines Mindestschadens im Rahmen des Grundurteils noch einer späteren Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz entgegen, dass das Ergebnis des finanzgerichtlichen Verfahrens vorliegend noch offen ist. Durch eine einschränkende Verurteilung im Betragsverfahren, dass der Beklagte nur Zug um Zug gegen Abtretung eventueller Erstattungsansprüche gegen das Finanzamt zu leisten braucht (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. Juni 1992 - V ZR 106/91, NJW 1992, 2817 f., hier zitiert nach Juris Rn. 15), ist dieser ausreichend davor geschützt ist, der Klägerin einen ihr nicht zustehenden Vorteil zukommen zu lassen. Dass die Klägerin bislang einen solchen Zug-um-Zug-Antrag nicht gestellt hat, ist unschädlich, denn eine entsprechende Einschränkung könnte auch ohne einen solchen Antrag erfolgen und würde zu einer teilweisen Klagabweisung führen.
Soweit der Beklagte darauf abhebt, dass sich die - auch hier - in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Juni 1992 auf eine Freistellungsverpflichtung bezieht, die Klägerin aber Schadensersatz verlangt, übersieht er, dass Schadensersatz auch in Gestalt einer Befreiung von Verbindlichkeiten geschuldet sein kann (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 257 Rn. 1 und Vorbemerkung vor § 249 Rn. 46). Hiernach stellt die Belastung mit einer Verbindlichkeit - etwa der Steuerschuld - einen zu ersetzenden Schaden dar und zwar auch dann, wenn der Belastete weder Vermögen noch Einkommen hat und daher nicht leistungsfähig ist.
5. Darauf, ob die Klägerin die Steuerschuld, die mit dem Erlass des Steuerbescheids fällig war, freiwillig und im "vorauseilendem Gehorsam" gezahlt hat, kommt es nicht an. Insbesondere spielt es keine Rolle, ob das Finanzamt damit drohte, die Forderung zu vollstrecken, oder ob die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen. Hinzu kommt, dass die Klägerin schon unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 BGB) verpflichtet war, die Steuerschuld zu begleichen, weil anderenfalls weitere Steuerzinsen (§ 238 AO) und ggf. Säumniszuschläge (§ 240 AO) angefallen wären.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.