Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 13.03.2017, Az.: 3 A 200/16

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
13.03.2017
Aktenzeichen
3 A 200/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54178
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine etwaige drohende Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Rückkehr des Klägers in sein Heimatland aufgrund der humanitären Bedingungen ist mangels Handeln eines Akteurs im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c AsylG bei der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AsylG zu berücksichtigen.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Zwar soll die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. etwa BVerfG, Stattgebender Kammerbeschl. v. 20.06.2016 - 2 BvR 748/13 -, juris Rn. 12). Dementsprechend sind schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung in dem dafür vorgesehenen Verfahren zugeführt werden können; das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (BVerfG, Beschl. v. 08.07.2016 - 2 BvR 2231/13 -, juris Rn. 10). Dem genügt das Gesetz jedoch mit § 114 Satz 1 ZPO, indem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss (BVerfG, Beschl. v. 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -, juris Rn. 26; Hamburgisches OVG, Beschl. v. 28.07.2016 - 1 So 42/16 -, juris Rn. 10 „gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs“), mithin der Prozessausgang offen ist (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.09.2016 - 11 S 1512/16 -, juris Rn. 2; Bay. VGH, Beschl. v. 04.02.2016 - 10 C 15.2641 -, juris Rn. 20). Dies ist etwa auch der Fall, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen würde (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.01.2013 - 1 BvR 274/12 -, juris Rn. 14). Hingegen darf Prozesskostenhilfe verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Beschl. v. 22.05.2012 - 2 BvR 820/11 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -, juris Rn. 26).  Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im summarischen Verfahren der Prozesskostenhilfe (BVerfG, Beschl. v. 26.02.2007 - 1 BvR 474/05 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschl. v. 17.05.2016 - 8 LA 40/16 -, juris Rn. 45) ist dabei der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (Bay. VGH, Beschl. v. 06.06.2016 - 10 C 15.1347 -, juris Rn. 13).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der angegriffene Bescheid des Bundesamtes nach summarischer Prüfung im Ergebnis rechtmäßig und die Klage hat daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Angaben des Klägers, insbesondere gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht nach einer Anhörung des Klägers von seinem behaupteten individuellen Verfolgungsschicksal (Art. 16a Abs. 1 GG, § 3 Abs. 1 AsylG) oder eines ihm drohenden Schadens im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG überzeugt sein wird, gering. Eine relevante Verfolgung wird sich aller Voraussicht nach und unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnismittel auch nicht aus einer gegen die Sikhs gerichteten Gruppenverfolgung ergeben (vgl. etwa auch VG Würzburg, Urt. v. 05.07.2016 - W 1 K 16.30615 -, juris Rn. 38 ff.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 20.08.2015 - 5a K 4515/13.A -, juris Rn. 55). Eine etwaige drohende Verletzung des Art. 3 EMRK im Falle einer Rückkehr des Klägers nach Afghanistan aufgrund der humanitären Bedingungen und der Person des Klägers wurde von der Beklagten - mangels des Handelns eines Akteurs im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c AsylG - bei der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AsylG berücksichtigt.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.