Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.10.2000, Az.: 2 W 97/00
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 30.10.2000
- Aktenzeichen
- 2 W 97/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 35283
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2000:1030.2W97.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - AZ: 20 T 1552/00 (82)
- AG Hannover - AZ: 905 IK 152/00 (7)
Fundstellen
- KGReport Berlin 2001, 42
- KTS 2001, 267
- NZI 2001, 34
- NZI 2001, 27-28
- OLGR Düsseldorf 2001, 42
- OLGR Frankfurt 2001, 42
- OLGR Hamm 2001, 42
- OLGR Köln 2001, 42
- OLGReport Gerichtsort 2001, 62-63
- OLGReport Gerichtsort 2001, 42
- ZIP 2001, 385-387
- ZInsO 2001, 37 (amtl. Leitsatz)
Tenor:
- 1.
Die sofortige weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
- 2.
Die sofortige weitere Beschwerde wird auf Kosten der Schuldnerin verworfen.
- 3.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 16.795,47 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Schuldnerin hat Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 81.929,13 DM bei 4 verschiedenen Gläubigern.
Ihre Verfahrensbevollmächtigten haben nach erfolgloser Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens Antrag auf Einleitung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens und Eröffnung des Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiungsverfahrens im Fall des Scheiterns der gerichtlichen Schuldenbereinigung gestellt. Auf diesen Antrag hat das Insolvenzgericht nach Erledigung einer Beanstandung durch die Schuldnerin (§ 305 Abs. 3 Satz 1 InsO) den von der Schuldnerin vorgelegten Schuldenbereinigungsplan, der Zahlungen in Höhe von insgesamt 16.795,47 DM über einen Zeitraum von 7 Jahren vorsieht, nach § 307 Abs. 1 Satz 1 InsO an die Gläubiger zugestellt. Auf diese Zustellung haben zwei Gläubiger, nämlich eine Bank mit einer Forderung von
9.040,54 DM und eine Leasinggesellschaft mit einer Forderung von 32.060,09 DM, dem Schuldenbereinigungsplan widersprochen. Während sich die Bank bei ihrem Widerspruch auf die noch anstehende Verwertung einer Drittsicherheit (Bürgschaft) berufen hat, hat die Leasinggesellschaft ihren Widerspruch nicht näher begründet.
Auf Grund dieser Widersprüche hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 7. August 2000 den bereits im Insolvenzantrag gestellten Antrag auf Ersetzung der Zustimmung der ablehnenden Gläubiger zurückgewiesen und das Verfahren über den Insolvenzantrag wieder aufgenommen (§ 311 InsO).
Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten sofortige Beschwerde eingelegt, die sie damit begründet hat, dass das Insolvenzgericht den Schuldenbereinigungsplan nicht hätte für gescheitert erklären dürfen, weil die widersprechenden Gläubiger keine Einwendungen im Sinne des materiellen Rechts gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben hätten. Die Zustimmung der widersprechenden Gläubiger hätte deshalb nach § 309 InsO ersetzt werden müssen.
Mit Beschluss vom 6. September 2000 hat das Landgericht die Beschwerde der Schuldnerin mit der Begründung zurückgewiesen, das Insolvenzgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass "Einwendungen" gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben worden sein. Die Gläubiger seien nicht verpflichtet gewesen, ihre negativen Stellungnahmen zu dem Plan weiter zu substantiieren. Zu begründen sei die Ablehnung des Planes nur im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 309 InsO, wenn von einem Gläubiger geltend gemacht werde, dass eine Zustimmungsersetzung nicht erfolgen dürfe. Dessen quotale Voraussetzungen seien hier jedoch nicht erfüllt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin und der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels mit dem geltend gemacht wird, dass der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan vorliegend nach § 308 InsO als angenommen zu gelten habe, weil Einwendungen im Sinne des § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 InsO gegen den Plan nicht erhoben worden sein. Die Erhebung und Begründung derartiger Einwendungen gegen den Plan sei Voraussetzung für einen wirksamen Widerspruch der Gläubiger gegen die Schuldenbereinigung. Wenn man - wie das Insolvenzgericht und das Beschwerdegericht - davon ausgehe, dass die Einwendungen gegen den Plan nicht näher begründet zu werden brauchten, ergebe das gerichtliche Schuldenbereinigungsplanverfahren keinen Sinn, sondern belaste die Gerichte nur mit unnötiger Arbeit. Die vom Gesetzgeber gewollte flächendeckende Sanierung privater Haushalte sei dann nicht zu erreichen.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin ist nicht zuzulassen.
Zwar handelt es sich grundsätzlich um ein statthaftes Rechtsmittel, da gemäß § 309 Abs. 2 Satz 2 InsO die sofortige Beschwerde des Schuldners ausdrücklich zugelassen ist, wenn das Gericht dem Schuldner die Zustimmungsersetzung verweigert (s. auch Kohte/Ahrens/Grote, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenzverfahren, § 309 Rz. 37; Wenzel, in: Kübler/Prütting, InsO, § 309 Rz. 11). Die sofortige weitere Beschwerde, deren Zulässigkeit hier unproblematisch ist, weil eine zulässige Erstbeschwerde nach § 6 Abs. 1 InsO vorliegt, ist aber nicht zuzulassen, weil eine Gesetzesverletzung des Insolvenzgerichts nicht festzustellen ist.
Eine Gesetzesverletzung, die neben der Erforderlichkeit der Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO Voraussetzung für die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde ist, liegt dann vor, wenn das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit seiner Beschwerdeentscheidung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat und die Beschwerdeentscheidung auf dieser Gesetzesverletzung beruht (s. auch OLG Celle, Beschl. v. 11. September 2000 - 2 W 87/00, ZIP 2000, 1898; Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung § 7 Rz. 15 ff.; Prütting, in: Kübler/Prütting, InsO, § 7 Rz. 22 ff.).
Eine Verletzung des Gesetzes ist vorliegend nicht gegeben. Sowohl das Insolvenzgericht als auch das Beschwerdegericht sind zutreffend davon ausgegangen, dass § 307 Abs. 1 Satz 1 InsO keine Begründung des Widerspruchs des Gläubigers gegen den vom Schuldner vorgelegten Schuldenbereinigungsplan voraussetzt. Der Begriff der "Stellungnahme" im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt nicht voraus, dass die Ablehnung des Schuldenbereinigungsplans mit einer Begründung versehen wird. Die Auffassung, die Gläubiger seien bei ihrer Entscheidung den Schuldenbereinigungsplan anzunehmen oder dem Plan zu widersprechen, verpflichtet, eine Begründung abzugeben, wird - soweit ersichtlich - nirgends vertreten. Zwar mag es sinnvoll und wünschenswert sein, dass die Gläubiger ihrer Stellungnahme eine Erklärung beifügen, in der sie zum Ausdruck bringen, unter welchen Voraussetzungen sie bereit wären, einem geänderten oder ergänzten Plan des Schuldners zuzustimmen (s. Römermann, in: Nehrlich/Römermann, InsO, § 307 Rz. 8; Wenzel, in Kübler/Prütting, InsO, § 307 Rz. 5 f.), um die Möglichkeit eines Schuldenausgleichs im Verfahren nach § 307 Abs. 3 InsO ohne Durchführung des förmlichen Insolvenz und Restschuldbefreiungsverfahrens zu erhalten. Ein grundsätzlicher Begründungszwang bei der Erklärung zur Annahme oder Ablehnung des Schuldenbereinigungsplans besteht jedoch nicht. Bei der Entscheidung der Gläubiger, nach § 307 Abs. 1 Satz 1 InsO dem Plan zuzustimmen oder dem Plan zu widersprechen handelt es sich vielmehr um eine autonom von den Gläubigern zu treffende Entscheidung, die an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist. Verhindert werden soll mit der Fiktion der Zustimmungsersetzung in § 307 Abs. 2 Satz 1 InsO nur, dass sich die Gläubiger durch bloßes Schweigen einer Erklärung zu dem Schuldenbereinigungsplan entziehen und ihre Mitwirkung im Verfahren verweigern. Ein Begründungszwang kann auch aus dieser Bestimmung nicht entnommen werden.
Erheblich wird die Frage der Begründung des Widerspruchs einzelner Gläubiger erst dann, wenn es um die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 309 InsO geht. Die Durchführung dieses Verfahrens, in dem es Sache der widersprechenden Gläubiger ist, ihre Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan glaubhaft zu machen, setzt aber voraus, dass mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger dem Plan zugestimmt hat und die Forderungen der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte aller Ansprüche gegen den Schuldner ausmachen (§ 309 Abs. 1 Satz 1 InsO). Erst wenn diese Grundvoraussetzung erfüllt ist, kommt überhaupt eine Zustimmungsersetzung in Betracht (s. die Begründung zu § 309 InsO, abgedruckt bei Kübler/Prütting, das neue Insolvenzrecht, 2. Aufl., S. 580).
Vorliegend haben die widersprechenden Gläubiger jedoch Forderungen in Höhe von 41.100,63 DM, mithin mehr als 50 % der gegen die Schuldnerin gerichteten Ansprüche. Das Insolvenzgericht konnte deshalb ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 309 InsO mangels ausreichender Zustimmungsquoten gar nicht durchführen. Es hat vielmehr völlig zurecht das auf Grund des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens gemäß § 306 Abs. 1 Satz 1 InsO zunächst ruhende Verfahren über Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 311 InsO wieder aufgenommen. Eine Verletzung des Gesetzes ist bei dieser gesetzeskonformen Verfahrensweise nicht festzustellen. Die Schuldnerin kann die Restschuldbefreiung nach Scheitern der gerichtlichen Schuldenbereinigung nur noch über das eröffnete vereinfachte Insolvenzverfahren mit anschließendem förmlichen Restschuldbefreiungsverfahren (§§ 286 ff. InsO) erreichen. Etwas anderes hat der Gesetzgeber für den Fall des Nichterreichens der in § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO vorausgesetzten Zustimmungsquote nicht vorgesehen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 4 InsO.
Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdeverfahrens ist gemäß §§ 25, 35 GKG, 3 ZPO entsprechend der unbeanstandeten Wertfestsetzung der Vorinstanz anhand des Betrages der von der Schuldnerin angebotenen Zahlungen erfolgt.