Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 25.10.2016, Az.: 10 A 4657/16
Gewissensfreiheit; Haushaltebefragung; Mikrozensus; Zwangsgeld
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 25.10.2016
- Aktenzeichen
- 10 A 4657/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43499
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 15 BStatG
- Art 4 Abs 1 GG
- § 63 Abs 3 GKG
- § 1 MZG
- § 8 MZG
- § 44 Abs 2 VwVfG
- § 44 Abs 1 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Heranziehung zur Haushaltebefragung im Mikrozensus ist mit Verfassungsrecht
vereinbar.
2. Gegen die Festsetzung und Beitreibung von Zwangsgeldern zur Durchsetzung eines bestandskräftigen Heranziehungsbescheides zur Haushaltebefragung kann sich der Betroffene nicht auf seine Gewissensfreiheit berufen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Haushaltebefragung im Rahmen des Mikrozensus 2016 und gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Vollstreckung dieser Heranziehung.
Der Beklagte führt die Mikrozensuserhebung jährlich als repräsentative Befragung von 1 v. H. der Bevölkerung durch. Die Auswahl der befragten Haushalte erfolgt mittels eines mathematischen Zufallsverfahrens. Die Haushalte werden in der Regel in vier aufeinanderfolgenden Jahren befragt. Bei der Befragung werden flächendeckend Erhebungsbeauftragte eingesetzt, die die mitgeteilten Angaben meistens sofort in einen Computer eingeben. Daneben gibt es für die Auskunftspflichtigen die Möglichkeit einen Fragebogen auszufüllen, die Auskünfte dem Statistischen Landesamt telefonisch mitzuteilen oder sich durch ein Mitglied des Haushalts vertreten zu lassen (Proxy-Interview). Nachdem der Beklagte mit der Absicht einer Haushaltsbefragung an den Kläger herangetreten war, kam eine Befragung durch den Erhebungsbeauftragten nicht zustande. Der Beklagte übersandte dem Kläger daraufhin unter dem 29. März 2016 einen Fragebogen zur Selbstauskunft, den der Kläger nicht an den Beklagten zurücksandte. Unter dem 13. April 2016 erinnerte der Beklagte.
Mit Bescheid vom 28. April 2016, zugestellt am 29. April 2016, zog der Beklagte den Kläger zur Haushaltsbefragung heran und forderte ihn unter Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung auf, die in dem Fragebogen verlangten Auskünfte zu erteilen. Nachdem Kläger die Auskünfte weiterhin nicht erteilte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Juni 2016 ein Zwangsgeld in Höhe von 100 Euro nebst Verwaltungskosten fest und drohte mit gesondertem Schreiben die Festsetzung weiterer Zwangsgelder an. Mit Bescheid vom 18. Juli 2016, zugestellt am 26. Juli 2016, setzte der Beklagte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro nebst Verwaltungskosten in Höhe von 45,54 Euro gegen den Kläger fest und drohte ein Zwangsgeld von nunmehr 400 Euro an. Dieser Bescheid wurde am 26. Juli 2016 zugestellt.
Mit Bescheid vom 15. August 2016 setzte der Beklagte sodann ein Zwangsgeld in Höhe von 400 Euro und Verwaltungsgebühren in Höhe von 120,54 Euro gegen den Kläger fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 600 Euro an. Dieser Bescheid wurde am 17. August 2016 zugestellt.
Am 16. August 2016 hat der Kläger gegen den Heranziehungsbescheid vom 28. April 2016 Klage erhoben und den Festsetzungsbescheid vom 18. Juli 2016 beigefügt. Mit Schriftsatz vom 14. September 2016, eingegangen bei Gericht am 19. September 2016 (Montag), hat er den Festsetzungsbescheid vom 15. August 2016 zum Gegenstand der Klage gemacht. Er sieht sich aus Gewissensgründen an der Erteilung der Auskünfte gehindert. Den Mikrozensus betrachtet er als Erscheinungsform eines staatlichen Systems, das allein der Erhaltung der eigenen Macht und der wirtschaftlichen Ausbeutung der Welt und ihrer Bevölkerung dient. Er wolle keine Schuld daran auf sich laden, indem er an dem System mitwirke.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Bescheide vom 28. April 2016, vom 18. Juli 2016 und vom 15. August 2016 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Klage für unzulässig, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 28. April 2016 richte. Die Klage sei außerdem unbegründet, weil die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 7. Oktober 2016 zur Entscheidung übertragen hat.
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
I. Sie ist unzulässig, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 28. April 2016 richtet. Denn die Klage ist am 16. August 2016 und damit nach Ablauf der gesetzlichen Klagefrist von einem Monat ab Bekanntgabe der angefochtenen Bescheide (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) erhoben worden ist. Der Bescheid vom 28. April 2016 wurde am 29. April 2016 zugestellt, so dass die Klagefrist gem. § 173 VwGO i. V. m. § 222 ZPO, § 188 Abs. 2, § 193 BGB am 30. Mai 2016 endete.
Der Kläger kann insofern auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Klagefrist beanspruchen. Gem. § 60 Abs. 1 VwGO setzt die Wiedereinsetzung voraus, dass der Kläger ohne Verschulden gehindert war, die Klagefrist einzuhalten. Dahingehende Umstände hat der Kläger weder geltend gemacht noch sind sie sonst ersichtlich.
Soweit der Kläger die Bescheide vom 18. Juli 2016 und vom 15. August 2016 anficht, ist die Klage fristgerecht erhoben worden und auch sonst zulässig.
II. Die Klage ist insofern jedoch unbegründet. Die Zwangsgeldfestsetzungen vom 18. Juli 2016 und vom 15. August 2016 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 64 Abs. 1 Nds. SOG kann ein Verwaltungsakt, der – wie hier die Aufforderung, die im Rahmen der Haushaltsbefragung abgefragten Auskünfte zu erteilen – auf eine Handlung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, nachdem der Heranziehungsbescheid vom 28. April 2016 – wie vorstehend ausgeführt – bestandskräftig ist.
Der Beklagte hat das Zwangsgeld auch ordnungsgemäß im Sinne von § 70 Nds. SOG angedroht.
Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, dass schon die mit der Zwangsgeldfestsetzung durchgesetzte Grundverfügung vom 28. April 2016 rechtswidrig sei und deshalb nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden dürfe, greift sein Vorbringen nicht durch, denn die Rechtmäßigkeit des sofort vollziehbaren Grundverwaltungsaktes ist keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit von Zwangsmitteln. Das Verwaltungsvollstreckungsrecht wird von dem Grundsatz beherrscht, dass Rechtsfehler des Grundverwaltungsaktes, soweit sie nicht zu dessen Nichtigkeit und damit Unwirksamkeit führen, der Anwendung von Zwangsmitteln nicht entgegenstehen. Dadurch wird der Betroffene nicht rechtsschutzlos gestellt. Er hat die Möglichkeit, die Grundverfügung im Wege der Anfechtungsklage gerichtlich überprüfen zu lassen und zusätzlich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu stellen, um auf diesem Weg der Vollstreckung ihre Grundlage zu entziehen. Hiervon hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht; dies liegt jedoch in seiner eigenen Einflusssphäre und begründet keine Ausnahme von den vorstehend beschriebenen Grundsätzen der Verwaltungsvollstreckung.
Die von dem Kläger angeführten Einwände begründen weder die Nichtigkeit der Grundverfügung noch die Unzulässigkeit der Vollstreckung. Ein Verwaltungsakt ist gem. § 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Darüber hinaus formuliert § 44 Abs. 2 VwVfG weitere, absolute Nichtigkeitsgründe. Keiner dieser allgemeinen und absoluten Nichtigkeitsgründe ist hier dadurch begründet, dass der Kläger sich gegen die Auskunftspflicht auf seine Gewissensfreiheit beruft. Die angefochtenen Verwaltungsakte lassen die erlassende Behörde erkennen (§ 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG), die örtlich zuständig ist (§ 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG), sie genügen der gesetzlichen Form (§ 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG) und richten sich auf tatsächlich ausführbare, weder straf- noch bußgeldbewehrte Handlungen (§ 44 Abs. 2 Nrn. 4, 5 VwVfG). Schließlich verstoßen auch weder die Heranziehung zur Auskunft noch die Festsetzung von Zwangsgeldern gegen die guten Sitten (§ 44 Abs. 2 Nr. 6 VwVfG). Auch sonst sind besonders schwere Fehler der Zwangsgeldfestsetzung nicht erkennbar.
Der Einwand des Klägers richtet sich vielmehr gegen die Auskunftspflicht als solche. Auch damit bleibt die Klage ohne Erfolg. Zwar ist gem. § 79 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht – BVerfGG – die Vollstreckung aus einer bestandskräftigen Entscheidung der Verwaltung unzulässig, wenn das Bundesverfassungsgericht das zugrunde liegende Gesetz für nichtig erklärt hat. Selbst dann bleibt die Entscheidung selbst grundsätzlich wirksam.
Hat das Bundesverfassungsgericht – wie es hier der Fall ist – die Nichtigkeit der zugrundeliegenden Norm nicht festgestellt, bleibt es erst recht bei der Bestandskraft der Entscheidung; auch die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 BVerfGG für die Unzulässigkeit der Vollstreckung aus der Entscheidung liegen dann nicht vor.
Das Gericht sieht auch keinen Anlass, das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, um eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Mikrozensusgesetzes und des Bundesstatistikgesetzes einzuholen. Denn es ist nicht von der Verfassungswidrigkeit dieser Normen, insbesondere der darin geregelten Auskunftspflicht überzeugt, wie es Art. 100 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfordert.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung zu den Anforderungen an den Schutz des Auskunftserteilenden (BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 – 1 BvR 209 u.a./83 –; BVerfGE 65, 1/51 (Volkszählungsurteil)) festgestellt, dass der Staat, um seinen Aufgaben nachkommen zu können, Informationen über die Bürger benötigt, die er im Wege einer Befragung erheben kann. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung in Übereinstimmung mit einer früheren, zum Mikrozensus ergangenen Entscheidung (BVerfG, Beschluss vom 16.7.1969 – 1 BvL 19/63 –; BVerfGE 27, 1/7), entschieden, dass bei solchen Befragungen eine Auskunftspflicht des Bürgers im Gesetz vorgesehen werden kann, um eine lückenlose Erfassung der Daten, die der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt, sicherzustellen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ferner ins Einzelne gehende Anforderungen aufgestellt, wie sicherzustellen sei, dass die Daten des Einzelnen anonymisiert werden, um dadurch den Schutz der Privatsphäre der Befragten zu sichern. § 15 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke – Bundesstatistikgesetz – (BStatG) und § 8 des Gesetzes zur Durchführung einer Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt sowie die Wohnsituation der Haushalte – Mikrozensusgesetz 2005 – (MZG) tragen diesen Anforderungen durch die dort vorgeschriebene Trennung und Löschung bestimmter Merkmale über persönliche und sachliche Verhältnisse der Befragten Rechnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.9.1987, DVBl. 1987, 1210/1211; BayVGH, Urteil vom 18.10.1995 – 5 B 95.1993 –, bestätigt durch Beschluss des BVerwG vom 9.7.1996 – BVerwG 3 B 34.96 –). Nach § 1 MZG, §§ 21, 22 BStatG ist die Zusammenführung von Merkmalen, die aufgrund des MZG erhoben wurden, mit Daten aus anderen statistischen Erhebungen zum Zweck der Herstellung eines Personenbezugs außerhalb der statistischen Aufgabenstellung des BStatG verboten und ein Verstoß dagegen unter Strafe gestellt. Die Verwendung der von den Befragten gemachten Angaben ist daher den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an gesetzliche Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entsprechend geregelt.
Auch auf seine Gewissensfreiheit kann sich der Kläger gegen die Vollstreckung des bestandskräftigen Bescheides nicht mit Erfolg berufen. Die Gewissensfreiheit schützt Entscheidungen des einzelnen, welche auf eine unbedingte ethisch-moralische Qualifikation seines individuellen Handelns bezogen sind. Als geschützte Gewissensentscheidung beschreibt die Verfassungsrechtsprechung „jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien von ‚Gut‘ und ‚Böse‘ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 (55)). Auch wenn das Gericht zugunsten des Klägers unterstellt, dass seine Einstellung dem Staat gegenüber an eine solche Gewissensnot heranreicht, folgt daraus nicht, dass die Festsetzung und Beitreibung der Zwangsgelder dadurch rechtswidrig würde.
Die Gewissensfreiheit wird zwar von Art. 4 Abs. 1 GG vorbehaltlos gewährleistet; sie unterliegt jedoch gleichwohl immanenten Schranken und begründet kein absolutes Recht auf die Durchsetzung der eigenen Überzeugung zu Lasten anderer. Eine solche Schranke liegt auch in der Geltung einer verfassungsgemäß zustande gekommenen Mehrheitsentscheidung. Die Rechtsordnung kann nicht ohne Selbstaufgabe der Demokratie und des Rechtsfriedens ein Verhalten für rechtmäßig erklären, das diese Mehrheitsregel zu umgehen versucht. Artikel 4 Abs. 1 GG stellt es daher gerade nicht in das Belieben des einzelnen Grundrechtsträgers, selbst zu entscheiden, ob er das geltende Recht beachten will oder nicht. Denn er ist wie alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen gem. Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetz unterworfen. Die Gewissensfreiheit als Teil des geltenden Rechts wird dadurch gewährleistet und gewahrt, dass dem betroffenen Individuum im Konfliktfalle von Rechts wegen gewissenschonende Handlungsalternativen angeboten und zur Verfügung gestellt werden (müssen). Der verfassungsrechtliche Sinn und Zweck liegt darin, die Einzelperson auf zumutbare Weise vor Gewissenskrisen zu schützen. Die grundrechtlich geschützte Freiheit des Gewissens entbindet so zwar das einzelne Individuum, das sich in einem ernsthaften Gewissenskonflikt befindet, im Einzelfall – von Verfassungs wegen – durch eine solche Bereitstellung von gewissenschonenden, diskriminierungsfreien Handlungsalternativen von der rechtlichen Verpflichtung zur Erfüllung eines gewissenbelastenden Verhaltensgebots.
Eine solche gewissenschonende Alternative muss aber nicht kosten-, lasten- und nachteilsfrei sein. Der Ausgleich kann gerade darin liegen, dass dem Einzelnen nicht abverlangt wird, gegen sein Gewissen zu handeln, er dafür aber andere Nachteile in Kauf nimmt. Solche Nachteile begründen zum Beispiel die gegen den Kläger verhängten Zwangsgelder und Verwaltungsgebühren. Diese dienen zwar eigentlich der Durchsetzung der Auskunftspflicht und sind damit ein Beugemittel. Diese Funktion schließt aber nicht aus, dass der Kläger seine Weigerung aufrecht erhält und die Zwangsgeldfestsetzung seinerseits als Sanktion versteht und als solche in Kauf nimmt.
Die Zwangsgeldfestsetzung stellt auch vor diesem Hintergrund keinen unverhältnismäßigen Nachteil dar, solange sich die Zwangsgelder im angemessenen Rahmen halten und keine existenzbedrohende Wirkung entfalten. Dies ist bei dem Kläger, der sich nach eigenen Angaben selbst zur bedingungslosen Armut entschlossen hat, nicht ersichtlich. Dass der Kläger wiederum in Gewissensnot geraten könnte, wenn er auch die Zwangsgelder verweigert und eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müsste, gebietet ebenfalls keine andere Beurteilung. Er hat insofern zwar angegeben, dass er seine Mutter versorge und pflege; er selbst sei auch bereit, für seine Überzeugung eine Freiheitsstrafe anzutreten. Es ist aber schon ungewiss, ob dieser Fall zwingend eintritt. Denn der Kläger kann die Ersatzfreiheitsstrafe abwenden, indem er von seiner Entscheidung zur Armut abrückt und die Zwangsgelder erarbeitet. Auch insofern bleiben ihm eine gewissenschonende Alternative und der Ausgleich zwischen seinen Handlungsmaximen überlassen.
Auch die Festsetzung von Verwaltungsgebühren gegen den Kläger ist nicht zu beanstanden. Da der Kläger durch sein Verhalten Anlass zu der Zwangsgeldfestsetzung gegeben hat, muss er gemäß § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes – NVwKostG – die Kosten des Verfahrens tragen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG i. V. m. § 1 Abs. 1 AllGO und Nr. 26.2 des zugehörigen Kostentarifs (Anlage zu § 1 Abs. 1) i. d. F. der Verordnung vom 4.12.2015 (Nds. GVBl. S. 367, Kostentarif) ist für die Festsetzung eines Zwangsgeldes zwischen 5 und 250 Euro eine Gebühr von 40,00 bis 85 Euro und für die Festsetzung eines Zwangsgeldes von mehr als 250 Euro bis 1500 Euro eine Gebühr von 115 Euro festzusetzen. Diesen Rahmen hat der Beklagte mit ihrer Festsetzung jeweils eingehalten. Auch die Festsetzung der Auslagen begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.
IV. Gründe, gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4, § 124 a Abs. 1 VwGO die Berufung zu-zulassen, sind nicht ersichtlich. Weder hat der Rechtsstreit über den konkreten Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, noch weicht das Gericht von der Rechtsprechung der dort genannten Obergerichte ab.