Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 20.03.2002, Az.: 2 U 4/02

Anforderungen an die Prüffähigkeit von Abschlagsrechnungen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
20.03.2002
Aktenzeichen
2 U 4/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 30489
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2002:0320.2U4.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 05.12.2001 - AZ: 6 O 2237/01

Fundstellen

  • BauR 2004, 860-863 (Volltext mit amtl. LS)
  • BauR 2004, 885 (amtl. Leitsatz)
  • BauR 2004, 863

In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom
20. März 2002
durch
die Richter... ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 5. Dezember 2001 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.939,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 11. Juni 2001 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz und der Wert der Beschwer der Beklagten betragen 10.939,36 EUR.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg.

2

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung weiterer 10.939,36 EUR für die von ihr ausgeführten Fliesenarbeiten, weil die Beklagte die 6. Abschlagsrechnung entgegen § 16 Nr. 1 Abs. 3 VOB nicht - was unstreitig ist - binnen 18 Werktagen nach deren Zugang in der berechtigten Höhe bezahlt hat.

3

Die 6. Abschlagsrechnung war entgegen der Ansicht des Landgerichts prüffähig und damit in der berechtigten Höhe fällig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Prüfbarkeit kein Selbstzweck, sondern soll den Auftraggeber in die Lage versetzen zu prüfen, ob auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zutreffend abgerechnet worden ist. Die Anforderungen an die Prüffähigkeit hängen vom Einzelfall ab. Sie orientieren sich insbesondere an den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers, die auch von dessen Kenntnissen und Fähigkeiten abhängen. Dabei ist es keine Frage der Prüffähigkeit, sondern der sachlichen Richtigkeit, ob die in Ansatz gebrachten Beträge zutreffend ermittelt sind (vgl. BGH NJW-RR 1999, 95 und 1541; BGH NJW 2000, 653 [BGH 28.10.1999 - VII ZR 326/98]).

4

Die Beklagte hat die 6. Abschlagsrechnung, die ebenso wie die vorausgegangenen, von der Beklagten unbeanstandet gebliebenen Abschlagsrechnungen ausgestaltet war, nicht mangels Prüffähigkeit nicht fristgerecht in der berechtigten Höhe bezahlt, sondern weil - was unstreitig ist - bei der Überprüfung versehentlich die bisher erfolgten Bruttozahlungen von ausdrücklich als Nettobeträgen bezeichneten Summen abgezogen worden sind. Dieser Irrtum ist allein von der Beklagten zu vertreten.

5

Danach kann die Beklagte den Nachlass von 7%, der für den Fall vereinbart worden war, dass die Beklagte die VOB als Vertragsgrundlage uneingeschränkt einhalten würde, und bei dem es sich - ebenso wie bei einer Skontoabrede (vgl. Staudinger, BGB, 13. Aufl., Vor § 339 ff., Rdn 14) - nicht um eine Vertragsstrafe i.S.v. § 339 BGB, sondern um die Vereinbarung einer Belohnung handelt, nicht auf die 6. Abschlagsrechnung und die Schlussrechnung beanspruchen. Dieser Abschlag sollte nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung nur für den Fall gewährt werden, dass die vertraglich geschuldeten Zahlungen ausnahmslos innerhalb der Frist aus § 16 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B geleistet würden (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1998, OLGReport Oldenburg 1999, 100). Die Klägerin verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn sie sich darauf beruft, dass die Beklagte fristgerecht nur 18.000,- DM geleistet, den unstreitig noch ausstehenden Betrag von 30.259,20 DM jedoch unverzüglich nachgezahlt hat, nachdem die Klägerin sie auf ihren Fehler hingewiesen hatte (vgl. BGH NJW 1980, 1043 und NJW 1981, 2686).

6

Der Zinsanspruch folgt aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B.

7

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO a.F. und 543 Abs. 2 ZPO n.F..