Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 25.07.2003, Az.: 2 A 195/01
Abwägungsmangel; Ausschlußwirkung; Bauvoranfrage; Flächennutzungsplan; Sonderbaufläche für WEA
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 25.07.2003
- Aktenzeichen
- 2 A 195/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48226
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 BBauG
- § 35 Abs 1 Nr 6 BBauG
- § 35 Abs 3 S 3 BBauG
- § 74 Abs 1 BauO ND
- § 75 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die planende Gemeinde kann bei der Standortanalyse für Windenergieanlagen nicht ohne plausible Begründung vom diesbezuglichen Abstandserlaß des Nds.Innenministeriums vom 10.07.1996 abweichen.
Ein entsprechender Mangel kann nicht dadurch geheilt werden, dass im Klagverfahren eine ergänzende, den Mangel beseitigende Potentialstudie nachgeliefert wird, die zwar die ursprüngliche Standortauswahl rechtfertigt und bestätigt, bisher von den Entscheidungsträgern der Gemeinde aber nicht gebilligt worden ist.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zur Errichtung zweier Windenergieanlagen auf einem im Außenbereich der Beigeladenen - Mitgliedsgemeinde der Samtgemeinde E. - gelegenen Grundstück, der ihm unter Hinweis auf die entgegenstehenden Darstellungen im Flächennutzungsplan der Samtgemeinde E. versagt worden ist.
Mit der am 17.12.1998 vom Samtgemeinderat beschlossenen, von der Bezirksregierung F. am 16.02.1999 genehmigten und am 15.03.1999 bekannt gemachten 15. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde E. stellte diese eine „Sonderbaufläche für die Windenergienutzung“ unter „Ausschluss von Anlagen außerhalb der dargestellten Sonderbaufläche im gesamten Samtgemeindegebiet“ im Bereich der Beigeladenen dar. Dieser Standort war das Ergebnis einer Standortuntersuchung für den „Windpark E.“, die zwei Varianten aufwies. In der Variante 1 wurde ein Mindestabstand der Windenergieanlagen von 500 m zu jeweils zusammenhängenden Siedlungsgebieten, fremdenverkehrsbetonten Siedlungen und Campingplätzen einerseits bzw. Einzelhäusern andererseits, in Variante 2 ein solcher von 1.000 m zu zusammenhängenden Siedlungsgebieten pp. bzw. von 800 m zu Einzelhäusern angenommen. Im Übrigen ging man von einer Mindestentfernung von jeweils 100 m zu Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, Bahnlinien, Hochspannungsleitungen, Richtfunktürmen oder -trassen, stehenden Gewässern, die größer als 0,5 ha sind, Gewässern I. Ordnung sowie schiffbaren Kanälen, von 200 m zu Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten, Naturdenkmalen, besonders geschützten Biotopen, Waldgebieten, die größer als 0,5 ha sind sowie Vorranggebieten für Natur und Landschaft aus. Ferner sollte bezüglich Flug- und Landeplätzen die Bauschutzzone im Luftkorridor maßgeblich sein. Im Erläuterungsbericht gemäß § 5 Abs. 5 BauGB heißt es, im Rahmen der Untersuchungen zur Standortwahl seien die wesentlichen Einschränkungen für die Einrichtung von Windenergieanlagen aufgrund der Besiedlung und bezüglich der technischen Infrastruktur überprüft sowie Ausschlussflächen aufgrund von Belangen von Natur und Landschaft in Verbindung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung wie folgt festgelegt worden: Im Bereich der Einflugschneise des NATO-Flugplatzes Hopsten, die den Osten und Süden des Samtgemeindegebietes erfasse, sei eine Bauhöhenbeschränkung erlassen worden. Auf die Ausweisung eines Windparks in diesem Bereich sei aus Sicherheitsgründen generell verzichtet worden, um Konflikte bzw. Gefährdungen für den Einflugbereich des Flugplatzes bzw. der Flugsicherheit auszuschließen. Im Westen und Norden schieden die Flächen entlang der G. Aa und Großen Aa aus naturschutzrechtlichen und landschaftspflegerischen Gründen (Landschaftsschutzgebiet Emstal) von einer Beplanung aus, ebenso wie die größere Waldfläche H. Sand und die nördliche Teilfläche des Waldgebietes I., die gleichzeitig übergeordnete Erholungsfunktion nach dem Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Emsland übernähmen. Das restliche Samtgemeindegebiet sei flächendeckend auf Positiv-, Ausschluss- und Restriktionskriterien untersucht worden. Dabei seien weitere Vorgaben gewesen, dass Anlagen mit einer maximalen Höhe von 99,9 m installiert werden, die Potenzialflächen eine Mindestgröße von 10 ha haben sollten und dass der Rückbau der Anlage nach Außerbetriebnahme durch die Betreiber gewährleistet sei. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben seien bei der Variante 1 der Standortuntersuchung neben der schließlich ausgewählten Fläche 11 Suchräume für potenzielle Windparkstandorte geblieben. Es habe sich jedoch ergeben, dass es sich bei diesen Suchräumen um „Restflächen“ zwischen Abstandsradien bzw. Wald- und Entwicklungsflächen gemäß dem Landschaftsplan der Samtgemeinde gehandelt habe und die Flächengrößen zum Teil sehr deutlich unter 10 ha gelegen hätten, so dass eine Ansammlung mehrerer Windenergieanlagen darin kaum möglich gewesen sei. Es sei bei der Untersuchungsvariante 1 ein Standort für einen Windpark westlich der Kreisstraße K J. im Gemeindegebiet der Beigeladenen übrig geblieben, der ein wirtschaftliches Flächenpotenzial aufweise und insbesondere ausreichende Abstände zu Siedlungsflächen aufweise.
Bei der Variante 2 der Standortuntersuchung habe neben der ebenfalls westlich der Kreisstraße K J. liegenden Fläche lediglich ein Suchraum ermittelt werden können, der zwischen verschiedenen Schutzabständen östlich der Ortslage K. gelegen habe, aber als „Restfläche“ mit geringer Größe habe ausgeschlossen werden können. Daneben sei eine größere Fläche südwestlich des Ortsteils L. der Gemeinde M. außerhalb der Schutzradien gefunden worden. In diesem Bereich seien aber Waldstreifen vorhanden, zu denen Suchräume Abstände von Waldflächen aufweisen müssten, so dass an dieser Stelle kein restriktionsfreier Suchraum habe ausgewiesen werden können. Auch diese Variante habe dann allein zu der für den Windpark in Frage kommenden Fläche westlich der K J. geführt. Diese Fläche ist dann auch in der 15. Änderung des Flächennutzungsplans ausgewiesen worden.
Mittlerweile hat der Samtgemeinderat der Samtgemeinde E. am 25.09.2001 die 22. Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, die von der Bezirksregierung F. am 13.12.2001 mit einer Maßgabe genehmigt und am 23.03.2002 bekannt gemacht worden ist. Auch diese Änderung betrifft die Sonderbaufläche Windenergie, die (mit der 22. Änderung) von vorher ca. 41 ha auf nunmehr 76 ha erweitert worden ist, ohne dass es zur Bildung von Teilstandorten kam. Im Erläuterungsbericht dazu heißt es, dass die Basis für die Änderung des Flächennutzungsplans die Standortanalyse zum geplanten Windpark M. im Rahmen der 15. Änderung des Flächennutzungsplans bilde. Ziel und Zweck der Änderungsplanung sei es - nach der bisherigen Planung seien fünf Windenergieanlagen mit einer Einzelleistung von 1,5 MW möglich gewesen -, im Samtgemeindegebiet E. die bisher angestrebte und mögliche Windkraftnutzung vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingung des Energieeinspeisegesetzes effektiver nutzen zu können. Deshalb seien die bisherigen Rahmenbedingungen der 15. Änderung des Flächennutzungsplans folgendermaßen geändert worden: Die Windkraftanlagenhöhe solle nunmehr 140 m Gesamthöhe betragen dürfen. Die Abstände zu benachbarten Waldflächen würden im Rahmen einer Einzelfallprüfung modifiziert. Eine Entfernung von 200 m solle eingehalten werden zu großflächigen, geschlossenen Waldflächen mit ausreichender Wegeerschließung und damit hoher Bedeutung für die lokale und regionale Erholungsnutzung („waldarmer“ Landkreis, s. Ziele Landschaftsrahmenplan). Demgegenüber solle zu kleinflächigen, in die Agrarlandschaft eingestreuten Waldflächen von geringer ökologischer Wertigkeit ohne Wegeerschließung und damit geringe Bedeutung für den Erholungszweck eine Entfernung der Windenergieanlagen von 100 m genügen. Durch die Erweiterung des Standortes um ca. 35 ha sei nunmehr die Errichtung von ca. 10 Windenergieanlagen möglich. Die Veränderung der Mindestabstände zu den Waldflächen, je nach deren Beschaffenheit und Funktion entspreche grundsätzlich den Absichten des Nds. Innenministeriums, wie sie sich in Erlassen und Schreiben dokumentiert hätten. Dort werde ein Mindestabstand von 200 m zu Wäldern empfohlen, wobei bei dem Abstandswert zu Waldgebieten ein wichtiger Gedanke die Freihaltung der Waldzone aus Gründen des Landschaftsbildes sowie der Erholungsnutzung sei. Nach Auffassung des Nds. Innenministeriums spielten für die Bestimmung des notwendigen Abstandes zum Wald im konkreten Einzelfall die Kriterien Größe des Waldes im Hinblick auf seine Funktion sowie Waldintensität des jeweiligen Planungsraumes eine bedeutende Rolle. Die nunmehr in der 22. Änderung des Flächennutzungsplans getroffenen Abstandsentscheidungen seien Ergebnis der Einzelfallprüfung durch die Samtgemeinde und seien mit dem Beklagten abgestimmt worden.
In einer ergänzenden Beurteilung vom 12.12.2001, die vom Rat der Samtgemeinde E. am 27.03.2002 als Bestandteil des Erläuterungsberichts beschlossen worden ist - Maßgabe der Genehmigung der Bezirksregierung F. - heißt es, die beiden großflächigen Staatsforste N. und I. hätten eine mindestens regionale Bedeutung für die Erholungsnutzung, während die im Plangebiet eingestreuten Privatforste demgegenüber eine deutlich geringere Funktion für die Erholung und das Landschaftsbild aufwiesen. Angesichts dessen sei gegenüber den Privatforsten ein Mindestabstand von 100 m für erforderlich, aber auch ausreichend gehalten worden, während die besondere Bedeutung der Staatsforste dahingehend in die Planung eingestellt worden sei, dass der Abstand zu diesen Waldflächen mit 200 m festgelegt worden sei. Dies rechtfertige sich daraus, dass die Waldflächen I. (ca. 200 ha) und N. (ca. 130 ha) sich durch einen Nadelforst (Kiefer, Lärche, Fichte) auszeichneten, der forstwirtschaftlich intensiv betrieben werde. Diese großen zusammenhängenden Waldflächen übernähmen im waldarmen Naturraum der Gesamtgemeinde E. eine besondere Erholungsfunktion, da sie der erlebbaren Naherholung dienten. Hier seien die Durchwanderbarkeit der Wald- und Waldrandflächen und die Erlebbarkeit der Waldfunktionen (Erholung, Boden, Klima/Luft usw.) in ihrer Gesamtheit zu nennen.
Am 23.03.2001 - Eingang beim Beklagten - beantragte der Kläger die Baugenehmigung zur Errichtung zweier Windkraftanlagen vom Typ Enron Wind 600 A mit 600 KW bei einem jeweiligen Rotordurchmesser von 96 m, einer Nabenhöhe von 76,9 m und einer Gesamthöhe von 99,9 m auf dem Flurstück 33, Flur 28, Gemarkung M.. Die Standorte liegen knapp 40 bzw. 50 m nordöstlich/östlich außerhalb der Grenze der in den Flächennutzungsplänen vorgesehenen Sonderbaufläche Windenergie. Ferner liegen sie rd. 130 m westlich des Staatsforstes I..
Mit Schreiben vom 30.03.2001 änderte er seinen Bauantrag in eine Bauvoranfrage um.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Verfügung vom 23.04.2001 unter Hinweis auf die 15. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde E. ab. Dem Vorhaben stünden öffentliche Belange entgegen, weil in der Samtgemeinde E. durch Darstellung im Flächennutzungsplan eine Ausweisung von Windenergieanlagen an anderer Stelle erfolgt sei.
Der Kläger hat dagegen rechtzeitig Widerspruch eingelegt und, nachdem sein Widerspruch nicht beschieden worden war, am 17.12.2001 Klage eingereicht. Er hält die Untätigkeitsklage für zulässig, weil über seinen Widerspruch ohne sachlichen Grund in angemessener Zeit nicht entschieden worden sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten zeitige die 15. Änderung des Flächennutzungsplans keine Ausschlusswirkung für die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb der Sonderbaufläche. Eine solche Wirkung sei im Flächennutzungsplan nicht textlich dargestellt. In der zeichnerischen Darstellung sei nicht einmal das gesamte Gemeindegebiet festgehalten, so dass sich einem Bürger nicht erschließen könne, dass die Ausweisung der Sonderbaufläche auch Rechtswirkungen für das außerhalb dieser Baufläche liegende Gemeindegebiet haben solle. Diesbezüglich komme der Erläuterung zum Flächennutzungsplan keine selbstständige rechtliche Bedeutung zu. Darüber hinaus rücke selbst die Heranziehung des Erläuterungsberichtes für eine Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet nicht aus. Dort seien nur Anlass und Ziel beschrieben, aber keinerlei Auswirkungen des gefundenen Ergebnisses. Darüber hinaus sei die 15. Änderung des Flächennutzungsplans auch mit Abwägungsfehlern behaftet. Insbesondere sei die Abgrenzung der Sonderbaufläche in Richtung Norden, die für ihn am relevantesten sei, nicht erläutert. Es seien einfach Wege und Gräben als Grenzen genommen worden, während dies in anderen Bereichen des Plangebietes in dieser Form nicht geschehen sei. Auch der Verweis auf die Anlehnung an die Abstandsempfehlungen des Nds. Innenministeriums zur Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung helfe nicht weiter. Ferner sei die Untersuchung auf der Basis von Abständen zu Siedlungsräumen von 500 m in Variante 1 bzw. 1.000 m/800 m in Variante 2 nicht nachvollziehbar. Der dort getroffenen Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung treffe nicht zu. Eine Rechtsprechung, die derartige Mindestabstände fordere, habe es nie gegeben. Vielmehr sei von der Rechtsprechung gerade immer wieder betont worden, dass für die Abstände zur Wohnbebauung immer die Immissionen im Einzelfall maßgeblich seien und im Rahmen der Bauleitplanung nur ein Mindestmaß an Abstandsfläche, die deutlich unter den hier angenommenen Werten liege, zulässig sei. Darüber hinaus seien die Abstandsempfehlungen des Nds. Innenministeriums zur Feststellung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung einfach übernommen worden, ohne dass eine Auseinandersetzung damit erfolgt sei, wie diese Empfehlungen hier auf den konkreten Einzelfall sachgerecht anzuwenden seien. Eine Abwägung habe hier überhaupt nicht stattgefunden. Auch im Rahmen der 22. Änderung des Flächennutzungsplans seien die Abstände der Vorrangflächen zum Restgebiet ermessensfehlerhaft festgesetzt worden. Insbesondere gelte dies für Waldabstände. Hier sei die Empfehlung dahingehend konkretisiert worden, dass die Entfernung zu großflächigen geschlossenen Waldflächen auf 200 m und zu kleinflächigen auf 100 m festgesetzt worden sei. Diese Kriterien als solche seien durchaus nachvollziehbar, jedoch auf den vorhandenen Sachverhalt falsch angewandt worden. Das an seine Grundstückfläche angrenzende Waldgrundstück, das hier gerade durch einen Abstand von 200 m die Genehmigungsfähigkeit der streitigen Standorte ausschließen solle, sei ein sehr intensiv genutzter Wirtschaftswald, durch den überhaupt keine ausgebauten Wander- oder Radwege o.ä. führten, während die Waldgrundstücke, zu denen ein Abstand von 100 m festgesetzt sei, von der stark frequentierten Fahrradroute „Moor“ des Touristikvereins O. durchzogen werde. Damit komme hinsichtlich der Erholungswirkung gerade den Letzteren die höhere Bedeutung zu. Hinsichtlich der ökologischen Wertigkeit seien alle betroffenen Waldflächen sowohl in der 15. als auch in der 22. Änderung des Flächennutzungsplans in die geringe Wertstufe 2 eingestuft worden. Hieraus ließen sich keine Differenzierungen ableiten. Dass durchaus auch in näheren Abständen zum Wald Windenergieanlagen errichtet werden könnten, belege die Regelung in der benachbarten Gemeinde P.. Dort könne eine Windenergieanlage nahezu ohne Abstand zum Wald errichtet werden. Die Genehmigungsbehörde behandele demzufolge verschiedene Gemeinden ungleich. Im Übrigen handele es sich um eine Gefälligkeitsplanung für einen Betreiber von Windenergieanlagen. Schließlich sei die 22. Änderung des Flächennutzungsplans verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
Der Beklagte hat Zweifel an der Zulässigkeit der Untätigkeitsklage, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach Einlegung des Widerspruchs mitgeteilt habe, eine Begründung des Widerspruchs erfolge nach Akteneinsichtnahme in den Verwaltungsvorgang der Samtgemeinde E., der bislang noch nicht vorliege. Er, der Vertreter des Klägers, komme von sich aus auf die Angelegenheit zurück. Tatsächlich habe er sich nicht geäußert. In der Sache hält er die Klage für unbegründet. Es könne kein Zweifel an der Ausschlusswirkung der Festsetzungen der 15./22. Änderung des Flächennutzungsplans bestehen. In der Bekanntmachung der 15. Änderung in seinem Amtsblatt vom 15.03.1999 heiße es ausdrücklich „und Ausschluss von Anlagen außerhalb der dargestellten Sonderbaufläche im gesamten Samtgemeindegebiet“. Schon dies mache die Ausschlusswirkung hinreichend deutlich. Sie ergebe sich ohne weiteres auch aus den Darstellungen im Erläuterungsbericht. Die Festsetzungen seien auch wirksam. Bei der Frage, welche Abstände zu Waldbeständen einzuhalten seien, habe die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes im Vordergrund gestanden. Es sei Gemeingut, dass größere Waldbestände in weitaus größerem Maß durch die Bevölkerung zur Erholung genutzt würden als kleinere sowie ältere mehr als jüngere. Daher sei zu den größeren, zusammenhängenden, vielfältiger strukturierten und erschlossenen Waldbeständen ein größerer Abstand gewählt worden, als zu den kleinen, jungen und monostrukturierten. Soweit der Kläger eine Gefälligkeitsplanung zugunsten eines bestimmten Betreibers von Windenergieanlagen vermute, treffe dies ebenso wenig zu wie die Behauptung, die 22. Änderung des Flächennutzungsplans weise Verfahrensfehler auf.
In dieser Sache hatte zunächst am 28.02.2003 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, im Rahmen derer das Gericht auf Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Abwägungsvorgangs der Beigeladenen bezüglich der 15. und 22. Änderung des Flächennutzungsplans hingewiesen hatte. Diese hatten sich im Wesentlichen darauf bezogen, dass dadurch, dass bei der Suche nach geeigneten Standorten die Größe der Radien um Einzelgebäude und Siedlungsgebiete anders festgelegt worden war, als sie nach den Abstandshinweisen des Nds. Innenministers vorgesehen ist, möglicherweise die Suche nach Potenzialflächen in unzulässiger Weise verengt worden sei. Des Weiteren schien nicht hinreichend plausibel dargestellt, weshalb im Rahmen der 22. Änderung des Flächennutzungsplans die Beigeladene unterschiedliche Entfernungen zu Waldbeständen angenommen hatte, nämlich 100 m zu Privatforsten und 200 m zu Staatsforsten.
Im Hinblick darauf hatten die Beteiligten erklärt, dass sie versuchen wollten, eine außergerichtliche einvernehmliche Regelung herbeizuführen, so dass die Sache vertagt wurde.
Zu dieser außergerichtlichen Regelung ist es nicht gekommen. Der Beklagte hat vielmehr zur Absicherung des von der Beigeladenen gefundenen Abwägungsergebnisses, so wie es in der 15. und 22. Änderung seinen Niederschlag gefunden hat, am 17.06.2003 eine ergänzende Potenzialstudie der Planungsgruppe Grün Köhler/Sprötge/Storz vorgelegt, in welcher „das gesamte Samtgemeindegebiet der SG E. nach Kriterien, welche dem heutigen Stand der Rechtsprechung entsprechen, auf mögliche zusätzliche Windstandorte hin untersucht wird“. Dabei wurden zunächst - abweichend von den Überlegungen, die zur 15. bzw. 22. Änderung geführt hatten - die Abstände zu allgemeinen Wohngebieten und geschlossenen Siedlungen einerseits bzw. Einzelhäusern andererseits entsprechend dem MI-Erlass festgesetzt, also 500 bzw. 300 m angenommen. Das Ergebnis war, dass bei Anwendung der im MI-Erlass vorgesehen Abstände sich fünf zusätzlich geeignete Potenzialflächen ergaben. Die Planungsgruppe hat sodann unterschieden, ob sich die zusätzlichen Potenzialflächen innerhalb eines Radius von 2,5 km um den bestehenden Windpark M. befinden bzw. außerhalb dieses Radius liegen. Innerhalb des Radius von 2,5 km findet man zwei Flächen. Eine östlich des bestehenden Windparks sowie eine südlich des Staatsforstes N.. Insoweit führen die Gutachter zur Eignung dieser Flächen als Sonderbaufläche für Windenergie aus, dass im Rahmen der 15. Änderung des Flächennutzungsplanes von der Beigeladenen der Standort ausgewählt worden sei, dessen Abgrenzung überwiegend aus dem Abstand zu Waldflächen resultiere. Bei den zwei Flächen, die sich im Radius von 2,5 km um den bestehenden Windpark befänden, ergebe sich demgegenüber die Abgrenzung hauptsächlich aus dem Abstand zur Einzelbebauung. Die Gutachter führen aus, dass die Realisierung des Windparks M. gezeigt habe, dass bei der Errichtung von WEA der heute gängigen Leistungsklasse ein Abstand von 300 m zur Wohnbebauung im Außenbereich aus schalltechnischen Gesichtspunkten (Einhaltung der nächtlichen Richtwerte der TA Lärm von 45 dB (A) am nächstgelegenen Wohnhaus) nicht ausreiche. Der Abstand von 300 m könne bei den heute gängigen Leistungsstärken nur bei Einzelanlagen eingehalten werden. Bei Windparks sei generell von einem Abstand von 500 m auszugehen. Berücksichtige man das, sei aus schalltechnischen Gesichtspunkten der geeignete Standort für den Windpark gewählt worden. Hätte sich die Beigeladene im Rahmen der Änderung des Flächennutzungsplanes für eine Realisierung auf den beiden genannten fraglichen Flächen entschieden, die zwar potenziell geeignet gewesen wären, hätten diese Flächen auf Grund der schalltechnischen Aspekte nicht vollständig genutzt werden können. Die Fläche hätte somit deutlich kleiner als 30 ha ausfallen müssen. Andererseits würde bei einer Einhaltung eines unter schalltechnischen Aspekten notwendigen 500 m-Abstandes um Einzelhäuser im Außenbereich sich der Windpark Q. gleichwohl in seiner heutigen Abgrenzung ergeben. Er grenze an Waldflächen und nicht an Siedlungen an. Eine Flächenreduzierung aus schalltechnischen Gründen werde nicht notwendig. Außerhalb des 2,5 km-Radius fänden sich die drei restlichen Flächen: Eine am westlichen Rand der Samtgemeinde östlich des Dortmund-Ems-Kanals, eine südlich von K. und die dritte am Ostrand der Samtgemeinde. Für sämtliche Flächen gelte aber, dass sie innerhalb des Radius von 5 km um einen bestehenden Windpark lägen, nämlich die ersten beiden im Radius des bestehenden Windparks der Gemeinde P. und die dritte in dem des bestehenden Windparks der Gemeinde R.. Diese Fläche grenze auch an die Bauschutzzone des NATO-Flughafens R. an. Nach dem Erlass des Nds. Innenministeriums vom 11.07.1996 sollten aber zwischen einzelnen Vorrangstandorten für Windenergienutzung Mindestabstände von 5 km eingehalten werden. Insoweit habe die überarbeitete Potenzialstudie deutlich gemacht, dass im Rahmen der 15. Änderung des Flächennutzungsplanes eine geeignete Sonderbaufläche mit Zweckbestimmung Windpark ausgewiesen worden sei.
Dies gelte auch bezüglich der 22. Änderung des Flächennutzungsplanes, wo hinsichtlich der Waldflächen ein differenzierter Abstand angesetzt worden sei. Warum diese Differenzierung vorgenommen worden sei, wird ausführlich begründet.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass diese ergänzende Studie der Planungsgruppe Grün belege, dass der Abwägungsvorgang der Beigeladenen sowohl bezüglich der 15. wie auch der 22. Änderung des Flächennutzungsplans nicht zu beanstanden sei.
Der Kläger tritt dieser Auffassung entgegen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23.04.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig. Es kann dahinstehen, ob für den Zeitpunkt der Erhebung der Klage von einer Untätigkeit der (Widerspruchs-)Behörde ausgegangen werden kann, weil nach dem Vortrag des Beklagten der Kläger den Widerspruch zunächst ohne Begründung eingelegt und erklärt hatte, dass er von sich aus auf die Sache zurückkommen werde, aus Sicht der Behörde also ein zureichender Grund dafür, dass der Widerspruch noch nicht beschieden war, vorlag. Denn auch nach Erhebung der Klage, in der der Kläger begründete, weshalb er die Ablehnung der Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für rechtswidrig ansah, ist die Behörde (im Blick auf den noch ausstehenden Widerspruchsbescheid) nicht tätig geworden. Damit aber liegt, jedenfalls zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, das Tatbestandsmerkmal der Untätigkeit der Behörde als Zulässigkeitsvoraussetzung der Untätigkeitsklage vor (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 75 Rn. 12; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 75 Rn. 2).
Die Klage hat in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides gemäß § 74 Abs. 1 NBauO. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag (Bauvoranfrage) für eine Baumaßnahme über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbstständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden. Dies gilt insbesondere auch für die hier maßgebliche Frage, ob eine Baumaßnahme nach dem städtebaulichen Planungsrecht zulässig ist. Das ist entgegen der Auffassung des Beklagten der Fall.
Bei den vom Kläger geplanten zwei Windenergieanlagen handelt es sich um nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegierte Vorhaben, die planungsrechtlich nur dann unzulässig sind, wenn eine ausreichende Erschließung nicht gesichert ist - wofür hier nichts ersichtlich ist - oder wenn ihnen öffentliche Belange entgegenstehen. Letzteres ist nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Regel dann der Fall, wenn für derartige Vorhaben (u.a.) durch Darstellung im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
Zu Unrecht meint der Kläger in diesem Zusammenhang zunächst allerdings, dass die 15. bzw. 22. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde E. die genannte Ausschlusswirkung nicht zeitige, weil sie im Flächennutzungsplan textlich nicht dargestellt und in der zeichnerischen Darstellung nicht einmal das gesamte Gemeindegebiet festgehalten sei, so dass sich dem Bürger nicht erschließen könne, dass die Ausweisung der Sonderbaufläche auch Rechtswirkung für das außerhalb dieser Baufläche liegende Gemeindegebiet haben solle, und darüber hinaus sich diese Ausschlusswirkung auch nicht aus den Erläuterungen zum Flächennutzungsplan - ungeachtet des Umstandes, dass diesen keine selbstständige rechtliche Bedeutung zukomme - erschließe.
Die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthaltene Steuerungsmöglichkeit verlangt vom Planungsträger ein Planungskonzept über Standorte der betreffenden Anlagen in der Gemeinde. Insoweit reicht eine bloße Negativplanung, mit der Anlagen der bezeichneten Art ausgeschlossen werden können, nicht aus. Vielmehr werden bestimmte (positive) Darstellungen im Flächennutzungsplan vorausgesetzt (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Loseblatt-Kommentar, § 35 Rn. 123 ff.). Dass die Samtgemeinde E. im vorliegenden Fall im Hinblick auf die diesbezüglich verlangte Bestimmtheit bezüglich des konkreten Standorts der entsprechenden Fläche hinreichend konkrete Darstellungen in den Flächennutzungsplansänderungen getroffen hat, steht außer Frage. Denn in der 15. Änderung des Flächennutzungsplans ist eine ganz bestimmte Fläche als Sonderbaufläche für die Windenergienutzung durch entsprechende eindeutige Abgrenzungen dargestellt. In der 22. Änderung des Flächennutzungsplans ist diese Fläche durch eine ebenso deutliche zeichnerische Darstellung erweitert worden. Rechtsfolge einer derartigen (positiven) Ausweisung ist es, dass an anderen Standorten als denen, die im Flächennutzungsplan vorgesehen sind, die dort bezeichneten privilegierten Vorhaben nicht zulässig sind (vgl. Söfker, aaO, Rn. 128). Dies erschließt sich ohne weiteres aus dem Wortlaut der fraglichen Vorschrift, so dass es entgegen der Auffassung des Klägers weitergehender Hinweise nicht bedarf, insbesondere auch nicht der Darstellung des gesamten (Samt-)Gemeindegebiets, für das der Flächennutzungsplan Regelungen trifft, weil - wie dargelegt - die positive Darstellung der Flächen für privilegierte Vorhaben deren Ausschluss an anderen Stellen impliziert. Lediglich am Rande sei deshalb darauf hingewiesen, dass sich für den interessierten Bürger und damit auch für den Kläger aus der Bekanntmachung der 15. Änderung des Flächennutzungsplans im Amtsblatt des Beklagten vom 15.03.1999 keinerlei Zweifel daran ergeben konnten, dass mit der fraglichen Änderung des Flächennutzungsplans andere Flächen zur Windenergienutzung als die in der Änderung vorgesehenen ausgeschlossen sein sollten, wenn es dort in der Überschrift wörtlich heißt: „15. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde E.: Darstellung einer Sonderbaufläche für die Windenergienutzung und Ausschluss von Anlagen außerhalb der dargestellten Sonderbaufläche im gesamten Samtgemeindegebiet“. Schon daraus ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass von der 15. Änderung des Flächennutzungsplans das gesamte Samtgemeindegebiet erfasst worden war. Selbst wenn angesichts dieser Eindeutigkeit gleichwohl noch Zweifel zurückbleiben sollten, werden diese endgültig ausgeräumt durch den Text der Veröffentlichung, in dem es weiter wörtlich heißt: „Die 15. Änderung betrifft das gesamte Gebiet der Samtgemeinde E.. Die Sonderbaufläche für die Windenergienutzung ist auf der nachstehenden Übersichtskarte schwarz umrandet dargestellt“. Deutlicher kann man den Planungswillen, den Planungsraum und den Inhalt der Planung nicht bezeichnen.
Ist demzufolge die Ausweisung einer Sonderbaufläche für die Windenergienutzung in der 15./22. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde E. grundsätzlich geeignet, die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf anderen Grundstücken - und damit auch auf dem Grundstück des Klägers - herbeizuführen, würde das gleichwohl dann nicht gelten, wenn die Planänderung an Abwägungsmängeln leiden würde. Das ist hier allerdings der Fall.
Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei jeder Bauleitplanung die maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, wenn in die Abwägung nicht das an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen oder wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit anderer Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot allerdings dann genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurücksetzung des anderen Belangs entscheidet (vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 12.12.1969 - IV C 105.68 -, BVerwGE 34, 301; U. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309). Speziell für den hier gegebenen Fall der Ausweisung von Vorrangstandorten bzw. Sondergebieten für Windenergieanlagen erfordert das Gebot einer gerechten Abwägung, dass die planende Gemeinde ein schlüssiges Planungskonzept vorlegt, in dem - wie bereits dargelegt - durch entsprechende Darstellungen geeignete Standorte für Windenergieanlagen positiv festgelegt - und damit gleichzeitig ungeeignete Standorte im übrigen Plangebiet ausgeschlossen - werden, wobei die grundsätzliche Privilegierung von Windenergieanlagen angemessen zu berücksichtigen ist (vgl. Nds. OVG, B. v. 17.01.2002 - 1 L 2504/00 -, RdL 2002, 93; B. v. 20.12.2001 - 1 MA 3579/01 -, RdL 2002, 107, jew. m.w.N., u.a. auch auf die Gesetzesbegründung). Diesen Anforderung wird die 15./22. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde E. nicht gerecht.
Im Rahmen der Standortuntersuchung hat sich die Samtgemeinde E. sowohl bei Variante 1 wie auch bei Variante 2 zwar im Hinblick auf die Entfernung von Sonderbauflächen für Windenergie zu Verkehrsstraßen, zu militärischen Einrichtungen, zu Gewässern, zu Ausschlussgebieten (Naturschutzgebiete, Nationalparks, Naturdenkmale, besonders geschützte Biotope) sowie in Bezug auf die technische Infrastruktur (Hochspannungsleitungen und Richtfunktürme oder -trassen) an den Abstandsempfehlungen orientiert, wie sie in den „Empfehlungen zur Standortsicherung und raumordnerischen Beurteilung von Windenergieanlagen“ vom 03.07.1991 (Nds. MBl. S. 924 ff.) sowie in der „Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung“, gerichtet an die Träger der Regionalplanung, vom 11.07.1996 des Nds. Innenministeriums dargestellt sind. Dies ist nicht zu beanstanden und wird insoweit vom Kläger auch nicht gerügt.
Nicht gebilligt werden kann demgegenüber die Entscheidung der Samtgemeinde E., bei der Standortsuche und -auswahl eine Mindestentfernung zu zusammenhängenden Siedlungsgebieten, fremdenverkehrsbetonten Siedlungen und Campingplätzen einerseits und Einzelhäusern andererseits von 500 m (Variante 1) bzw. von 1.000 m/800 m (Variante 2) vorzugeben. Dadurch hat sie den Ausgangspunkt im Abwägungsvorgang insoweit „verengt“, als sie nicht sämtliche Flächen in die Standortanalyse einbezogen hat, die nach Lage der Dinge einzustellen waren. Denn mit dem gewählten Abstandsradius von 1.000 m gegenüber zusammenhängenden Siedlungsgebieten pp. in Variante 2 sowie dem Abstandsradius von 500 m bzw. 800 m gegenüber Einzelhäusern in beiden Varianten hat sich die Samtgemeinde E. nicht an die genannten Vorgaben des Erlasses des Nds. Innenministeriums vom 11.07.1996 gehalten (zusammenhängende Wohngebiete pp. 500 m, Einzelhäuser 300 m), der nach wie vor Verbindlichkeit beansprucht (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 21.07.1999 - 1 L 5203/96 -, NVwZ 99, 1358). Eine überzeugende Begründung, warum die Samtgemeinde von diesen Abstandsempfehlungen abgewichen ist, findet sich nicht. Der Hinweis, bei den Abständen zu Siedlungsrändern und Einzelhäusern seien jeweils unterschiedliche Abstände zugrunde gelegt worden, um so die zum Teil unterschiedliche aktuelle Rechtsprechung zu berücksichtigen, trägt nicht, weil die Rechtsprechung gerade immer wieder betont hat, dass für die Frage der Entfernung von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung es jeweils auf die konkrete Situation im Einzelfall ankommt. Angesichts dessen hätte es einer sorgfältigeren Begründung bedurft, warum von den Abstandsempfehlungen des Nds. Innenministeriums abgewichen worden ist, die - wie dargelegt - aber gerade fehlt.
Dass sich bei Anwendung der im Erlass des Nds. Innenministeriums vom 11.07.1996 vorgesehenen Abstände tatsächlich zusätzliche Potenzialflächen ergeben, belegt die im Laufe des Verfahrens nachgereichte ergänzende Potenzialstudie der Planungsgruppe Grün, die unter Berücksichtigung der Vorgaben des ministeriellen Erlasses fünf weitere grundsätzlich geeignete Potenzialflächen ausweist. Diese Flächen aber sind - ungeachtet der Beantwortung der Frage, ob das Abwägungsergebnis, wenn die Entscheidungsträger von ihnen Kenntnis gehabt hätten, ein anderes gewesen wäre - nicht Gegenstand der Überlegungen und Beratungen der Entscheidungsgremien gewesen, so dass deren Abwägungsvorgang an einem Defizit leidet. Denn es ist beispielsweise nicht auszuschließen, dass die Entscheidungsträger den ausgewählten Standort größer zugeschnitten hätten, was nach der ergänzenden Potenzialstudie der Planungsgruppe Grün grundsätzlich möglich wäre (vgl. Flächen mit den Buchstaben A und C in der der Studie beigefügten Plandarstellung „Potenzialflächen“).
Dieser Mangel ist auch nicht durch die ergänzende Potenzialstudie geheilt worden. Zwar versucht diese nachzuweisen, dass auch dann, wenn die Entscheidungsgremien von den zusätzlichen Potenzialflächen gewusst hätten, die getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden sei. Dies mag zwar zutreffen, ändert aber nichts daran, dass dem Entscheidungsträger bei seiner Entscheidung die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen eben gerade nicht vollständig vorlagen und er bei Kenntnis der zusätzlichen Flächen ebenfalls abwägungsfehlerfrei vielleicht doch auch eine andere Fläche oder jedenfalls einen anderen Zuschnitt der festgesetzten Fläche gewählt hätte.
Im Hinblick auf dieses Abwägungsdefizit kommt es im Ergebnis nicht auf die weitere Frage an, ob die mit der 22. Änderung des Flächennutzungsplans vorgenommene Abweichung von den Abstandsempfehlungen des Ministers insoweit, als gegenüber (kleineren) Privatforsten ein geringerer Abstand als gegenüber den (größeren) Staatsforsten eingehalten werden muss, hinreichend plausibel begründet worden ist, wogegen einiges spricht. Zwar hat diesbezüglich die nachgereichte Potenzialstudie die den Beratungen der 22. Änderung des Flächennutzungsplans zugrunde liegende Begründung weiter unterfüttert. Aber auch insoweit würde das oben Gesagte gelten, dass nämlich dieser (ausführlichere) Begründung Grundlagen für eine Entscheidung bei den Beratungen eben nicht vorlagen und deshalb auch insoweit kein vollständiges Abwägungsmaterial.
Wegen des oben beschriebenen Abwägungsdefizits führt die Festsetzung einer Sonderbaufläche für die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen nicht zur Ausschlusswirkung gegenüber dem Vorhaben des Klägers gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Andere Gesichtspunkte, die das Vorhaben des Klägers bauplanungsrechtlich als nicht zulässig erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und werden von dem Beklagten auch nicht ins Feld geführt.