Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 01.12.2005, Az.: 4 A 4181/02
Abschnitt; Anlandung; Bestandteil; Eigentum; Fußpunkt; Gewässer; Gewölbe; Grundstück; Mauer; Nutzung; Pflicht; Sanierung; Spannung; Station; Teil; Ufer; Unterhaltung; Unterhaltungspflicht; Verband; Verkehr; Wasser; Wasserverband
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 01.12.2005
- Aktenzeichen
- 4 A 4181/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50880
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 10.12.2008 - AZ: 13 LC 2/06
- BVerwG - 17.11.2009 - AZ: 7 B 14/09
Rechtsgrundlagen
- § 98 WasG ND
- § 109 WasG ND
- § 113 WasG ND
- § 72 WVG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Überbaute Gewölbe sind Bestandteil des Gewässers und dienen zumindest auch dem Abführen des Wassers, solange sie keine konstruktive Verbindung mit dem aufstehenden Gebäude aufweisen.
2. Die Unterhaltung des Gewölbetunnels obliegt in diesem Fall dem Gewässerunterhaltungspflichtigen, der von dem Grundstückseigentümer Ersatz der Mehrkosten beanspruchen kann (wie OVG Lüneburg OVGE25, 406 zu Ufermauern).
Tatbestand:
Der Kläger - ein Unterhaltungsverband - wendet sich gegen die ihm aufgegebene Sanierung von (zuletzt) sieben unterirdisch verlaufenden Stationen des vor langer Zeit ausgebauten Gewässers II. Ordnung „BI. -Bach“, der hinsichtlich der noch streitbefangenen Stationen 3, 5, 6 und 11 in einem gemauerten Gewölbe und hinsichtlich der noch streitbefangenen Stationen 2, 8 und 10 zwischen Ufermauern verläuft, auf die Betonkuppeln bzw. -platten gesetzt sind (im Folgenden: Gewölbestationen, s. Bl. 60-62 d.A.).
Der „BI. -Bach“ verläuft in dem hier fraglichen Gebiet teilweise oberirdisch und teilweise unterirdisch in den Stadtteilen BJ. und BK. im Gebiet der Beigeladenen zu 1). Das im fraglichen Bereich vor mehreren Jahrzehnten ausgebaute Gewässerbett befindet sich in einer engen Talsohle zwischen Berghängen. In dieser Talsohle verläuft eine Straße, an der sich beidseitig Bebauung erstreckt. Die noch streitbefangenen Gewölbestationen 3, 5, 6, 8, 10 und 11 sind - zumindest teilweise - mit Gebäuden überbaut. Die Station 2 ist zu einem Teil mit einem Freisitz in einer Gartenanlage und im Übrigen mit Bewegungsflächen überbaut.
Die Beigeladenen sind im Bereich der noch streitbefangenen Stationen entweder Eigentümer der jeweiligen Gewässerparzelle oder Anlieger der jeweils angrenzenden Grundstücke.
Der Beklagte holte 1995 ein Gutachten der BL. zur Gefährdungsabschätzung und zum Sanierungsbedarf der BI. -bachüberbauungen ein, das unter dem 25. April 1996 erstattet wurde (Beiakte B). Dieses Gutachten, in dem auch Sanierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden (S. 7 f.), kommt zu folgendem Ergebnis (S. 27):
„Die Überbauungen [des Gewässers] sind zum größten Teil älteren Datums und sind sanierungsbedürftig. Abschnittsweise ist der Zustand so schlecht, dass die Gefahr des Einsturzes besteht. Wegen der intensiven Flächennutzung auf den Überbauungen könnten dadurch Gefahren sowohl für Sachgüter als auch für Personen entstehen. In der auf der Grundlage der Kartierung erstellten BI. -Bachkartei [Anlage 1 des Gutachtens], sowie in den dazugehörigen Kartendarstellungen [Anlage 2 des Gutachtens] sind diese Bereiche gekennzeichnet.“
Der Beklagte gab dem Kläger daraufhin bereits mit einem Bescheid vom 15. Januar 1998 Sanierungsmaßnahmen am „BI. -Bach“ auf. Diesen Bescheid ersetzte er durch einen Bescheid vom 5. Oktober 2000.
Mit dem hier streitbefangenen Bescheid vom 11. Juli 2001 ersetzte der Beklagte sodann seinen Bescheid vom 5. Oktober 2000 und wies den Kläger gemäß § 72 des Wasserverbandsgesetzes - WVG - an, im Rahmen der ihm obliegenden Unterhaltungspflicht die Ufermauern/Gewölbe des „BI. -Baches“ an insgesamt elf Stationen bis zum 30. September 2002 wie folgt zu sanieren:
Station | Fließrichtung | erforderliche Maßnahmen | |
1 | 145-196 | links | Die unterspülten Mauerfüße (die Mauern bestehen aus Natursteinen) sind durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. Kies und Schotteranlandungen sind zu beseitigen. |
2 | 205-231 | beidseitig | Die Gewölbefüße sind beidseitig unterspült und durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. |
3 | 481,5-494,5 | beidseitig | Die Gewölbefüße sind beidseitig unterspült und durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. |
4 | 515-519 | beidseitig | Die Mauerfüße sind hinter der Feuerlöschstelle beidseitig stark unterspült und rechtsseitig teilweise abgesackt. Es ist durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. Außerdem ist der hinter der Feuerlöschstelle entstandene Kolk zu sichern. |
5 | 597-618,5 | beidseitig | Die Gewölbefüße sind beidseitig unterspült und durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. |
6 | 674-709 | beidseitig | Die Gewölbefüße sind beidseitig unterspült und durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. |
7 | 914-924 | rechts | Die Ufermauer ist durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. |
8 | 1032-1040 | links | Die unterspülten Mauerfüße sind durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. |
9 | 1432 | Kolkverbau zur Sicherung der Gewässersohle unterhalb des Sohlabsturzes am Teicheinlauf mittels Wasserbausteinen. | |
10 | 3148-3214 | beidseitig | Die Gewölbefüße sind beidseitig unterspült und durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. Innerhalb des Gewölbes befindliche Kiesanlandungen sind zu beseitigen. Ein Riss im Scheitel im Bereich von Station 3148-3158 ist auszumörteln. |
11 | 3601-3625 | beidseitig | Die Gewölbefüße sind beidseitig unterspült und durch Ausmauern bzw. Setzen neuer Steine zu sanieren. |
Zu den noch streitbefangenen Stationen ist ausgeführt, dass das jeweilige Gewölbe verschiedene Grundstücke unterführe. Das Gewölbe bzw. die Mauer diene der Gewässerführung, der Uferbefestigung und auch der Grundstückssicherung, weshalb der Kläger gegebenenfalls Mehrkosten gegenüber den Eigentümern gemäß § 113 des Niedersächsischen Wassergesetzes - NWG - geltend machen könne.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 30. Juli 2001 Widerspruch, den die Bezirksregierung Braunschweig mit einem Widerspruchsbescheid vom 6. November 2002 zurückwies.
Mit seiner am 4. Dezember 2002 beim Verwaltungsgericht Göttingen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er ist der Auffassung, dass er für die ihm aufgegebenen Sanierungsmaßnahmen nicht unterhaltungspflichtig sei. Die Gewölbe stellten „Anlagen in und an Gewässern“ im Sinne von § 109 NWG dar, die von den Beigeladenen als Eigentümern zu unterhalten seien. Hilfsweise sei es wegen Einsturzgefahr unmöglich, die Sanierung durchzuführen.
Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mitgeteilt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich folgender vier Stationen erledigt habe:
Station | Erledigungsgrund |
1 | Gewässeranlieger hätten selbst ausgemauert und Steine gesetzt. |
4 | Die ehemals unterspülte Natursteinmauer habe sich insgesamt gefahrlos gesenkt, so dass weitere Sanierungsarbeiten zur Zeit nicht erforderlich seien. Der Kolk sei von der Beigeladenen zu 1) als Betreiberin der Feuerlöschstelle gesichert worden. |
7 | Die Ufermauer sei mittlerweile nicht mehr sanierungsfähig. |
9 | Die Kolksicherung sei vom Kläger durchgeführt worden. |
Des Weiteren hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 11. März 2004 hinsichtlich der Station 10 den Satz 3 der Anordnung („Ein Riss im Scheitel im Bereich von Station 3148-3158 ist auszumörteln“) aufgehoben.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 11. Juli 2001 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 6. November 2002 in der Gestalt des Schriftsatzes vom 11. März 2004 insoweit aufzuheben, als ihm die Sanierung der Stationen (2) 205-231, (3) 481,5 bis 494,5, (5) 597 bis 618,5, (6) 674 bis 709, (8) 1032 bis 1040, (10) 3148 bis 3214 und (11) 3601 bis 3625 aufgegeben worden ist,
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären
und erklärt den Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache für erledigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und erklärt den Rechtsstreit im Übrigen ebenfalls in der Hauptsache für erledigt.
Er hält den Kläger für unterhaltungspflichtig und die Sanierung für technisch möglich.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Soweit sich die Beigeladenen zur Sache geäußert haben, sind sie der Rechtsauffassung des Beklagten beigetreten.
Der Berichterstatter hat gemäß Beschluss vom 13. November 2003 Beweis erhoben über die Örtlichkeit der noch streitbefangenen sieben Stationen des „BI. -Baches“ (Gewölbe und Mauern) sowie der näheren Umgebung durch richterliche Augenscheinseinnahme. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift vom gleichen Tage Bezug genommen.
Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorbezeichneten Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit bereits im Termin zur Beweisaufnahme und Erörterung der Sach- und Rechtslage am 13. November 2003 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II. Im Übrigen muss der Klage der Erfolg versagt bleiben.
Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist als Wasserverband befugt, sich gegen eine im Rahmen der Rechtsaufsicht ergangene Anweisung des Beklagten als Aufsichtsbehörde zu wenden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.7.1996, RdL 1996, S. 278).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Anweisung des Beklagten vom 11. Juli 2001 ist rechtmäßig. Der Beklagte ist gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 WVG nach pflichtgemäßem Ermessen berechtigt, dem Kläger konkrete Sanierungsmaßnahmen an den hier noch streitbefangenen sieben Gewölbestationen des „BI. -Baches“ aufzugeben (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 18.1.2001, LKV 2001, S. 413, 414 [OVG Sachsen-Anhalt 18.01.2001 - 1 L 25/00]). Dies folgt auch aus § 76 WVG, der das Recht der Aufsichtsbehörde zur Ersatzvornahme enthält, wenn der Wasserverband einer aufgrund der Aufsichtsbefugnis erlassenen Anweisung der Aufsichtsbehörde nicht fristgemäß Folge leistet. Die Anweisungsbefugnis der Aufsichtsbehörde nach § 72 WVG tritt an die Stelle der hier nicht gegebenen Entscheidungskompetenz der unteren Wasserbehörde nach § 169 NWG.
Die noch streitbefangenen sieben Gewölbestationen des „BI. -Baches“ sind sanierungsbedürftig. Dies ist zwischen den Hauptbeteiligten unstreitig und folgt im Übrigen aus den Anlagen 1 und 2 des Gutachtens der BL. vom 25. April 1996. Die Notwendigkeit der Sanierung wird daneben durch den Vortrag des Klägers belegt, die angeordnete Maßnahme sei wegen Einsturzgefahr unmöglich.
Aufgegeben wurde dem Kläger an allen sieben noch streitbefangenen Gewölbestationen das Ausmauern der unterspülten Gewölbefüße bzw. das Setzen neuer Steine. An der Station 10 wurde ihm darüber hinaus die Beseitigung von Kiesanlandungen aufgegeben.
1. Der Kläger ist hinsichtlich der unterspülten Gewölbefüße in allen noch streitbefangenen Stationen sanierungspflichtig. Hinsichtlich der im Gewässerbett der Station 10 befindlichen Kiesanlandungen besteht ebenfalls eine Beseitigungspflicht durch den Kläger aufgrund der ihm obliegenden Unterhaltungspflicht.
Gemäß §§ 100 Abs. 1, 97 NWG i.V.m. Nr. 47 der Anlage 2 des Gesetzes obliegt dem Kläger die Unterhaltung des „BI. -Baches“ im fraglichen Bereich als öffentlich-rechtliche Verbindlichkeit. Der Umfang der Unterhaltungspflicht ergibt sich aus § 98 NWG. Die Unterhaltung umfasst u.a. die Sicherung des ordnungsgemäßen Abflusses (§ 98 Abs. 1 Satz 1 NWG) und insbesondere die Reinigung, die Räumung, die Freihaltung und den Schutz des Gewässerbetts einschließlich seiner Ufer (§ 98 Abs. 2 Nr. 1 NWG) sowie die Unterhaltung der Anlagen, die der Abführung des Wassers dienen (§ 98 Abs. 2 Nr. 4 NWG). Die Unterhaltungspflicht besteht nur hinsichtlich Anlagen, die Teil des Gewässers sind (Haupt/Reffken/Rhode, NWG, § 98 Rdnr. 4).
Hingegen obliegt den Beigeladenen als Eigentümern der einzelnen Grundstücksparzellen gemäß § 109 NWG die Unterhaltung von Anlagen in und an Gewässern, die nicht Teil des Gewässers sind (Haupt/Reffken/Rhode, aaO, § 109 Rdnr. 5).
Hinsichtlich Ufermauern ist in der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, geklärt, dass diese in der Regel als Ufer anzusehen sind. Sie können Anlagen sein, die der Abführung des Wassers dienen (§ 98 Abs. 2 Nr. 4 NWG), aber auch Anlagen in und an Gewässern (§ 109 NWG) darstellen. Liegen beide Voraussetzungen vor, sind sie vom Gewässerunterhaltungspflichtigen zu unterhalten. Dienen sie der besonderen Bestandssicherung eines Grundstücks oder erschweren sie die Unterhaltung, kann vom Eigentümer des Grundstücks oder der Anlage gemäß § 113 NWG Ersatz der Mehrkosten verlangt werden. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ermöglicht nur diese Auslegung einen verständigen Ausgleich der Interessen. Wollte man nämlich in Konfliktfällen die Unterhaltungspflicht den Eigentümern der Ufermauern allein aufbürden, wäre der Gewässerunterhaltungspflichtige insoweit von seiner gesetzlichen Unterhaltungspflicht des Ufers ohne zureichenden Grund völlig freigestellt. Der Eigentümer der Anlage müsste die Unterhaltungskosten ohne Ausgleichsmöglichkeit allein tragen, obwohl die Ufermauer auch das Ufer bildet und dem Wasserabfluss dient. Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, den Unterhaltungspflichtigen einer Ufermauer eindeutig zu bestimmen, muss die Vorschrift des § 109 NWG so ausgelegt werden, dass sie nur anwendbar ist, wenn die Anlage nicht auch der Abführung des Wassers dient. Handelt es sich um eine Anlage, die auch der Abführung des Wassers dient, so ist sie von dem Gewässerunterhaltungspflichtigen mit der Maßgabe zu unterhalten, dass Ersatz der Mehrkosten gemäß § 113 NWG verlangt werden kann. Dient die Anlage dagegen, wie es etwa bei dem Fundament eines Gebäudes der Fall sein wird, ausschließlich der Sicherung des Gebäudes, und tritt der Wasserabführungszweck völlig zurück, so wird im Allgemeinen eine Unterhaltungspflicht nach § 98 NWG nicht in Betracht kommen. Je nach der Bedeutung, die im Einzelfall die Wasserabführung (§ 98 Abs. 2 Nr. 4 NWG) oder der Zweck der Bestandssicherung (§ 109 NWG) hat, wird die Wasserbehörde Kostenbeteiligung festzusetzen haben (OVG Lüneburg, Urteil vom 24.1.1969, OVGE 25, S. 406; ähnlich VGH Kassel, Urteil vom 26.2.1997, NVwZ-RR 1997, S. 612 und OVG Münster, Urteil vom 23.10.1975, OVGE 31, S. S. 223 = ZfW 1976, S. 368). Diese Rechtsprechung hat sich der Beklagte für die hier streitbefangenen Gewölbestationen zu eigen gemacht.
Entsprechend wird im Schrifttum vertreten, dass bei der Abgrenzung, ob ein Gewölbe Bestandteil des Gewässers und/oder seiner Ufer geworden ist, auf die Verkehrsauffassung abzustellen ist. Danach kann in der Regel bei einem Gewölbe von einem Bestandteil des Gewässers und/oder seiner Ufer ausgegangen werden. Anders ist die Rechtslage nur dann zu beurteilen, wenn eine Überwölbung gar nicht oder gar nicht mehr der Einfassung des Gewässers dient, sondern ausschließlich als Abstützung oder als Träger von Gebäuden zu dienen bestimmt ist und wegen dieser Funktion in besonderer Bauart oder besonderer Stärke ausgeführt ist (Fröhling, ZfW 1989, S. 122, 123f.).
Demgegenüber unterscheidet die jüngere Rechtsprechung bei Verrohrungen und Gewölben im Gewässerlauf danach, ob diese hauptsächlich wasserwirtschaftlichen Zwecken dienen. Ist dies der Fall, spricht vieles dafür, die Unterhaltungslast dem für das Gewässer Unterhaltungspflichtigen aufzubürden. Sollen mit der Verrohrung oder dem Gewölbe hingegen überwiegend nicht wasserwirtschaftliche Ziele verfolgt werden, so gebietet es die besondere - außerhalb der Wasserwirtschaft liegende - Zielsetzung der Maßnahme, diese aus der Gewässerunterhaltungspflicht herauszunehmen und ihre Erhaltung demjenigen aufzuerlegen, der sie zu seinem Vorteil nutzt (OVG Koblenz, Urteil vom 26.10.1995, ZfW 1997, S. 44 = NVwZ-RR 1997, S. 50 [OVG Rheinland-Pfalz 26.10.1995 - 1 A 13441/94]). Dient die Gewölbeuntertunnelung nach dieser jüngeren Rechtsprechung der besseren Nutzbarkeit des Grundstücks, handelt es sich um eine Anlage in oder an einem Gewässer im Sinne von § 109 NWG, die vom Eigentümer bzw. Anlieger zu unterhalten ist (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 15.6.2000, ZfW 2001, S. 59 = NVwZ-RR 2001, S. 20 [OVG Rheinland-Pfalz 15.06.2000 - 1 A 11964/99]; OVG Münster, Urteil vom 4.2.1993 - 20 A 3167/91 -; Urteil vom 13.5.1993, ZfW 1994, S. 373; OLG Düsseldorf, Urteil vom 9.2.1989, ZfW 1989, S. 171). Dies gilt insbesondere für kurze Durchlassbauwerke, die die Überquerung eines Gewässers mit einem Verkehrsweg ermöglichen (OVG Münster, Urteil vom 22.8.1991, ZfW 1992, S. 387). Nach einer differenzierenden Auffassung ist der Eigentümer für die Unterhaltung der Rohrwände bzw. Gewölbewände zuständig, der für das Gewässer Unterhaltungspflichtige hingegen für die Freihaltung, Reinigung und Räumung des Gewässerbetts (OLG Hamm, Urteil vom 29.4.2002, ZfW 2003, S. 122 [OLG Hamm 29.04.2002 - 6 U 157/01]).
Die Kammer folgt der ursprünglichen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zu Ufermauern und überträgt sie auf im Zuge eines Gewässerlaufs errichtete Gewölbetunnel. Sie folgt damit der Rechtsauffassung des Beklagten. Danach ist der Kläger unterhaltungspflichtig, weil die streitbefangenen Gewölbetunnel Bestandteil des Gewässers sind und jedenfalls auch der Abführung des Wassers dienen (§ 98 Abs. 2 Nr. 4 NWG).
Die Beweisaufnahme sowie die Auswertung der die Grundstücke der Beigeladenen betreffenden Bauakten - soweit diese vom Beklagten vorgelegt werden konnten - haben ergeben, dass die Gewölbetunnel keine baulich-konstruktive Verbindung mit auf den einzelnen über dem Gewässer errichteten baulichen Anlagen aufweisen und deshalb nicht zugleich als Fundament der zum Zeitpunkt der Beweisaufnahme vorhandenen Gebäude dienen.
Die Beweisaufnahme hat darüber hinaus auch ergeben, dass der „BI. -Bach“ im hier fraglichen Abschnitt im Zuge der Stadtteile BJ. und BK. überwiegend vor und hinter den Gewölbetunneln durch Ufermauern gleicher Bauart eingefasst ist und sich die Gewölbemauern in ihrer Funktion des Abführens des Wassers nicht anders darstellen als die Ufermauern vor und hinter den Gewölbetunneln (Lichtbilder 1, 6, 16, 27). Sowohl Ufermauern als auch Gewölbetunnel dienen danach zumindest auch dem Zweck, das Wasser des „BI. -Baches“ durch das enge Bergtal abzuführen und ein Heraustreten des „BI. -Baches“ aus dem Gewässerbett zu vermeiden.
Es wird nicht verkannt, dass wesentlicher Zweck der sieben noch streitbefangenen Gewölbetunnel auch ist, die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke in dem schmalen vom „BI. -Bach“ durchzogenen Taleinschnitt zu sichern oder zumindest zu erhöhen. Die Gewölbetunnel stellen im Sinne der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts damit nicht nur Anlagen zum Abführen des Wassers im Sinne von § 98 Abs. 2 Nr. 4 NWG dar, sondern zugleich auch Anlagen in und an Gewässern im Sinne von § 109 NWG. Ebenso wird nicht verkannt, dass die Übertunnelung eines Gewässers nach heutigem ökologischen Verständnis, wie es sich u.a. in § 98 Abs. 1 Satz 3 NWG niedergeschlagen hat, nicht mehr vertretbar ist. Da das Gewässer jedoch vor mehreren Jahrzehnten entsprechend ausgebaut worden ist, können solche Erwägungen ebenso wenig Berücksichtigung finden, wie eine Abwägung, welchem Zweck die Gewölbetunnel eher zu dienen bestimmt sind. In Anbetracht des vom Niedersächsischen Wassergesetz verfolgten Zwecks einer klaren Zuweisung der Unterhaltungslast für den ordnungsgemäßen Abfluss eines Gewässers II. Ordnung und der entsprechenden Auslegung des § 113 NWG durch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht obliegt die einheitliche Unterhaltungsverpflichtung dem Kläger als Unterhaltungsverband, dem die Mehrkosten der Unterhaltung, die durch die Sanierungsarbeiten unterhalb der Gebäude der Beigeladenen bzw. „unter Tage“ entstehen, von den jeweiligen Beigeladenen zu ersetzen sind. Die Bestimmungen für den Kläger als Wasserverband bleiben dabei gemäß § 113 Abs. 3 NWG unberührt.
2. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Klägers ist ihm auch nicht Unmögliches aufgegeben. In dem Gutachten der BL. vom 25. April 1996 werden auf S. 7 f. als grundlegende Sanierungsmöglichkeiten des gesamten „BI. -Baches“ sowohl der Neubau der Überbauung, die Sanierung durch Aufschluss von oben als auch die Sanierung der Überbauung von innen erörtert. Die noch streitbefangenen angeordneten Maßnahmen werden zumindest in den Bereichen, in denen über den Gewölben bauliche Anlagen errichtet sind, durch eine Sanierung „von innen“ auszuführen sein. Hierzu heißt es in dem Gutachten:
„Dieses Verfahren eignet sich für Abschnitte mit lokalen Schäden, die keine Gesamtsanierung der Überbauung erfordern. In Abb. 11 der Anlage 4 ist die Sanierung von zwei Generalschadenstypen dargestellt. Das ist erstens die Ausspülung am Gewölbe- bzw. Mauerfuß, welche nicht nur in überbauten Abschnitten auftritt. Ist die Gewölbespannung trotz der Unterspülung noch nicht aufgehoben, können die Unterspülungen mit Beton verpresst werden. Der Beton kann über Leitungen durch Pumpen bis an den Einsatzort gepumpt werden. Eine Verunreinigung des Wassers sollte man durch entsprechende Einrichtungen zur Umleitung des Wassers ausschließen. Die mit Beton ausgebesserten Fußpunkte sollten vor der erodierenden Wirkung des Wassers durch Steinpackungen gesichert werden. (...)
Ist die Gewölbespannung auf Grund der Unterspülung oder der Durchbrechungsstellen von Einleitungen aufgehoben, so erfordert dies meist umfangreiche Sanierungsarbeiten. Risse im Gewölbe, auch in höheren Bereichen, lockere und herausbrechende Steine sind ein Hinweis auf eine aufgehobene Gewölbespannung. Ist der Neubau oder die Sanierung von oben wie in Abb. 10 der Anlage 4 dargestellt nicht möglich, stellt die Sanierung ein schwieriges Problem dar. Das Auskleiden des Gewölbes mit Stahlgeflecht und Ausspritzen der Konstruktion mit Beton wird wegen des geringen Raumes in der Überbauung kaum möglich sein. Man könnte Rohrleitungen einziehen und den verbleibenden Raum zwischen Rohrleitung und Gewölbe zu Stabilisierung mit Beton verfüllen. Dieses Verfahren steht jedoch im vollkommenen Widerspruch zur Erhaltung der ökologischen Durchgängigkeit der Bachsohle. Weiterhin ist in engen Rohrquerschnitten die Verstopfungsgefahr sehr groß.
Am günstigsten wäre, wenn man ein neues Bachbett an den Bebauungsabschnitten vorbeilegt ... Die schmale Talsohle und die dichte Bebauung lässt eine neue Linienführung an vielen Abschnitten sicher gar nicht zu“.
Das Gutachten lässt erkennen, dass eine Sanierung von innen grundsätzlich möglich ist. Die Kammer folgt dem Vortrag des Beklagten, dass das angeordnete „Ausmauern bzw. das Setzen neuer Steine“ im Bereich der Gewölbefüße nach Abstützung der Gewölbe möglich ist. Erforderlichenfalls ist ein Stahlgeflecht zur Abstützung einzuziehen. Wie technisch unter Beachtung der Statik und der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften im Einzelnen vorzugehen ist, brauchte der Beklagte dem Kläger, der über eigene Fachleute verfügt, in dem angefochtenen Bescheid nicht aufzugeben. Die Anordnung ist hinreichend bestimmt und in ihrem Ziel, die Unterspülungen der Gewölbefüße zu beseitigen und die Standsicherheit der Gewölbe wieder herzustellen, auch für einen Laien nachvollziehbar.
Die Anordnung wahrt auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. In dem vorzitierten Gutachten wird festgestellt, dass eine Verlegung des Bachbetts unter Umgehung der Gewölbestationen in der bebauten Talsohle unmöglich ist und die Gewölbetunnel solange Bestand haben müssen, wie über ihnen genehmigte bauliche Anlagen errichtet sind. Im Übrigen wäre zur Verlegung des Gewässers gemäß § 119 ff. NWG ein Planfeststellungsverfahren ebenso erforderlich wie die Errichtung weiterer Ufermauern, Brückenbauwerken oder gar Gewölbetunnel.
Nach alledem war die Klage, soweit sie nicht erledigt ist, abzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 2, 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils der Klage (4/11 der Anordnungen bzw. 66/259,5 Stationsmeter) spricht Überwiegendes für das Bestehen einer Unterhaltungspflicht des Klägers auch hinsichtlich dieser vier Stationen. Es entspricht deshalb der Billigkeit, ihn auch insoweit mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 11. März 2004 eine Teilanordnung hinsichtlich einer einzelnen Station („Ein Riss im Scheitel im Bereich von Station 3148-3158 ist auszumörteln“) aufgehoben hat, ist der Kläger nur zu einem ganz geringen Teil unterlegen, der kostenrechtlich außer Betracht bleibt.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Antrag im Sinne von § 154 Abs. 3 VwGO gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Über den Antrag des Klägers nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO brauchte nicht entschieden zu werden, weil die Kammer die Klage abgewiesen und dem Kläger auch im Übrigen die Kosten auferlegt hat.
IV. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit nicht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, lässt die Kammer gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zu. Folgender Frage misst die Kammer grundsätzliche Bedeutung zu: Gilt die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur Unterhaltungspflicht von Ufermauern (OVGE 25, S. 406) auch für überbaute Gewölbetunnel im Zuge eines Gewässers?