Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 10.10.2023, Az.: 10 A 885/20
Tierschutzverein; Verbandskompetenz; Verbandskompetenz für Entscheidungen über Anträge von im Bundesgebiet tätigen Tierschutzvereinen
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 10.10.2023
- Aktenzeichen
- 10 A 885/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 37850
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2023:1010.10A885.20.00
Rechtsgrundlagen
- VwVfG § 3
Amtlicher Leitsatz
Zur Verbandskompetenz für Entscheidungen über Anträge von im Bundesgebiet tätigen Tierschutzvereinen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, eine ihm erteilte tierschutzrechtliche Erlaubnis zu ändern.
Der Kläger gibt an, dass der "K." im Sommer 2005 gegründet wurde (L.). Der Vereinszweck lag ursprünglich darin, einem kleinen spanischen Tierheim in der Region M. zu helfen. Ab 2009 begann eine Zusammenarbeit mit spanischen Tierschützern des Vereins "N. ", der eine private Tierherberge (O.) in P. aufgebaut hatte. Ursprünglich lag der Vereinssitz in Q. (vormals Amtsgericht R. S.). Die Mitgliederversammlung des Vereins beschloss am 28.04.2007 die Sitzverlegung nach T. (Amtsgerichts U. V.).
Der Beklagte erteilte dem Kläger mit Bescheid vom 22.09.2011 gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3b des Tierschutzgesetzes - TierSchG aF. - eine Erlaubnis für das innergemeinschaftliche Verbringen von Hunden aus Spanien, die in der Bundesrepublik Deutschland an Privatpersonen abgegeben werden sollen. Als verantwortliche Person wurde die damalige Vorsitzende des Klägers, Frau W. X., aus der im Zuständigkeitsbereich des Beklagten liegenden Gemeinde T. benannt. Am 08.05.2014 erließ der Beklagte aufgrund einer am 13.07.2013 in Kraft getretenen Änderung des Tierschutzgesetzes (BGBl. I, S. 2182) gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TierSchG einen Änderungsbescheid. Beide Bescheide waren an den damaligen Vereinssitz in der Y., Z. adressiert.
Auf der Jahreshauptversammlung vom 01.04.2017 "in AA." (AB.) kandidierte die bisherige Vereinsvorsitzende, Frau AC. AD., nicht erneut und schied aus dem Vereinsvorstand aus. In den Vorstand wurden AE. AF. (1. Vorstand), AG. AH. (2. Vorstand), AI. AJ. (3. Vorstand Kassenwartin) sowie AK. AL. (4. Vorstand) gewählt.
Der Kläger teilte dem Beklagten diesen Umstand mit Schreiben vom 04.04.2017 mit. Der Kläger wies darauf hin, dass die verantwortliche Person Frau W. X. weiterhin im Verein tätig sei. Darüber hinaus legte der Kläger die Sachkundenachweise und polizeilichen Führungszeugnisse für Frau AG. AH. und Frau AM. AN. bei. Zudem wurde mitgeteilt, dass die 1. Vorsitzende Frau AF. ebenfalls einen Sachkundenachweis beantragt habe. Mit E-Mail vom 21.11.2017 übersandte der Kläger die Sachkundebescheinigung der Frau AF. per E-Mail.
Der Kläger beantragte beim Beklagten die Änderung der Erlaubnis. Er verwies darauf, dass Frau X. nicht mehr die Aufgaben einer verantwortlichen Person wahrnehme. Diese Aufgaben habe die neue Vereinsvorsitzende, Frau AE. AF., die im Landkreis AO. in AP. ansässig sei, übernommen. Die Erlaubnis müsse daher Frau AF. als verantwortliche Person ausweisen.
Während der Prüfung des Antrags veranlasste der Beklagte eine vereinsrechtliche Prüfung durch das AG U. - Registergericht -. Es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vereinssitz in T. rechtsmissbräuchlich sei, da eine postalische Erreichbarkeit dort nicht gegeben sei (Anlagen K15 und K16).
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 02.07.2019 mit, dass am 25.05.2019 ein neuer Vorstand gewählt worden sei. 1. Vorsitzende sei Frau AE. AF. und 2. Vorsitzende Frau AG. AH.. Weitere Mitglieder des Vorstands seien nunmehr Frau AM. AN. und Frau AQ. AR.. "Bei Frau AR. befindet sich auch der neue Vereinssitz, nämlich wie schon angekündigt in AS. [sic!], A-Straße". Der Kläger griff diesen Hinweis im Klagebegründungsschriftsatz vom 14.10.2020 auf und erklärt: "Bei Frau AT. AR. befindet sich nun auch der neue Vereinssitz, nämlich wie bereits angekündigt in A-Stadt, so dort im AU. [sic!]."
Mit Schreiben vom 23.07.2019 hörte der Beklagte den Kläger zum Widerruf der erteilten Erlaubnis an. Mit Bescheid vom 02.10.2019 widerrief der Beklagte den Bescheid vom 22.09.2011 idF. des Änderungsbescheids vom 08.05.2014. Der Sofortvollzug wurde unter Ziffer 2.) angeordnet. Dieser Bescheid war Gegenstand der AV. und AW. vor dem Verwaltungsgericht Stade. Nachdem das Gericht dem Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 28.11.2019 stattgegeben hatte, nahm der Beklagte den Widerrufsbescheid zurück.
Mit Schreiben vom 01.04.2020 hörte der Beklagte zur beabsichtigten Ablehnung des Änderungsantrags an.
Mit Bescheid vom 28.05.2020 lehnte der Beklagte die beantragte Änderung ab.
Der Kläger hat am 11.06.2020 Klage erhoben.
Zur Begründung der Klage trägt er vor:
Es erfolge eine Verbringung und Vermittlung der Hunde nach ganz Deutschland und nicht nur in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes AO.. Die Transporte des Klägers kämen bereits seit April 2014 überwiegend mit dem zertifizierten Transportunternehmen AX. an. Eigene Transporte seien wegen Personalmangels nur noch vereinzelt möglich gewesen und seien ab April 2016 völlig eingestellt worden. Die Transporthaltepunkte würden vom Transporteur vorgegeben. Es gebe grundsätzlich drei Haltepunkte, in AP. für den Südwesten, in AY. für die Mitte Deutschlands und in AZ. für den Nordosten. Eine Kontrolle sei jederzeit auf Grund der TRACES-Meldung möglich.
Der Beklagte verweise auf § 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwVfG. Diese Norm sei hier allerdings nicht einschlägig. Vielmehr müsse auf den Sitz des Unternehmens, hier des Vereins, gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgestellt werden. Zuständige Behörde für die Erteilung der Erlaubnis gemäß § 11 TierSchG sei die Behörde am Sitz der juristischen Person.
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2020 zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Änderung der Erlaubnis gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3b TierSchG a. F. bzw. § 11 Abs. 1 Nr. 5 TierSchG positiv zu bescheiden (Änderung der verantwortlichen Personen auf Frau Dr. AE. AF., Frau AG. AH., Frau AM. AN.),
hilfsweise,
festzustellen, dass der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2020 (Anlage K2) verpflichtet gewesen wäre, den Antrag des Klägers auf Änderung der Erlaubnis gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3b TierSchG a.F. bzw. § 11 Abs. 1 Nr. 5 TierSchG (Änderung der verantwortlichen Personen) positiv zu bescheiden gewesen wäre.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt dem klägerischen Vorbringen entgegen:
Die örtliche Zuständigkeit des Landkreises AO. ergebe sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. Dies ergebe sich auch aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16.02.2023 - 23 ZB 22.1952 -.
Erster Haltepunkt für die Hundetransporte in der Bundesrepublik Deutschland sei (in der Zeit von April 2019 bis August 2020) jeweils in AP. gewesen. Von dort aus seien einige Hunde weiter über AY. bis nach AZ. verbracht worden, wo die letzten Hunde entladen worden seien. Der Haltepunkt in AP. befinde sich dabei an der Adresse der Frau Dr. AF. in der BA. in BB. AP.. Der Haltepunkt in BC. befinde sich bei der Reitschule BD., BE. in BF. BC.. Die letzten Hunde seien an der Adresse Am BG. in BH. AZ. entladen worden. Damit sei erwiesen, dass sämtliche vom Kläger überführten Hunde ihren ersten Ankunftsort in der Bundesrepublik Deutschland in AP. hätten. Lediglich in Ausnahmefällen, in denen der Kläger freie Plätze in von anderen Organisationen durchgeführten Transporten nutze, kämen einzelne Tiere an anderen Standorten an.
Im Jahr 2021 hätten bis Juli zehn Transporte durch den Verein ASPA stattgefunden, wobei insgesamt 184 Hunde verbracht worden seien. Der verbringende Verein müsse 24 Stunden vor dem Transport eine Meldung an TRACES (englisch TRAde Control and Expert System, Datenbanksystem zur Erfassung von Tierbewegungen) abgeben. Diese Meldung erhielten jedoch nur die Veterinärämter, die für den Bestimmungsort (Pflegestelle oder neuer Besitzer) der reisenden Hunde zuständig seien. Häufig gingen alle Hunde eines Transportes in unterschiedliche Bundesländer/Landkreise/Städte. Somit erhalte kein Veterinäramt eine vollständige TRACES-Liste. Ebenso fehlten Angaben, wo die Hunde aus dem Transporter in Privatfahrzeuge entladen werden. Für 2021 hätten für vier Hunde Tracesmeldungen des Klägers vorgelegen (1 x 29.01.2021, 2 x 05.03.2021 und 1 x 25.06.2021). Bei diesen drei Transporten hätte sich jedoch nur ein Hund mit Bestimmungsort im Landkreis BI. gefunden.
Das Landratsamt AO. habe sich bereiterklärt, den Entladeort bei Frau AF. zu kontrollieren. Der BJ. habe erklärt, weder den Beklagten noch mögliche Entladepunkte zu kennen. Eine Kontrolle sei möglich, wenn der Haltepunkt bekannt wäre. Allerdings sei der Kreis mit seinen eigenen (8 - 9) Auslandstierschutzvereinen sehr beschäftigt. Der Landkreis BK. habe nicht geantwortet.
Frau AF. habe zu den Entladepunkten mitgeteilt, dass zwei dieser Punkte nicht mehr zu Verfügung stünden und dafür zwei andere eingerichtet seien. Es könne am Verwaltungssitz eine Dokumentenprüfung vorgenommen werden.
Somit sei es dem Beklagten unmöglich, den Zustand der Hunde bei Ankunft am Entladeort zu kontrollieren, die Verhältnisse im Transporter (Belegung an Zahl und Tierart, Zugriffsmöglichkeiten, Hygiene), die tierschutzgerechte Unterbringung bei verzögerter Abholung sowie das Vorhandensein von sachkundigen Personen vor Ort (Beurteilung vom Gesundheitszustand und Psyche (Angst- und/oder Gefahrhunde)). Andere Prüfungen seien nur durch Amtshilfe möglich.
Insgesamt sei zu berücksichtigen, dass die die Zahl der nach Deutschland verbrachten Hunde stetig ansteige. Im kleinen Gebiet des Beklagten habe die Anzahl im letzten Jahr über 200 Hunde betragen, Hannover rechne mit 3.000 Hunden. Selbst stichprobenartige Kontrollen seien personell kaum zu schaffen.
Der Beigeladene vertritt die Auffassung, dass § 3 Abs. 1 Ziffer 2 VwVfG bei einem Verein als Erlaubnisinhaber nicht einschlägig sein könne. Zudem sei es problematisch, einen Ort auszumachen, an dem der Kläger seine Tätigkeit ausübe. Auf AP. als ersten Ankunftsort abzustellen, erscheine willkürlich. Zudem hänge der erste Ankunftsort maßgeblich von dem Transportunternehmen ab. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Festlegung des Vereinssitzes lägen nicht vor.
Maßgeblich für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit sei § 3 Abs. 1 Nr. 3 b VwVfG.
Die vom Beklagten geschilderten Schwierigkeiten mit dem System der TRACES-Meldungen beträfen alle Veterinärämter Deutschlands gleichermaßen. Im Landkreis des Beigeladenen befänden sich auch nur drei der ca. 55 Pflegestellen. Im Jahr 2021 seien nur drei Tiere in den Landkreis AO. zu einer der Pflegestellen verbracht worden (zwei Tiere am 22.01.2021 und ein Tier am 25.06.2021).
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Mit Beschluss vom 29.06.2020 hat die Kammer den von dem Kläger gestellten Eilantrag (BL.) abgelehnt. Mit Beschluss vom 10.09.2020 - BM. - hat das Nds. OVG die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.
Die Kammer hat die Durchführung eines Verfahrens nach § 3 Abs. 2 VwVfG vorgeschlagen. Der Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 03.02.2021 sein Einverständnis. Der Beigeladene erklärte mit Schriftsatz vom 15.02.2021, dass dies nach Erlass des Bescheides nicht mehr möglich sei.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, denn der "A." (Aktivrubrum in der Klageschrift vom 11.06.2020) ist rechtlich nicht existent. Rechtlich existent ist vielmehr der "K." (Amtsgericht U., V., ehem. BN.). Selbst wenn man das Rubrum auslegen wollte, würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
Der streitgegenständliche Bescheid vom 28.05.2020 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch darauf, dass ihm der Beklagte die beantragte geänderte Erlaubnis ausstellt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO).
Der Beklagte ist für die Entscheidung über den Antrag nicht zuständig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Frage der Verbandskompetenz ausgeführt (BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 5/11 -, BVerwGE 142, 195-205, Rn. 17 - 20):
"Die für das Befristungsbegehren zuständige Behörde ist in zwei Schritten zu bestimmen. In einem ersten Schritt ist festzustellen, welches Bundesland die Verbandskompetenz zur Sachentscheidung besitzt. Diese Frage ist - wenn keine speziellen koordinierten landesrechtlichen Kompetenzregelungen vorliegen - durch entsprechende Anwendung der mit § 3 VwVfG übereinstimmenden Regelungen über die örtliche Zuständigkeit in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder zu beantworten. In einem zweiten Schritt ist auf der Grundlage des Landesrechts des zur Sachentscheidung befugten Bundeslandes zu ermitteln, welche Behörde innerhalb des Landes örtlich zuständig ist.
§ 3 Abs. 1 VwVfG regelt ebenso wie die gleichlautenden Bestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder die örtliche Zuständigkeit der Behörden, soweit diese im Bereich des öffentlichen Rechts zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben tätig werden (§ 1 VwVfG). Während die örtliche Zuständigkeit die Frage betrifft, welche von mehreren sachlich zuständigen Behörden desselben Verwaltungsträgers ein Verfahren durchzuführen hat, dient die Verbandskompetenz der Zuweisung von Aufgaben an einen bestimmten Verwaltungsträger sowie der Aufgabenabgrenzung zwischen verschiedenen selbstständigen Verwaltungsträgern und damit der Sicherung der Verwaltungshoheit des Bundes, der Länder, der Kommunen sowie sonstiger juristischer Personen des öffentlichen Rechts (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 3 Rn. 6; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, 7. Aufl. 2010, § 82 Rn. 80 ff.; Oldiges, DÖV 1989, 873 ff.; zur Verbandskompetenz im Ausländerecht vgl. im Übrigen auch Urteil vom 10. Dezember 1996 - BVerwG 1 C 19.94 - Buchholz 402.240 § 5 AuslG 1990 Nr. 1 S. 2 f.). Führen die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, wie das beim Vollzug des Aufenthaltsgesetzes der Fall ist, so regeln sie gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich die Einrichtung der Behörden, d.h. den Ländern in ihrer Gesamtheit obliegt die Bestimmung der Verbandskompetenz und dem einzelnen Bundesland im Rahmen seiner Kompetenz die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit. Allerdings verlangt Bundesrecht, dass durch eine koordinierte Regelung der Länder, hilfsweise durch eine Regelung des Bundes, bestimmt ist, welches Land zur Ausführung der konkreten Aufgabe - hier: Befristung der Wirkungen einer Abschiebung - berechtigt und verpflichtet ist. Das gebietet zum einen das Rechtsstaatsprinzip, da der von einer gesetzlichen Regelung Betroffene seine Rechte nicht verfolgen kann, wenn nicht feststeht, an welche Behörde er sich hierfür zu wenden hat. Das erfordert aber auch die grundgesetzliche Verteilung der Verwaltungskompetenzen innerhalb des föderal gegliederten Staatsverbandes der Bundesrepublik Deutschland. Danach sind die Verbandskompetenzen der Länder nach dem Territorialprinzip voneinander abgegrenzt und die Hoheitsbefugnisse der einzelnen Bundesländer grundsätzlich auf das Gebiet innerhalb ihrer jeweiligen Landesgrenzen beschränkt (vgl. Oldiges, DÖV 1989, 873 <877 f.>). Zugleich ergibt sich aus Art. 84 Abs. 1 GG die Verpflichtung des Landes, dem die Verbandskompetenz zur Ausführung eines Bundesgesetzes für einen bestimmten Personenkreis zugewiesen wurde, diese Aufgabe auch tatsächlich wahrzunehmen.
Fehlen - wie hier - spezielle koordinierte landesrechtliche Zuweisungsregelungen zur Verwaltungskompetenz, ergibt sich ein aufeinander abgestimmtes System im Wege der entsprechenden Anwendung der zur örtlichen Zuständigkeit getroffenen Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder, die insoweit inhaltsgleich sind und - sei es durch Verweisung auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (wie in § 1 Abs. 1 LVwVfG Berlin), sei es durch gleichlautende Formulierungen jeweils in § 3 LVwVfG bzw. § 31 LVwVfG Schleswig Holstein - mit § 3 VwVfG übereinstimmen. Diese Regelungen finden daher entsprechende Anwendung, wenn das für die Ausführung einer bundesrechtlich begründeten Aufgabe zuständige Land auf andere Weise nicht zu ermitteln ist. Nicht maßgeblich für die Bestimmung der Verbandskompetenz sind hingegen landesrechtliche Vorschriften, die der koordinierten Regelung aller Länder in Gestalt der genannten übereinstimmenden Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit nicht entsprechen. Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Arnsberg in seinem gegen die Klägerin ergangenen Urteil vom 15. April 2008 und des Oberverwaltungsgerichts Münster in seinem Beschluss vom 11. März 2008 (18 B 210/08 - InfAuslR 2008, 250) kann daher aus § 4 Abs. 1 OBG NRW eine länderübergreifende Zuständigkeitsregelung nicht abgeleitet werden. Für eine einseitige länderübergreifende abdrängende Zuständigkeitsregelung (hier: zu Lasten des Landes Berlin) fehlt dem Land Nordrhein-Westfalen die Verbandskompetenz (vgl. Oldiges, a.a.O. S. 878; zur Möglichkeit der Verletzung der Verbandskompetenz durch Übergriff in einen fremden Zuständigkeitsbereich bei der Ausführung von Bundesgesetzen vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 3. Oktober 1978 - XV A 1927/75 - NJW 1979, 1057, 1058 [OVG Nordrhein-Westfalen 03.10.1978 - XS A 1927/75]).
Aus der entsprechenden Anwendung der mit § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG des Bundes übereinstimmenden Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder ergibt sich, ...)."
Diese Ausführungen macht sich die Kammer zu eigen. Unstreitig stehen die Normen in § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) iVm. § 3 Abs. 1 VwVfG sowie die vergleichbaren Regelungen anderer Länder - analog in der 1. Stufe oder direkt in der 2. Stufe - in einem Rangfolgeverhältnis (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16. Februar 2023 - 23 ZB 22.1952 -, Rn. 21, juris).
Hier ist § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG einschlägig. Regelungen der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes können diese gesetzlichen Regelungen nicht modifizieren. Es handelt sich bei der geregelten erlaubnispflichtigen Tätigkeit gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TierSchG um den Betrieb eines Unternehmens. Der Begriff des "Betriebs eines Unternehmens" ist weit zu verstehen (vgl. Schoch/Schneider/Schuler-Harms, 3. EL August 2022, VwVfG § 3 Rn. 23, 24; NK-VwVfG/Jörg Henkel, 2. Aufl. 2019, VwVfG § 3 Rn. 40 ff.). Unternehmen ist jede hinreichend verselbständigte rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle und soziale Einheit zur Verfolgung wirtschaftlicher oder vergleichbarer Ziele. Der Unternehmensbegriff umfasst sowohl wirtschaftliche, d. h. mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde Unternehmen als auch Unternehmen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht handeln. Hier ist der wirtschaftliche Bezug bereits durch die Genehmigung aus § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TierSchG vorgeprägt.
Somit ist für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit der Ort maßgeblich, an dem die Tätigkeit tatsächlich schwerpunktmäßig stattfindet (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16. Februar 2023 - 23 ZB 22.1952 -, Rn. 22, juris, mwN.). Dies ist dort, wo die maßgeblichen Entscheidungen bezüglich der die erlaubnispflichtige Tätigkeit prägenden Vorgänge getroffen werden, und daher in aller Regel zugleich auch dort, wo die tatsächlich für die Tätigkeit verantwortliche Person ihrer Tätigkeit nachgeht. Weder die Vereinsvorsitzende Frau AF. noch die stellvertretende Vorsitzende Frau AH. haben ihren Wohnsitz in Niedersachsen. Beide sind u.a. zuständig für die "Vereinsorganisation". Der Kläger hat Frau AF. auch im Schriftverkehr mit dem Beklagten in der E-Mail vom 01.08.2017 als "Hauptansprechpartner" bezeichnet (Anlage K8). Auch den weiteren vorprozessualen Schriftverkehr - vor der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten - hat Frau AF. abgewickelt (zB Anlagen K11, K13). Die maßgeblichen Vereinsentscheidungen werden demnach zur Überzeugung der Kammer in AP. bei Frau AF. getroffen (vgl. auch BO.).
Demgegenüber wird auf der Homepage des Klägers bei Frau AR. zwar "Zuständig für: Vereinsverwaltung" angegeben (BP.). Dies wird jedoch im Fließtext der Vorstellung von Frau AR. nicht aufgegriffen. Tatsächlich steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Benennung von Frau AR. auch als postalischer Ansprechpartnerin für den Verein lediglich vorgeschoben war. Frau AR. wohnte zumindest ab Klageerhebung schon nicht mehr unter der Adresse, die als Vereins- und Postadresse genannt worden war, obwohl bereits das AG U. - Registergericht - darauf hingewiesen hatte, dass eine rechtsmissbräuchliche Vereinssitzbestimmung vorliegen kann, wenn eine postalische Erreichbarkeit unter der angegebenen Adresse nicht gegeben sei. Selbst wenn Frau AF. telefonisch von dem Umzug von Frau AR. berichtet haben sollte - wofür es keinen Beleg gibt -, so hat der Kläger im Nachgang schriftsätzlich, aber auch auf der Homepage des Vereins einen anderen Eindruck im Rechtsverkehr erweckt. Das Impressum auf der Homepage wurde erst im zeitlichen Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die postalische Erreichbarkeit geändert (vgl. den Snapshot der Internetseite vom 06.06.2023, BQ.; vgl. auch BR.). Zuvor können Postsendungen Frau AR. und den Verein nicht dauerhaft und verlässlich erreicht haben. Es kann dahinstehen, ob der Verein (auch) eine digitale Aktenführung praktiziert, da ihn zumindest Briefpost nicht erreicht (hat).
Der Beklagte hat gem. § 3 Abs. 3 VwVfG zu erkennen gegeben, dass er die grds. eingeräumte fortwährende Kompetenz nicht wahrnehmen möchte. Dies wäre zudem zur zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens nicht sachgerecht, da - wie dargelegt - der einzige räumliche Anknüpfungspunkt des Vereins im Kreisgebiet des Beklagten zur Überzeugung der Kammer nur vorgeschoben ist, um die Zuständigkeit eines kleinen Landkreises mit einem kleinen Veterinäramt weit abseits der eigentlichen Transportrouten der Hunde zu begründen bzw. fortbestehen zu lassen.
Damit hat auch der Hilfsantrag keinen Erfolg, zumal die Kammer für die Zeit bis zur Neuwahl des Vorstands und dem Ausscheiden von Frau AR. ein Rechtsschutzbedürfnis weiter annimmt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten des Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, da dieser keinen Antrag gestellt hat und damit nicht das Risiko einer eigenen Kostenpflicht eingegangen ist, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.