Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 04.09.2001, Az.: 4 W 228/01
Wohnungseigentümer; Stimmrecht ; Beschlussfassung ; Sonderumlage; Zahlungsrückstand; Zwangsweise Beitreibung; Aussichtslosigkeit; Wohnungseigentümerversammlung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 04.09.2001
- Aktenzeichen
- 4 W 228/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 21501
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:0904.4W228.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 2 T 107/01
- AG Walsrode - 6 II 31/00
Rechtsgrundlage
- § 25 Abs. 5 WEG
Amtlicher Leitsatz
Ein Wohnungseigentümer ist nicht deswegen von seinem Stimmrecht bei einer Beschlussfassung über eine Sonderumlage ausgeschlossen, weil er mit Zahlungen aus früher beschlossenen Umlagen in Rückstand ist und die Eigentümergemeinschaft eine zwangsweise Beitreibung der Rückstände wie auch zu beschließender weiterer Beträge für aussichtslos hält.
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegner zurückgewiesen; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 20. 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 43, 45 Abs. 1 WEG, 27 FGG zulässig. Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses hat jedoch Rechtsfehler zum Nachteil der weiteren Beschwerdeführer i. S. von § 27 FGG nicht ergeben.
I.
Die Verletzung eines Gesetzes liegt dann vor, wenn eine Rechtsnorm nicht richtig angewendet worden ist (vgl. Bumüller/Winkler, FGG, 6. Aufl. , § 27, 3 b). Dies lässt sich entgegen der Auffassung der Beschwerdegegner vorliegend indes nicht feststellen.
Zutreffend hat die Kammer in dem angefochtenen Beschluss dargelegt, dass der Beschwerdeführer durch den Wortlaut des in der Eigentümerversammlung vom 14. August 2000 zu Tagesordnungspunkt 3 gefassten Beschlusses zur Erhebung einer Sonderumlage in Höhe von 80. 000 DM auch beschwert ist, da er - wie alle Wohnungseigentümer - zur anteiligen Zahlung der Umlage verpflichtet wäre. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer auch noch dadurch beschwert, dass im Versammlungsprotokoll festgestellt worden ist, dass sich die Gemeinschaft darüber einig sei, dass der nicht anwesende Herr ....... (durch Vollmacht mit zwölf Stimmen vertreten) gemäß § 25 Abs. 5 WEG zu diesem Tagesordnungspunkt nicht stimmberechtigt sei.
Rechtsfehlerfrei hat die Kammer die Beschwerde des Antragstellers auch als begründet gewürdigt, da die Nichtberücksichtigung seiner Stimmen durch die Eigentümerversammlung, wie dargelegt, entgegen dem Beschluss nicht von § 25 Abs. 5 WEG erfasst ist, da weder ein Rechtsgeschäft mit ihm noch ein Rechtsstreit zwischen ihm und anderen Wohnungseigentümern von der Beschlussfassung über die Sonderumlage betroffen worden ist. Dem Antragsteller war auch nicht das Wohnungseigentum entzogen, insbesondere ruhte auch sein Stimmrecht nicht, da sich dies weder aus dem Gesetz ergibt noch aus der Teilungserklärung vom 6. November 1997 für Wohnungseigentümer ergibt, die mit den Hausgeldzahlungen rückständig sind, zu entnehmen ist.
Durch die enumerative Aufzählung in § 25 Abs. 5 WEG hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass das Stimmrecht im Übrigen unabhängig von der jeweiligen Interessenlage bestehen bleibt (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl. , § 25 Rdnr. 137 m. w. N. ). Der Wohnungseigentümer bleibt auch dann stimmberechtigt, wenn er zwar erhebliche private Sonderinteressen bei der Beschlussfassung hat - wie das vorliegend für den Antragsteller, aber auch für jeden anderen Wohnungseigentümer gilt -, aber kein Fall des § 25 Abs. 5 WEG vorliegt. Aus § 25 Abs. 5 WEG folgt kein allgemeines Stimmverbot bei Interessenkollision, allenfalls kann sich im Einzelfall eine Beschränkung des Stimmrechts aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben (vgl. Bärmann a. a. O. Rdnr. 137 a. E. ).
So bildet für das Stimmrecht der Grundsatz von Treu und Glauben eine immanente Schranke, wonach insbesondere eine rechtsmissbräuchliche Ausübung verboten ist (vgl. Bärmann a. a. O. Rdnr. 158). Dies liegt etwa in dem Fall einer Majorisierung vor, also wenn ein Wohnungseigentümer als so genannter Mehrheitseigentümer sein Stimmenübergewicht dazu missbraucht, einen ihm genehmen Beschluss herbeizuführen (vgl. Bärmann a. a. O. Rdnr. 159 m. w. N. ). Ein solcher Fall ist vorliegend indes nicht gegeben, da dem Antragsteller lediglich 1/3 der Miteigentumsanteile zusteht, wenn er auch bei der Eigentümerversammlung vom 14. August 2000, bei der nur 24 statt der vorhandenen 36 Miteigentümeranteile vertreten waren, mit seinen zwölf Anteilen die Hälfte der Stimmen besaß.
Es kommt im Wohnungseigentumsrecht - anders als im Gesellschaftsrecht - aus dem Grundsatz von Treu und Glauben auch nicht die Herleitung einer positiven Stimmpflicht, also die Pflicht eines Gesellschafters von seinem Stimmrecht in einer bestimmten Art und Weise Gebrauch zu machen, in Betracht, da dies nicht erforderlich ist, weil jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hat, den er nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG auch geltend machen kann.
Ob eine vorbeugende Stimmrechtsbeschränkung überhaupt denkbar ist und zulässig wäre, kann vorliegend dahinstehen. Nach einer Ansicht (vgl. OLG Düsseldorf OLGZ 1984, 289 (293)) wird eine vorbeugende Stimmrechtsbeschränkung für zulässig gehalten, um die übrigen Wohnungseigentümer vor den Folgen des Missbrauchs zu schützen. Demgegenüber will das Kammergericht (WE 1988, 167 (168)) eine vorbeugende Stimmrechtsbeschränkung in keinem Fall zulassen. Vielmehr könne nur im Zeitpunkt der Ausübung des Stimmrechts beurteilt werden, ob ein Rechtsmissbrauch vorliege.
Zu Recht hat aber vorliegend das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen ausgeführt, worauf Bezug genommen wird ( vgl. S. 5 des Beschlusses, Bl. 146 d. A. ), dass in dem angekündigten Abstimmungsverhalten des Antragstellers noch kein Rechtsmissbrauch zu sehen wäre. Vielmehr war die von den übrigen Wohnungseigentümern vorgenommene Stimmrechtsbeschränkung nicht wirksam, da - wie dargelegt - hierfür keine Rechtsgrundlage bestand. Dass zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung vom 14. August 2000 der Antragsteller die Hälfte aller Stimmen innehatte, lag lediglich und rein zufällig daran, dass zwölf Wohnungseigentümer nicht anwesend waren. Dies rechtfertigt aber keine Beschränkung des Stimmrechtes nur um ein bestimmtes Ergebnis gegen den Willen des Ausgeschlossenen zu erreichen. Zu Recht hat daher die Kammer auch ausgeführt, dass es der Wohnungseigentümergemeinschaft unbenommen bleibt, unter gewissen Voraussetzungen mit den Stimmen einer ausreichenden Anzahl von Wohnungseigentümern einen neuen Beschluss zur Zahlung einer Umlage herbeizuführen.
II.
Da die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegenüber dem früheren Vorbringen keine weitergehenden Gesichtspunkte aufzeigt und Rechtsfehler in dem angefochtenen Beschluss der Kammer - wie dargelegt - nicht vorliegen, war die sofortige weitere Beschwerde mit der Kostenentscheidung aus § 47 Satz 1 WEG zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Geschäftswertes orientiert sich an der Festsetzung des Beschlusses des Landgerichtes, was insoweit von den Beteiligten nicht beanstandet wurde und wogegen auch sonst keine Gründe ersichtlich sind.